… Das hat mich diesmal doch ziemlich gereizt, auch einmal bei dieser seit Anfang September laufenden Blog-Aktion mitzumachen… 😉

… Zu diesem Bild gibt es eine kleine Geschichte:… 😉
… Viele Jahre lang war es mir eigentlich recht egal, wie es in meiner Behausung aussah. Manchmal packte mich eine leise Regung, jetzt endlich einmal die Ärmel hochzukrempeln, den Saustall kräftig auszumisten und wieder für angenehmere wohnliche Verhältnisse zu sorgen. Aber die Motivation schwand leider immer wieder so schnell dahin wie Schnee in der Frühlingssonne. “Du bist in deinem Inneren davon überzeugt, dass du es nicht wert bist, ein schönes Zuhause zu haben.”, hatte eine der Psychologie kundige Bekannte vor einer Weile mal analysiert…
… Erst nachdem vor etwa einem Jahr die Diagnose Asperger Autismus feststand, setzte ganz allmählich der gesunde Wandel ein – ich hatte vor ca. zwei Jahren an einer langwierigen humangenetischen Studie der TU München und dem Klinikum Rechts der Isar teilgenommen, primär war es darum gegangen, die Ursache für meinen rätselhaften Muskelschwund festzustellen. Mit einem gründlichen, langwierigen Saubermachen war der Anfang getan. Als nächstes fasste ich eine Erneuerung einiger Möbelstücke ins Auge – der Wohnzimmertisch, den ich vor Jahren selbst zusammengeschraubt hatte, wackelte mittlerweile bei jeder Berührung wie ein Kuhschwanz, das große Bett, in dem ich nun schon seit dreißig Jahren nächtigte, drohte zusehends, unter mir zusammen zu brechen, und die verschrammte Flurkommode, bei der eine Schublade aus dem Leim gegangen war, deren Lücke ich durch ein Stückchen Spitzengardine notdürftig zu verbergen suchte, war mir inzwischen furchtbar peinlich…
… Für Menschen, die materiell nicht so gut gestellt sind, gibt es in München einige Second-Hand-Läden, der größte davon ist das Sozialkaufhaus Diakonia nahe des Westfriedhofs, dort wird im ersten Stock auch Mobiliar angeboten. Bett und Tisch waren schnell gewählt, beides aus solidem Holz gefertigt, preiswert, aber in sehr gutem Zustand. Als ich auf den Schreibtisch des Verkäufers zusteuerte, fiel mein Blick auf eine weiß lackierte Kommode samt Spiegelaufsatz. Ich war von jetzt auf gleich bis über beide Ohren in das Teil verliebt. Ich erkundigte mich nach dem Preis und riss, als er mir mitgeteilt worden war, ungläubig die Augen auf – 35 Euro, das war fast geschenkt! Der Verkäufer studierte auf der Unterlippe kauend das Preisschild. “Hmmmm, da haben sich die Kollegen bei der Kalkulation aber schon heftig zu unseren Ungunsten verrechnet.”, murmelte er. Ich hielt die Luft an und sandte eine stumme Bitte ans Universum. Der gute Mann zuckte mit den Schultern. “Na ja, das ist nicht mein Problem.” Ich schloss den Kauf der drei Möbelstücke ab und tanzte förmlich von dannen…
… Am vergangenen Montag entrümpelte ich zusammen mit zwei Freunden gnadenlos meine Bude, bevor Bett, Tisch und Kommode Einzug hielten. Das Bett ist meine kleine Nussschale, und es schläft sich darin weitaus besser als zuvor in dem alten Bretterhaufen, der Tisch hält auch mal einen zornigen Fausthieb aus, ohne auch nur einen Milimeter zu wanken – aber die Kommode hat es mir ganz besonders angetan. Ich stehe oft vor ihr, lasse meinen Blick über sie gleiten, über die ungewöhnliche Anordnung der Schubladen, die schlichten Holzschnitzereien, die einer Sanduhr ähnelnde Form des Spiegels. Was mag wohl ihre Geschichte sein? Wo hat sie früher gestanden? Was hat sie ins Sozialkaufhaus verschlagen?…
… Ich stelle mir gerne vor, dass sie vor vielen Jahren das Gesellenstück eines Möbelschreiners gewesen ist. Seine Hände gleiten sanft über das glatte, warme Holz, bevor er den Lack aufträgt, der die Maserung noch durchscheinen lässt. Er heiratet seine Jugendliebe, Kinder werden geboren, verlassen das Elternhaus, ein Herzinfarkt, Schlaganfall, eine Krebserkrankung rafft den Handwerker nach einem langen, erfolgreichen Leben dahin. Still ist es im Flur der Witwe um die schöne Kommode geworden. Sie kommt ins Altersheim, von ihren Kindern und Enkeln ist niemand an dem Möbel interessiert. Es wird als Spende der Diakonia übergeben. Und wartet dort, bis eines Tages eine äußerlich nicht mehr junge Frau um die Ecke biegt, und bei seinem Anblick ihr Herz sich weitet…