… Am 15. April 1920 sollen die beiden italienischen Einwanderer Nicola Sacco und Bartholomeo Vanzetti in South Braintree, Massachusetts, einen Raubmord an einem Lohnbuchhalter, der über 15.000 $ bei sich trug, und seinem Wächter begangen haben. Dies wurde ihnen zur Last gelegt, als man sie am 5. Mai 1920 in New York verhaftete…
… Sacco war Arbeiter in einer Schuhfabrik, Vanzetti, gelernter Konditor, verkaufte auf einem Großmarkt Fische. Im Jahre 1908 waren sie voller großer Hoffnungen in die USA eingewandert. Im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ erwarteten sie sich Chancen für ein besseres Leben. Sie wurden bitterlichst enttäuscht. Bestürzend groß war die Kluft zwischen Arm und Reich. Mehr als unsozial und ungerecht die Arbeitsbedingungen, die Repressionen des Staatsaparates gegenüber jenen, die es wagten, sich gegen das herrschende Feudalsystem aufzulehnen. Sacco und Vanzetti wurden Freunde, als sie sich einer als anarchistisch verschrienen Arbeiterbewegung anschlossen…
… Obwohl Beide Alibis für die Tatzeit hatten, wurden von der Staatsanwaltschaft Entlastungszeugen nicht vernommen, man hielt Beweismittel zurück, das Geschworenengericht konnte sehr wohl als parteiisch bezeichnet werden. Eine Äußerung des Richters in aller Öffentlichkeit: „Denen werden wir’s schon zeigen, und die Kerle aufhängen!“ Sacco und Vanzetti wurden am 31. März 1921 zum Tode verurteilt. Dieses Urteil löste in der Arbeiter/innenschaft Amerikas und in aller Welt einen Sturm der Entrüstung aus. Eine internationale Kampagne der Solidarität im Kampf um die Aufhebung des Verdikts entbrannte…
… Ein portugiesischer Mitgefangener, wegen Raubmordes ebenfalls zu Tode verurteilt, ließ am 18. November 1925 Sacco einen Zettel zukommen: „Ich bekenne hiermit, an dem Verbrechen in South Braintree beteiligt gewesen zu sein, Sacco und Vanzetti sind dagegen nicht dabei gewesen.“ Dies wurde außerdem noch von einem Komplizen bezeugt. Der Überfall auf den Lohntransport sei das Werk der Morelli-Bande gewesen. Doch selbst diese Aussagen wurden von der amerikanischen Justiz ignoriert. Sämtliche Revisionseingaben und Gnadengesuche wurden vom Gouverneur von Massachusetts abgelehnt…
… Der Hinrichtungstermin wurde für den 10. August 1927 angesetzt. Weltweit kam es daraufhin zu einer bis dahin noch nie erlebten Protestwelle mit vielen Anschlägen, gewaltigen Demonstrationen und Streiks, die etliche Menschenleben forderten. In Genf stürmte eine empörte Menschenmasse das Völkerbundgebäude und zerstörte den berühmten Glassaal. Sogar ausländische Regierungen forderten Gouverneur Fuller auf, die beiden „Anarchisten“ frei zu geben…
… Doch der amerikanische Staat zeigte unerbittliche Härte. Das Urteil wurde in der Nacht vom 23. auf den 24. August 1927 vollstreckt. Kurz bevor man ihn zum elektrischen Stuhl führte, vergab Nicola Sacco in aller Öffentlichkeit seinen Mördern…
… Im Juli 1977 gab der Gouverneur von Massachusetts, Dukakis, eine Ehrenerklärung für Sacco und Vancetti und deren Familien ab und rehabilitierte die beiden so glücklosen italienischen Einwanderer…