… Ich bin an sich ein recht umgänglicher und auch gutmütiger Mensch, und bemühe mich sehr, friedvoll durchs Leben zu gehen. Es gibt allerdings eine Situation, die mein Temperament manchmal von jetzt auf gleich gefährlich in Wallung bringt:…
… Bei Veranstaltungen wie Paraden, Umzügen oder Open Air Konzerten achte ich immer darauf, bezeiten vor Ort zu sein, und mir einen guten Platz zum Fotografieren zu sichern. Ich bin voller Vorfreude, stelle die Kamera ein, und harre der Dinge – und dann kommt jemand quasi in letzter Sekunde, pflanzt sich völlig rücksichtslos direkt vor mir auf und benimmt mir die wundervolle, ungehinderte Sicht. Da kann man durchaus erleben, dass ich binnen kurzem zur Furie werde. Das schlimmste dieser Erlebnisse war vor einigen Jahren, als ich in Venedig am Canale Grande in der Nähe der Fischmarkthalle buchstäblich stundenlang auf die Regata Storica wartete. Ich hatte einen ausgezeichneten Sitzplatz an einer Bootsanlegestelle – und just in dem Moment, als die golden glitzernde Prunkgaleere des Dogen, der Bucintoro, an mir vorüberzog, ließ sich ein junges Pärchen genau vor meinem Objektiv nieder und grinste mir frech ins Gesicht. Als ich darum bat, doch ein wenig zur Seite zu rutschen, ich würde gerne die Regata fotografieren, meinte der junge Mann, ich solle lieber seine Freundin ablichten. Leider, leider – oder zum Glück! – fielen mir nicht auf Anhieb die passenden italienischen Worte ein, zu gerne hätte ich dem Kerl gesagt, dass es weit unter meiner Würde sei, so ein potthässliches Geschöpf abzulichten. Ich schäumte vor Wut. Nachdem die Zwei mich bis zur Weißglut gereizt hatten, standen sie spöttisch lachend auf und gingen….
… Inzwischen bemühe ich mich, in solchen Situationen, die Contenance zu bewahren und nach außen hin zumindest halbwegs freundlich zu sein. Bis gestern Mittag. Ich hatte einen superguten Platz, um die St.-Patricks-Day-Parade nahe des Münchner Siegestors zu fotografieren. Hatte mich schon gut eine halbe Stunde vor dem Umzug dort eingefunden und geduldig gewartet. Leider befanden zwei Pressefotografen die Stelle auch für passabel und verstellten mir permanent die Sicht. Die haben Ausweise! Die können sich völlig ungehindert auf der Strecke des Umzugs bewegen! Keine fünfzig Meter entfernt stand ein Polizeiwagen, und von dort aus hätten die Kerle die schönsten Aufnahmen machen können, ohne jemanden zu behindern! Schließlich platzte mir der Kragen, und ich schlug ihnen mit honigsüßer Stimme vor, sich doch bitteschön einen anderen Standplatz zu suchen. Er mache hier seine Arbeit, entgegnete einer der Beiden pampig. Ich wünschte ihm mit immer noch sanfter und freundlicher Stimme drei Tage übelsten Dünnpfiff und kein Klopapier im Haus an den Hals. Wir lieferten uns noch ein eisiges Blicke-Duell, und dann zogen sie endlich weiter…
… Da ist nichts dabei, sich auf der Suche nach einem guten Ort zum Fotografieren bei den Umstehenden zu erkundigen, ob diese denn noch freie Sicht haben oder ob man im Weg ist – ich mache das jedesmal, und habe mir dabei noch keinen Zacken aus der Krone gebrochen. Oft setze ich mich auf den Rollator, damit die Anderen über mich hinweg ihre Bilder machen können. Meine Rücksichtnahme tut mir nicht weh, und sie kostet kein Geld! Im Gegenteil, so was tut gut und sorgt für ein entspanntes und friedvolles Miteinander…
… Was wäre das für ein schönes Foto geworden, wenn diese … (Selbstzensur) Presse-Tussi sich nicht völlig dreist direkt vor mir aufgebaut hätte!…