… Vor etwa zwanzig Jahren kamen findige Köpfe in Schwabing auf die Idee, ihre Speicher und Keller “auszumisten” und das, was sich da so angesammelt hatte, in den Hinterhöfen ihrer Häuser feilzubieten. Es entstand der erste Hofflohmarkt. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich diese Initiative binnen kurzem über das ganze Stadtgebiet, mittlerweile gibt es fast alljährlich im Sommer – 2020 wurde natürlich aufgrund der Pandemie pausiert – an die fünfzig dieser Aktionen. Diese Art der Flohmärkte ist nicht nur eine gar feine Gelegenheit für eine erfolgreiche Schnäppchenjagd, man kann beim Stöbern auch so manches ansonsten den Augen der Öffentlichkeit verborgenes Hofidyll kennenlernen…
… Nachdem ich den Hofflohmarkt in meinem Viertel vor zehn Tagen wegen meines Ausflugs nach Landshut verpasst hatte, machte ich mich am Samstag gegen Mittag wohlgemut in Richtung Glockenbachviertel auf, welches sich zwischen der Südseite des Viktualienmarkts, dem Sendlinger Torplatz, dem nördlichen Isarufer und dem Südfriedhof erstreckt, und nach einem kleinen Fluss benannt ist, der mittlerweile allerdings vorwiegend unterirdisch verläuft, und an dessen Ufer sich eine Glockenschmiede befand. Früher hausten dort sehr arme Leute und Handwerker, es gab ein Pesthaus, die Opfer dieser entsetzlichen Seuche wurden auf dem jetzigen Südfriedhof bestattet. Im 18. und 19. Jahrhundert ließen sich viele Juden aus Galizien im Viertel nieder. In der Müllerstraße entstanden etliche Bordelle. In den Wilden Zwanzigern entwickelte sich rund um den Glockenbach die Münchner Schwulenszene. Nach Machtergreifung der NSDAP änderte sich die entspannte, freigeistige Situation recht schnell. Die meisten Juden flohen, viele Homosexuelle wurden “in Schutzhaft” ins Dachauer KZ verbracht…
… In den Nachkriegsjahren änderte sich das Viertel zum Wohnquartier mit Dienstleistungsbetrieben. Es entstanden viele Eigentumswohnungen, zahlreiche Künstler:Innen und Freischaffende ließen sich im Stadtteil nieder. Es entstand zudem eine illustre Kneipen- und Barszene. In den fünfziger Jahren blühte auch die Schwulenbewegung im Glockenbachviertel wieder auf. Die “Deutsche Eiche” in der Reichenbachstraße, zwischen Viktualienmarkt und Gärtnerplatz gelegen, war – und ist immer noch – einer der angesagtesten Treffpunkte der LGBT-Szene…
… Am noblen Gärtnerplatz, der seit etlichen Jahren schon – sehr zum Kummer der Anwohner:Innen – dem Jungvolk vor allem an den Wochenenden als sehr lauter Party-Hotspot dient…
… Sogenannte Schani-Gärten – in Parkbuchten errichtete Freischankflächen – erfreuen sich seit Ausbruch der Corona-Pandemie in München größter Beliebtheit. Der Begriff stammt aus dem Österreichischen, Schani ist vor allem in der Wiener Gegend eine Art Spitzname für Kellner…
… Einige Impressionen vom Hofflohmarkt im Glockenbachviertel…
… Ich wünsche euch allen noch eine gute und möglichst unbeschwerte Restwoche. Demnächst erzähle ich euch von einem Ausflug in die Berge, den ich am Dienstag unternommen habe…