… Die Stadtknechte Landshuts eröffnen den Festzug. Und zwischen den festlichen, prominenten und bunten Gruppierungen ziehen die Geharnischten, die Herzoglichen Wachen und Armbrustschützen einher. “Böse Buben” haben bei der geballten Ladung Mannes- und Waffenkraft so gut wie keine Chance. Obwohl es einer “Dame” beim ersten Hochzeitszug trotz großer und wachsamer Polizeipräsenz vor gut zwei Wochen gelungen ist, der Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth, auf der Prominententribüne ein Getränk über den Kopf zu schütten. Ich kann mit Worten gar nicht ausdrücken, wie erbärmlich und primitiv ich so eine Aktion finde…
… Nicht nur die blank polierten Waffen strahlen um die Wette. FREUDE ist stets das ganz große Motto der Landhuter Hochzeit, was an sehr vielen Gesichtern unschwer zu erkennen ist…
… Habt einen möglichst entspannten Wochenteiler, ihr Lieben!…
… Auch die Herren von der “Blechbüchsenarmee” (tut mir leid, ich konnte mir die scherzhafte Bezeichnung einfach nicht verkneifen 😉 ), die beim Landshuter Hochzeitszug auf ihren stattlichen Rössern mitziehen, um anschließend auf dem Ritterturnier nahe des Zehrplatzes gegeneinander anzutreten, entsprechen bis ins letzte Detail historischen Vorbildern. Ritter zu sein ist anstrengend, es ist viel Training im Vorfeld nötig, es braucht neben einer robusten Allgemeinkonstitution vor allem eine ausgeprägte Rückenmuskulatur, um sich stundenlang fest im Sattel halten zu können. Ross und Reiter müssen sich zudem ungefähr zwei Jahre lang aufeinander einspielen, und großes Vertrauen zueinander haben. Bei jedem Hochzeitszug und jedem Turnier verliert ein Darsteller im Schnitt etwa fünf Kilogramm Gewicht, das meiste davon ist Wasser, denn unter der ca. 35 Kilogramm schweren Rüstung schwitzt man schon ausgesprochen heftig – auch bei eher moderaten Sommertemperaturen, mein Mitgefühl galt am vergangenen, bestialisch heißen Wochenende jedem und jeder einzelnen mitmarschierenden Darsteller:In der LaHo. Das Sichtfeld etlicher Ritter ist bei heruntergelassenem Visier zudem äußerst eingeschränkt, durch den Schaller genannten schmalen Sehschlitz des Helms sehen manche Ritter nicht einmal ihre Pferde, die am Sattel eingehängte Lanze ist 4,20 lang und hat auch ein ordentliches Gewicht…
… die man nicht unbedingt in den Geschichtsbüchern findet, sind das Salz in der Suppe eines/einer jeden guten MuseumsführersIn. Gestern, als ich endlich einmal wieder im wunderschönen Antiquarium, dem größten Renaissance-Saal nördlich der Alpen, meinen Dienst versehen durfte, bin ich am Nachmittag zu meiner großen Freude einer Lieblingsführerin begegnet. Und bei der Gelegenheit habe ich natürlich ganz aufmerksam die Ohren gespitzt… 😉
… Als der bayerische Herzog Wilhelm V., von meiner Lieblingsführerin salopp Willi Fünf genannt, 1568 Renata von Lothringen ehelichte, wurde das mit enorm großem Aufwand drei Wochen lang nicht nur in der Residenz, sondern auch auf dem damaligen Schrannenplatz – heute bekannt als Münchner Marienplatz – gefeiert. Aus den Brunnen sprudelte tagelang Wein, Bier ist damals noch nicht das bayerische Nationalgetränk gewesen, und es wurden insgesamt ca. 500 gebratene Ochsen vertilgt – zum Vergleich: auf dem achtzehntägigen Oktoberfest 2017 waren es grade mal 146 gewesen. Würde man die Hochzeitsfeierlichkeiten von Willi Fünf und seiner Renata in der heutigen Zeit detailgetreu noch einmal veranstalten, würde man die stattliche Summe von 35 Millionen Euro hinblättern müssen! 1597 dankte der an Verschwendungssucht leidende Herzog ab – er hatte unter anderem einem Alchimisten, der ihm versprochen hatte, aus Blei Gold herstellen zu können, ein geradezu irrwitziges Honorar bezahlt – und überließ die Regierungsgeschäfte seinem Sohn Maximilian I., der danach 54 Jahre lang die Geschicke Bayerns lenkte…
… An die Heirat Herzog Wilhelms V. mit Renata von Lothringen erinnert tagtäglich mehrmals das Glockenspiel im Turm des Neuen Münchner Rathauses…
… Im August 1945, nachdem man notdürftig die zerbombte Residenz, von der großenteils nur mehr die Grundmauern standen, vom Schutt und den Trümmern befreit hatte, entschloß sich die Stadtverwaltung, im Grottenhof ein Konzert zu veranstalten, als Zeichen der Hoffnung auf eine von Frieden und Völkerverständigung geprägte Zukunft. Das Bayerische Staatsorchester würde Werke von Schumann aufführen. In den in der Stadt verteilten Flugblättern mit der Einladung stand auch die Bitte geschrieben, man möge die benötigten Sitzgelegenheit selber mitbringen…
… Schon früh am Abend drängelten sich im Grottenhof die Menschen dicht an dicht, sie saßen auf Bierbänken, Klappstühlen, Schemeln, Barhockern etc. Den meisten, die diesem Konzert beiwohnten, ist jener Abend als unvergesslich schön und bewegend in Erinnerung verblieben. Nicht nur wegen der wundervollen musikalischen Darbietung, sondern in der Hauptsache deshalb, weil man sich endlich wieder unbeschwert unter freiem Himmel aufhalten konnte, ohne Angst vor dem nächsten Bombenangriff haben zu müssen…
… durch den riesigen Berg an Fotos von der Landshuter Hochzeit gekämpft habe, bleibt neben all der Freude und Begeisterung, und auch Hochachtung für die Leistung der Landshuter und vor allem des Vereins Die Förderer das Staunen darüber, wie ausdrucksvoll, markant, kraftvoll und schön die Physiognomien von Menschen des 21. Jahrhunderts werden, wenn man diese mit historischen Gewändern, Kopfbedeckungen und Haartrachten schmückt. Was ich mir während des wochenlangen Prozesses des Aussortierens, Betrachtens und Bearbeitens oft gewünscht hab: Dass es eine Möglichkeit einer Art Gegenüberstellung einiger Darsteller geben würde, wie sie während der Landshuter Hochzeit ausgesehen haben, und nun wieder “privat” und “zivil”. Vielleicht liest dies hier ja jemand der für die LaHo Verantwortlichen, der mir diesen Wunsch eventuell erfüllen könnte… 😉
… Nach dem Hochzeitszug strebten wir dem sogenannten Zehrplatz etwas außerhalb der Altstadt zu. Dort konnte man wie auf einer riesigen Freiluftbühne, durch einen niederen Zaun von den Protagonisten/innen getrennt, am mittelalterlichen Geschehen rund um die Fürstenhochzeit teilhaben, am Lagerleben der Zigeuner und Landsknechte. Man durfte den Köchen bei den Vorbereitungen für das Hochzeitsmahl über die Schultern sehen, und den Mägden sowie dem Mundschenk beim Eindecken der großen Festtafel. Damen und Herren von Adel flanierten gelassen einher, und Mägde, Knechte sowie das etwas einfachere Volk schmausten deftige Speisen und gehaltvolle Getränke (vermutlich so einige Humpen des nicht ganz historisch korrekten LaHo-Kultgetränks Cuba Libre 😉 )…
Die Hochzeitstorte
… Als die Sonne am Horizont zur Ruhe ging, war das Ritterturnier zu Ehren des Brautpaars zu Ende, und man begab sich an die herzögliche Tafel. Das Gedränge am Zaun vor dem Festzelt war recht groß, so dass mir lediglich ein einziger Schnappschuss der Braut mit ihrem Tischnachbarn gelang. Prinzessin Hedwig blickt recht ernst drein, aber das mag daran liegen, dass sie einen langen und schweren Tag hinter sich hatte…
… Fahnenschwinger mit Wurffahnen – wahre Künstler sind das! Wichtig ist’s, die Fahnen höher als die kreuz und quer über die Altstadt gespannten Wimpelketten zu werfen. Bei Gelingen gibt es für den wackeren Athleten ganz besonders viel und laut Applaus…
… Ein guter, allerdings nicht ganz ungefährlicher Beobachtungsposten…
… Ziemlich wehrhafte und stachelige Gesellen…
… Und da kommt sie! Die Braut! Die Prinzessin Hedwig Jagiellonica, wunderhübsch anzusehen in ihrer üppig mit Gold verzierten Prunkkutsche, gezogen von acht Tigerschimmeln…
… Und gleich dahinter der schmucke Bräutigam…
… Das Bild von Herzog Georg dem Reichen hat mir die liebe Doris zur Verfügung gestellt, denn ausgerechnet vom Bräutigam habe ich kein einziges brauchbares Foto in meinem Riesenberg Aufnahmen gefunden…
… Der Herold des Herzogs auf seinem wuchtigen Rappen. Leider sah der gute Mann immer nur zur Promi-Tribüne hin, so dass ich kein Bild von seinem sicher interessanten Gesicht machen konnte… 😉
… Der Sohn des Kaisers, Erzherzog Maximilian, der grüßte fleißig mal nach hier, mal nach da…
… Dominikaner und Deutschorden-Komture, und gar manch ein hoher geistlicher Würdenträger…
… Herzogliche Hofmusik – und der Paukenspieler hat ein ungemein interessantes Gesicht, wie ich finde…
… Herzog Ludwig der Reiche von Bayern-Landshut
(Bräutigam-Vater und Gastgeber, in der Sänfte getragen). Wir wunderten uns sehr, dass der gute Mann in seiner ungewöhnlichen, von zwei Rössern bugsierten Sänfte nicht seekrank wurde…
… Natürlich darf bei solch einem großen Ereignis der Hofnarr nicht fehlen…
… Falkner und Falknerinnen hoch zu Ross und zu Fuß…
… Edle Ritter im Harnisch zu Pferde, begleitet von ihren Knappen und Lanzenträgern…
… Die sogenannte Alte Frau aus Sachsen, Kurfürstenwitwe Margarethe, in ihrem Reisewagen, gefolgt von Pagen, edlen Damen und Herren, sowie der Kaiserlichen Hofkapelle…
… Noch ein kräftiger Paukenschlag, bevor’s weiter geht…
… Fahnenschwinger mit Schwungfahnen
Fürsten mit Begleitung:
Markgraf Albrecht Achilles, Kurfürst von Brandenburg,
mit Gemahlin Anna
Fürsten, Grafen, Edelleute aus Sachsen und Bayern, aus
Franken, der Pfalz, Württemberg und Österreich,
mit Standarten…
… Die Kurfürstin von Brandenburg hat einen kleinen Mohren als Schleppenträger, das galt in jenen fernen Tagen als äußerst chique…
… Stundenlang eine schwere Schleppe zu tragen ist kein leichter Job. Da darf man schon mal ein Schwätzchen mit der besten Freundin halten. Und eine Schnute ziehen… 😉
… Zinkenisten und Posaunisten
Gesandte der Reichsstädte Regensburg, Nürnberg, Ulm,
Nördlingen, Dinkelsbühl, Augsburg, Donauwörth, Frankfurt
und der herzoglichen Stadt Straubing, mit Standarten
Trosswagen mit Stadtknechten…
… Wundert euch bitte nicht, wenn die Leut’ sich mal von links nach rechts, mal umgekehrt bewegen. Der Hochzeitszug marschiert zunächst durch die Altstadt von Süden nach Norden, dann durch die sogenannte Neustadt (die so neu gar nicht ist 😉 ), und dann wieder zurück. Und natürlich habe ich fleißig sowohl beim ersten als auch zweiten “Durchlauf” fotografiert. Und nun versuche ich, so weit als möglich, die schönsten Eindrücke zusammen zu fügen und zu präsentieren… 😉
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