… Ich habe mich für ein Foto entschieden, das ich im Sommer 2017 gemacht habe. Am Westufer des Ammersees hatte sich eine sehr bedrohlich anmutende Gewitterfront aufgebaut, die rasch näher rückte. Zum Glück war das Ausflugsschiff, auf dem ich mich gemächlich rund um den See hatte schaukeln lassen, nicht mehr allzu weit von der Anlegestelle Herrsching entfernt. Kaum hatte ich festen Boden unter meinen Füßen, und einen schützenden Unterstand erreicht, brach die Hölle los, es blitzte und donnerte ununterbrochen, und der entfesselte Sturm wehte eine wahre Sintflut an Regenwasser in sämtliche Richtungen, so dass ich binnen kurzem trotz des schützend auskragenden Daches einer Scheune nass bis auf die Haut war…
… hat es mich am Samstag gezogen, den wunderschönen Sommertag genießend, bevor in der Nacht zum Sonntag das Wetter umschlug, und uns das nächste lange Regentief bescherte…
… Die „Herrsching“, einer der beiden Raddampfer der Ammersee-Schifffahrt, zog mit gemächlichem „Schuff-Schuff-Schuff“ ihrer seitlich angebrachten Schaufelräder über das herrliche Blau des Gewässers. Von ferne, hoch über dem Ostufer thronend, grüßte der „Heilige Berg“ Andechs…
… Ich schlenderte zu einem hölzernen Aussichtsturm, der sich etwa 500 Meter südöstlich der Uferpromenade im Moorgebiet nahe des Zuflusses der Ammer befindet. Dort soll man schöne Vogelbeobachtungen machen können – und ich wurde nicht enttäuscht…
… Ein Bachstelzenpärchen hatte ihr Nest in die Giebelbalken des Dachs über der Aussichtsplattform gebaut, und dabei nicht bedacht, dass der Turm von vielen Besuchern frequentiert wird. Aufgeregt zwitschernd und die Schnäbel voller Futter flatterten sie zwischen den nahen Bäumen und der Balustrade hin und her, und getrauten sich nicht, ihre sicher sehr hungrigen Küken anzufliegen…
… Drei Teichrohrsänger hörte ich während meiner Moorwanderung klar und deutlich, doch so angestrengt ich auch nach ihnen Ausschau hielt, ließ sich keiner der kleinen Sangeskünstler blicken. So war ich dankbar für einige lustige Spatzen, die sich an Schilfhalme klammernd vom sanften Seewind hin- und herschaukeln ließen…
… Fischer- und Bootshütten wirken auf mich stets sehr phantasieanregend. Wie es wohl sein mag, in solch einem Pfahlbau im See zu hausen, zu träumen, das Wetter, die Wasser, die Natur zu erleben?…
… Natürlich würde ich auch zu einem gepflegten Nachmittagstee auf solch einer schönen Veranda nicht Nein sagen…
… Ich war noch ein Weilchen am Westufer des Sees entlang spaziert, und hatte nach einem recht entspannten kurzen Marsch das kleine Kircherl St. Alban erreicht (vor vier Jahren hatte ich schon einmal einen Ausflug dorthin unternommen)…
… Geweiht ist das Gotteshäuschen dem Heiligen Alban von Mainz, der während eines Gebets im Jahr 406 von Vandalen erschlagen und enthauptet worden war, deshalb trägt die Statue an der Ostfront ihren Kopf in den Händen…
… An der nahen Haltestelle der Bayerischen Regionalbahn stieg ich am frühen Abend in den nächsten Zug, und ließ mich zunächst Richtung Weilheim, und dann gen München kutschieren. Dabei passierten wir die zwischen 1962 und 1964 errichtete Erdfunkstelle Raisting, eine Bodenstation, die über Richtfunk mit Satelliten kommuniziert…
… Das kleine, dem der Legende nach enthaupteten Heiligen St. Alban gewidmete Kircherl befindet sich gut einen Kilometer in nördlicher Richtung von Dießen entfernt. Es wurde bereits um das Jahr 1.000 erbaut, und um 1770 im barocken Stil renoviert. Lediglich eine Handvoll Häuser scharen sich an diesem stillen und beschaulichen Ort um das Wallfahrtskircherl: Der protzige Altersruhesitz eines Ex-Kardinals, ein kleines Kloster und das Anwesen eines ansässigen Fischers, bei dem ich am liebsten angefragt hätte, ob er über die Nacht noch ein Zimmerchen für mich habe…
… Langsam stieg ich durch den Ort hoch zum ersten Ziel meines Ausflugs, dem Dießener Marienmünster. Ich bin keineswegs wieder katholisch geworden, und kann Religionen nach wie vor nicht viel Gutes abgewinnen, doch seitdem ich in der Residenz arbeite, habe ich ein Faible für den Barock entwickelt – und der findet sich nun mal in seinen allerprächtigsten Ausführungen in den Kirchen, die in jenen fernen Tagen erbaut worden sind…
… Ja, es stimmt, Barock macht sehr oft einen zu üppigen, schier überladenen Eindruck. Den hatte ich jedoch in keinster Weise, als ich das Münster betreten hatte. Ich finde, dass das Innere dieser Kirche ungemein lebensvoll wirkt, so, als würden sich die vielen Putti, die Heiligen und die verklärte und wunderschöne, sehr anmutige und frauliche Marienstatue nahe des Hochaltars im nächsten Augenblick in Bewegung setzen, um zu tanzen, zu jubilieren, zu feiern, sich unter die Besucher/innen mischen. Am Hochaltar gibt es übrigens insgesamt acht Gemälde, die dem Verlauf des Kirchenjahres angepasst sind, und die sich durch eine raffinierte Vorrichtung versenken und austauschen lassen…
… Ich schlenderte lange staunend und mich an der ungemein detailreichen, herrlichen Kunst erfreuend durch die ca. siebzig Meter lange Apsis, die wie eine Art Theater gestaltet ist. Dann ließ ich mich ein Weilchen nieder und gedachte lieber Mitmenschen, vor allem voller Dankbarkeit jener Person, die mit ihrer Unterschrift auf einem kleinen Formular meiner lange Jahre andauernden bitteren Armut ein Ende bereitet hat…
… Der weithin sichtbare, hoch aufragende Turm der Dießener Marienabtei ist nebst dem Heiligen Berg von Andechs eines der Wahrzeichen des drittgrößten Sees Bayerns. Seit langem schon wollte ich mir die über dem Westufer thronende Barockkirche einmal genauer ansehen, so enterte ich am herrlich frühlingshaften gestrigen Donnerstag die Regionalbahn am Hauptbahnhof und ließ mich am Starnberger See vorbei und über Weilheim dorthin kutschieren. Allein die Zugfahrt war ein Höchstgenuss – am liebsten wäre es mir gewesen, die Bahn hätte alle zehn Meter angehalten, damit ich jede mit ungezählten gelbleuchtenden Löwenzahn-Sternen übersäte Wiese vor dem hell gleißenden Panorama der Alpengipfel, jeden Weiler, jedes Kapellchen, jeden Bauernhof hätte knipsen können…
… Dießen machte auf dem ersten Blick einen eher unscheinbaren Eindruck, beim zweiten Hinsehen entdeckte ich allerdings wunderschöne Zunftzeichen und Lüftlmalereien, interessante Details, denen ich noch nachforschen werde, romantische Pforten zu überwucherten Gärten, und etliche schöne Häuser…
… Nach dem gewohnten Hin und Her meiner Inneren Damenband – sie fetzten sich wieder einmal ordentlich, ob wir lieber faul daheim abhängen oder einen Ausflug machen sollten – packte ich Kamera und Wasserflasche in den Rucksack und zog kurzentschlossen los. Es war der vermutlich letzte Tag des langen und intensiven Sommerhochs, und den wollte ich auskosten…
… Es zog mich zum Ammersee, südwestlich von München gelegen. Er ist neben dem Chiemsee – auch Bayerisches Meer genannt – und dem Starnberger der drittgrößte See Bayerns. Mir behagt dieses Gewässer vor allem deshalb, weil seine Ufer bei weitem nicht so protzig verbaut sind wie des westlich eines lang gezogenen Hügelkamms, auf dem sich der Zwiebelturm des Kloster Andechs wie ein Wachposten erhebt, gelegenen Starnberger Sees…
… Wohlgemut enterte ich mein Ticket für die große Rundfahrt schwenkend den 1907 in Dienst gestellten und vor wenigen Jahren erst gründlich renovierten Schaufelraddampfer „Dießen“ und ließ mich über die sanft sich kräuselnden Wasser tragen…
… Ruhebankerl nahe des Bootsstegs…
… Während die „Dießen“, die in Stegen am Nordufer des Ammersees gewendet hatte, gemächlich nach Herrsching zurück fuhr, begleitet vom sanften „Schuff-Schuff-Schuff“ der glänzend rot lackierten Schaufelräder, zog von Westen eine gar düstere, Unheil verkündende Gewitterfront auf. Rings um den See begannen die Sturmwarnlichter zu blinken. Ich beschloss, meinem Bauchgefühl folgend, den zweiten, südlichen Teil der Rundfahrt nicht mehr mit zu machen und ging in Herrsching von Bord…
… So schnell dies mit einer Gehhilfe und der operierten Hüfte möglich war, strebte ich Richtung S-Bahnhof. Just in dem Augenblick, da ich zusammen mit einer Handvoll Spanier/innen dort einen Unterstand erreichte, brach die Hölle los. Was an Wassermassen vom Himmel stürzte, war bei weitem kein Regen mehr, sondern eine Sintflut. Stoßweise Windböen trieben immer wieder Schauer unter unser Vordach, binnen kurzem konnte der nahe Abfluss das wild wogende Nass nicht mehr bewältigen, und wir standen bis über die Knöchel im Wasser. Etwa eine Viertelstunde später, das Inferno tobte nach wie vor ungezügelt, von grellen Blitzen und wuchtigen Donnerschlägen begleitet, fuhr die S-Bahn ein. Ich holte tief Luft, umfasste meine Krücke fest, zog den Kopf zwischen die Schultern und marschierte los. Die Entfernung bis zum überdachten Bahnsteigs betrug vielleicht zwanzig Meter, mehr nicht – doch das genügte, um bis auf die Haut nass zu werden…
… In München war es zwar bewölkt, doch es fiel kein einziger Regentropfen. Während ich auf die Trambahn wartete, genoss ich wohlig aufseufzend die brütende Sommerhitze, im Zug hatte ich ziemlich gefroren, weil die Klima-Anlage auf vollen Touren gelaufen war. Inzwischen bin ich natürlich wieder völlig trocken – auch hinter den Ohren 😉 – genieße den lauen Abend, und freue ich schon darauf, irgendwann demnächst den südlichen Teil der Ammersee-Rundfahrt nachzuholen…