… Wer hier seit längerem schon regelmäßig liest, dem sind die beiden großen Bronze-Plastiken des Neptun und des Perseus samt der geköpften Medusa, die bis vor kurzem in den sogenannten Paramenten-Kammern der Münchner Residenz standen, bereits vertraut. Nun haben sie inmitten pummeliger Putten und lebensfroh-lüsternen Satyrn ein neues Zuhause gefunden…
… Sehr bedauerlich fand ich, was mir am zweiten Weihnachtsfeiertag ein alter Münchner erzählte, der wohl sehr bewandert in der Geschichte der Bronzekunst war: Als man daran ging, die Statue der Bavaria zu schaffen, hatte man ca. vierzig wunderschöne Bronzefiguren aus der Zeit der Spätrenaissance bzw. des Frühbarocks eingeschmolzen, viele davon aus der legendären Werkstatt des H. Gerhard. Was mögen da für Kostbarkeiten auf ewig verloren gegangen sein…
… Nicht fehlen dürfen natürlich jene vier bronzenen Löwen, die ursprünglich für das Grabmal des bayerischen Herzogs Wilhelm V., Vater des späteren Kurfürsten Maximilian, I., der meine Heimat im ausgehenden sechzehnten bis Mitte des siebzehnten Jahrhunderts geprägt hat wie kein zweiter, geplant gewesen waren. Doch Wilhelm V. hatte nicht zuletzt wegen seines Hangs zu allem Esoterischen – in der heutigen Zeit würde man ihn als Aluhut-Träger bezeichnen 😉 – Bayern an den Rand des Ruins getrieben. So fiel nach seinem Ableben die Grabstätte erheblich bescheidener aus. Maximilian I. ließ das majestätische Raubkatzen-Quartett an den Portalen zum Kaiserhof und Kapellenhof aufstellen. Das Reiben des kleinen, sich unter dem Schild befindenden, Masquerons (Gesicht eines Fabelwesens) eines der Raubtiere soll Glück bringen. Da man jedoch bis zum heutigen Tag immer noch nicht heraus gefunden hat, welcher Löwe der Glücksbringer ist, empfiehlt es sich, alle vier Schnäuzchen zu rubbeln…
… Die Tellus Bavaria wurde bereits ca. zweihundertfünfzig Jahre vor der Errichtung der kolossalen Bavaria-Statue auf der Theresienhöhe als Allegorie Bayerns geschaffen. Sie hat die Reichtümer meiner Heimat bei sich: Wein, Salz und Wildbret. In der Linken trug sie ursprünglich einen Ährenkranz, später wurde der sogenannte Kurapfel hinz gefügt, beides ist leider verloren gegangen. Ich finde die Tellus Bavaria schöner als ihre “große Schwester”, sie strahlt meiner Meinung nach viel mehr Fraulichkeit und Anmut aus…
18 Antworten zu “Gottheiten, Fabelwesen, Allegorien und Sagengestalten (Teil 2)…”
So schöne Skulpturen mit soooo viel Liebe zum Detail. Einfach klasse.
Traurig, dass es einige nicht mehr gibt, weil sie eingeschmolzen wurden 🙁
Ja, das ist so schade…
Hat dies auf Die Erste Eslarner Zeitung – Aus und über Eslarn, sowie die bayerisch-tschechische Region! rebloggt.
Danke schön! 🙂 Ich wünsche Ihnen und Ihrem Team einen unbeschwerten Wintersonntag.
Wenn es keine Aufzeichnungen gibt, was da eingeschmolzen wurde, könnten es natürlich auch Fehlarbeiten gewesen sein 😉
Das glaube ich nicht. So, wie der sachkundige Herr das geschildert hat, sind das vollwertige Statuen gewesen. Gut möglich, dass es in der Staatsbibliothek noch Unterlagen darüber gibt, ich habe nicht danach gefragt.
Ok, aber es muss ja auch ein Grund gehabt haben, dass der Künstler genau die ausgewählt hatte… Oder wurde der gar nicht gefragt? Dann war es wohl eher eine Aktion im Stile von “Sieht sch**** aus, kann weg” 😉
Ich habe keine Ahnung, Worti. Vielleicht sollte man diesbezüglich einmal nachforschen. Ab dem 11. Januar sind unsere Historiker wieder im Haus, da werde ich mal nachbohren. 😉
Warum nicht. Wenn es dich interessiert…
Du hast mich da jetzt so “angespitzt”. 😉
Ist doch gut 😉
Find ich auch. 🙂
😀
Liebe Margot,
dein Beitrag mit den stimmungsvollen Fotos passt wunderbar zur heutigen Raunacht, in der Christopher Weidner die Kraft des Steinbocks anhand der Residenz beschreibt:
http://www.mystisches-muenchen.de/mystisches-muenchen/zehnte-rauhnacht-im-muenchner-tierkreis-steinbock-2-3-januar/
In zwei Fällen muss ich dich deshalb berichtigen: bei den sog. “Glücksbringern”, die sich an den von den Löwen gehaltenen Schilden befinden, handelt es sich nicht wie oft geschrieben um “Löwennäschen”, sondern um “Masquerons”, also Gesichter von Fabelwesen.
Da auch die Löwen am Einganf der Residenz genau unterhalb der Darstellungen der Kardinaltugenden “Klugheit”,”Gerechtigkeit”, “Stärke” und “Mäßigkeit” befanden, könnte man sich durch das Berühren der “Nasen” sozusagen damit aufladen. Hast du schon mal bemerkt, dass auf den Schilden jeweils eine zu den jeweiligen Kardinaltugenden passenden Szene dargestellt wird?
Mir ist das erst aufgefallen, als mich Christopher bei einem Rundgang darauf aufmerksam gemacht hat.
Auch zur “Tellus Bavaria” erläutert er im o.g. Beitrag einige Hintergründe. Die Originaldarstellung hat demnach nie einen Kurapfel besessen, er wurde erst später hinzugefügt, als die ursprünglich als Diana konzipierte Bronzefigur auf Veranlassung Maximilians I. zu einer Tellus Bavaria umgewandelt wurde.
Vielleicht sehen wir uns heute? Ich möchte mir die Ausstellung auf keinen Fall entgehen lassen!
Liebe Grüße
Renate
Oh, vielen, vielen Dank, liebe Renate, für die Informationen bezüglich der Masquerons und der Tellus…
Leider, leider bin ich heute in den Kurfürstenzimmern eingeteilt gewesen. Ich hoffe, du hattest einen schönen Nachmittag bei der Führung und in der Ausstellung.
Herzliche Grüße!
Tolle Skulpturen. L.G.
Ja, nicht wahr.
[…] Vor einer Weile stellte ich zwei Posts über die Bronzeausstellung der Münchner Residenz online. Im zweiten Teil erwähnte ich, dass mir ein betagter Besucher erzählt hatte, dass während der Konstruktion der […]