… des kleinen Flohmarkts am Wiener Schwedenplatz, so wirkte er auf mich. Ich war viel zu früh zu einem Treffen mit I. dort angekommen, und hatte, auf der Bank vor der besten Eisdiele der Welt sitzend, viel Muße, die Blicke schweifen zu lassen und Menschen zu beobachten – einer meiner liebsten Zeitvertreibe…
… Ein lauer Sommerwind sträubte seinen schütteren Haarkranz, er umgab den großen, markanten Schädel nun gleich einem ausgefransten, grau melierten Heiligenschein. Ich vermutete aufgrund der tiefen Bräune seiner Haut, dass er viel Zeit im Freien verbrachte, hier auf der kleinen Insel gebrauchter Klamotten und allerlei Tand zwischen U-Bahn- und Straßenbahn-Stationen und einigen Fressbuden. Im Rollstuhl nahe seines mit Schmuck überladenen Verkaufstisches thronend nahm er mit Grandezza die Begrüßungen schier ungezählter Bekannter entgegen, er ließ sich gerne auf die gestenreichen Ratschereien und Wortgeplänkel ein, die sich immer wieder entfalteten, während er gleichzeitig mit leicht ironischer Miene ein waches Auge auf die Stöbernden und Suchenden hatte, welche den kleinen Stand umringten. Hin und wieder entfachte er eine dünne, selbstgedrehte Zigarette zwischen seinen vollen Lippen, dann umkräuselte der bläuliche Rauch den grauen Schnauzbart, die fleischige Nase und die üppigen Wangen, bevor er vom warmen Mittagshauch davon getragen wurde…
… Er schien ein meisterhafter Feilscher zu sein, ein profunder Menschenkenner zudem, der – so mein Eindruck – genau wusste, wann er nachzugeben und einen kleinen Rabatt zu gewähren, und wann er hart zu bleiben hatte. Ich stand auf, schlenderte langsam näher und besah mir seine Kollektionen von Armbändern, Ohrgehängen, Broschen und Halsketten. Und fand – zum Glück! – nichts, was mir gefallen hätte – bei Navajo-Ohrringen wäre ich vielleicht schwach geworden. Und kaum hatte ich mich erneut auf der Sitzbank niedergelassen und mich in die Beobachtung des Flohmarkt-Königs vom Schwedenplatz vertieft, voller Fragen und phantasievoller Vermutungen, steuerte auch schon I. lächelnd auf mich zu…
… Habt einen guten und möglichst unangestrengten Tag, ihr Lieben!…
