… Dem Schreiben für die Mieterhöhung, die mir am Freitag Abend zugestellt worden ist, war der aktuelle Mietspiegel für München beigefügt. Ein ziemlich umfangreiches Dokument, das einem als Rentnerin bzw. “Normal-” und Niedriglohn-Empfänger:In durchaus die Tränen der Verzweiflung und der Wut in die Augen treiben kann. Auch der Oberbürgermeister äußerte sich neulich voller Entsetzen. Was ich allerdings als recht scheinheilig empfinde. Denn mein Eindruck – und nicht nur meiner! -, ist, dass Stadt, Freistaat und Staat seit Jahrzehnten bereits völlig ungerührt zusehen, wie der Mietwucher fröhliche Urständ feiert und sich ungehindert ausbreitet. Und nicht nur das. Vor kurzem hat eine Initiative junger Künstler:Innen in einem abbruchreifen Haus in meiner Nachbarschaft darauf aufmerksam gemacht, dass aus Spekulationsgründen Wohnobjekte angekauft werden, die danach ungenützt und unsaniert häufig über Jahre leer stehen. Es seien allein im inneren Stadtgebiet mehrere hundert Wohnungen, die aus diesem Grund nicht vermietet würden. In kaum einem anderen Ballungsgebiet Deutschlands ist Wohnraum dermaßen knapp wie hier in München! Bezahlbarer Wohnraum wohlgemerkt!…
… Seit Freitag frage ich mich oft, wann es den Vermieter:Innen wohl endlich einmal in den Sinn kommen wird, dass das letzte Hemd nach wie vor keine Taschen hat. Und dass das beständige Hochtreiben der Mietzinsen, das in meinen Augen großenteils gewissenlose Gieren und Raffen ein Schuss ist, der in absehbarer Zeit ziemlich nach hinten losgehen könnte. Denn wenn sich keine Normalverdiener:Innen aus Gründen der horrenden Mieten mehr in München niederlassen und immer mehr die Stadt verlassen, wird eines Tages niemand mehr da sein, der den Müll wegräumt und die Straßen fegt, der beim Bäcker nebenan hinter der Theke steht, einem Speis und Trank serviert, das Haus putzt, und im schlimmsten Fall einem im Krankenhaus bzw. Altersheim den Hintern wischt. Denn Sch***en und Sterben muss man nach wie vor, auch wenn man in seinem Leben noch so viel Geld gescheffelt und anständige Leute vor den Kopf gestoßen hat…
23 Antworten zu “Der Montagsmotz…”
Wo du Recht hast, hast du Recht.
Ich vermute, man baut darauf, dass die Menschen zukünftig klaglos von außerhalb in die Stadt pendeln, um dort ihrer Tätigkeit in Müllentsorgung, Straßenreinigung, Einzelhandel, Gastronomie, Reinigungsgewerbe und Pflege nachzugehen und die Großkopferten nicht dabei stören, unter sich zu sein …
Ja, da stimme ich dir sehr zu.
Sehr verständlich, dein Ärger. Selbst hier bei uns auf dem platten und recht leeren Land gibt es in unserem Ort ein Hochhaus, das seit Jahren leersteht, wo sämtliche Fenster eingeworfen sind (bis in den 8. Stock, ich frag mich, wie das geht), Türen in den Angeln hängen, alles ist total versifft. Die Eigentümer wohnen in BaWü und haben laut Recherche unserer Tageszeitung angeblich “56 Wohnungen mit Blick ins Grüne” zu vermieten. Und direkt nebenan sind Mehrfamilienhäuser, die bis vor Kurzem von Belvona verwaltet wurden, vermarktet als “luxusrenoviert”, aber in der Praxis haben die Menschen dort seit letzten Sommer kein warmes Wasser, im Winter war die Heizung kaputt, so dass die Kommune eingeschritten ist, jetzt sind die Leitungen legionellenverseucht.
Und da kriegt man dann tatsächlich einen Hals: auf der einen Seite stehen Mindestlohnempfänger und können nicht anständig wohnen, auf der anderen Seite irgendwelche windigen Unternehmer, die sich mit leeren Versprechungen die Taschen vollmachen durch “Steueroptimierung” mittels Schrottimmobilien!
Dass es nicht möglich sein soll, solchen Missbrauch zu beenden, geht mir nicht in den Kopf.
Gibt es bei euch im Haus Möglichkeiten, die Belastung etwas abzufedern oder gegen diese heftige Erhöhung vorzugehen?
Das scheint niemanden groß zu interessieren, dass ein solcher Missbrauch von Immobilien mittlerweile gang und gäbe ist.
Laut Mietspiegel ist die Erhöhung gerechtfertigt. Ich sehe das anders. Über drei Jahrzehnte lang hat der Vermieter nicht einmal so viel wie Dreck unter einen Fingernagel passt, in die Wohnung investiert – ein neues Bad wäre dringendst vonnöten! -, und dann auf einen Schlag die Miete um 100 Euro hochzufahren, ist in meinen Augen unverschämt. Aber was zählt schon ein Niemand wie ich. Der Vermieter hat lt. Gesetzeslage und Mietspiegel Recht.
Und ich habe ja irgendwie auch noch Glück! Seit etlichen Jahren schon werden Wohnungen von ca. 50 qm hier im Haus, die leer geworden sind, “luxussaniert” und dann für 1.600 bis 1.800 Euro Monatsmiete feil geboten! Das ist doch Wucher hoch Zehn! Und immer wieder finden sich Leute, die einziehen, obwohl der Hausflur ziemlich versifft ist, das Treppengeländer an manchen Stellen gefährlich wackelt wie ein Kuhschwanz und der Lift sehr oft zickt. Wäre ich eine Wohnungsinteressentin, würde ich spätestens im Aufzug dem Vermieter den Vogel zeigen und hohnlachend das Haus verlassen.
Da werden ganz klar Notlagen ausgenutzt. Denn wohnen muss man ja nun mal. Und lässt sich zähneknirschend auf solche Zustände ein.
Und nimmt es hin…
Ich habe es vorhin in einem Kommentar an @Hedwig Mundorf schon geschrieben: Wenn ein Flüchtling mal kurz von links nach schräg schaut, dann sind die Straßen und das WWW voll mit Protest, Hass und Hetze. Beim seit Jahren schon zusehends drastischer werdende Mietwucher scheinen dagegen die Meisten mit den Schultern zu zucken – “Ja, mei, is halt so.”
In München gibt es einige Vermieter:Innen mit Herz, darunter der in Bayern sehr beliebte Volksschauspieler Wolfgang Fischer (da Fischer Wolfi 😉 ). Bei ihnen dürfen Familien zu einer Monatsmiete wohnen, die um einiges unter dem aktuellen Mietspiegel liegt. Diese Hausbesitzer bekommen regelmäßig Besuch vom Finanzamt, weil das nicht rechtens ist, für Wohnraum eine humane Miete zu kassieren. Kein Scherz! Ich habe das schon öfters gelesen/gehört! Allein das ist doch der beste Beweis dafür, dass hier in unserem schönen Lande so manches ganz schön schief läuft…
Uff.
Ja…
Auf die Schnelle habe ich zu diesem Thema folgenden Artikel gefunden:
https://www.tz.de/muenchen/stadt/guenstige-jetzt-jagt-ihn-das-finanzamt-das-ist-ein-unding-preise-muenchen-vermieter-65-verlangt-zu-zr-91597287.html
Ich habe schon davon gehört, dass die Mieten in München in Richtung Unerschwinglichkeit unterwegs sind….
Vom Wiener Modell mit seinen mittlerweile ca. 220 000 sozialverträglichen Wohnungen sind wir hier nicht nur Lichtjahre sondern ganze Universen entfernt. Unser Ministerpräsident hat vor fünf Jahren Stein und Bein geschworen, in dieser Legislaturperiode allein in München mindestens 20.000 Sozialwohnungen zu bauen. Bis jetzt sind es ca. 530… Meine Stimme kriegt der bei der Wahl Anfang Oktober mit Sicherheit nicht! Und auch unser SPD-OB wird bei der nächsten Wahl leer ausgehen, das schwöre ich!
Der Freund meiner Enkelin fängt im Herbst an der Falkenbergschule ein Schauspielstudium an und ist nun auf der Suche nach einem WG- Zimmer. Er fand bisher Angebote von 1000 € und mehr…
Wie soll man sich da konzentriert dem Studium widmen, wenn man nicht einmal sicher sein kann, einen adäquaten und bezahlbaren Platz zum Wohnen zu haben…
Und die Meisten tangiert so etwas höchst peripher. Etwas krass ausgedrückt: Wenn ein Flüchtling mal kurz von links nach schräg schaut, dann sind die Straßen und das WWW voll mit Protest, Hass und Hetze. Beim seit Jahren schon immer drastischer werdenden Mietwucher scheinen Viele die Schultern zu zucken a la “Ja, mei, is halt so.”
Dass die neuesten Kämpfe der Gewerkschaften unseren Volks(ver)treter:Innen nicht zu denken geben, wundert und erbost mich da auch. Denn die Gehaltsforderungen von z. B. den Beschäftigten im Öffentlichen Dienst wären bei weitem nicht so hoch, wenn der Wohnraum bezahlbar wäre. Das ist ja mehr als nachvollziehbar und gerechtfertigt, wenn Leute, die über die Hälfte ihres Einkommens für die Miete abdrücken müssen, streiken und auf die Straßen gehen!
*hug*
Du hast ja recht, aber deine Hoffnung teile ich nicht. Wenn du nach London und New York schaust, da hast du Verhältnisse, dagegen ist München ein Sozialverband. Trotzdem gibt es dort Krankenhäuser und Müllabfuhr. Irgendwie ist dem Kapital aber auch der Armut kein Kraut gewachsen. Und die Wohlfahrt ist das einzige was ein bisschen hilft, in welcher Gestalt auch immer.
Schon erschreckend, die Wohlfahrt als einzige Hilfe zu bezeichnen. Das sehe ich ganz und gar nicht so. Wie wäre es mit einem stärkeren sozialen Gewissen? Mit einer Deckelung der Mieten? Mit dem Einschreiten gegen Spekulationen mit Wohnobjekten? Dem generellen Anheben der Löhne und Gehälter, vor allem im unteren Lohnsektor? Einer zügigen Förderung des sozialen Wohnungsbaus?
Und ich will nicht nach London und New York sehen. Solche Vergleiche hinken. Übrigens – ca. 80.000 Menschen sind in New York obdachlos. In London ist die Zahl der Obdachlosen innerhalb weniger Jahre um 24 Prozent gestiegen.
Und München ist im deutschlandweiten Vergleich ganz sicher kein Sozialverband. Sondern bezüglich der Mieten die teuerste Stadt Deutschlands. Gefolgt von Berlin, Frankfurt am Main und Stuttgart.
Du hast mich falsch verstanden, ich habe die Wohlfahrt als Stellvertreter genannt. Was du alles aufzählst ist sicher richtig, muss aber auch erst mal bezahlt werden.
Die von mir aufgezählten Punkte finanzieren sich quasi von selbst. Zahlt man den Menschen ordentliche Gehälter, von denen sie gut und ohne Sorge leben können, und senkt die Mieten auf ein erträgliches Maß bzw. führt eine Mietpreisbremse ein, so dass viele Normalverdiener nicht mehr über die Hälfte des monatlichen Gehalts für das Wohnen berappen müssen, steigt auch die Kauflaune. Muss man sich keine Existenzsorgen machen, hat man mehr Antrieb, sich etwas zu leisten. Steigende Umsätze = steigende Steuereinnahmen = mehr Geld für soziale Projekte.
Du hast New York und London angeführt, ich verweise jetzt auf Wien. Der soziale Wohnungsbau dort hat eine über hundertjährige Geschichte und ist beispielhaft. Derzeit gibt es ca. 200.000 Sozialwohnungen in der Donaumetropole, dagegen sieht München sehr blass aus. Und das Wiener Soziale Wohnungssystem ist seit gut hundert Jahren finanzierbar!
Nicht zuletzt frage ich mich seit ewigen Zeiten schon, warum unsere Volks(ver)treter:Innen sich seit Jahrzehnten schon davor drücken, eine Reichensteuer einzuführen. In der jetzigen Zeit, da die Schere zwischen Arm und Reich unaufhaltsam immer weiter auseinander zu klaffen droht, ist meiner Meinung nach so etwas längst überfällig. Und man könnte endlich einmal damit beginnen, die horrenden Gewinne großer ausländischer Unternehmen hier in Deutschland angemessen zu besteuern. Es sind 31,99 Milliarden Euro an Steuergeldern, die uns durch das “Beide-Augen-fest-zudrücken”, was die Besteuerung horrender jährlicher Gewinne von z. B. Amazon, IKEA, Google, Microsoft etc. Jahr für Jahr durch die Lappen gehen! Auch mit diesen Geldern könnte man in punkto soziale Gerechtigkeit unendlich viel Gutes in die Wege leiten.
Ich wollte keine Grundsatzdiskussion anstoßen. Was du schreibst kann ich gut nachvollziehen. Wie du auch zurecht schreibst hinken Vergleiche. Ich bin kein Politiker und will es auch nicht sein. Mein Punkt war ja auch nur, dass es nicht dazu kommen wird, dass die Infrastruktur zusammenbrechen wird, egal wie teuer das Leben wird.
Du hast kommentiert, ich habe geantwortet – das ist auf den meisten WordPress-Blogs so Sittte. 😉
Ich habe übrigens vorhin einen Artikel über die Infrastruktur von New York gelesen. Die ist seit vielen Jahren schon höchst marode und steht kurz vor dem Kollaps. Mehrere hundert Arbeiter:Innen des Bauwesens, der Müllabfuhr etc. erscheinen Tag für Tag nicht zur Arbeit, weil man ihnen einen höchst unsozialen neuen Arbeitsvertrag mit sehr schlechter Entlohnung aufzwingen will.
Ich wünsche noch einen schönen Tag, und eine friedvolle Osterzeit.
Danke, das wünsche ich dir auch.
Recht hast du!
Leipzig hat übrigens nach Berlin die größten Steigerungsraten als hippe Stadt, wohlgemerkt bei den Mieten, nicht bei den Einkommen.
Liebe Grüße an dich.
Das ist eine Steigerungsrate, auf die man keinesfalls stolz sondern beschämt sein sollte…
Herzliche Grüße!