… Eines der liebenswertesten Wiesn-Originale ist ein fescher Mann mittleren Alters, im „richtigen Leben“ Barkeeper eines Münchner Szene-Lokals, der während des Oktoberfests als Märchenkönig-Double von Bierzelt zu Bierzelt zieht, und sich gegen einen Obolus mit begeisterten Damen und Herren – zumeist aus Übersee – ablichten lässt. Unseren Tabakstand nutzt Seine Majestät oft als eine Art Dependance, im kleinen rückwärtigen Anbau lagern diverse Gala-Uniformen, Stiefel, und auch sein (unechter) Zobelmantel, und unter der Ladenbuddel ist ein Karton mit Autogramm-Karten verstaut. Begleitet wird „Ludwig II.“ in der Regel von eine Art Hofdame, die nach jeder größeren Bierzelt-Runde die bisweilen doch etwas derangierte königliche Mähne sowie das dezent aufgetragene Make-Up wieder in Form bringt, und nach jedem Uniform-Wechsel das prachtvolle G’wand zurecht zupft und fieselt…
… Ganz wichtig: Betrunkene, die am Stand vorbei gehen (torkeln), niemals direkt ansehen, sie fühlen sich dadurch förmlich magnetisch angezogen, und das kann recht unangenehm werden…
… Manchmal schließen die beiden netten Jungs vom Eisstand gegenüber und wir Wetten ab, was zuerst passieren wird: Kotzen, gegen den Stand urinieren, eine Schlägerei, eine Dieberei, oder hemmungsloser Sex vor aller Augen…
… Wenn ich mir des Abends das Treiben auf der „Intersuff“ so ansehe, dann wird mir klar, warum Außerirdische niemals auf diesem Planeten nach intelligentem Leben suchen werden. Aber dennoch haben mein Kollege – ein ganz lieber, umgänglicher und fleißiger Frauen-Versteher – und ich ungemein viel Spaß. Was mich Tag für Tag auf’s Neue höchst erstaunt, denn eigentlich ist mir jede Art von lautem Trubel zutiefst verhasst…
… Vom Tabakstand aus lässt sich – wie schon im vergangenen Jahr – herrlich, und zumeist unbemerkt, fotografieren. Die Kamera liegt in der Regel unter der Ladenbuddel auf einem Zigaretten-Karton, so daß ich, wenn ich ein feines Motiv erspähe, rasch danach greifen kann. Leider, leider ist es zumeist so, daß genau in dem Moment des Anvisierens und Abdrückens jemand durch’s Bild latscht. Aber ein paar neue Aufnahmen sind mir gestern und heute dennoch gelungen…
… Zu fortgeschrittener Stunde empfiehlt es sich, ab und an den Boden vor dem Stand genauer zu inspizieren. Denn die bierseligen Herren und auch Damen tun sich manchmal sehr schwer, das Wechselgeld in ihren Börsen bzw. Hosentaschen zu verstauen. Da kann man sich das Trinkgeld bisweilen schon ganz ordentlich aufbessern… 😉
… Gestern fragten mich mit schon recht schweren Zungen zwei junge Australier, ob sie an unserem Stand Marihuana kaufen könnten. Ich zwinkerte ihnen zu und sagte, daß ich ihnen schon verraten könnte, wo es auf der Wiesn wirklich hammermäßig guten Stoff geben würde. Und dann beschrieb ich ihnen milde lächelnd den kürzesten Weg zur Polizeiwache…
… und Skurriles aus der Schatzkammer der Münchner Residenz…
… „Verkehrte Welt“ nennt sich diese knapp fünfzehn Zentimeter hohe Skulptur eines wilden Bären, der einen Schießprügel in den Pranken hält. Im Inneren des Kunstwerks konnte man kleine Preziosen oder auch Petschaften verbergen. – Angesichts dessen, wie wir Menschlein auf diesem unsere Planeten bislang schon gewütet und rücksichtslos dahin gemetzelt haben, könnte man es den Tieren keineswegs verdenken, wenn sie den Spieß umkehren und uns auf’s Korn nehmen würden…
… „Iatzt rauch‘ i erst amal a g’scheite Havanna, und dann mach‘ ich mein Job ois Boarischer Glücks-Löwe wieda weida.“…
… Die beiden Portale an der Westseite der Residenz, welche zum Kaiser- und zum Kapellenhof führen, werden von jeweils zwei bronzenen, mit grünlicher Patina bedeckten Löwen bewacht. Unter den vier Raubtierstatuen befinden sich kleinere Löwenköpfe. Man sagt sich, daß es Glück bringt, wenn man deren Nasen reibt, daher sind diese auch so blank poliert… 😉
… Als ich heute auf dem Weg zur Arbeit war, durfte ich zu meinem großen Entzücken entdecken, daß ein Passant einem dieser Löwenmäulchen im wahrsten Sinne des Wortes eine Zigarre verpasst hatte…
… auf einen Haufen morscher, alter Knochen acht.“, mit diesen Worten begrüßte mich gestern früh die Dienstleiterin in der Residenz. Mit ihrer flapsigen Umschreibung meinte sie die Reliquiensammlung nahe der Hofkapelle. In einem kleinen, abgedunkelten Raum mit einer wuchtigen, ungefähr dreißig Zentimeter dicken, stählernen Panzertür befinden sich, überaus prunk- und kunstvoll in Gold und Silber gefasst und mit ungezählten Juwelen besetzt, nebst den Knochen vieler sogenannter Heiliger auch solch illustre Dinge wie: Barthaare der Apostel Petrus und Johannes, Splitter vom Kreuz Christi, Teile eines Gewandes der Gottesmutter Maria, die mumifizierten Leiber zweier von Herodes in Bethlehem nach der Geburt Jesu ermordeten kleinen Kinder, die Häupter von Johannes des Täufers und seiner Mutter Elisabeth, Stroh aus der Krippe Christi, Teile seiner Dornenkrone, vom Essigschwamm, mit dem er am Kreuz hängend getränkt worden war, sowie Partikel der Geißelsäule, und Fetzen des Tischtuchs vom letzten Abendmahl…
… Reliquien dienten dazu, göttliche Weisheit und Erleuchtung zu erlangen, sowie als angeblich übernatürliche Heilmittel allerlei Krankheiten und Blessuren. Aber sie wurden auch bei „wichtigen“ Schlachten auf hohen Stangen vor den Soldaten hergetragen – meist zum Kriegsdienst gepresste Bauernsleut‘ und Arbeiter. Diese konnten, falls sie des Schreibens mächtig waren, Zettelchen mit ihren Namen an den heiligen Überresten befestigen, was ihnen die unversehrte Heimkehr aus dem Feldzug garantieren sollte…
… Hier ein paar Eindrücke aus der Reliquienkammer – da ich für die kleine „Taschen-Olympus“ leider keinen Polfilter hab‘, kann man auf einigen Bildern Glas-Spiegelungen sehen…
… In früheren Tagen sind die Reliquien in der sogenannten Reichen Kapelle des sehr gläubigen Kurfürsten Maximilian I. (er regierte von 1597 bis 1651) aufbewahrt gewesen – die Frömmigkeit hat Seine Hoheit, sowie seine Nachfolger bis zu Max III. Joseph Mitte/Ende des 18. Jahrhunderts allerdings nicht davor bewahrt, getreulich dem Hexenhammer zu folgen und eine in die Tausende gehende Schar anders- und freidenkender, eigensinniger, unangepasster Frauen und Männer zum Teil furchtbarer Qualen und dem Tode zu überantworten…
… Die Reiche Kapelle…
… Unweit der Reliquienkammer befindet sich die Hofkapelle der Residenz. Sie wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts im Auftrag Maximilian I. erbaut, welcher sie der Heiligen Maria weihen ließ. Seine starke Marien-Verehrung wirkt sich bis in die heutigen Tage aus, noch immer ist die Mutter Jesu Bayern’s Schutzpatronin…
… Am späten Nachmittag übte ein Streichertrio für das am Abend stattfindende Konzert, die wunderschönen klassischen Weisen schwangen sich sanft durch die weitläufigen Säle und Räume…
… Ich lauschte hingerissen – wenn auch mit einem weinenden Auge, denn dies war mein vorerst letzter Tag als Aufsicht in der Residenz, die nächste Woche über bin ich wieder der Pinakothek der Moderne zugeteilt worden. Und ich genoss es, eine ruhigere Kugel zu schieben, und mich ab und an sitzend etwas ausruhen zu können. Denn die Tage zuvor hatte ich in Abschnitten meinen Dienst versehen, die zu Beginn des großen sowie des kleinen Rundgangs liegen, und war sehr viel damit beschäftigt gewesen, nicht nur jugendliche Besucher davon abzuhalten, Kaugummis an fragile Rokoko-Stühlchen zu kleben, an der Brokat-Überdecke von Kurfürst Maximilian I. Prunkbett zu zerren, wertvolle Seidentapeten und verspielte Stuckverzierungen zu begrapschen, gegen zierliche Porzellanvasen, Standuhren, Glasstürze und Vitrinen zu klopfen oder gar daran zu rütteln, die Finger in die schimmernden Polster von Sitzmöbeln zu vergraben, und sogar mit den Nägeln das Blattgold von den Ornamenten der hohen Flügeltüren zu kratzen. Bei Schülergruppen scheint es eine Art Sport zu sein, in Nähe einer Museums-Aufsicht geballte Ladungen von Verdauungsgasen auszustoßen, da muss man mit einem Pokerface die Luft anhalten oder flach durch den Mund atmen, wenn man sich nicht zur Seite bewegen kann…
… Trotz den gerade geschilderten nicht grade feinen Umständen habe ich in der Residenz die glücklichsten und schönsten Arbeitstage seit ungezählten Jahren verbracht. Ich hoffe so sehr, daß ich bald wieder dort arbeiten darf…
… im schönsten „Bauch“ Münchens, am Viktualienmarkt…
… Huch! Ein Politiker???…
… Ein Schwarm Friedenstauben in der Heilig-Geist-Kirche – das gefällt mir weitaus besser als Waffen segnen oder für einen „glorreichen Kriegs-Sieg“ beten…
… Die Katze auf dem frühlingswarmen Schindeldach…
… Der Roider-Jackl, in den fünfziger/sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ein in Bayern überaus populärer und verehrter G’stanzl- und Schnaderhüpferl-Sänger (mit zumeist sehr bissigen, politik-kritischen Texten), hat zwar schon den Frühlingsblütenkranz um, trägt aber vorsichtshalber nach wie vor seine wärmende Winterjacke samt Schal…
… Im Biergarten gibt’s so gut wie kein freies Platzerl mehr, und die Schlange an der Freiluft-Schänke ist viele, viele Meter lang…
… Es gibt einige kleine Lädchen in meinem Heimatviertel, die führen mich stets ganz ungeheuerlich in Versuchung…
… Einer ist der „Donuts-and-Candy-Shop“…
… Ein anderer ist die „Puppenstube/Puppenklinik“. Da werde ich beim verträumten Studium der Schaufenster stets wieder zum kleinen Mädchen…
… Hier im Viertel gibt es noch so einige Kuriositäten mehr: Ein Hirsch auf einem Dach zum Beispiel, eine Kuh mit Trachtenhut, schöne Graffiti, Freiluft-Schach, ein buddhistischer Mönch in einem Schmucklädchen…
… die sich im Westen des Münchner Stadtzentrum, unweit des Hauptbahnhofs, über die weit verzweigten Gleisanlagen schwingt, führte mich am Donnerstag mein Nachmittagsspaziergang. Denn beim Vorbeifahren mit den Öffentlichen ist mir schon etliche Male aufgefallen, daß es dort recht interessante Straßenmalereien gibt…
… An den eher unansehnlichen Pfeilern der großen, und architektonisch nicht besonders bemerkenswerten, Brücke haben sich gekonnt Graffiti-Künstler/innen ausgetobt, bunt, grell, phantasievoll, bisweilen recht skurril. Staunend schritt ich langsam dahin, den weiten Raum durchmessend, der als Parkplatz genutzt wird. Manchmal musste ich um abgestellte Fahrzeuge quasi herumknipsen, trotz aller Anstrengungen ist mir das bei einigen Fotos nicht gelungen…
… Hier die Bilder, die auf diesem Streifzug entstanden sind (Klick auf die einzelnen Fotos macht sie wie immer groß):…
… auf dem Norbert-Klein-Weg vom Mönchsberg hinunter in die Salzburger Altstadt, so wandelt man ein Weilchen auf den sogenannten Frauenspuren. Bedeutende weibliche Persönlichkeiten der Mozartstadt werden hier mit einer Art Streifzug durch das historische Zentrum geehrt und gewürdigt. Der auf den Gedenktafeln zu sehende hohe Schnürschuh soll gleichzeitig die Unterdrückung und Unterschätzung der Frauen als auch deren aufrechten und unerschütterlichen Gang in Gleichberechtigung und Freiheit symbolisieren…
… So eine stundenlange Wanderung macht natürlich hungrig, und ich hatte beschlossen, meinen allmählich knurrenden Magen mit einer Salzburger Spezialität zu besänftigen. Ich ließ den lebhaften und üppigen Markt zu Füßen der schönen Kollegienkirche links liegen und wandte mich gen Getreidegasse. Nahe Mozart’s Geburtshaus, in der Getreidegasse Nr. 33, gibt es eine jener Passagen, die mit den Charme Salzburg’s ausmachen – diese sogenannten Durchhäuser hatte man während des Mittelalters geschaffen, um jene üppigen Steuern einzusparen, welche die Bürger damals beim Bau von neuen Straßen berappen mussten…
… Mein Ziel war erreicht – der Balkan-Grill, ein kleines, eher unscheinbares Büdchen in einer Ecke nahe einer jener Nobel-Boutiquen, die mittlerweile giftigen Schwammerln gleich sprießen und viel von der Ursprünglichkeit und der während Jahrhunderte gewachsenen, eigenen Lebendigkeit eines Ortes zunichte machen…
… Der Balkan-Grill existiert seit 1950, und dort gibt es die beste Bosna weit und breit. Bosna sind zwei lange, dünne, gebratene Schweinswürstl, die sich – einem Hot-Dog ähnlich – zusammen mit frischen, hauchdünnen Zwiebelringen und fein gehackter Petersilie in ein knuspriges Brötchen schmiegen, und unmittelbar vor dem Servieren mit einer geheimen, scharfen Gewürzmischung bestäubt werden. Am Balkan-Grill trifft sich von morgens früh bis abends spät buchstäblich die Welt – vom geschniegelten Büromenschen über den seltsamen Künstler bis zu Touristen aus Fernost, von der pelzverbrämten Matrone über junge Kleinfamilien bis zur ärmlichen Rentnerin sind dort sämtliche Variationen Mensch anzutreffen…
… Beim Verlassen des Durchhauses Richtung Getreidegasse fielen mir zwei golden glänzende Stolpersteine auf. Dieses wunderbare und sehr berührende, internationale Projekt gegen das Vergessen und Verdrängen der Greueltaten des NS-Regimes wurde im Jahr 2007 von den Salzburgern aufgegriffen. Mittlerweile hat man über 200 Stolpersteine verlegt…
… Eine feine Brotzeit will natürlich auch ein wenig schwimmen. So spazierte ich weiter zur Getreidegasse Nr. 39. Dort ist seit dem Jahre 1903 die Spirituosenmanufaktur und Weinhandlung Sporer ansässig. Berühmt(berüchtigt) ist dieser traditionsreiche Familienbetrieb vor allem für seinen höchst köstlichen Orangenpunsch, sowie einer Unzahl an selbst angesetzten, gebrauten und gebrannten Liköre und Schnäpse. Der Laden ist eine sehr anheimelnde Kombination aus Verkaufsraum und gemütlichem Beisl, dort lässt es sich sehr fein genießen und verweilen…
… Zum Schluß noch einige Kuriositäten in und abseits der Getreidegasse:…
Eine Sünderin?
Lädt zur Einkehr ein
„Das Kaslöchl“ – ich finde den Namen einfach herrlich!
… Noch zwei Tage, dann ist mein Arbeitsmarathon – fast 200 Arbeitsstunden in 16 Tagen – auf dem Oktoberfest 2013 überstanden. Ein Resumee dieser gut zwei Wochen werde ich wohl irgendwann später schreiben. Heute abend kann ich kaum mehr einen klaren Gedanken fassen, der Tag ist gar heftig und turbulent gewesen, und nach Feierabend hat mir mein Kollege noch ein sowohl aromatisches als auch hochprozentiges Gebräu namens Hirschkuss zu trinken gegeben, das mir den kläglichen Rest meiner fünf bis sechs Sinne gar kräftig benebelt hat…
… Das Tobboggam ist eines der ältesten sogenannten Fahrgeschäfte auf dem Oktoberfest – ein Turm bestehend aus einem recht flotten und auch steilen Förderband und einer Rutsche – und die sich darauf befindenden mehr oder weniger angetrunkenen Gestalten sorgen des Öfteren für handfestes und auch schadenfrohes Gelächter…
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