… schließt sich an saftig grüne Weiden, auf denen schottische Hochlandrinder, Pferde und Esel eifrig grasen, ein unter Naturschutz stehendes Moorgebiet an, das sich bis zum etwa vier Kilometer entfernten Ammersee beiderseits des Flusses Alte Ammer erstreckt. In dieser ruhigen, von zwei Hügelketten gesäumten Gegend gibt es eine etwa sechseinhalb Kilometer lange Wanderung, die schon seit langem auf meiner To-do-Liste stand. Ich bin zwar schon mehrmals dort unterwegs gewesen, habe aber immer die etwa zwei Kilometer kürzere Variante zurückgelegt, was mich lange Zeit an die Grenzen meiner Belastbarkeit gebracht hatte. Nun also sollte es am Freitag Nachmittag die längere Runde sein, nachdem ich im letzten Jahr ordentlich Gewicht ab- und überraschenderweise gut Kondition aufgebaut hatte…
… Ich nehme es gleich vorweg – ich bin mit der Strecke sehr gut zurecht gekommen, und fühlte mich, als ich wieder am kleinen Bahnhof Raisting angelangt war, eigentlich überhaupt nicht erschöpft. Am Samstag war ich schon etwas ausgepowert und ruhebedürftig, doch bei weitem nicht so arg wie früher. Im Gegenteil, nachmittags fühlte ich mich bereits wieder fit genug für eine knapp zwei Kilometer lange Runde um den Block… 😉
… Es war ein abwechslungsreicher Nachmittag. Wenn man langsam geht und aufmerksam beobachtet, dann kann man Vieles entdecken, das einem beim raschen Dahinschreiten oder -fahren verborgen bleibt. Als ganz besonders wohltuend empfand ich die Vielfalt an Blumen und Kräutern, die in den von Wassergräben durchzogenen Wiesen beiderseits des Wegs in voller Blüte standen…
… Hier mein frühsommerlicher Blumengruß an euch!…
… Ich wünsche euch einen sonnenreichen und wunderbaren Pfingstsonntag!…
… Nach dem Besuch des Herrschinger Kurparkschlösserls schlenderten wir gemächlich zurück. Leider hatte die Strandbar noch nicht geöffnet, ein prickelnder Sprizz wäre jetzt schon was Feines gewesen… 😉
… Wir gönnten wir uns eine Schifffahrt auf dem See. Unser Ziel war Utting, dann wollten wir mit der Bahn Richtung Weilheim, damit ich G. das Storchendorf Raisting zeigen konnte. Als wir an Bord der „Dießen“ auf das Westufer zuglitten, kam uns mit lautem „Schuff! Schuff! Schuff!“ (ich liebe dieses Geräusch!) der schöne Schaufelraddampfer „Herrsching“ entgegen…
… Ein Segelboot namens Sepp… 😉
… Da hat wohl einer so viel Zeit im Wasser zugebracht, dass er versteinert ist… 😉
… Auf dem lang gezogenen Hügelrücken im Osten, Heiliger Berg genannt, über dem See thronend erhebt sich der Zwiebelturm der Andechser Rokoko-Kirche über Land und See…
… Nachdem meine Freundin G. neulich noch eine Nacht mehr im Krankenhaus verbringen musste – angeblich wegen einer Blasenentzündung, obwohl sie keinerlei Beschwerden verspürt hatte -, hatte Professor Sch. vom Friedrich-Baur-Institut am Donnerstag dann endlich ein Einsehen, und ließ sie gehen. Allerdings nicht, ohne sie noch ein paar Stünderln im Zimmer auf ihre Entlassungspapiere warten zu lassen…
… Kaum war sie bei mir eingetrudelt, machten wir uns auf den Weg Richtung Ammersee. Es herrschte bestes Ausflugswetter – strahlend blauer Himmel, viel Sonne, und malerisch gebauschte, weiße Quellwolken, die träge über das Firmament zogen. Der erste Weg in Herrsching führte uns zum romantischen Kurparkschlösserl inmitten eines großzügig angelegten Parks in Seenähe, das 1888 der Kunstmaler Ludwig Scheuermann als Sommersitz im Stile italienischer Villen hatte erbauen lassen. Schon bald erfreute sich der Künstler im damals grade mal 304 Einwohner:Innen zählenden Ort großer Beliebtheit. Scheuermann sorgte mit seiner bunten Schar an Freund:Innen und Bekannten für eine rege Blüte von Kunst und Kultur in Herrsching. Kurz nachdem er 1911 verstorben war, erlosch auch das glanzvolle Leben im Schlösserl, der Sohn hatte sich seiner Leidenschaft fürs Fliegen verschrieben und hatte mit den schönen Künsten nur wenig am Hut…
… Einige Jahre später erstand die Gemeinde Herrsching das Anwesen samt Park. 2013 wurde es sorgfältig und umfangreich renoviert. Man kann die Räumlichkeiten anmieten und für Festivitäten, Konzerte und Kunstausstellungen nutzen. Vom gepflegten Kurpark aus kann man gar herrlich das Treiben auf und den Sonnenuntergang am See beobachten…
… Nicht weit vom Kurparkschlösserl entfernt hat man zwei Sagengestalten – dem Waller Silurus Bartl und der Bierjungfer Ambrosia – ein schönes Denkmal gesetzt. Hier ist die traurig-romantische Gschicht zum Nachlesen zu finden…
… Vor sehr, sehr vielen Jahren lebte im schönen, idyllischen Ammersee im Bayerischen Voralpenland ein gewaltiger Waller, Silurus Bartl genannt. Nachdem seine langjährige Lebensgefährtin gestorben war – sie war dem gefürchteten Fischer namens Weißer Mann vom Boot ins Netz gegangen -, hauste er recht einschichtig (einsam/zurückgezogen) in den Tiefen des Sees…
… Die nur etwa daumengroßen Bierjungfern haben ihr Zuhause in der Andechser Klosterwirtschaft, die samt einer wunderschönen Rokoko-Kirche, der weithin bekannten Brauerei und etlichen anderen weitläufigen Gebäuden auf einem Hügelrücken hoch über dem Ammersee und der umliegenden, sanft geschwungenen Landschaft thront. Die nixenähnlichen Fabelwesen treiben gerne ihren Schabernack mit angetrunkenen Zechern, denen das süffige, dunkle Bier zu Kopf gestiegen ist. Haben sie die Trinker dann genügend gedratzt (veräppelt), machen sie sich behende wieder davon, auf der Suche nach ihren nächsten Opfern…
… Einem etwas finsteren Burschen ist es gelungen, die Bierjungfer Ambrosia in seinem Maßkrug zu fangen. Er machte sich alsbald auf den Weg Richtung Herrsching, der größten Ortschaft am See, und erhoffte sich einen ordentlichen Preis für seine außergewöhnliche Beute. Doch als er an einem Strand eine Verschnaufpause einlegte, entkam ihm seine Gefangene und rettete sich mit einem beherzten Sprung ins nahe Wasser…
… Für so eine winzig kleine Bierjungfer, welche die meiste Zeit ihres Lebens in der Enge von Maßkrügen verbracht hatte, war es anfangs natürlich recht schwer, mit der schier grenzenlosen Weite des Ammersees zurecht zu kommen. Aber es gelang ihr schließlich, ihr neues Leben zu meistern, auch wenn sie unter den anderen sagenhaften Gestalten in den unergründlichen Wassern aufgrund ihrer mangelnden Größe und Herkunft immer so etwas wie eine Außenseiterin blieb…
… Nach einigen Jahren geschah es wie zufällig, dass sich Ambrosia und Silurus, der Riesenwaller, über den Weg schwammen. In langen Gesprächen entdeckten sie sehr viele Gemeinsamkeiten, und so entstand eine tiefe und ungewöhnliche Liebe zwischen ihnen…
… Silurus erfreute sich an Ambrosias Gesellschaft, und gab viel von seinem großen Wissen über die Lebewesen und Eigenheiten an die kleine Bierjungfer weiter. Ganz eindringlich warnte er sie vor dem Weißen Mann im Boot, der zunächst scheinheilig die Fische und andere Seewesen mit Leckereien locken, und ihnen dann gar grausig den Garaus machen würde…
… Doch Ambrosia war neugierig, und als sie eines Tages ein seltsames Geflecht entdeckte, ignorierte sie sämtliche Ratschläge des Riesenwallers, und schwamm eifrig darauf zu. Als sie endlich entdeckte, dass sie sich im Netz des Fischers verfangen hatte, war es schon zu spät, es gelang ihr nicht mehr, sich zu befreien. Verzweifelt rief sie um Hilfe…
… Nur wenig später rauschte ihr Freund Silurus Bartl heran. All seine Kräfte und sein Geschick aufbietend befreite er die Biernixe. Dabei geriet er jedoch selbst unrettbar in die Maschen des Fischernetzes. Und da kam er auch schon näher, der Weiße Mann im Boot, und zog seine gewaltige Beute aus dem Wasser. Ein letztes Winken noch mit der Schwanzflosse, dann ward der sagenhafte Ammersee-Waller für immer seiner Heimat und dem Leben entrissen…
… Ambrosias Trauer und Verzweiflung waren grenzenlos. Durch ihren Leichtsinn, ihre gedankenlose Neugierde war der beste Freund, den sie jemals hatte, zu Tode gekommen. Sie bündelte all ihre Zauberkräfte und verwandelte sich in eine stattliche Wallerin mit wunderschön marmorierter Haut, breitem Maul und sechs langen Barten. Sie schwamm so lange kreuz und quer durch den Ammersee, bis auch sie vom Fischer gefangen und ins Boot gezogen wurde. Nach ein paar tiefen Schnappern hauchte sie ihr Leben aus…
… So endete eine große und märchenhafte Liebe im Ammersee…
… Ich habe mich für ein Foto entschieden, das ich im Sommer 2017 gemacht habe. Am Westufer des Ammersees hatte sich eine sehr bedrohlich anmutende Gewitterfront aufgebaut, die rasch näher rückte. Zum Glück war das Ausflugsschiff, auf dem ich mich gemächlich rund um den See hatte schaukeln lassen, nicht mehr allzu weit von der Anlegestelle Herrsching entfernt. Kaum hatte ich festen Boden unter meinen Füßen, und einen schützenden Unterstand erreicht, brach die Hölle los, es blitzte und donnerte ununterbrochen, und der entfesselte Sturm wehte eine wahre Sintflut an Regenwasser in sämtliche Richtungen, so dass ich binnen kurzem trotz des schützend auskragenden Daches einer Scheune nass bis auf die Haut war…
… hat es mich am Samstag gezogen, den wunderschönen Sommertag genießend, bevor in der Nacht zum Sonntag das Wetter umschlug, und uns das nächste lange Regentief bescherte…
… Die „Herrsching“, einer der beiden Raddampfer der Ammersee-Schifffahrt, zog mit gemächlichem „Schuff-Schuff-Schuff“ ihrer seitlich angebrachten Schaufelräder über das herrliche Blau des Gewässers. Von ferne, hoch über dem Ostufer thronend, grüßte der „Heilige Berg“ Andechs…
… Ich schlenderte zu einem hölzernen Aussichtsturm, der sich etwa 500 Meter südöstlich der Uferpromenade im Moorgebiet nahe des Zuflusses der Ammer befindet. Dort soll man schöne Vogelbeobachtungen machen können – und ich wurde nicht enttäuscht…
… Ein Bachstelzenpärchen hatte ihr Nest in die Giebelbalken des Dachs über der Aussichtsplattform gebaut, und dabei nicht bedacht, dass der Turm von vielen Besuchern frequentiert wird. Aufgeregt zwitschernd und die Schnäbel voller Futter flatterten sie zwischen den nahen Bäumen und der Balustrade hin und her, und getrauten sich nicht, ihre sicher sehr hungrigen Küken anzufliegen…
… Drei Teichrohrsänger hörte ich während meiner Moorwanderung klar und deutlich, doch so angestrengt ich auch nach ihnen Ausschau hielt, ließ sich keiner der kleinen Sangeskünstler blicken. So war ich dankbar für einige lustige Spatzen, die sich an Schilfhalme klammernd vom sanften Seewind hin- und herschaukeln ließen…
… Fischer- und Bootshütten wirken auf mich stets sehr phantasieanregend. Wie es wohl sein mag, in solch einem Pfahlbau im See zu hausen, zu träumen, das Wetter, die Wasser, die Natur zu erleben?…
… Natürlich würde ich auch zu einem gepflegten Nachmittagstee auf solch einer schönen Veranda nicht Nein sagen…
… Ich war noch ein Weilchen am Westufer des Sees entlang spaziert, und hatte nach einem recht entspannten kurzen Marsch das kleine Kircherl St. Alban erreicht (vor vier Jahren hatte ich schon einmal einen Ausflug dorthin unternommen)…
… Geweiht ist das Gotteshäuschen dem Heiligen Alban von Mainz, der während eines Gebets im Jahr 406 von Vandalen erschlagen und enthauptet worden war, deshalb trägt die Statue an der Ostfront ihren Kopf in den Händen…
… An der nahen Haltestelle der Bayerischen Regionalbahn stieg ich am frühen Abend in den nächsten Zug, und ließ mich zunächst Richtung Weilheim, und dann gen München kutschieren. Dabei passierten wir die zwischen 1962 und 1964 errichtete Erdfunkstelle Raisting, eine Bodenstation, die über Richtfunk mit Satelliten kommuniziert…
… Das kleine, dem der Legende nach enthaupteten Heiligen St. Alban gewidmete Kircherl befindet sich gut einen Kilometer in nördlicher Richtung von Dießen entfernt. Es wurde bereits um das Jahr 1.000 erbaut, und um 1770 im barocken Stil renoviert. Lediglich eine Handvoll Häuser scharen sich an diesem stillen und beschaulichen Ort um das Wallfahrtskircherl: Der protzige Altersruhesitz eines Ex-Kardinals, ein kleines Kloster und das Anwesen eines ansässigen Fischers, bei dem ich am liebsten angefragt hätte, ob er über die Nacht noch ein Zimmerchen für mich habe…
… Langsam stieg ich durch den Ort hoch zum ersten Ziel meines Ausflugs, dem Dießener Marienmünster. Ich bin keineswegs wieder katholisch geworden, und kann Religionen nach wie vor nicht viel Gutes abgewinnen, doch seitdem ich in der Residenz arbeite, habe ich ein Faible für den Barock entwickelt – und der findet sich nun mal in seinen allerprächtigsten Ausführungen in den Kirchen, die in jenen fernen Tagen erbaut worden sind…
… Ja, es stimmt, Barock macht sehr oft einen zu üppigen, schier überladenen Eindruck. Den hatte ich jedoch in keinster Weise, als ich das Münster betreten hatte. Ich finde, dass das Innere dieser Kirche ungemein lebensvoll wirkt, so, als würden sich die vielen Putti, die Heiligen und die verklärte und wunderschöne, sehr anmutige und frauliche Marienstatue nahe des Hochaltars im nächsten Augenblick in Bewegung setzen, um zu tanzen, zu jubilieren, zu feiern, sich unter die Besucher/innen mischen. Am Hochaltar gibt es übrigens insgesamt acht Gemälde, die dem Verlauf des Kirchenjahres angepasst sind, und die sich durch eine raffinierte Vorrichtung versenken und austauschen lassen…
… Ich schlenderte lange staunend und mich an der ungemein detailreichen, herrlichen Kunst erfreuend durch die ca. siebzig Meter lange Apsis, die wie eine Art Theater gestaltet ist. Dann ließ ich mich ein Weilchen nieder und gedachte lieber Mitmenschen, vor allem voller Dankbarkeit jener Person, die mit ihrer Unterschrift auf einem kleinen Formular meiner lange Jahre andauernden bitteren Armut ein Ende bereitet hat…
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