Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Ich bin ein Flüchtlingskind…

… Jawoll, denn meine Eltern waren sogenannte Heimatvertriebene. Der Vater stammte aus Schlesien, meine Mutter aus Sudetendeutschland. Die Familie meiner Mutter – fünf Geschwister, meine mit einem Nachgeborenen hochschwangere Großmutter, und deren Eltern – hatte man zuerst eine Straße entlang getrieben, im Graben lagen die bereits verwesenden Leichen Erschossener. Dann wurden sie zusammen mit ungezählten Anderen in einen Viehwaggon gepfercht und in drei langen und überaus harten Tagen nach Dachau gekarrt. Zu essen und zu trinken gab es auf dieser Reise so gut wie gar nichts. Im Dachauer Konzentrationslager angelangt mussten sie sich sehr unsanft und entwürdigend von Soldaten der amerikanischen Streitkräfte untersuchen und entlausen lassen. Anschließend wurden sie in die Gaskammern des KZ’s gesperrt. In jener Nacht fand niemand von ihnen auch nur eine Minute Schlaf, aus lauter Angst, man könnte die tödlichen Giftgasduschen in Betrieb setzen…

… Meinen Vater und seine Familie hatte es nach München verschlagen, man quartierte sie in einen dunklen, muffigen, unsauberen Bunker inmitten der zu mehr als zwei Dritteln zerstörten Stadt ein. Er und eine Handvoll Freunde unternahmen wagemutig nächtliche Streifzüge an den Südbahnhof, dort waren die mit Lebensmitteln vollgepfropften Frachtzüge der US-Armee abgestellt. Bei den Versuchen der Knaben, etwas Essbares zu stehlen, mussten sie mehr als einmal um ihr Leben bangen, mehr als einmal pfiffen ihnen die Gewehrkugeln der Wachposten um die Ohren…

… Die Sippschaft meiner Mutter landete schließlich in einer zugigen, schlampig zusammen gezimmerten Barackensiedlung am Rande eines Moors nahe des Chiemsees, unweit der Strafanstalt Bernau. Meinen Vater und die Seinen verschlug es in ein kleines Dörfchen bei Freilassing. Viele Jahre lang mussten sie sich geringschätzige Bemerkungen, Ablehnung und Diskriminierung gefallen lassen – sie waren ja Flüchtlinge…

… Mit diesen Geschichten bin ich aufgewachsen. Vor allem meine Mutter ist durch diese Erlebnisse sehr traumatisiert gewesen, immer und immer wieder erzählte sie meinem Bruder und mir von jenen fernen, schrecklichen Tagen. Ich weiß nicht, wie es meinem Bruder erging, aber ich war lange, sehr lange Zeit dieser Schilderungen müde, ja, sie hingen mir regelrecht zum Halse heraus…

… Erst seit einigen Jahren erkenne ich, wie dankbar ich dafür bin. Die Erlebnisse meiner Eltern,und daß mir diese so hartnäckig nahe gebracht wurden, haben meine Einstellung betreffs Ausländern, Migranten und Asylsuchenden geprägt. Denn ich kann, so denke ich, mich dadurch in diese Menschen hinein versetzen, mit ihnen fühlen, kann zumindest ein bisschen nachvollziehen, wie es in ihnen aussehen mag, welches Leid, welche Schrecknisse, welche Not ihnen zuteil geworden sein mag…

… Mich macht die zunehmende Feindseligkeit gegenüber Schutz- und Zufluchtsuchenden in Europa schaudern und sehr betroffen. Diese ablehnende Haltung, diese Attitüde “Die kommen doch nur hierher, weil sie schmarotzen wollen!”. Dem ist nicht so! Ganz im Gegenteil! Nur ein Beispiel: Im Winter 2012 traten in einer Münchner Flüchtlingsunterkunft etwa sechzig jugendliche Afghanen in den Hungerstreik. Was sie damit bezwecken wollten? Ihnen stand nicht etwa der Sinn nach trendy Kleidung, dem neuesten Mobiltelefon, coolen Outfits, mehr finanziellen Zuwendungen – nein, sie wollten Deutschunterricht, damit sie sich in jenem Land, das sie sehr ungastlich und abweisend behandelte, besser verständigen konnten. Sie wollten eine vernünftige Schulbildung, und Lehrstellen, um ihrem Leben einem Sinn zu geben! Diese jungen Leute sind beileibe kein Einzelfall, die Mehrheit jener Menschen, die bei uns um Asyl ansuchen, denkt ähnlich. Das WWW ist voll mit Erhebungen, Statistiken, Umfragen, Berichten darüber, schriftlichen Belegen, die weitaus mehr Wahrheitsgehalt haben, als die reisserischen, verleumderischen und hetzerischen Artikel einer “Blöd”-Zeitung…

… Ich frage mich oft, wie werden wir, wie wird Europa erst auf die Abermillionen von Klimaflüchtlingen reagieren, die sich in absehbarer Zeit aus Mikronesien, Polynesien, den Seychellen, den Malediven, den vielen vom Klimawandel bedrohten Inseln Indonesiens in Bewegung setzen werden? Im Vergleich dazu werden uns die jetzigen Scharen an Zuwanderern wie ein kleiner Familienausflug anmuten!…

… Aber vielleicht ist uns ja das Glück hold. Vielleicht setzt sich ja der wirtschaftliche Boom in einigen Staaten Südamerikas, Afrikas, Asiens und Indien fort, und die durch Überflutungen und andere Umweltkatastrophen von ihrer Heimat vertriebenen Völker suchen in Zukunft dort das Gelobte Land, und nicht mehr bei uns. Europa wird dann vermutlich eine starke Abschwächung der Wirtschaft, eine drohende Verarmung bevorstehen – dies dann aber wenigstens migranten- und asylantenfrei…


38 Antworten zu “Ich bin ein Flüchtlingskind…”

  1. Meine Großmutter ist mit drei Kleinkinder aus Polen geflüchtet, ein Sohn ist auf der Flucht gestorben. Das Thema wurde bis zu weit nach ihrem Tode totgeschwiegen und trotzdem fühle ich ähnlich wie Du.

    Es ist gut, dass Du nie müde wirst, uns an unsere Verpflichtungen zu erinnern. Danke dafür.

    • Wir dürfen die Geschicke jener unserer Vorfahren, die ebenfalls das Flüchtlingslos durchleiden mussten, nie und nimmer vergessen, oder achselzuckend abtun!
      Ich kann gar nicht anders, liebe Eva. Seit einigen Tagen tobt auf einem Schweizer Blog zum Thema eine recht lebhafte Diskussion, in deren Verlauf ich mir schon vorwerfen lassen musste, ich sei gar keine “echte Freidenkerin”, und spinnen würde ich auch – aber das perlt an mir ab. Lieber Schimpf und Schande kassieren, als denkfaul und engstirnig werden, und sich den Ausländerfeinden und Rassisten anschließen…

      • ich bin in letzter Zeit so wenig im Internet unterwegs und nehme mir nur die Zeit für Blogs, die mir sehr am Herzen liegen. Deshalb bin ich immer froh, dass ich von Dir so gut informiert und angeregt werde.

      • Also so ganz stimmt es ja nicht was du geschrieben hast. Deine Mutter hatte sechs Geschwister, die Eltern deiner Großmutter lebten zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr, und schwanger war Oma auch nicht auf der Flucht.
        Die Baracke die du so schlimm beschreibst bescherte deiner Mutter und Ihren Geschwistern eine schöne Kindheit (zumindest erzählt mir das meine Mutter immer). Sie waren unter gleichgesinnten -auch Flüchtlinge- und der Zusammenhalt war einzigartig.
        Und wieso du die Familie deiner Mutter “Sippschaft” nennst kann ich nicht nachvollziehen !! Na ja jedem das Seine und Dir das Meiste.

        • Ich habe die Vergangenheit meiner Mutter so geschildert, wie ich sie in Erinnerung hatte. Gut möglich, daß ich manches Erzählte nicht so in Erinnerung habe wie du. Ich habe den Ausdruck “Sippschaft” nur deshalb gewählt, um nicht ständig die Bezeichnung “Familie” gebrauchen zu müssen.
          Mir das Meiste??? Was ist das nur für ein saudummer Spruch… Da fällt mir ein, daß genau diese Wortwendung von einem anonymen Kommentator ebenfalls verwendet wurde, der eine Website der NPD und auch eine solche E-Mail-Adresse angegeben hatte… Zufall???

  2. Ein über seine ca. 15-jährigen Schüler entsetzter älterer Lehrer meinte letztens resigniert: es mag sich brutal anhören, aber wir benötigen wohl eine erneute Hungersnot, damit unsere nachfolgenden Generationen einfachste Dinge wie Satt werden wieder schätzen lernen. Diese Erkenntnis hat mich sehr nachdenklich gemacht und dein Bericht ähnelt meiner Familiengeschichte sehr, sie ist fast identisch.
    lg magdalena

    • Ich kann die Gedanken des Lehrers durchaus nachvollziehen, liebe Magdalena… Nur ca. siebzig Jahre sind zwischen den schrecklichen Erlebnissen deiner und meiner Familien vergangen, viel, viel weniger als ein Wimpernschlag in der Menschengeschichte – und dennoch haben wir, wie’s scheint, bereits völlig vergessen, wie sich das anfühlt, verfolgt, gedemütigt, traumatisiert zu sein, die Heimat, alles, wirklich alles außer dem Leben verloren zu haben…
      Liebe Grüße!

    • Da ist was dran. Unsere Jugend ist im Wohlstand groß geworden und sie soll auch ein gutes Leben haben. Aber die Geschichte darf nicht vergessen werden und es stände uns allen gut zu Gesicht, ein wenig demütiger und vor allem toleranter zu sein.
      Leider vergessen viele Eltern, ihren Kindern das mit auf den Weg zu geben

      Was glaubst du, was die heutige Jugend noch von der DDR weiß? Beschämend wenig und das ist wirklich noch nicht so lange her.

  3. Meine Grossmtter nit drei Kindern, mein Vater war mit vier Jahren der jüngste kam übers Oderhaff. Westlich von Berlin wurden sie von der Front überholt …

  4. Ich hab schon viele dieser Geschichten gehört und sie erschüttern mich immer wieder! In die Gaskammer gesperrt zu werden, ist wohl der Albtraum ansich, selbst wenn man sich sicher sein könnte, dass das Gas nicht angestellt wird. Vielleicht ja eine Rache der Amerikaner, für das, was die Deutschen angerichtet haben. Es ist immer wieder erschreckend, was Menschen so einander antun und ertragen müssen. Manchmal könnte man meinen, eigentlich müssten sie darüber den Verstand verlieren. Und der Hass und die Rachegedanken die dabei entstehen, erzeugen wieder neues Leid. 🙁
    “Dahergelaufene” wie Maria und Josef, würden auch heute bei vielen vor der Tür stehen. Auch bei denen, denen man in der Kirche anderes erzählt!
    Jeder ist sich selbst der Nächste! Wieder deutlich an dem Bischof zu sehen, der sich nicht entblößte, für seinen Prachtbau Geld aus einer Stiftung zu nehmen, das eigentlich für arme und kinderreiche Familien gedacht ist!
    Liebe Grüße
    Ute

    • Ja, liebe Ute! Viele von uns vergießen während der Weihnachtspredigt von den armen herbergslosen Maria und Josef heiße Tränen der Rührung und winseln “Ach, wie konnten die Leut’ von Bethlehem nur so grausam sein!”, und nur wenig später geifern und hetzen genau die gleichen Mitmenschlein “Ausländer raus! Weg mit dem Asylantengesindel! Fort mit den Sozialschmarotzern!”… Christentum sieht anders aus…

  5. Ich kenne das auch nur aus Erzählungen. Du hast vollkommen recht früher hat man Flüchtlinge schief angesehen. Oft hörte man ” Das sind die aus dem Osten “.Dabei sind sie vor der Roten Armee geflohen. Aber ich glaube heute bei den jungen Leuten spielt das keine Rolle mehr. Auch schon bei meiner Generation waren Flüchtlinge keine Fremden mehr. Was die Amerikaner angeht, kann ich hier nur Gutes berichten. Die haben sich hier richtig für den Wiederaufbau arrangiert. Hier wurde eine ganze Siedlung von den Amis errichtet und von der Organisation Care bezahlt. Die Häuser konnten für kleines Geld von uns erworben werden. Auch haben sie hier die Leute genau wie in Berlin mit Lebensmittel versorgt. Leider ist das heute bei den Jungen Leuten in Vergessenheit geraten genauso wie die Gräueltaten der Nazis. Dir noch einen schönen Abend. L.G.

    • Ich kann mich noch daran erinnern, daß es in meinen frühen Kindertagen in dem Ort, in welchem ich meine ersten sechs Lebensjahre verbrachte, noch so eine Flüchtlingsbaracke gegeben hat, etwas außerhalb gelegen, und daß es da schon noch zu Diskrepanzen zwischen den Einheimischen und den Flüchtlingen gekommen ist…
      Ich persönlich kann über die US-Armee eigentlich auch nur Gutes sagen, Berchtesgaden ist ja etliche Jahrzehnte lang eine sogenannte Recreation Area gewesen. Wenn ich allerdings die Erfahrungen meiner Mutter gemacht hätte, würde ich vermutlich den Amis auch sehr zwiespältig gegenüber stehen…
      Weil so Viele von uns, auch die Menschen in unserem Alter, am liebsten vergessen und verdrängen würden, dürfen wir es nicht dazu kommen lassen, lieber Lutz! Und grade beim jetzigen Stand der Asylanwärter-Kontroversen und den latent immer weiter um sich greifenden Hass gegen Ausländer, Flüchtlinge, Andersgläubige, Andersfarbige ist es sehr wichtig, beständig zu gemahnen, daß auch ein Teil unserer direkten Vorfahren ihre Heimat, all ihr Hab und Gut verloren hatten, fliehen und völlig von vorne anfangen mussten!
      Hab du auch einen schönen Abend!

  6. Meine Mutter kommt aus Ostpreußen und auch sie verlor auf der Flucht ihre Mama und 2 Brüder , sie und 3 Geschwister und ihr Papa haben überlebt. Sie wurden nie mit offenen Armen irgendwo empfangen. Erst in einem kleinen Dorf in Sachsen Anhalt fanden sie endlich ein neues zu Hause. Meine Mutter erzählt heute noch sehr oft von ihren Erlebnissen und als meine Großeltern noch lebten, haben sie uns auch oft von ihrem Leben erzählt.

    Gerade heute ist es wichtig den jungen Leuten klar zu machen, das Ausländerhass der falsche Weg ist. Wollen wir mal ehrlich sein, wenn wir um unser Leben bangen müssten, dann würden wir auch versuchen in ein Land zu kommen, wo wir sicher sind !

    LgTB

    • Natürlich! Ohne Frage würden wir alles menschenmögliche daran setzen, wenigstens unsere Haut zu retten, und in ein zumindest halbwegs sicheres Land zu flüchten!…
      Wir sind im Wohlstand aufgewachsen, in Friedenszeiten – und wir haben so schnell und so viel vergessen. Ich fürchte, genau dies wird uns eines nicht mehr allzu fernen Tages noch teuer zu stehen kommen…
      Liebe Grüße!

  7. Solche Geschichten kenne ich auch! Meine Mutter kommt aus Ostpreußen ! Sie hatte noch 4 Geschwister und jeder erzählte oder auch nicht seine Flüchtlingsgeschichte ! Meine Mutter erzählte und wir hörten gerne zu. Mein Cousin spitze die Ohren als sie die Geschichten von meiner Mutter hörte den seine Mutter erzählte gar nichts ! Die Generation der 1933er geborenen sind nach dem Krieg ins kalte Wasser gesprungen! Es war kein Pysch. Hilfe vorhanden! Für viele Flüchtlinge waren die Erlebnisse so schwerwiegend das sie innerlich erstarrten! Ich habe Respekt vor dieser Generation und hörte gerne meiner Mutter zu ! Danke für deinen Beitrag ! Deine Gedanken haben mit geholfen die Erinnerungen an meine ostpreußischen Vorfahren zu vertiefen !
    L.G.
    Mrs. Jones

    • Wir müssen solche Geschichten weiter erzählen, weiter und immer weiter. Sie dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Denn sie helfen uns zu verstehen, was in jenen Flüchtlingen vor sich geht, die sich heute hilfesuchend an uns wenden…
      Sehr gerne!

  8. Das hätte ich jetzt nicht gedacht, dass du eigentlich eine Preußin bist …
    Aber Spaß beiseite – natürlich wissen die jüngeren Leute nichts mehr davon und sie wollen das auch gar nicht hören. Dazu kommt, das viele aus anderen Ländern stammen und für die ist das nicht nur zeitlich weit entfernt. Meine Söhne haben etliche (auch enge) Freunde, die nicht deutschstämmig sind. Auch wenn sie einen deutschen Pass haben, ist ihnen die deutsche Geschichte fremd. Sie bringen ihre eigene Geschichte mit und manche haben Eltern, die auch eine Flüchtlingsproblematik – aber ganz anderer Art – vorweisen können.
    Wie will man das Ganze anderen Menschen nahe bringen? Und wem?
    Eine Möglichkeit sehe ich in Romanen über das Thema und Filme. Einzelschicksale, die für das Ganze stehen, sind meist eindringlicher so wie jetzt dein Blogbeitrag. Deine Eltern haben Schlimmes mitgemacht.

    • Ein Mischling, liebe Franka, halb Preußin halb Sudetendeutsche. :mrgreen:
      Ein gut fundierter Geschichtsunterricht kann bei jungen Menschen auch viel dazu beitragen, das Bewusstsein dafür zu wecken, daß viele der sogenannten Deutschen im Grunde genommen ja eigentlich auch Flüchtlinge bzw. die Abkömmlinge von Flüchtlingen sind…
      Oh ja, wie schlimm das gewesen sein muss, wird mir jetzt erst so richtig klar. Wobei mein Vater sich eigentlich mit seinen Erzählungen sehr zurückgehalten hat. Nur manchmal, wenn er in wohl sehr gelöster Stimmung gewesen ist, hat er von jenen Zeiten erzählt…

      • Eigentlich sollten alle eine Familienchronik führen, damit das alles nicht verloren geht. Oft ist es ja so, dass die Jungen die Augen verdrehen, wenn die ‘Alten’ von früher erzählen. In den letzten Jahren habe ich immer aufmerksam zugehört und mir auch vieles aufgeschrieben. Aber irgendwann ist es zu spät und mit den Vorfahren gehen auch die Geschichten verloren. Das wird mir jetzt durch deinen Beitrag richtig klar.
        Du hast ja noch die Gelegeneheit, zu fragen und zu notieren …

          • Ja, das solltest du. Wenn wir ‘Jüngeren’ 😉 sie nicht aufschreiben, wer dann? Ich dachte heute Morgen – noch im Bett – wie wenig ich von meiner einen Großmutter weiß und von der anderen so gut wie gar nichts). Ich habe übrigens alles, was meine Mutter mir erzählt hat, in ein Fotobuch eingearbeitet.

            • Ich hatte meine Mutter mal allen Ernstes den Vorschlag gemacht, ihre Geschichten aufzuschreiben, ich würde das Lektorat machen, und wir würden sie dann als Büchlein herausbringen, aber dagegen hatte sie vehement protestiert… Mein Vater hatte mal angefangen, Familienforschung zu betreiben, ich weiß allerdings nicht, wie weit er dabei gekommen ist…

  9. Puh. Als ich anfing zu lesen, fragte ich mich: WAS:SOLL:DAS:DENN:JETZT? Sehr gute Blog. Mit dieser Kehrtwende. Anderen, anders gepolten Menschen, dürfte beim Lesen umgedreht der Atem schock gefroren sein.
    Ich könnte mich zwar auch Flüchtlingskind nennen, zur Hälfte jedenfalls, wenn ich sehr viel Humor hätte, aber ich denke einfach nur 25 Jahre zurück. Prager Botschaft, Ungarn. Wie wäre es unseren Landsleuten ergangen, wenn nicht die Ungarn so behilflich gewesen wären? Und ich wette, unter den Insassen dieser ehemaligen Lager, unter diesen Flüchtlingen, sind genug, die heute gegen Flüchtlinge wettern und zu Felde ziehen.
    Im Übrigen: Wenn es nur die Blödzeitung wäre…, erschreckend finde ich die Berichterstattung in den ÖR

    • Danke, liebe Inch!…
      Genau – hätte es damals in Ungarn, in Prag nicht so viele tolerante Menschen gegeben, wie wäre es jenen ergangen, die dorthin geflüchtet sind? Wie wäre es uns hier in beiden Teilen Deutschlands ergangen?…
      Ach, es ist wirklich nicht nur die “Blöd”-Zeitung, es sind auch nicht nur die Öffentlich-Rechtlichen, die größte Hetze und die schlimmsten Verleumdungen gegen Flüchtlinge findet hier, im Internet statt! Grade eben ist mir wieder ein Post von Pro-NRW untergekommen, da wird mittels eines gefälschten und “überarbeiteten” Bescheids eines Amtes ein dermaßen haaresträubender Dummfug erzählt – ein Asylsuchender würde hier insgesamt 4.000 Euro an staatlichen Leistungen beziehen, monatlich! – und es gibt so Viele, die das glauben, die darauf hereinfallen… Ich fasse es nicht! Grade eben bin ich wieder einmal so sehr am Zweifeln, was den gesunden Menschenverstand hierzulande betrifft…

  10. Martin ist auch Flüchtlingskind. Seine Mutter mußte aus Pommern flüchten und es ist immer noch spürbar, das es diese Geschichte in der Familie gibt. Das trägt sich auch in folgende Generationen weiter.

    • Nur gibt es wohl leider sehr viele Deutsche, die diesen Familienhintergrund – Krieg, Vertreibung, Flüchtlingselend – tunlichst aus ihrem Leben verdrängt haben bzw. sich dessen überhaupt nicht mehr bewusst sind…

  11. Glaube mir mit der NPD habe ich mit Sicherheit nichts am Hut. Bin nur “harmlose Verwandschaft”.Der Spruch war übrigens nicht böse gemeint.

    • Wer waren dann “Emily” und der “Oid Johann”, die in den Geschichten unserer Mutter ja auch sehr häufig vorgekommen sind? Ich bin bis jetzt immer der festen Meinung gewesen, daß das Oma’s Eltern gewesen sein mussten…
      Daß die Jahre nach der Flucht zusammen mit den anderen Vertriebenen unserer Mutter und den Tanten und Onkeln eine Unzahl abenteuerlicher, auch heiterer und skurriler Erlebnisse beschert hatten, an diese Erzählungen kann ich mich ja auch erinnern. Aber auch an jene, wo sie ohne festes Schuhwerk sehr, sehr lange durch hohen Schnee und bei Eiseskälte zur Schule gehen mussten, die eine, wo ein sehr unguter Lehrer einem anderen Flüchtlingskind beinahe ein Ohr ausgerissen hätte, und daß die Familie oft genug in der Filzn auf der Suche nach Beeren, Schwammerln und anderem Essbaren waren, und daß sie auch so einige Male richtig derb an Hunger leiden mussten…

  12. Verwandschaft sind Leute die man sich nicht aussuchen kann. Von uns hier ist das sicherlich keiner der unter dem Decknamen ” Maroni” agiert. Aber lustig , wenn jemand widerspricht muss das immer gleich ein Nazi sein.

    • Es ging nicht ums Widersprechen, was ja eigentlich auch nicht stattgefunden hat, im betreffenden Kommentar hat doch lediglich jemand geschrieben, daß die Geschichten, die er von der Vergangenheit unserer Familie mütterlicherseits kennt, etwas anders lauten. Und meine Verdächtigung, bei dieser Person könnte es sich unter Umständen um einen Nazi handeln, bezog sich auf den Spruch “Jedem das Seine und dir das Meiste”, der vor einigen Tagen exakt so von einem NPD-Mitglied zitiert worden ist, der seinen verbalen Müll bei mir abladen wollte.

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