… Vom Parliament Square sind es nur wenige Schritte bis zur Westminster Abbey, einer der berühmtesten Kirchen der Welt, in der seit Wilhelm der Eroberer (1027/1028 – 1087) alle Könige und Königinnen Großbritanniens gekrönt wurden. Entstanden ist dieses mächtige Gotteshaus aus der bescheidenen Klosterkirche einer 960 gegründeten Benediktinerabtei. Unweit davon befindet sich die römisch-katholische Cathedral of Westminster, und nicht wenige Besucher:innen Londons verwechseln beide Kirchen miteinander. Letztere wurde seinerzeit auch als East Minster (östliches Münster) bezeichnet, die Abbey als West Minster (westliches Münster). Daraus entstand dann im Laufe der Zeit die Bezeichnung für dieses hoch politische Viertel Londons…
… In der Abbey befinden sich mehr als hundert Gräber von Herrscher:innen und Mitglieder des Hochadels, die bedeutendsten Dichter und Schriftsteller des Landes, sowie andere herausragende Persönlichkeiten wie z. B. Charles Darwin, Stephen Hawking, Laurence Olivier, Georg Friedrich Händel und Robert Stephenson. Ein Besuch ist, wie bei vielen anderen Londoner Sehenswürdigkeiten, nicht grade billig, lohnt sich aber. Man könnte bei all dem Sehenswerten ohne Mühe einen ganzen Tag in der Westminster Abbey verbringen…
… Ich verschob allerdings meine Besichtigung auf den nächsten London-Aufenthalt. Dafür, dass ich mich eigentlich den Tag über nur gemütlich spazieren fahren lassen wollte, war ich schon wieder viel zu viel gelaufen – beinahe neun Kilometer -, und die Öffnungszeit beinahe vorüber. Zudem war ich mental bei all den Informationen und Eindrücken, die ich an diesem vierten Tag vom frühen Vormittag an förmlich aufgesogen hatte auch nicht mehr allzu aufnahmefähig…
… In direkter Nähe zur Westminster Abbey befindet sich das Royal College of St. Peter, auch Westminster School genannt, eine der bedeutendsten britischen privaten Internats- und Tagesschulen. Ihre Geschichte reicht bis Ende des 12. Jahrhundert zurück, als Papst Alexander III. die Benediktinermönche der Abtei dazu verpflichtete, eine Armenschule für Jungen zu gründen. Erst seit dem Jahr 1973 werden regulär auch Mädchen aufgenommen. Henry Purcell, Peter Ustinov, Christopher Wren und John Gieldgud sind nur einige der ehemaligen Schüler, die Weltruhm erlangten. Kindern aus den Familien von Normal- oder gar Geringverdienern steht das Institut seit langem schon nicht mehr offen. Die jährlichen Gebühren betragen zwischen fast 37.000 und ca. 53.000 englische Pfund – letzteres übertrifft das jährliche Durchschnittseinkommen in England bei weitem…
… Weil ich zwar bereits ziemlich müde war, aber als alter Sturschädel noch nicht genug hatte, ging ich noch ein Stückchen weiter Richtung Victoria Station, einer der Hauptbahnhöfe Londons, 1860 eröffnet, und quasi zweigeteilt, in einen Ost- und einen Westteil… 😉
… The Bag o’Nails – siehe oben – war in den Sechzigern ein Live Music Club, und viele sehr namhafte Interpret:innen traten dort auf, u. a. Jimi Hendrix, Eric Burden, Tom Jones, The Who und The Animals. Heute ist es ein gut frequentiertes Pub mit einigermaßen zivilen Preisen, und es finden nach wie vor Musik-Veranstaltungen statt…
… Ja, es gibt sie trotz Internet und Handy immer noch, die schönen, roten, typisch englischen Telefonzellen. Sir Giles Gilbert Scott hatte sie im Jahr 1924 für die britische Postbehörde entworfen. Es existieren noch 3.000 der ursprünglichen ca. 100.000 in ganz England. Seit 2001 sind sie als schützenswerte Gebäude durch eine private Initiative registriert. Man kann eine rote Telephone Box in restauriertem Zustand für ca. 2.000 Pfund käuflich erwerben, eine nicht renovierte sogar schon für ein Pfund, wenn man sich dazu verpflichtet, sie zu erneuern und umzuwidmen. Telefonieren kann man mittlerweile in den meisten nicht mehr, sie wurden vielerorts zu Kunstobjekten, Standorten für Defibrillatoren, Mini-Büchereien, Gewächshäuser, Werbeflächen, Kleinst-Galerien oder sogar zum kleinsten Pub Englands (Sepreth in Cambrigdeshire) umfunktioniert…
… Nun war ich aber wirklich am Ende meiner Kräfte angelangt. Ich erklomm den nächsten Tourbus, der mich am Hyde Park entlang zur Wellington Arch und drum herum schaukelte, dann über die Green Street zum Piccadilly Circus und Leicester Square, und ich schaute und staunte mit großen Augen. Gar zu gerne wäre ich noch einige Male ausgestiegen, doch die Stimme der Vernunft mahnte zur Mäßigung – und ausnahmsweise hörte ich auf sie. Am Trafalgar Square stieg ich in den Linienbus Nr. 91 um, der mich zum Bahnhof King’s Cross brachte. Mit ziemlich letzter Kraft schleppte ich mich in ein nahes indisches Restaurant, verspeiste ein gutes Fisch-Curry-Gericht, und suchte nicht lange danach mein Bettchen im Hotel auf. Schon wieder hatte ich an einem Tag mehr als zehn Kilometer zurückgelegt, und die trotz fast täglichem Gehtrainings ungewohnten Anstrengungen machten sich nun doch bemerkbar. Schon bald war ich in meine letzte Nacht in London hineingeschlummert…
……………………..
… Kommt gut ins Wochenende, ihr Lieben!…