… An der Stelle, an welcher sich das Anfang des 16. Jahrhunderts vom Konstanzer Bürgermeister S. Geissberg erbaute kleine Schlösschen über den Ort Mannenbach und den wunderschönen großen See erhebt, befand sich zuvor ein Bauernhof namens Narrenberg. Allerdings war den späteren Bewohnern der Gegend dieser Name so gar nicht mehr zupass, daher gebrauchte man zusehends Arenenberg, vermutlich in Bezug auf den Abhang vor dem Schloss, der Arnhalde…
… Im Jahre 1817 wurde das Anwesen an die damals in Konstanz im Exil weilende holländische Ex-Königin Hortense de Beauharnais verkauft, Stieftochter des Kaisers Napoleon, und Gattin von dessen Bruder Louis, der von 1806 bis 1810 König von Holland gewesen war. Hortense, die Romantikerin, begabt zum Harfeschlagen, Klavierspielen, Komponieren, Dichten, Lesen, und auch zum Gärtnern, legte an der Rückseite des Schlosses einen ca. 18 ha großen, im englischen Stil gehaltenen Park an…
… Seit Abschluss der Renovierungsarbeiten im Jahr 2009 kann man dort wieder lustwandeln, und vor allem die teilweise schier überwältigende Aussicht auf den See, die umgebende Landschaft, und die Insel Reichenau genießen. Zuvor allerdings stärkte ich mich auf der sonnenübergossenen Terrasse des Bistro-Cafe’s mit einem hausgemachten Aprikosenkuchen, der seinesgleichen sucht…
… Auf dem Rückweg strolchte ich kurz entschlossen einen holprigen, grasigen Pfad zwischen zwei Weinbergen hindurch, und machte mit der Kamera Jagd auf die Heupferdchen, die an diesem Tage anscheinend ihre Hoch- und Weitsprungwettkämpfe austrugen. Es dauerte lange, bis sich einer der Burschen kurz niederließ, um sich gnädigerweise von mir ablichten zu lassen…
… Allmählich traten mein Leih-Drahtesel und ich per Regionalbahn die Rückreise nach Gottlieben an. Wo ich über’s Wochenende mein müdes Haupt gebettet habe, erzähle ich euch morgen…
… Während meiner kleinen Kreuzfahrt von Schaffhausen über den Hochrhein, durch den Untersee und Seerhein bis nach Konstanz vor etwa zwei Wochen ist mir das im Wollmartinger Ried liegende Örtchen Gottlieben so sehr aufgefallen, dass ich beschloss, bei nächster Gelegenheit ein Weilchen dort zu verbringen…
… Am Wochenende ist’s dann so weit gewesen, der Rucksack wurde gepackt, und der seit neuestem täglich pendelnde Fernbus nach Konstanz geentert. An sich hatte ich ja davon geträumt, mir ein kleines Elektroboot zu mieten und zwei Tage lang quasi als Kapitänin den Bodensee unsicher zu machen. Ein Blick auf die Preistafel des Bootsverleihs holte mich allerdings recht unsanft aus meinen Tagträumereien auf den harten Boden der Wirklichkeit zurück: Die Gebühr für eine einzige Stunde würde 28 Euronen betragen! Und mein Vorhaben, den Seerhein entlang nach Gottlieben und kreuz und quer über den Untersee zu gondeln, würde sich auch nicht in die Tat umsetzen lassen, da die Bootsmotoren zu schwach für die herrschenden Strömungen seien…
… So verfiel ich auf den Gedanken, mir einen Drahtesel zu leihen – das kam wesentlich günstiger, die Wochenend-Mietpauschale betrug lediglich 20 Euro. Seit ungefähr zwei Jahren war ich nicht mehr Rad gefahren. So schob ich zunächst einmal eine Weile mein Gefährt die Straße entlang, äußerst genügsam damit zufrieden, den Rucksack im Körbchen deponieren zu können und nicht mehr selber schleppen zu müssen. Dann fasste ich mir ein Herz und stieg auf…
… Was ist das die ersten paar Kilometer für eine Eierei gewesen! Zum Glück führte der sehr gut ausgeschilderte Radweg (sogar die Entfernungen zu den jeweiligen öffentlichen Toiletten werden in der Schweiz mit angegeben) alsbald aufs freie Land und in die Nähe des Sees. Ich gewann allmählich einen Teil meiner radlerischen Sicherheit zurück – wenn ich mich auch bis zum letzten Augenblick nicht damit anfreunden konnte, dass mein Leihrad eine Rücktrittbremse hatte…
… Viel zu früh zum Einchecken kam ich in Gottlieben an. So wendete ich und fuhr weiter, durch teils bereits abgeerntete Getreide-, Salat- und Gemüsefelder, vorbei an stattlichen Gutshäusern und alten Bauernhöfen, einem riesigen Sonnenblumenfeld, die Köpfe waren von der Schwere der Körner gesenkt, bis nach Mannenbach. Dort parkte ich am Bahnhof das Radl, und machte mich zu Fuß die kurze, aber teilweise überaus steile Strecke hinauf zum kleinen Schlösschen Arenenberg…
… Inmitten des Wollmatinger Rieds liegt das Dörflein Gottlieben, mit wunderschönen Fachwerkhäusern und einem imposanten, geheimnisvollen Schloss. Nur 305 Einwohner zählend ist es eine der kleinsten Gemeinden der Schweiz. Wenig später kommt Konstanz in Sicht. Als wir den Seerhein verlassen und in einer weiten Kehre Richtung Hafen einschwenken, nimmt grad das seit einigen Jahren im neuen Glanz erstrahlende, elegante Dampfschiff „Hohentwiel“ Kurs auf das weite Blau des Sees…
… Nach ca. viereinhalb Stunden hat die kleine Kreuzfahrt nun ein Ende gefunden. Ich kann diese Schiffsreise wärmstens empfehlen. Informationen über den Fahrplan, die insgesamt 17 Haltepunkte und Fahrpreise gibt es hier:
… Die Anfahrtmöglichkeiten: Entweder bis Friedrichshafen, und dann mit der Regionalbahn nach Schaffhausen, nach der Kreuzfahrt mit dem Katamaran wieder retour „tieffliegen“ – eine Krönung eines schönen Tages! Oder aber bis Schaffhausen, und anschließend per Regionalbahn zurück…
… Die Schiffe sind sehr groß, die Besatzungen durchweg freundlich und zuvorkommend. Es gibt Gastronomie an Bord, die Preise sind allerdings durchaus gehoben…
… Beiderseits des Rheins findet sommerliches Badevergnügen in allen Variationen statt. Auch hat sich so manch ein Hausbesitzer mehr oder weniger abstrakte Kunstwerke in den eigenen Garten gestellt…
… Abseits der Fahrrinne gischten gelegentlich Stromschnellen auf. Dann weichen die Ufer zurück, und der Blick verliert sich in der blauen Weite des Untersees. Zum Zickzackkurs wird nun die sanfte, kleine Kreuzfahrt, immer abwechselnd ein schweizerisches, dann wieder ein deutsches Örtchen angesteuert, kurz angelegt. Passagiere kommen und gehen…
… Die Wasserschutzpolizei lässt zum Abschied kurz das Schiffshorn aufheulen, und prescht von dannen, neuen Aufgaben, oder dem Feierabend entgegen…
… Oberhalb von Mannenbach befinden sich zwei interessante kleine Schlösslein, in dem einen, zu welchem ein wunderschöner Garten gehört, residierte lange Jahre Hortense, die Schwester des großen Napoleon. Während unser Dampfer sich nach Ermatingen allmählich in die Fahrtrinne durch das Wollmartinger Ried einfädelt, kann man die gar nicht so ferne, berühmte, stattliche Pappel-Allee bewundern, welche die Straße auf die Insel Reichenau säumt…
… Gemächlich gleitet das recht große und doch sehr wendige Passagierschiff den Rhein entlang, der bei weitem noch kein gewaltiger Strom ist, seine Breite mag so um die einhundert Meter betragen. Es geht vorbei an hochherrschaftlich anmutenden Villen, schmucken Höfen, pittoresken Mühlen, kleinen, beinahe mittelalterlich anmutenden Örtchen…
… Es ist ein strahlend schöner Sommertag, die tiefblaue Himmelskuppel ohne jegliches Gewölk, um die Mittagszeit gewinne ich den Eindruck, als sei die halbe Schweiz auf und an dem grünlich dahin ziehenden Fluss unterwegs. Nachdem unser Dampfer ums Haar einen leichtsinnigen Paddler gerammt hätte, kommt ein Schnellboot der Schweizer Wasserschutzpolizei, um uns bis in den Untersee freies Geleit zu verschaffen…
… Diessenhofen ist eines jener malerischen Städtchen am Hochrhein, mit einer schönen, gut erhaltenen, alten Holzbrücke. Hier und da zeigen sich auf den sanft geschwungenen Anhöhen Burgruinen. Eine sachte Biegung noch, und dann kommt das wundervolle Stein am Rhein in Sicht, überragt von seiner Festung…
… Vorbei an gleichsam im Wasser treibenden Inseln ziehen wir allmählich den Weiten des Untersees entgegen…
… Neben dem, wie ich finde etwas ungewöhnlichen Turm des Münsters St. Nikolaus, der das Zentrum des Städtchens überragt, ist ganz ohne Zweifel der Bodensee-Reiter-Brunnen des Bildhauers Peter Lenk nahe der Uferpromenade DER Blickfang Überlingens. Umringt von Nixen und wasserspeienden Männern mit nicht grade gut proportionierten Figuren erhebt sich die Statue des legendären Reiters, der im Winter des Jahres 1534 den gefrorenen Bodensee überquerte, vom Tauwetter überrascht wurde, und sich samt Ross mit letzter Kraft ans Ufer retten konnte. Der erschöpften Gestalt auf dem ausgemergelten Klepper wurden die Gesichtzüge Martin Walser’s verpasst – worüber der namhafte Schriftsteller alles andere als „amused“ ist…
… Schön anzuschauen sind die sorgsam restaurierten und sehr gepflegt wirkenden Fachwerkhäuser im Stadtkern Überlingens, ich habe ein großes Faible für diese Art Bauwerke…
… Ich habe ja bereits erwähnt, dass meine Unterkunft über einem multi-asiatischen Lokal lag. Recht exotisch und auch etwas skurril fand ich es am nächsten Morgen, denn das Restaurant dient auch zugleich als Frühstücksraum. Karmesinrot geplüschte und bemalte Wände, verziert mit einer Überfülle an golden schimmernden Drachen, Göttern, Göttinnen, Elefanten, Glückssymbolen, Lotusblüten, Blattwerk, der vietnamesische Inhaber des Hotels mit einem hinreissend asiatischen Akzent und singendem Tonfall servierte mir den Tee, dazu wurden quasi als Kontrapunkt am kleinen Bufett Schwarzwälder Schinken, heimischer Käse und Milchprodukte kredenzt, aus dem Radio ertönte schwäbelnd die Stimme des Moderators eines Regionalsenders…
… Aus früheren Tagen, als Überlingen seiner Mineralquelle wegen von Angehörigen des Adels, dem gehobenen Bürgertum und Künstlern sehr frequentiert wurde, stammt übrigens der Beiname „Klein-Nizza am Bodensee“…
… Es war ein Tag wie ein nimmer enden wollender, schöner Traum. Das begann bereits am frühen Morgen mit der Zugfahrt von München durch’s Voralpenland nach Lindau im Bodensee…
… Kindlich, unbeschwert, unbescholten, reinen Herzens, naiv, verträumt, vertrauensselig, aufgeschlossen, hoffnungsvoll, voller Liebe und Zuneigung, voller Erwartungen und Pläne, heiter, verspielt, unbedarft, voller Licht und Leben…
… Nachher:…
… Besudelt, entehrt, gedemütigt, entwürdigt, verstört, traumatisiert, vielleicht sogar für den Rest des Lebens von Neurosen geplagt, von Albträumen heimgesucht, misstrauisch, beziehungsunfähig, frigide, einsiedlerisch, verstockt, realitätsfern, nicht liebesfähig, suchtgefährdet…
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… Der sexuelle Missbrauch von Kindern ist Mord an einer Kinderseele, er sollte deshalb genau so wie Mord bestraft werden…
… Wer vom sexuellen Missbrauch an einem Kind weiss, und schweigt, und sich nicht einmischt, und dem Kind weder Trost, noch Hilfe, noch Liebe bzw. Zuwendung gibt, macht sich der Mittäterschaft schuldig, und soll ebenfalls juristisch zur Rechenschaft gezogen werden können. Ohne Verjährung…
… Wie ich auf dieses Thema komme? ES hat sich vor einigen Tagen zum dreiundvierzigsten Male gejährt…
… Ich habe gelernt, damit zu leben. Vergessen und vergeben werde ich es nie…
… habe ich in einer kleinen Diashow zusammen gestellt. Leider hatte ja das Wetter während meines Besuchs im Elbflorenz nicht so richtig mitgespielt, ich hoffe aber, euch dennoch ein wenig von der Schönheit der historischen Altstadts vermitteln zu können…
… Als musikalische Untermalung habe ich das Allegro aus dem Trompetenkonzert Giuseppe Torelli’s (1658 – 1709) gewählt…
… Und das Ganze ist von mir grade noch einmal überarbeitet worden – jetzt passt’s auch von der Zeit her!…
… Als ich, gestärkt von einem opulenten Frühstück und ausgesprochen unternehmungslustig, am Sonntag Morgen nach der Lesung in Begleitung der lieben G. und eines weiteren Gastes der Studenten-WG, einem netten, jungen Mann aus Frankfurt, das Haus verließ, fiel mein erster Blick auf ein überaus malerisch anmutendes Bauwerk, das hinter dem nahen Bahndamm hochragte…
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… „Uih!“, rief ich begeistert aus, „Das ist aber eine tolle Moschee, die ihr hier in Dresden habt!“ – „Nein, nein,“, meinte Gunny, „das hier hat nix mit einer Moschee zu tun, das ist früher einmal eine Tabakfabrik gewesen, und jetzt sind Büros dort untergebracht, auf der Terrasse ein Restaurant und in der Kuppel finden kulturelle Veranstaltungen statt.“…
… Während wir Richtung Zwinger schlenderten, trieben Blasen gleich Erinnerungsfetzen in mein Bewusstsein, doch betört vom Zauber der historischen Altstadt Dresdens und seiner Prachtbauten, schenkte ich ihnen keine große Aufmerksamkeit…
… Erst auf der Heimfahrt, acht Stunden lang im Bus auf dem dunklen Band der Autobahn durch trübe, tief hängende Wolken und Schneeschauer dahin gleitend, kam mir Yenidze wieder in den Sinn. Und die dazu gehörige Geschichte. Und eine Person, die ich kannte, und die mit dieser wohl eng verbunden gewesen ist…
… Vor etlichen Jahren arbeitete ich in einem kleinen Wirtshaus nahe des Nymphenburger Schlosses. Zu unseren Mittagsgästen zählte damals ein recht agil wirkender alter Mann. Mit der Zeit pflegte er jedesmal, wenn wir ihn bedienten, damit zu prahlen, dass er der letzte noch lebende Pilot von Stalingrad sei. Seine schwerstkranke Frau würde im Hospiz der Barmherzigen Brüder gepflegt werden, er sei hierher gezogen, um sie täglich besuchen zu können. Er sei mittlerweile gut neunzig Jahre alt. Und wie zum Beweis öffnete er dann jedesmal seine Brieftasche, in welcher sich zwar kein Bildchen seiner Frau befand, aber zwei Aufnahmen von ihm, als schneidiger, junger Wehrmachtsoffizier, einmal als Brustbild sowie vor seinem in der Sonne glänzenden Sturzkampfbomber…
… Es dauerte nicht lange, und wir hatten ihm den Spitznamen „Bruchpilot“ verpasst. Bei aller Freundlichkeit und Zuvorkommenheit, wenn man über einen langen Zeitraum Tag für Tag die selben Sprüche zu hören bekommt, wird man ihrer überdrüssig. So sahen wir zu, dass wir unseren betagten und redseligen Gast recht flott abfertigten, um ja nicht wieder die Stalingrad-Piloten-G’schicht aufgetischt zu bekommen. Eines Tages jedoch verwickelte er einen Kollegen und mich in eine ausgedehntere Schilderung seiner Lebensumstände…
… Er erzählte von seinen Kinder- und Jugendtagen in Dresden. Von seinem Vater, der dort eine Zigarettenfabrik gegründet hatte. Der sich das schönste Fabrikgebäude hatte bauen lassen, was man sich nur vorstellen konnte! Der Architekt Martin Hammitzsch – später Hitler’s Schwager – entwarf nach Anregungen des Inhabers die sogenannte „Tabakmoschee“ mit der hoch ragenden, farbig verglasten Kuppel und dem als Minarett getarnten Schornstein. Doch den Einheimischen wäre dieser orientalisch anmutende Prachtbau, die Yenidze, benannt nach dem nordgriechischen Ort, von welchem die Tabakimporte stammten, viele Jahre lang ein Dorn im Auge gewesen. Im Jahre 1924 hätte Hugo Zietz sein Unternehmen dann an den Reemtsma-Konzern verkauft. Während des Dresdner Feuersturms ist das Anwesen stark beschädigt, in den Fünfzigern wieder aufgebaut worden…
… Er, Hans Zietz, sei Luftfahrt-Ingenieur gewesen, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hätten er und seine Frau sich in Norddeutschland nieder gelassen, für einen großen Konzern sei er viele Jahrzehnte lang als Berater und Entwicklungs-Ingieneur weltweit tätig gewesen…
… Ob die Erzählungen des alten Mannes wirklich der Wahrheit entsprachen? Zumindest der Name stimmte, denn er hatte uns ja fast tagtäglich seinen Ausweis unter die Nase gehalten. Und die Geschichte der Yenidze, die er uns sehr mitreissend und auch detailliert mitgeteilt hatte, ist genau so hier nachzulesen …
… Wie heißt es doch so schön: Man begegnet sich im Leben stets zweimal…
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