… Das Popgedudel in der benachbarten Fischhalle war kompliziert gewobener, festlicher, mittelalterlicher Musik gewichen, die aus den Lautsprechern gellte. Zwischen den einzelnen Stücken überbot sich ein Moderatorenpärchen des hiesigen Rundfunks mit marktschreierischen Kommentaren und Interviews lokaler „Größen“. Ich schnappte nach einer Weile auf, dass der Corso nun an der Piazza San Marco gestartet sei und sich langsam den Canale Grande hinauf bewegen würde. Der das Blau des Himmels und die umliegenden Palazzi reflektierende Wasserspiegel lag nun still und glatt, nachdem sämtlicher Bootsverkehr eingestellt worden war…
… Mir wurden die Augenlider ein bisschen schwer. Zum Glück war die Sonne mittlerweile hinter dem Flachdach der Markthalle verschwunden, ein kühler Luftzug spielte mit der ausladenden Krempe meines Strohhuts und trocknete sanft den Schweißfilm, der mein Gesicht überzogen hatte…
… Dumpfe Paukenschläge und das glasklare Schmettern von Posaunen waren von der Rialto-Brücke her zu vernehmen, und dann rauschte er majestätisch ein her, der „Buccintauro“, der Nachbau der Prachtgaleere der venezianischen Dogen, gefolgt von einer Vielzahl bunter, verzierter, festlich geschmückter Boote…
… Nein, nicht auf’s Christkind, sondern auf den Beginn der Regatta Storica. Dem Rat des Hoteliers folgend suchte ich mir bereits gut drei Stunden vor dem angekündigten Start einen Platz in Nähe der Fischhalle am Rialto Mercato. „Der frühe Vogel fängt den Wurm!“, das dachten sich auch etliche Mitmenschen, so dauerte es gar nicht lange, und der Raum zwischen den leeren Obst- und Gemüseständen des Marktplatzes füllte sich. In und am Ufer des Canale Grande vor der Fischhalle herrschte buntes Treiben, dort hatte sich eine Vereinigung ehemaliger Gondoliere eingenistet. So wie es aussah, konnte man dort für ein vermutlich hübsches Sümmchen einen Sitzplatz mieten, bzw. ist auf einen solchen eingeladen worden. Im Inneren hatte man einige kleine Bars und „Fressstände“ aufgebaut. Lautes Pop-Gedudel erschallte aus dem betagten Gemäuer, ein buntes Gemisch aus ebenfalls nicht mehr taufrischem, teilweise mühsam und nicht immer erfolgreich „restauriertem“ Publikum traf ein, begrüßte sich mit Küsschen und Umarmungen, und Fetzen von in rasantem Venezianisch gehaltenem Smalltalk und temperamentvollem Gelächter schwirrten durch die mittäglich brütend heiße Luft…
… Einige der sportlichen Protagonisten ruderten im Verlauf der nächsten Stunden schon mal probeweise den Kanal auf und ab, eine etwas in die Jahre gekommene einheimische „Boygroup“ intonierte zünftige italienische Weisen, und es gab jede Menge zu beobachten. Langweilig wurde mir die Zeit bis zur großen Parade keinesfalls. Ich saß an der bisweilen recht feuchten Uferbrüstung, schmauste mitgebrachten Obstsalat und Grissini, ließ die Blicke schweifen, und knipste, ab und an in mich hinein schmunzelnd…
… die einstmalige Prunkgaleere des Dogen von Venedig, eröffnete heute nachmittag die alljährliche Regatta Storica auf dem Canale Grande. Mehr davon, wenn ich die vielen, sehr, sehr vielen Aufnahmen gesichtet und bearbeitet, mich ausgeruht, und vor allem etwas gegessen habe…
… ist ein Städtchen am südwestlichen Ende der Lagune von Venedig. Darauf aufmerksam geworden bin ich kurz nach meiner Reise im Mai, als ich daran ging, Flüge und Hotel für die jetzige Tour nach La Serenissima zu buchen. Ich hatte sogar mit einer Unterkunft dort geliebäugelt, bin aber nun sehr froh, dass ich mich dagegen entschieden habe, denn es ist ein recht langer Weg mittels Vaporetti, Bus und Fähre von Venedig nach Chioggia und retour…
… Zuerst tuckerte ich mit dem Wasserbus der Linie 1 nach Lido. Der Filmfestspiele wegen herrscht dort immense Geschäftigkeit, so dass ich mich gar nicht lange aufhielt, sondern alsbald den Bus der Linie 11 enterte. Die Fahrt über die lang gezogene Insel bis zum westlichen Ende, Alberoni, dauert ein gutes Stünderl, dann wird man samt Linienbus auf der Autofähre ein kurzes Stück übers Meer kutschiert. Auf dem Landweg geht es weiter bis Pellegrino. Dieses Fischerdorf macht keineswegs mehr den hinterwäldlerischen und verschlafenen Eindruck, den man dank der Lektüre eines Donna-Leon-Krimis gewinnen könnte. Das Vaporetto der Linie 11 bringt einen dann schließlich zum Hafen von Chioggia…
… Als ich die Hauptstraße entlang schlenderte, immer ein wenig auf der Hut, denn in Chioggia sind ungemein viele Radfahrer/innen unterwegs, war mein allererster Eindruck, dass mich trotz allem italienischen Flair und Ambiente dieser Ort ein ganz klein wenig an Salzburg erinnerte, ich kann allerdings nicht sagen, wieso mir das in den Sinn gekommen ist…
… Am Hafen wird in Massen der übliche am Fließband in Asien angefertigte Tand und verkitschte Schnickschnack verkauft. Überall in Chioggia stehen leuchtend bunte und mit künstlichen Blumen verzierte Fahrräder. Warum dies so ist, entzieht sich meiner Kenntnis, ein Blickfang für Fotografen sind sie allemal…
… Ich stiefelte ein Weilchen die Hauptstraße entlang, und geriet in eine fröhlich-festliche Hochzeitsgesellschaft, die ich natürlich ablichten musste. Dann bummelte ich langsam am stillen Kanal zurück, lernte dort einen alten Fischer kennen, der vor vielen Jahren eine Frau aus Bochum geehelicht hatte, und ein ganz wundervolles, beinahe akzentfreies Deutsch sprach. Leider seien seine Sprachkenntnisse mit der Zeit ein wenig eingerostet, seitdem sein Ehegespons perfekt Italienisch parlieren könne…
… Ich traf auf ein kleines Filmteam, das den Weg eines als Tänzerin kostümiertes Mädchens durch den Ort dokumentierte, und erneut auf das attraktive Brautpaar samt einiger Fotografen. Ihnen folgend und immer wieder mal die Frischverheirateten knipsend gelangte ich schließlich zurück zum Hafen…
… Haupterwerbsquelle auf Burano ist neben dem Tourismus der Fischfang und seit dem 16. Jahrhundert die Spitzenstickerei. Mittels einer sehr kunstvollen Nadelspitzentechnik, Reticella genannt, werden filigrane Meisterwerke geschaffen, und natürlich zu recht üppigen Preisen feil geboten. Es ist geboten, beim Erwerb solcher Kleinodien die Augen offen zu halten, nicht alles, was man als Laie für Burano-Spitze hält, ist auch eine solche. Am seriösesten sind die Läden rund um das kleine Museum auf dem Dorfplatz…
… Und dort, in diesem nicht eben üppig ausgestatteten Museum, war mir wieder einmal der Zufall gewogen: Eine junge TV-Reporterin drehte eine kurze Dokumentation über Burano’s wunderschöne Handarbeiten, und hatte die weltweit älteste Spitzenstickerin vor der Kamera. Ich durfte mich dazu setzen, und mit der hundertjährigen (!) Dame unterhalten, die geistig noch sehr rege und humorvoll war. Schlitzohrig verkündete sie mir, dass sie das Arbeiten nunmehr sein lassen würde, denn nach der Ausstrahlung des TV-Films würde sich ganz bestimmt ein reicher Mann bei ihr melden, den sie dann ehelichen und die restlichen Jahre ihres Lebens in Saus und Braus verbringen würde. Sie hatte ihre Tochter bei sich, gut achtzig Jahre alt, die leise schmunzelnd und mit behenden Fingern ein Stück Spitze fertigte…
… Ich ließ mich noch ein Weilchen durch das Dorf mit seinen grünlich schimmernden, schmalen Kanälen und farbenfrohen Anwesen treiben…
… Bevor ich mich an diesem Wochenende einen Monat nach meinem Unfall wieder ins Arbeitsleben wagte, packte ich meinen Reiserucksack, um zwei Tage in der Heimat zu verbringen…
… Auf der Busfahrt vom Salzburger Bahnhof nach Berchtesgaden gelang es mir zum ersten Mal, ein halbwegs ansehnliches Bild von jenen zwei markanten Felsnasen zu schießen, welche Barmstoana genannt werden, und die bei Kletterfreaks aus nah und fern ausgesprochen beliebt sind…
… Nach einer mittäglichen Stärkung mit kindskopfgroßen Speckknödeln ging es Richtung Königssee. Auf der „sündigen Meile“ zwischen der Bushaltestelle nahe des riesigen Parkplatzes und der Seelände drängt sich Geschäft an Geschäft. Es gibt viele Scheußlichkeiten zu kaufen – der diesjährige Renner scheinen fliegende Kühe zu sein, die an Drähten befestigt durch die Luft wirbeln, leider viel zu schnell für meine Kamera 😉 …
… Endlich hatten wir das Seeufer erreicht und strebten ein wenig bergwärts, zum Café „Christlieger“…
… Während wir uns mehr oder weniger geschickt durch die Pulks ungezählter Touristen wanden, entdeckte ich ein Berchtesgadener Original, das ich seit sehr, sehr vielen Jahren schon nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte – den Königssee-Indianer. Vor einer geraumen Weile hatte dieser mich zu einer Kurzgeschichte inspiriert…
… Am Ziel angekommen musste ich unbedingt die hausgemachte Enzian-Limonade probieren. Sie wird – wie der Schnaps – aus Enzianwurzeln hergestellt, schmeckt sehr gut, hat ein ähnliches Aroma wie Holunderblüten-Limo, und ist im Abgang ein kleines bisschen bitter…
… So lautete der Titel der bis einschließlich heute laufenden Sonderausstellung im ersten Stock des NS-Dokumentationszentrums am Münchner Königsplatz, zu deren Observierung man mich am Sonntag vor einer Woche eingesetzt hatte…
… Über 200.000 Menschen, deren körperliche, geistige und seelische Gesundheit nicht dem (auch heute noch vorherrschenden) Schema F entsprachen, oder die schlicht und ergreifend lediglich „unbequem“ waren, wurden in den Jahren 1933 bis 1945 in entsprechenden „Heil- und Pflegeanstalten“ umgebracht. Mehr als 400.000 Personen wurden zwangssterilisiert, dabei starben laut jüngsten Erhebungen mindestens 4.000. An mehr als 4.000 Frauen wurden Zwangsabtreibungen vorgenommen, viele von ihnen waren bereits im siebten Monat schwanger. Zigtausende wurden in den o. a. „Anstalten“ zu Zwangsarbeiten eingesetzt – einige von ihnen kämpften bis an ihr Lebensende im 21. Jahrhundert erfolglos um eine Entschädigung, und darum, dass ihnen diese Jahre auf ihre Renten angerechnet wurden. Die meisten der Täter/innen kamen in den Jahren der sogenannten „Entnazifizierung“ straffrei davon, oder wurden lediglich zu sehr geringen Haftstrafen bzw. Bußgeldern verurteilt. Etliche der Täter/innen machten nach Gründung der BRD erneut medizinische Karriere und galten unter ihren Fachkollegen/innen als höchst angesehen…
… Ich möchte euch nun heute und an den darauf folgenden Tagen die Eindrücke zeigen, die ich während der gut neun Stunden Dienst im NS-Dokumentationszentrum gemacht habe. Und versuchen, dies ohne viel Worte zu tun, sondern mehr die Bilder wirken zu lassen…
… auch nach über zwei Jahren, die juwelengleichen Gänsehautmomente in der Münchner Residenz…
… Am Dienstag hatte ich die sogenannte Reiche Kapelle und die Empore der frühbarocken Hofkapelle zu observieren. Dort schien am späten Vormittag eine Sonderführung statt zu finden, acht junge Menschen mit großen, schwarzen Mappen in den Händen lauschten interessiert den Ausführungen eines Historikers, ein Dolmetscher übersetzte das Gesagte ins amerikanische Englisch. Anschließend stellten sich die acht Damen und Herren im Halbkreis vor dem Altar auf und intonierten eine Motette von Orlando di Lasso. Die reinen, präzisen und glasklaren Stimmen fuhren mir bis tief ins Herz hinein, ihrem feinen Wohklang zu lauschen war pure Freude…
… Ein Blick in den schmalen Geweihgang, der von den beiden Kapellen zur üppigen Rokokopracht der Reichen Zimmer führt, die Wände sind mit Jagdtrophäen bayerischer Herrscher geziert…
… Hubert Gerhardts um 1600 geschaffene Brunnenskulptur Perseus und Medusa war zwar von mir abgewandt, doch wie heisst es so passend: „Auch ein schöner Rücken kann entzücken.“… 😉
… Vor zwei Wochen habe ich vom Orthopädischen Schuhmachermeister meine maßgeschusterten Schuhe in Empfang nehmen dürfen – und ich möchte diese niemals wieder missen! Es schreitet sich darin wie auf Wolken, der Tragekomfort ist ohnegleichen, und auch lange und viele Stunden des Stehens und Gehens bereiten so gut wie keine Probleme mehr. Auch mein Rücken – das MRT ergab eine leichte Wirbelsäulenverkrümmung und einen chronischen Bandscheibenschaden – hat sich inzwischen wohl dank des neuen und hervorragenden Schuhwerks sehr gebessert. Ende Juni darf ich mir beim Orthopäden das Rezept für ein zweites Paar abholen.
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