… durch den riesigen Berg an Fotos von der Landshuter Hochzeit gekämpft habe, bleibt neben all der Freude und Begeisterung, und auch Hochachtung für die Leistung der Landshuter und vor allem des Vereins Die Förderer das Staunen darüber, wie ausdrucksvoll, markant, kraftvoll und schön die Physiognomien von Menschen des 21. Jahrhunderts werden, wenn man diese mit historischen Gewändern, Kopfbedeckungen und Haartrachten schmückt. Was ich mir während des wochenlangen Prozesses des Aussortierens, Betrachtens und Bearbeitens oft gewünscht hab: Dass es eine Möglichkeit einer Art Gegenüberstellung einiger Darsteller geben würde, wie sie während der Landshuter Hochzeit ausgesehen haben, und nun wieder “privat” und “zivil”. Vielleicht liest dies hier ja jemand der für die LaHo Verantwortlichen, der mir diesen Wunsch eventuell erfüllen könnte… 😉
Schlagwort: LaHo
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… Nach dem Hochzeitszug strebten wir dem sogenannten Zehrplatz etwas außerhalb der Altstadt zu. Dort konnte man wie auf einer riesigen Freiluftbühne, durch einen niederen Zaun von den Protagonisten/innen getrennt, am mittelalterlichen Geschehen rund um die Fürstenhochzeit teilhaben, am Lagerleben der Zigeuner und Landsknechte. Man durfte den Köchen bei den Vorbereitungen für das Hochzeitsmahl über die Schultern sehen, und den Mägden sowie dem Mundschenk beim Eindecken der großen Festtafel. Damen und Herren von Adel flanierten gelassen einher, und Mägde, Knechte sowie das etwas einfachere Volk schmausten deftige Speisen und gehaltvolle Getränke (vermutlich so einige Humpen des nicht ganz historisch korrekten LaHo-Kultgetränks Cuba Libre 😉 )…
… Als die Sonne am Horizont zur Ruhe ging, war das Ritterturnier zu Ehren des Brautpaars zu Ende, und man begab sich an die herzögliche Tafel. Das Gedränge am Zaun vor dem Festzelt war recht groß, so dass mir lediglich ein einziger Schnappschuss der Braut mit ihrem Tischnachbarn gelang. Prinzessin Hedwig blickt recht ernst drein, aber das mag daran liegen, dass sie einen langen und schweren Tag hinter sich hatte…
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… Fahnenschwinger mit Wurffahnen – wahre Künstler sind das! Wichtig ist’s, die Fahnen höher als die kreuz und quer über die Altstadt gespannten Wimpelketten zu werfen. Bei Gelingen gibt es für den wackeren Athleten ganz besonders viel und laut Applaus…
… Ein guter, allerdings nicht ganz ungefährlicher Beobachtungsposten…
… Ziemlich wehrhafte und stachelige Gesellen…
… Und da kommt sie! Die Braut! Die Prinzessin Hedwig Jagiellonica, wunderhübsch anzusehen in ihrer üppig mit Gold verzierten Prunkkutsche, gezogen von acht Tigerschimmeln…
… Und gleich dahinter der schmucke Bräutigam…
… Das Bild von Herzog Georg dem Reichen hat mir die liebe Doris zur Verfügung gestellt, denn ausgerechnet vom Bräutigam habe ich kein einziges brauchbares Foto in meinem Riesenberg Aufnahmen gefunden…
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… Der Herold des Herzogs auf seinem wuchtigen Rappen. Leider sah der gute Mann immer nur zur Promi-Tribüne hin, so dass ich kein Bild von seinem sicher interessanten Gesicht machen konnte… 😉
… Der Sohn des Kaisers, Erzherzog Maximilian, der grüßte fleißig mal nach hier, mal nach da…
… Dominikaner und Deutschorden-Komture, und gar manch ein hoher geistlicher Würdenträger…
… Herzogliche Hofmusik – und der Paukenspieler hat ein ungemein interessantes Gesicht, wie ich finde…
… Herzog Ludwig der Reiche von Bayern-Landshut
(Bräutigam-Vater und Gastgeber, in der Sänfte getragen). Wir wunderten uns sehr, dass der gute Mann in seiner ungewöhnlichen, von zwei Rössern bugsierten Sänfte nicht seekrank wurde…… Natürlich darf bei solch einem großen Ereignis der Hofnarr nicht fehlen…
… Falkner und Falknerinnen hoch zu Ross und zu Fuß…
… Edle Ritter im Harnisch zu Pferde, begleitet von ihren Knappen und Lanzenträgern…
… Die sogenannte Alte Frau aus Sachsen, Kurfürstenwitwe Margarethe, in ihrem Reisewagen, gefolgt von Pagen, edlen Damen und Herren, sowie der Kaiserlichen Hofkapelle…
… Noch ein kräftiger Paukenschlag, bevor’s weiter geht…
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… Fahnenschwinger mit Schwungfahnen
Fürsten mit Begleitung:
Markgraf Albrecht Achilles, Kurfürst von Brandenburg,
mit Gemahlin Anna
Fürsten, Grafen, Edelleute aus Sachsen und Bayern, aus
Franken, der Pfalz, Württemberg und Österreich,
mit Standarten…… Die Kurfürstin von Brandenburg hat einen kleinen Mohren als Schleppenträger, das galt in jenen fernen Tagen als äußerst chique…
… Stundenlang eine schwere Schleppe zu tragen ist kein leichter Job. Da darf man schon mal ein Schwätzchen mit der besten Freundin halten. Und eine Schnute ziehen… 😉
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… Zinkenisten und Posaunisten
Gesandte der Reichsstädte Regensburg, Nürnberg, Ulm,
Nördlingen, Dinkelsbühl, Augsburg, Donauwörth, Frankfurt
und der herzoglichen Stadt Straubing, mit Standarten
Trosswagen mit Stadtknechten…… Wundert euch bitte nicht, wenn die Leut’ sich mal von links nach rechts, mal umgekehrt bewegen. Der Hochzeitszug marschiert zunächst durch die Altstadt von Süden nach Norden, dann durch die sogenannte Neustadt (die so neu gar nicht ist 😉 ), und dann wieder zurück. Und natürlich habe ich fleißig sowohl beim ersten als auch zweiten “Durchlauf” fotografiert. Und nun versuche ich, so weit als möglich, die schönsten Eindrücke zusammen zu fügen und zu präsentieren… 😉
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… Links und rechts der Hauptstraße war kurz vor zwei Uhr nachmittags kein noch so kleines Plätzchen mehr frei, auch die Tribunen waren nun voll besetzt. Nun zogen Akrobaten durch die Altstadt, wagemutige Artisten wirbelten durch die Luft…
… Wie immer in letzter Minute, damit man ja viel Aufmerksamkeit erregt, nahm auf der Tribüne vor der Landshuter Residenz die sogenannte Prominenz Platz, darunter auch Herr Martin Zeil, seines Zeichens ehemaliger bayerischer Wirtschaftsminister, berühmt-berüchtigt für seine betont langsame Redeweise. Böse Zungen behaupteten während seiner Amtszeit, dass man deswegen seine Pressekonferenzen stets um das Doppelte an Zeit habe verlängern müssen…
… Wuchtige Kanonenschläge rollten von der über der Stadt thronenden Burg Trausnitz über die Stadt, das klangvolle Geläut der Basilika St. Martin setzte ein. Musizierende Zigeuner bildeten die Vorhut, ihnen folgten Kinder mit ihren Betreuerinnen. Es ist der Brauch, aus den Börsen das Kleingeld zu nehmen und dieses in die lebhafte Kinderschar zu werfen. So manch ein geschickter Bub und flinkes Mädchen kann sich auf diese Weise während der LaHo ein erkleckliches Sümmchen ergattern… 😉
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… Landshut hat einen hervorragend erhaltenen und gepflegten historischen Stadtkern, beispielhaft für ganz Europa. Die Förderer, jener Verein, der seit 1902 die Darstellung der Hochzeit des Jahres 1475 organisiert, achten höchst sorgsam und penibel darauf, dass sämtliche Kostüme, Schuhwerk, Schmuck, Haar- und Barttracht, Speis und Trank (das LaHo-Kultgetränk Cuba ausgenommen 😉 ), Fahrzeuge, Sättel, Zaumzeuge, Trinkgefässe und Esswerkzeuge usw. höchste historische Genauigkeit darstellen. Ich denke, am liebsten wäre es den Vereinsmitgliedern, wenn es möglich wäre, während der vier Wochen LaHo die moderne Straßenbeleuchtung abzumontieren und die Schaufenster neuzeitlicher Geschäfte samt deren Leuchtreklamen unkenntlich zu machen – was ich durchaus nachvollziehen kann. Das geht natürlich nicht. Aber man verhüllt unter anderem die Straßenschilder mit groben Säcken, um den größtmöglichen Eindruck von Authentizät zu schaffen. Dank der wunderschön erhaltenen Fassaden und Kirchen ist es beim Bummel durch Landshut ohnehin überhaupt nicht schwer, sich träumend in längst schon vergangene Tage zurück zu versetzen…
… Ein ganz wichtiges Utensil für die Teilnehmer/innen und Zuschauer/innen der Landshuter Hochzeit ist der geflochtene Kranz aus Immergrün und Rosenblüten. Man trägt ihn ums Handgelenk, im Haar oder am Gürtel. Entdeckt man jemand besonders Ansprechenden, jemanden, mit dem man verbandelt ist oder sein will, oder auch ein Familienmitglied, gute Freunde unter den ca. 2.500 Darstellern des Festzugs, dann wirft man dieser Person den Kranz natürlich zu. Und erhält, falls die Sympathie auf Gegenseitigkeit beruht, ein kleines, schmuckes Anstecksträußchen zurück. 😉 Den meinigen habe ich allerdings mitgenommen, der wird mit Seidenblumen aufgehübscht, und dann einen Ehrenplatz an der Tür meines Spinds in der Münchner Residenz finden…
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… Vor gut fünfhundert Jahren waren die bösen Versuchungen des Teufels allüberall, natürlich ganz besonders bei solch einem Ereignis wie der Landshuter Hochzeit, die ja einige Tage lang gefeiert worden war. Gegen die Sündhaftigkeit und die Verlockungen des Bösen hilft der Schutz wundertätiger Reliquien am allerbesten. So hatte nahe der Landshuter Heiliggeistkirche ein Trupp Gaukler und Zigeuner ihren Stand aufgeschlagen, an dem sie allerlei erlesene, hochheilige Kostbarkeiten feil boten: Einen Teil des legendären Schweißtuchs der Veronika, ein Stück vom Wanderstab des Heiligen Christophorus, auf dem dieser sich gestützt hat, als er das Jesukind durch einen Fluss getragen hatte, eine kleine Phiole mit Schweiß von Jesus Christus höchstselbigst, aufgegangen von der Mutter Gottes, als ihr Sohn am Kreuze gehangen und gelitten hatte, sowie ein Haar vom Haupte Johannes des Täufers, ausgerissen von einer Kammerzofe der Königstochter Salome. Die zusehenden Festbesucher/innen waren ganz hin und weg ob so viel wundertätiger, höchst heiliger Reliquien, die Börsen saßen locker, manch einer war, gebannt von der eindringlichen Vorführung, durchaus in gehobener Kauflaune…
… Auch in jenen schon so fernen Tagen hat es Menschen mit einem gesunden Verstand gegeben, die mutig und voller Zorn die sogenannten Reliquien als faulen Zauber entlarvten, und die Schwindler vertrieben…
… Doch es ist die Hochzeit des bayerischen Herzogs, und da löste sich angesichts der freudigen, gehobenen Stimmung aller Zorn alsbald in Wohlgefallen auf. Singend und musizierend ging man seiner Wege…