Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Die Literarische Zeiterfassungs- und Aufbewahrungsstelle…

… Da habe ich vor kurzem eine Idee zu einer Art Märchen ausgegraben, die sich lange Zeit tief in den Eingeweiden meines Archivs versteckt hatte. Mich packte unversehens die Lust, diese Idee richtig auszuarbeiten. So setzte ich mich an meinen braven Schlepptop und ließ meine Phantasie von der Leine…

… Mein Märchen hat etliche Folgen, die ich nun die nächsten zwei Wochen über regelmäßig online stellen werde – aber keine Sorge, zwischendrin bleibt hier genügend Raum und auch Zeit, um über andere Dinge zu bloggen… 😉

… Allen, die dieser Geschichte folgen werden, wünsche ich viel Spaß und Kurzweil beim Lesen… 🙂

Der Tag war lang und anstrengend gewesen, neun Stunden Stehen im heißesten Abschnitt des großen Schlossmuseums, und ungezählte „Materialprüfer“ unterwegs, so nennt eine Kollegin jene Touris, die von vierhundert Jahre alten Wandteppichen bis zu vergoldeten Schnitzereien alles begrapschen müssen. Zuhause angelangt ließ ich mir eine Pizza kommen, zum Kochen hatte ich absolut keine Lust mehr.

Nach einer kurzen Stunde Auslüften und Entspannen auf meinem kleinen Balkon verzog ich mich ins Schlafzimmer, warf mich aufs Bett, und schlief sofort ein, nachdem ich meinen Kopf auf dem Kissen zurecht gerückt hatte.

Der erste Schimmer des sommerlichen Morgengrauens zeigte sich am Horizont, als ich wach wurde. Ich beschloss, die noch kühle Luft und die ungewohnte Stille in der Stadt zu genießen und einen Spaziergang zu machen. So stand ich auf, schlüpfte in eine Jogginghose, Sneakers und ein schlabberiges T-Shirt und verließ das Haus. Ziellos wanderte ich durch die menschenleeren Gassen, bis ich an eine breite Allee kam, die ich noch nie zuvor gesehen hatte – und ich wohne nun seit über dreißig Jahren hier.

Neugierig geworden folgte ich dem geraden Verlauf der Straße, die von akkurat gepflanzten, riesigen Zypressen gesäumt war. Auch hier war außer mir niemand unterwegs, kein Geräusch durchbrach die vollkommene Ruhe – ausgesprochen ungewöhnlich für einen Werktagmorgen in der großen Stadt.

Hinter den Bäumen duckten sich bunt bemalte, kastenförmige Häuser, ich kam mir vor, als wäre ich auf eine griechische Insel versetzt worden. Am Horizont zeichnete sich die kühn geschwungene, mit glänzendem Kupfer beschlagene Kuppel eines riesigen Gebäudes ab. Ich beschleunigte meinen Schritt und hielt darauf zu.

Wie ich so dahin marschierte, fiel mir auf, dass von den gestrigen Anstrengungen nichts mehr zu spüren war, meine Glieder fühlten sich leicht an, meine Füße brannten nicht mehr, und ich bewegte mich ohne jegliche Mühe.

Endlich stand ich vor dem wuchtigen Bauwerk. Ein Dutzend schlanker, gewundener Säulen zierte die Vorderseite, die von einem ausladenden dreieckigen, üppig goldverzierten Giebel gekrönt wurden. Vom architektonischen Stil her erinnerte es mich an das Pantheon in Rom, nur um einiges größer und höher.

Ich erklomm einige hell schimmernde, marmorne Stufen und näherte mich einer hohen eisernen Tür, die über und über mit allerlei Zierrat und unbekannten Zeichen versehen war, und einen Spalt offen stand.

Vorsichtig und auf leisen Sohlen trat ich ein und befand mich in einer Art kleineren Vorhalle. Linkerhand entdeckte ich einen schlichten Schreibtisch. Dahinter lag in einem voluminösen, mit karminrotem Samt bezogenen Sessel ein zwergenhafter Mann, angetan mit einem schwarzen, speckig glänzenden Frack, weißer Hemdbrust mit Fliege und Bauchbinde, und einem alten Zylinder, der mit Sicherheit schon bessere Zeiten gesehen hatte. Das tiefbraune Antlitz des Gnoms war von ungezählten Fältchen durchfurcht, als hätte jemand eine engmaschige Drahtmaske über seine Züge gelegt und erst vor kurzem wieder entfernt. Im Schlaf zuckte das Menschlein ab und an ein wenig, und die mit seltsam langen und dichten, dunklen Wimpern versehenen Lider flatterten. Was der Kleine wohl träumen mochte?

Fortsetzung folgt!


Ich freue mich über eure Kommentare! Also haut in die Tasten, ihr Lieben!

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

This function has been disabled for Marthas Momente-Sammlung.