Einer der herrlichsten Romane, die je über München geschrieben worden sind, feiert heuer sein 35-jähriges Jubiläum:
„Briefe in die chinesische Vergangenheit“, verfasst von Herbert Rosendorfer.
Mittels eines Zeitkompasses springt der kultivierte, gebildete und wissenschaftlich sehr interessierte Mandarin Kao-tai aus dem China des 10. Jahrhunderts mitten ins 20. Jahrhundert nach München – eigentlich wollte er in seiner geliebten Heimatstadt K’ai-feng landen, hatte aber leider die Erdumdrehung falsch berechnet. Wie Kao-tai, der ja nicht nur aus einer sehr fremden Kultur, sondern auch einer gänzlich anderen Zeit stammt, „Min-chen“, die Hauptstadt von „Ba-jan“, wahrnimmt, und was er dort erlebt, und wie er dies in Briefen an seinen treuen Freund Dji-gu schildert, beschert mir auch nach mehrmaligem Lesen immer noch Lachtränen…
… Wer bei uns im Haus etwas nicht mehr braucht, aber nicht wegschmeissen will, der stellt diese Dinge auf den Sims über dem Heizkörper im Eingangsbereich oder in die Nische daneben. Wer will, darf sich gerne gratis bedienen. Auf diese Weise habe ich schon einige gute Schnäppchen gemacht. Vor zwei Jahren etwa wollte jemand aus der Nachbarschaft eine recht betagte aber tadellos funktionierende Küchenmaschine loswerden. Ich fackelte nicht lange, und griff mir das Teil, obwohl ich Gemüse und Obst in der Regel per Hand zerkleinere, das ist weniger umständlich und erfordert auch weitaus weniger Reinigungsarbeiten danach. Aber diese Küchenmaschine hat etwas ganz Besonderes: Eine rotierende Scheibe, die, wenn man sie in die Rührschüssel setzt, vibrierend und ratternd Sahne binnen weniger als einer halben Minute stocksteif schlägt. Das fasziniert mich immer wieder aufs Neue! Auch ein formidabler, kaum abgenutzter, herrlich rückenfreundlicher Bürostuhl, sowie Teller, Gläser sowie Salatschüsselchen gingen mir bereits ins Netz. Und immer wieder Bücher – ein sehr umfangreicher Bildband über Leonardo da Vinci zum Beispiel. Oder ein durchaus spannend und gut geschriebener Science-Fiction-Roman eines unbekannten Autors, publiziert in einem winzigen No-Name-Verlag. Die Geschichte handelt von Anthropologen, die im dichtesten Dschungel Zentralafrikas ein kleines Dorf entdecken, in welchem eine Handvoll Neandertaler überlebt hat. Das Forscherteam entführt eine der Frauen und verfrachtet sie nach Amerika, wo sie in Labors unsägliches Leid und Grausamkeiten erdulden muss, bis eine der Anthropologen sich ein Herz fasst, und sie wieder zurück in die Heimat bringen lässt…
… Vor einigen Wochen schnappte ich mir zwei Büchlein, die so klein waren, dass sie bequem in die Innentasche meines Dienstjacketts passten – perfekt für die Arbeit, denn wir dürfen im Museum natürlich nicht lesen. Irgendwie muss man aber die Zeit bis zum Eintreffen der ersten Besucher/innen überbrücken – und das kann je nach Standort und Abschnitt über eine Stunde dauern. Die Verfasserin beider Romane heisst Rachel Joyce, eine Engländerin, die zuerst als Schauspielerin und danach als Hörspielautorin arbeitete. Mit ihrem 2012 erschienenen Erstling „Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry“ erlangte sie ihren ersten weltweiten Erfolg. Bald darauf folgte die Fortsetzung „Das Geheimnis der Queenie Hennessy“…
… Es hat nur wenige Seiten gedauert, dann hatte ich mich in „Die unwahrscheinliche Pilgerreise…“ verliebt. Es hat mir beinahe körperliche Schmerzen bereitet, an jenem Morgen beim Eintreffen der ersten Touristen das Buch zuzuklappen und im Jackett zu verstauen. – Harold Fry ist ein unauffälliger, linkisch und schüchtern wirkender Mann Mitte Sechzig, der viele Jahre als Verwaltungsangestellter in einer Brauerei gearbeitet hatte, und vor kurzem in Rente gegangen war. Eines Tages erhält er die Benachrichtigung einer ehemaligen Kollegin – Queenie Hennessy – die einzige Person, zu der er je etwas wie tiefe Freundschaft empfunden hatte, dass sie unheilbar an Krebs erkrankt sei und in einem Hospiz in Newcastle im nördlichsten Winkel Englands auf den Tod warten würde. Eigentlich will der völlig unsportliche Harold lediglich ein in knappen und dürren Worten abgefasstes Schreiben an Queenie, die er seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen hat, in den nächsten Briefkasten werfen – doch dann entschließt er sich spontan dazu, die ca. 1.000 km lange Strecke von Südengland bis Newcastle zu Fuß zu gehen. Siebenundachtzig Tage dauert sein Marsch der Hoffnung für seine einstige Kollegin und Freundin. Während seiner Wanderung stellt er sich zum ersten Mal seit langer Zeit einem entsetzlichen Schicksalsschlag, der vor langer Zeit sein Leben und das seiner Frau so hart getroffen und aus der Bahn geworfen hatte. Als er das Hospiz endlich völlig abgezehrt erreicht, kann er zwar ganz kurz mit Queenie sprechen, doch sie stirbt im Laufe der folgenden Nacht. Harold und seine Frau Maureen, die ihm nach langem Hadern, viel Spott und Zorn endlich nachgereist war, entdecken, dass ihre Liebe zueinander doch nicht völlig erkaltet ist, sie wagen einen Neuanfang…
… Ich habe dieses Buch förmlich verschlungen. Die Sprache ist so wunderschön, lyrisch, poetisch, vor allem wenn Rachel Joyce über die Natur schreibt, die Harold während seiner Reise umgibt, und für die er sich zusehends öffnet. Auch schildert sie die Schicksale von Harold und Maureen, dessen Sohn David, des Nachbarn Rex, und all der vielen Menschen, deren Bekanntschaft Mr. Fry auf seiner Pilgerreise macht, sehr warmherzig und einfühlsam und lebensnah…
… Die Fortsetzung handelt ausschließlich von Queenie Hennessy. Während sie auf Harold Fry wartet, und unaufhaltsam die letzten Lebensfunken verglimmen, versucht sie, diesem Mann, den sie so unendlich geliebt hatte, einen Brief zu schreiben. Sie schildert sehr eindringlich ihre Gefühle, und auch, wie eng ihr Schicksal mit dem des jungen David, Harold und Maureens Sohn, verknüpft gewesen war. Auch dieses Buch ging mir beim Lesen sehr zu Herzen, vor allem der unerwartete Schluss…
… Vielleicht erfahre ich eines Tages, welche/r meiner Nachbarn/innen diese Bücher auf den Heizungssims im Erdgeschoss unseres Hauses gelegt hat, ich würde mich so gerne bei dieser Person für die große Freude bedanken, die sie mir damit gemacht hat…
… Ein gar herrliches Lesevergnügen verspricht der Erstling der norwegischen Autorin Gudrun Skretting mit dem ungewöhnlichen Titel „Mein Vater, das Kondom und andere nicht ganz dichte Sachen“…
… Der zwölfjährige Anton ist der Kleinste in seiner Klasse, er hat übergroße und abstehende Ohren, und ein einziges Haar an einer bestimmten Stelle. Seine Mutter wurde vor Jahren von einem Bus überfahren. Zudem erfährt er von seinem Vater, der als Vertreter für Ferienhaus-Toiletten arbeitet, dass er eigentlich gar nicht geplant, sondern eher ein „Unfall“ gewesen sei, weil das Kondom geplatzt sei. Das verhagelt Anton gewaltig die Laune. Auch das Geständnis seiner besten Freundin Ine, dass sie sozusagen in einem Reagenzglas gezeugt worden ist, und die feinen Rosinenbrötchen, gebacken von der liebenswerten Mutter seines einzigen Schulfreundes Ole, können ihn nicht trösten…
… Anton gewinnt die Erkenntnis, dass es sich mit seinem Papa so verhält, wie mit der Erde, nachdem sie vor unendlich vielen Jahren vom Planeten Theia getroffen worden war: Seine Achse hängt schief. Deshalb versucht er sich nun mithilfe von Ine als Sinnstifter, um seinen Vater wieder gerade zu richten. Eine Frau muss her – doch wo findet man eine geeignete? In der Volkshochschule, meint Ine, und so melden die Beiden Herrn Albertsen zu einem Strickkurs an…
… Ihr Plan scheint aufzugehen, die Leiterin des Kurses, die resolute, mollige Ulla beisst an. Doch diese entpuppt sich bereits nach Kurzem als ausgesprochen dominant, anhänglich wie eine Klette und besitzergreifend. Anton erkennt voller Schrecken, dass er bei seinem Engagement als Sinnstifter überhaupt nicht an sich gedacht hatte – er will kein „handgestricktes Kind“ werden! So bemühen er und Ine sich nach Leibeskräften darum, Ulla wieder loszuwerden. Dass Antons Papa sich längst selbst auf Freiersfüßen begeben hat, entgeht ihnen dabei…
… „Mein Vater, das Kondom und andere nicht ganz dichte Sachen“ ist eigentlich ein Jugendbuch, aber es ist auch für ältere Semester höchst empfehlenswert. Das Romandebut von Gudrun Skretting, sehr fein und mit viel Wortwitz von Gabriele Haefs ins Deutsche übersetzt, sprudelt nur so vor komischen Einfällen, die gelegentlich an die Slapstick-Szenen alter Stummfilme erinnern. Ich habe mich beim Lesen ganz wunderbar amüsiert, und etliche Male Tränen gelacht…
… „Mein Vater, das Kondom und andere nicht ganz dichte Sachen“ von Gudrun Skretting ist im Carlsen Verlag, Hamburg erschienen. ISBN-Nr.: 978-3-551-58370-3
… die möchte man am liebsten gar nicht mehr aus der Hand legen. Nach dem Lesen der letzten der insgesamt 362 Seiten von „Anleitung zur Schwerelosigkeit – was wir im All fürs Leben lernen können“, verfasst von dem kanadischen Astronaut Chris Hadfield, hätte ich am liebsten wieder von vorne begonnen – wenn da nicht ein ziemlich großer Stapel noch ungelesener Bücher wäre… 😉
… Hadfield schildert sehr ausführlich seinen Werdegang, vom neunjährigen Buben, eines von fünf Kindern kanadischer Maisfarmer, der angesichts der ersten Mondlandung am 20. Juli 1969 begann, auf seinen Lebenstraum hinzuarbeiten – er wollte unbedingt Astronaut werden – bis zum Höhepunkt seiner Karriere als Kommandant der International Space Station 2012/2013. Der Weg dahin ist ein überaus harter und entbehrungsreicher gewesen, er wies mindestens ebenso viele Abstiege wie Höhenflüge auf. Ausbildung und Auswahlverfahren trieben – und das ist immer noch der Fall – zukünftige Sternenreisende häufig an ihre körperlichen, geistigen und seelischen Grenzen – und darüber hinaus…
… Und wer sich einmal für einige Tage im Weltall aufhalten, den Höllenritt an Bord eines Spaceshuttles bzw. einer Sojus-Rakete genießen durfte, ist noch lange kein Astronaut, so der Autor. Ein solcher wird man erst dann, wenn man bis ins Tiefste seiner Seele und seines Charakters gelernt hat, neben einem ganz starken Bewusstsein der eigenen Fähigkeiten und Stärken auch demütig, bescheiden, ernsthaft, leise und rücksichtsvoll zu sein, und sich selbst nicht allzu ernst zu nehmen. Es gibt laut Hadfield Astronauten (Menschen) der Klassifizierung Plus eins, Null und Minus eins. Eine Plus eins, jemand, der seinen Mitmenschen in der Tat in jeglicher Hinsicht als Vorbild dienen kann, wird man nur dann, wenn man sich beständig darum bemüht, eine Null zu sein: Sich nicht in den Vordergrund drängen, aber stets zuverlässig da sein, unauffällig helfen und stützen, still zu sein, aber dann höchst kompetent den Mund aufzumachen, wenn es die Lage gebietet, sich immerdar zu bemühen, innere Ruhe, Fairness, Verständnis und Höflichkeit zu pflegen. Und sich für keine Arbeit zu schade zu sein. Selbst der „niederste“ und „dreckigste“ Job kann eine erfüllende Aufgabe sein, wenn man es versteht, ihn mit Würde und Liebe zu versehen, so Hadfield. Wer sich sehr gerne als Plus eins aufspielt, Arroganz an den Tag legt und den Mund voll nimmt, wird in der Regel bereits während der ersten Aufnahmeverfahren aussortiert. Was allerdings nicht verhindert, dass es dennoch Weltraumfahrer/innen gibt, die vor Hochmut so sehr strotzen, dass sie es sogar unter ihrer Würde erachten, in einem Aufzug den Etagenknopf selbst zu drücken…
… Der letzte Teil des Buches handelt großenteils von Chris Hadfields ca. fünfmonatigen Aufenthalt auf der ISS. Er beschreibt den „Alltag“ auf dieser riesigen Raumstation – sie ist inzwischen größer als ein Fußballfeld, und von der Erde aus auch bei Tageslicht mit bloßem Auge zu erkennen. Und die körperlichen Veränderungen eines Menschen im dauernden Zustand der Schwerelosigkeit, die mühsame Gewöhnung daran, dass es kein Oben und Unten mehr gibt. Das herrliche Gefühl, wenn sich der Gleichgewichtssinn an die neuen Umstände gewöhnt hat, und man elegant und leicht wie eine Feder durch die einzelnen Module gleiten, segeln, sausen kann. Aber auch die Nebenwirkungen wie z. B. ein Dauerschnupfen, da die Sekrete der Nebenhöhlen ja nicht wie sonst ungehindert abfließen, und dass sich das Herz verkleinert, die Knochendichte sowie Muskeln und Sehnen abnehmen, und die Wirbelsäule sich um einige Zentimeter verlängert. Der kanadische Astronaut erzählt vom atemberaubenden Blick aus der sogenannten Capsula mit dem größten, je im Weltraum installierten Fenster auf die schier unbeschreibliche Schönheit des Weltalls und unseres Heimatplaneten, von gefährlichen und spannenden Außeneinsätzen – aber auch von nervtötenden Experimenten und Selbstversuchen, und den alltäglichen „Hausmeisterarbeiten“ – die widerspenstige Toilette reparieren, oder überaus glitschige und unberechenbare Marmelade von den Wänden putzen, Versorgungscontainer entladen und mit dem angesammelten Müll befüllen, etc…
… Der Weg zurück an Bord einer russischen Sojus-Kapsel dauert nur eine Stunde, ist aber ein wahrer Höllenritt. Und danach beginnt die langsame Rehabilitation der Astronauten. Es kann bis zu einem halben Jahr dauern, bis sich der Körper wieder an die Schwerkraft gewöhnt hat. Chris Hadfield ist nach seiner Rückkehr von der ISS aus dem aktiven Dienst als Astronaut ausgeschieden. Er hält nun Vorlesungen an Universitäten, gibt als Musiker Konzerte – die Aufnahme seiner Version von David Bowies Klassiker „Major Tom“ an Bord der International Space Station ist legendär und wurde mehr als zwei Millionen mal auf YouTube angeklickt – und schreibt an einem zweiten Buch, einem Fotoband mit Aufnahmen aus dem Weltall. Ich freue mich schon sehr darauf…
… „Anleitung zur Schwerelosigkeit…“ ist nicht nur für Weltraumfans höchst empfehlenswert. Es ist zugleich auch ein spannendes, und erfreulich unaufdringliches Lehrstück in punkto Menschlichkeit. Ich habe viel Gutes aus diesem Buch gewonnen, und ich werde mir Mühe geben, dies in meinem erdgebundenen Leben umzusetzen…
Chris Hadfield: „Anleitung zur Schwerelosigkeit“, Heyne Verlag 2014, ISBN: 978-3-453-20068-5
… Und hier der berühmte Auftritt des kanadischen Astronauten als Musiker und Sänger in den unendlichen Weiten des Weltalls:…
… Die Kelten – auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur…
… So lautet der Titel des im Jahr 2012 von Ralph Hauptmann verfassten Sachbuchs, meiner aktuellen Lektüre…
… Am Sonntag war ich zum Dienst in der Bronze-Ausstellung der Residenz eingeteilt worden. Mein Kollege und ich verlebten einen recht geruhsamen Adventssonntag, und ich hatte reichlich Gelegenheit zum Schmökern…
… Die „Herrscher der Eisenzeit“ beginnt wie ein Roman: In einer fiktiven Erzählung wird die erste, spannende Begegnung des griechischen Weinhändlers Demetros, der aus der blühenden Metropole Massalos (Marseille) um ca. 550 b. C. zu einer langen Reise auf die iberische Halbinsel aufbricht, mit dem Keltenführer Bolg und dessen Gefolge geschildert. Danach folgt ein Kapitel mit einem Knäuel vieler Fragen. Diese werden vom Autor dann in vielen weiteren Kapiteln, mittels Schautafeln, Landkarten und Fotos auf über 500 Seiten eloquent entwirrt, wobei Ralph Hauptmann sich mitunter auch nicht zu fein ist zuzugeben, dass in punkto Kelten-Forschung noch manches im Dunkeln liegt…
… Jeder größere Abschnitt wird mit einer Art Kurzgeschichte eingeleitet, manche davon beruhen auf überlieferten Geschehnissen. Dadurch wird es den Lesern/innen leicht gemacht, sich in die Gedanken- und Gefühlswelt, die Rituale, Gepflogenheiten, die Kultur, den Alltag, die politischen Verhältnisse, und die religiöse sowie kämpferische Sicht der Kelten einzuleben. All das weiß Herr Hauptmann wunderbar anschaulich zu erklären und wiederzugeben, wobei er auf sachliche, trockene und leicht zu verstehende Art unter anderem auch mit dem Ruch des Esoterischen aufräumt, welcher dem geheimnisvollen und sehr interessanten Volksstamm ja grade in diesen Tagen gerne angedichtet wird…
… Ralph Hauptmann studierte ursprünglich Anglistik, Romanistik, Keltologie und vergleichende Sprachwissenschaft. Inzwischen ist er als Unternehmensberater tätig, hat aber seine Beschäftigung mit den Kelten nie aufgegeben. Er gibt seit etlichen Jahren Kelten-Seminare für interessierte Laien…
… Die „Herrscher der Eisenzeit“ ist das beste und informativste Sachbuch, das ich seit langem gelesen habe, farbig und abwechslungsreich geschrieben, stellenweise spannend wie ein Krimi. Ich denke, für jede/n, der/die sich für Geschichte interessiert, wäre es ein Weihnachtsgeschenk, mit dem man in jedem Fall viel Freude bereiten würde…
Herrscher der Eisenzeit – Die Kelten – auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
… Sie sind bieder und ordinär, raffiniert, einsilbig, verschlossen, phantasievoll, eigensinnig, gerissen, offen, skurril, unheimlich, mit allen Wassern gewaschen, klug, einfältig. Sie denken um Ecken, sind verträumt, verschlagen, sensibel, skrupellos, mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Sie begehren auf, sind duldsam, weich, sensibel, charakterstark, passen sich an, brechen aus, stellen die Welt gehörig auf den Kopf… Wahre Weibsbilder eben…
… Und von solchen Weibsbildern handelt die gleichnamige Anthologie von Karin Braun und Gabriele Haefs, die seit vielen Jahren bereits als eine sehr namhafte Übersetzerin (u. a. von „Sophie’s Welt“ von Jostein Gaarder) tätig ist. „Weibsbilder“ ist erschienen im kleinen aber feinen Verlag „Edition Narrenflug“, und ich kann diese Sammlung von Geschichten und Erzählungen wärmstens empfehlen. Es ist ein Buch, welches man nur ungern wieder aus der Hand legt, wenn man erst einmal mit der Lektüre begonnen hat, nach jeder Episode hat man das Bedürfnis, dem ewigen Rätsel Frau, bzw. dem Weibsbild, noch mehr auf die Spur zu kommen – und erhält doch immer nur einen kurzen Blick auf eine winzig kleine Facette eines unablässig sich verändernden und geheimnisvollen Kaleidoskops…
… beschert der zweite Roman des schwedischen Autors Jonas Jonasson („Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“): „Die Analphabetin, die rechnen konnte“…
… Schon in sehr jungen Jahren wird die Schwarzafrikanerin Nombeko die Chefin der Latrinentonnenträger/innen in Soweto. Sie „beerbt“ einen lüsternen Greis, wird von einem stets volltrunkenen Ingeneur über den Haufen gefahren und landet für eine geraume Weile hinter den Absperrungen einer Anlage, in welcher das südafrikanische Apartheid-Regime Atombomben entwickeln lässt…
… Endlich, nach langer Zeit, kann sie sich nach Schweden absetzen. Statt des Pakets mit zehn Kilo gedörrtem Antilopenfleisch, das Nombeko so gerne kaut, weil sie dabei besser nachdenken kann, und das sie sich aus Südafrika hat nachschicken lassen, gerät sie jedoch unverrichteter Dinge an eine 800 kg schwere Atombombe…
… In dem Bestreben, die überaus gefährliche Waffe so schnell als möglich wieder los zu werden, beginnt sie ihre höchst abenteuerliche Irrfahrt durch Schweden. Dabei begegnet sie unter anderem zwei Mossad-Agenten, die ihr in der Vergangenheit bereits erhebliche Probleme bereiteten, drei chinesischen Frauen, die sich hervorragend auf das Fälschen chinesischer Antiquitäten und Echtheitszertifikaten verstehen, einem überaus geizigen Ehepaar, einem schwer traumatisierten Vietnam-Veteranen, den Zwillingen Holger 1 und Holger 2 (der eigentlich überhaupt nicht existiert), der stets ungemein zornigen Celestine, sowie einer halbseidenen, Kartoffeln klaubenden Gräfin…
… Im Finale gesellen sich eher unfreiwillig noch der schwedische Ministerpräsident, Seine Majestät König Carl Gustav, sowie Hu Jintao, Präsident der Volksrepublik China, hinzu – und da wird dann von J. Jonasson ein solches Feuerwerk an skurrilen Gags und unerwarteten Wendungen in die Handlung geflochten, dass ich beim Lesen mehrmals einhalten musste, um mir die Lachtränen aus dem Gesicht zu wischen…
… Obwohl das Buch in der Mitte einige Längen aufweist, kann ich es als Lektüre wärmstens empfehlen. Es ist voll des schlitzohrigen und bisweilen auch hintergründigen Witzes, bei dem mir allerdings auch so einige Male das Lachen im Halse stecken blieb…