… Der riesige Gottesacker im Osten der Donaumetropole beherbergt an die 1.000 Ehrengräber, und das hätte natürlich den Rahmen unseres nachmittäglichen Rundgangs bei weitem gesprengt, sie allesamt aufzusuchen. Wir begnügten uns damit, uns die Abteilungen links hinter den Alten Arkaden bis zur Kirche anzusehen, und anschließend ziemlich lange nach Falcos Grabstätte zu suchen…
… Als erstes fielen uns die Grabmäler von Ludwig van Beethoven und Wolfgang Amadeus Mozart auf. Beethoven wurde ursprünglich am Währinger Friedhof im Norden Wiens beigesetzt, bevor er auf dem Zentralfriedhof sein Ehrengrab erhielt. Er liegt dort übrigens kopflos. Kein Scherz! Dass sein Haupt kurz nach seinem Tode gestohlen worden war, ist allerdings nicht richtig. Der Komponist hatte während seiner langen und schweren Krankheit testamentarisch verfügt, dass nach seinem Dahinscheiden die Ursachen seiner Leiden erforscht werden solle. So wurde er nach zwei Tagen Aufbahren von zwei Ärzten geköpft und der Schädel in mehrere Teile zerlegt. Im Laufe der Zeit wurden die Schädelknochen und acht Haarsträhnen (fünf echte und drei gefälschte) quasi in aller Welt verteilt, einige von ihnen befinden sich als Dauerleihgabe in der San José State University. Die Gehörknöchelchen, deren Untersuchung klärende Erkenntnisse über die Ursache seiner Taubheit liefern könnten, sind allerdings verschollen. Van Beethoven starb übrigens laut neuerster Erkenntnisse nicht an einer Bleivergiftung, wie lange vermutet wurde, sondern an Zirrhosen aufgrund von Vorerkrankungen, Hepatitis B und übermäßigem Alkoholkonsum…
… Nicht nur die Geschichte vom Diebstahl von Beethovens Haupt ist ein Märchen, sondern auch die vom Armenbegräbnis Mozarts. Er wurde unmittelbar nach seinem Ableben zuerst in seiner Wohnung und dann im Stephansdom aufgebahrt. Beerdigt wurde er auf dem Friedhof St. Marx, nicht allzu weit vom Oberen Schloss Belvedere entfernt, in einem “allgemeinen, einfachen” Grab. Das ganze Procedere war keineswegs lieblos und armselig arrangiert worden, sondern hat durchaus ein hübsches Sümmchen gekostet. Und nicht ungute Witterungsumstände waren schuld daran, dass niemand den Leichenzug begleitete – das ist damals schlicht und ergreifend nicht üblich gewesen. Seine letzte Ruhestätte hat man allerdings leider nicht gekennzeichnet bzw. mit einem beschrifteten Kreuz oder Grabstein versehen. Deshalb ist es bis zum heutigen Tag nicht möglich, exakt die Grablege dieses überragenden Musikgenies zu bestimmen…
… “Alles Walzer!” – die Gräber der Strauß-Dynastie…
… Thonet – die Pedigrohrmöbel dieser Familie revolutionierten die Innenarchitektur, und sie sind immer noch in aller Welt beliebt…
… Noch einige Größen der schönen Künste…
… Vergeblich suchten wir zwischen den Alten Arkaden und dem hoch aufragenden Gotteshaus nach der letzten Ruhestätte Falcos. Ein überaus freundlicher Friedhofsbesucher, der grade mit der Grabpflege fertig geworden war, wies uns den Weg und begleitete uns sogar ein gutes Stück dorthin. Denn Österreichs Pop-Idol wurde nach seinem frühen Ableben im Februar 1998 nicht in einem Ehrengrab bei seinen illustren Musikerkollegen beigesetzt, sondern in einer Grabstätte ehrenhalber, d. h., dass im Unterschied zu ersterem die Stadt Wien lediglich die Miete auf Friedhofsdauer übernimmt, nicht die Pflege…
… Nahe der etwas seltsam anmutenden Konstruktion, die seine letzte, von allerlei Devotionalien wie Zeichnungen, Fotografien, Liebesbriefen, Engerln, Laternen und Herzen in allen Variationen und Größen überhäufte Ruhestätte beschattet, steht eine Sitzbank, auf der sich bei unserem Besuch eine junge Frau befand, die unentwegt vor sich hin schluchzte und Ströme von Tränen vergoß. Wir fanden das ein wenig seltsam, denn das Mädel sah ganz danach aus, als wäre es erst nach dem Ableben seines Idols zur Welt gekommen und könne demzufolge eigentlich gar keine persönlichen Erinnerungen an Johann Hölzl aka Falco haben, und stahlen uns dann leise davon…
15 Antworten zu “Der Wiener Zentralfriedhof – ein paar Berühmtheiten…”
Was du immer alles herausfindest: den Unterschied zwischen einem Ehrengrab und einer Grabstätte ehrenhalber. Ich bin beeindruckt! Jetzt bin ich auch ganz gespannt, was du am dritten Tag deines Aufenthalts gemacht hast. Ein schönes Wochenende!
Ich bin so etwas wie ein Nerd, wenn mir etwas auffällt, dann stöbere ich im WWW so lange herum, bis ich eine schlüssige Erklärung gefunden habe. 😉
Da war ich im Donau Center Vienna, und an der Alten Donau – wo ich mir sofort ein Häuschen mit Bootsanlegestelle kaufen würde, wenn ich Lotto spielen und kräftig gewinnen würde. 😉
Die sind, fürchte ich, ziemlich unerschwinglich. Nicht so sehr die Häuser aber der Grund.
In einer Doku über die Alte Donau hat es mal geheißen, dass die Grundstücke von der Stadt verpachtet werden, zu einem ziemlich gesalzenen Preis, nehme ich an…
Das ist anzunehmen. Es gibt ja die alten Häuser, die möglicherweise der Gemeinde gehören und ziemlich neue, die eher nach Privateigentum aussehen, aber ich habe keine Ahnung. Du bist nach Recherchen über solche Dinge immer viel besser informiert, was ich sehr schätze !
Ich kann beim Recherchieren sehr gründlich sein und tief bohren, wenn mich etwas interessiert – wie hier natürlich Wien, dem ich nach wie vor sehr zugeneigt bin. 😉
Wobei ich mich a bisserl vertan habe, hab mir grad die Doku Alte Donau noch einmal angesehen. Nicht nur die Stadt besitzt Grundstücke an der Alten Donau, die verpachtet sind bzw. werden, auch Privatpersonen. Dieses System hat gewisse Vorteile, aber auch einen großen Nachteil: Was macht man mit dem Häusl, wenn einem der Pachtvertrag aufgekündigt bzw. nicht mehr verlängert wird?
Ja, eben, es ist eine sehr unbefriedigende Situation wenn der Grund jemand anderem gehört als das darauf sethende Haus
Das sind gute Wünsche und danke für die interessante Führung.
Ich danke dir für die Begleitung. Und die guten Wünsche kommen stets von Herzen.
Was du da über Beethoven und Mozart schreibst, ist ja sehr interessant.
Und wenn ich mir deine Fotos so anschaue und sehe, wer da alles liegt, dann finde ich, dass sich der Zentralfriedhof sehr gut für Unterricht in Musik und auch Schauspielkunst eignen würde.
VG
Christa
Ich war beim Nachforschen auch ziemlich erstaunt, denn diese Details über van Beethoven und Mozart wusste ich auch noch nicht. 😉
Der Zentralfriedhof ist dermaßen interessant, dass sich ein ausführliches Studium des ganzen Areals vermutlich sehr lohnen würde.
Liebe Grüße!
Das erinnert mich an einen sehr ausgiebigen Paris-Spaziergang mit einem Klassenkameraden mit dem Grab von Jim Morrison als Ziel. Wir waren dort mal mit der Schule zu Zeiten, in denen man sich vor Anschlägen fürchtete. Daher durften wir nicht mit der Metro fahren. Im Gegensatz zu euch sind wir allerdings nie angekommen, denn der Herr wollte zwecks Orientierung nicht auf mich hören und mir war es egal (sowohl das Grab als auch, das er meinte, es besser zu wissen). Das Fan-Gebaren war und ist mit allerdings schon immer ein Rätsel.
Schade, dass ihr nie am Père Lachaise angekommen seid, das ist abgesehen von Jim Morrisons Grab ein sehr interessanter und schöner Friedhof. Und da liegen außer dem charismatischen Sänger von The Doors noch sehr viele andere berühmte Persönlichkeiten, wie z. B. Edith Piaff, Oscar Wilde und Frédéric Chopin… Fans leben manchmal in ihrem ganz eigenen Universum, denke ich.
Du recherchierst sehr gewissenhaft. Das gefällt mir, weil ich jedesmal auch Informationen mitnehme, wenn ich gelesen habe. Schön, dass du dir die Mühe machst.
Ich glaube, ich muss auch nochmal auf unseren Südfriedhof. Manche Grabgestaltungen stehen unter Denkmalschutz, weil sie so beeindruckend sind. Und dann findet man die Grabstätten bekannter Maler, Künstler, Industrieller, Verleger, die die Stadt hier geprägt haben.
Herzliche Grüße
Ich mache das Recherchieren sehr gerne. Denn dadurch kann ich die vor Ort gewonnenen Eindrücke noch vertiefen.
So ein Friedhofsbesuch kann zu einer ganz wunderbaren Entdeckungsreise werden. Zudem sind Friedhöfe stets sehr schöne und fruchtbare Biotope, in denen allerlei Flora und Fauna zu finden sind.
Liebe Grüße!