… als erwartet, doch nun ist sie unterschritten, die 90-Kilo-„Schallmauer“. Das heisst, dass ich inzwischen gute sieben Kilo abgespeckt habe – etwa ein Drittel dessen, was ich an Gewicht los werden möchte. Ich verzichte nach wie vor auf sämtliche Süßigkeiten, von einem Teelöffelchen Zucker in meinem geliebten Balsamico-Dressing einmal abgesehen, und es gibt keinen Tropfen Alkohol, dafür reichlichst frisches Obst und Gemüse. Die tägliche Kalorienzufuhr beträgt zwischen 1.200 und 1.500. Ich gehe nach wie vor zwei- bis dreimal die Woche zur Krankengymnastik, mache zuhause auch Dehn-, Belastungs- und Kontraktionsübungen, und bin fleißig zu Fuß unterwegs…
… Noch hinke ich – noch. Aber der Zeitpunkt, da ich einen flüssigen und unbeschwerten Gang mein Eigen nennen werde, liegt mit Sicherheit nicht mehr allzu fern. Meinen Inneren Weibern habe ich einen Tagesausflug nach Venedig versprochen, quasi zur Feier dieses Anlasses. Gebucht ist die kleine Reise bereits, zufälligerweise findet die Busfahrt genau an meinem Geburtstag statt…
… Es ist mittlerweile schon ein liebgewonnener Brauch, dass ich nach der oft sehr schmerzhaften und anstrengenden Krankengymnastik einen Spaziergang durch München mache. Heute verschlug es mich in den Alten Botanischen Garten, nördlich des hoch aufragenden Rückens des Justizpalastes gelegen, eine weitere kleine und sehr ruhevolle Oase inmitten des hektischen Großstadtgetriebes…
… Nach dem gewohnten Hin und Her meiner Inneren Damenband – sie fetzten sich wieder einmal ordentlich, ob wir lieber faul daheim abhängen oder einen Ausflug machen sollten – packte ich Kamera und Wasserflasche in den Rucksack und zog kurzentschlossen los. Es war der vermutlich letzte Tag des langen und intensiven Sommerhochs, und den wollte ich auskosten…
… Es zog mich zum Ammersee, südwestlich von München gelegen. Er ist neben dem Chiemsee – auch Bayerisches Meer genannt – und dem Starnberger der drittgrößte See Bayerns. Mir behagt dieses Gewässer vor allem deshalb, weil seine Ufer bei weitem nicht so protzig verbaut sind wie des westlich eines lang gezogenen Hügelkamms, auf dem sich der Zwiebelturm des Kloster Andechs wie ein Wachposten erhebt, gelegenen Starnberger Sees…
… Wohlgemut enterte ich mein Ticket für die große Rundfahrt schwenkend den 1907 in Dienst gestellten und vor wenigen Jahren erst gründlich renovierten Schaufelraddampfer „Dießen“ und ließ mich über die sanft sich kräuselnden Wasser tragen…
… Ruhebankerl nahe des Bootsstegs…
… Während die „Dießen“, die in Stegen am Nordufer des Ammersees gewendet hatte, gemächlich nach Herrsching zurück fuhr, begleitet vom sanften „Schuff-Schuff-Schuff“ der glänzend rot lackierten Schaufelräder, zog von Westen eine gar düstere, Unheil verkündende Gewitterfront auf. Rings um den See begannen die Sturmwarnlichter zu blinken. Ich beschloss, meinem Bauchgefühl folgend, den zweiten, südlichen Teil der Rundfahrt nicht mehr mit zu machen und ging in Herrsching von Bord…
… So schnell dies mit einer Gehhilfe und der operierten Hüfte möglich war, strebte ich Richtung S-Bahnhof. Just in dem Augenblick, da ich zusammen mit einer Handvoll Spanier/innen dort einen Unterstand erreichte, brach die Hölle los. Was an Wassermassen vom Himmel stürzte, war bei weitem kein Regen mehr, sondern eine Sintflut. Stoßweise Windböen trieben immer wieder Schauer unter unser Vordach, binnen kurzem konnte der nahe Abfluss das wild wogende Nass nicht mehr bewältigen, und wir standen bis über die Knöchel im Wasser. Etwa eine Viertelstunde später, das Inferno tobte nach wie vor ungezügelt, von grellen Blitzen und wuchtigen Donnerschlägen begleitet, fuhr die S-Bahn ein. Ich holte tief Luft, umfasste meine Krücke fest, zog den Kopf zwischen die Schultern und marschierte los. Die Entfernung bis zum überdachten Bahnsteigs betrug vielleicht zwanzig Meter, mehr nicht – doch das genügte, um bis auf die Haut nass zu werden…
… In München war es zwar bewölkt, doch es fiel kein einziger Regentropfen. Während ich auf die Trambahn wartete, genoss ich wohlig aufseufzend die brütende Sommerhitze, im Zug hatte ich ziemlich gefroren, weil die Klima-Anlage auf vollen Touren gelaufen war. Inzwischen bin ich natürlich wieder völlig trocken – auch hinter den Ohren 😉 – genieße den lauen Abend, und freue ich schon darauf, irgendwann demnächst den südlichen Teil der Ammersee-Rundfahrt nachzuholen…
… Bis Mitte Oktober kann man heuer mit einer Gondel über den Kanal im Nymphenburger Schlosspark gleiten, gesteuert von einem richtigen Gondoliere, einem „eingeborenen“ Münchner, der vor mehr als dreißig Jahren in die italienische Lagunenstadt gezogen war, und dieses etwas ausgefallen Handwerk erlernt hatte. Das Boot ist ein Original, von einem der legendären venezianischen Gondelbauer hergestellt. Die Bayerische Schlösserverwaltung kaufte es im vergangenen Jahr, und ließ es sorgfältig restaurieren…
… Ein ganz klein wenig fühlte ich mich beim Betrachten in die Zeit der Pracht und Prunk sehr liebenden Kurfürsten Max Emanuel und Karl Albrecht (von 1742 bis 1745 Kaiser Karl VII.) zurück versetzt. Auch damals zogen Gondeln, Galeeren und sogar Segelschiffe über die Wasser des Nymphenburger Schlosses. Max Emanuel hatte seinerzeit ein Netz von Kanälen geplant, welches die Schlösser Nymphenburg, Schleißheim und Dachau mit der Münchner Residenz verbinden sollte, konnte seine Pläne allerdings nie vollständig in die Tat umsetzen…
… Da der Renntag am Sonntag in München Riem von einem großen, in München ansässigen, Trachtengeschäft gesponsert worden war, gab es natürlich am Nachmittag zwischen zwei Rennen eine trotz sengender Sommerhitze temperamentvoll dargebotene Modenschau. „Uih! So was hab‘ ich ja noch nie fotografieren können!“, jubelte ich innerlich, und hielt mit meiner Kamera eifrig auf die posenden, tanzenden und schreitenden Models…
… hatte ich als blutjunges Mädchen zum ersten Mal meine Heimat in den Bergen verlassen und war nach München gezogen. Ich sollte Fachlehrerin für Englisch werden. Einige Monate später trieb mich im frühen Morgengrauen die Neugierde auf die Galopprennbahn im Stadtteil Riem. Als Rossnarrische durch und durch wähnte ich mich im siebten Himmel – so viele wunderschöne Pferde! Das Um und Auf in einem der Rennställe unweit des Turfs faszinierte mich so sehr, dass ich als freiwillige Helferin dort hängen blieb, die leidige Sprachenschule war für mich ab da kein Thema mehr. Ich putzte Sattelzeug, mistete Boxen aus, fütterte und tränkte die edlen Renner, führte sie nach dem Morgentraining trocken, und durfte als Gegenleistung ein bisschen Reiten lernen. Leider, leider stellte sich nach einer Weile heraus, dass ich sehr allergisch auf die Haare bzw. Ausdünstungen der herrlichen Vierbeiner bin. Zudem rasselte ich dank mangelnden Eifers und einer horrenden Anzahl von unentschuldigten Fehltagen mit Pauken und Trompeten durch das Sommersemester. So nahm die schöne und glückliche Zeit in Riem ein jähes Ende…
… Daran musste ich gestern mittag sehr intensiv denken, als ich vom S-Bahnhof wie damals Richtung Galopprennbahn spazierte, mir am Schalter ein Ticket löste, und mich dann in den bunt durcheinander strudelnden Haufen des mehr oder weniger fachkundigen Publikums begab. Es dauerte nicht lange, und der alte Zauber, der von den rassigen Vollblütern ausgeht, hatte mich wieder ergriffen. Wie sie tänzelten, berstend vor Energie und Temperament! Wie sich ihre Leiber im Galopp streckten, und wieder zusammen ballten, die zierlichen Hufe kaum den Boden zu berühren schienen! Die Glut der Augen, der Glanz der dunklen, fuchsroten, schwarzen, grauweißen Felle! Der Geruch von Sattelleder und Pferdeschweiß. Die stolzen Blicke nach errungenem Sieg. Wie das Publikum mitfieberte, die Favoriten anfeuerte! Die Erregung, wenn der Pulk aus schweißglänzenden Rössern und bunt gewandeten, auf ihren Rücken förmlich tanzenden Jockeys der Ziellinie näherte. Der Jubel bei den Wett-Gewinnern/innen. Die Überraschung, wenn statt des haushohen Favoriten ein Außenseiter den Sieg errungen hatte…
… Nach vielen Stunden des steten Hin- und Herwanderns zwischen Sattelplatz, Führring und Rennbahn schleppte ich mich hundemüde, aber sehr glücklich wieder der S-Bahn-Station entgegen. Was für ein schöner Tag! Ich war sehr froh darüber, dass ich ihn nicht faul in der abgedunkelten Wohnung verbracht hatte…
… Der Sieger. Und er war sich dessen sehr bewusst, dass er das Rennen gewonnen hatte. Mit Triumph und Stolz in den schönen großen Augen blickte er jedem, der am Sattelplatz stand, ins Gesicht…
… Wohl wegen der großen Hitze kamen bei weitem nicht so viel Zuseher/innen und -hörer/innen als erwartet – „Heuer is‘ ja gar nix los!“, wurde mir dies von einer älteren Dame stirnrunzelnd bestätigt. Zum Fotografieren ist so etwas natürlich ideal, ohne bedrängt und angerempelt zu werden ließ sich eigentlich fast immer eine gute Position zum knipsen finden…
… Nach zwei Stunden randvoll mit Bummeln, Staunen, Lachen und Ablichten war ich tropfnass geschwitzt, zudem steckte mir eine höchst anstrengende halbe Stunde Krankengymnastik vom Vormittag noch in den Knochen und Muskeln. So machte ich mich gemächlich auf den Heimweg. Und da ich irgendwie über Nacht trotz diszipliniertem Fastens und Bewegung am Donnerstag auf sehr mysteriöse Weise ein Pfund an Gewicht zugelegt hatte, ließ ich das Mittagessen ausfallen, und gönnte mir statt dessen ein feines Stückerl sommerlich leichter Zitronentorte… 😉
… dem höchst populären „Bauch Münchens“, hatte mich heute nach einer recht schweißtreibenden Krankengymnastik magnetisch angezogen…
… Inmitten des bunten und lebhaften Marktbetriebs stehen sechs Brunnen, die berühmten bayerischen Volkskünstlern gewidmet sind – Karl Valentin, Liesl Karlstadt, Weiß Ferdl, Ida Schumacher, Elise Aulinger und dem Roider Jackl. Diese „Gedenkstätten“ hat man heute mit wundervollen Blumengestecken und -girlanden geziert, zu ihren Füßen versammeln sich den ganzen heißen Sommertag lang einheimische Sänger/innen, Musikanten/innen und Kabarettisten/innen, und verwöhnen das geneigte Publikum mit höchst kunstvollen, kurzweiligen und mitunter sehr witzigen Darbietungen…
… Von den Königstreuen angefangen über König-Ludwig-Darsteller Pierre Ringmann bis hin zu Mitgliedern der berühmt-berüchtigten Münchner Vorstadt-Hochzeit haben sich auch sehr viele „Ureinwohner“ auf dem Viktualienmarkt eingefunden… 😉
… Ein überaus pracht- und kunstvolles und wunderschönes Treppenhaus ist im Münchner Preysing-Palais – an der Rückseite der Feldherrnhalle und genau gegenüber der Westfront der Residenz gelegen – zu finden. Schon seit langem hatte ich geplant, mir dieses architektonische Kleinod einmal genauer zu besehen, und natürlich zu fotografieren. So machte ich mich denn am späten Vormittag nach einer recht anstrengenden und schweißtreibenden Krankengymnastik auf den Weg, und marschierte mit der schweren Kamera um den Hals und umflort von leiser, feiner, klassischer Musik – u. a. „Tristan und Isolde“ – gar munter eine gute Weile treppauf, treppab, genießend, staunend, mich an vielen herrlichen Perspektiven erfreuend…
… Das ist ein ungewöhnlich ruhiger, kleiner, langgezogener Park mitten in Münchens geschäftiger Innenstadt. Der Maximiliansplatz wurde 1808 geschaffen, als man die mittelalterlichen Befestigungsanlagen schleifte, um das neu entstehende Stadtviertel Maxvorstadt in München einzubinden. Neben dem großen Wittelsbacherbrunnen an seiner Südseite befinden sich die Statuen von Max von Pettenkofer, Justus von Liebig, dem Königlich Bayerischen Gartenbaumeister Carl von Effner und des Dichterfürsten Friedrich von Schiller in der Anlage…
… Und dorthin zog es mich am Donnerstag vormittag nach einem Termin bei der Physiotherapie. Manchmal gleicht die Behandlung durch meine Krankengymnastin einer sehr schmerzhaften Folter, vor allem, wenn sie versucht, die tief im Oberschenkel verborgenen Muskel-Blockaden zu lösen. Nach so einer Behandlung sehne ich mich stets nach möglichst viel Ruhe. Heute jedoch wirkte das Geh-Training sehr anregend, ich durfte ungefähr zwanzig Meter ohne Krücken zurück legen, zwar noch mit Hinken, aber immerhin…
… So griff ich also nach Ende der Therapiestunde nach den Gehhilfen und stiefelte wohlgemut los, Richtung Zuhause, längs durch den Maximiliansplatz…
… In einer Mönch-Klause, tief im dunklen Kaltenberger Forst verborgen, hatten Königin Isabella und Siegfried Zuflucht gefunden. Dort wurden sie vom Falken aufgespürt, der sie ermutigte, den Kampf um das Südliche Reich nicht aufzugeben, auch wenn die tapferen und noblen Ritter vernichtet worden waren. Er sei guter Dinge, dass sich unter den braven und anständigen Bürgern und Handwerkern so manch tapferer Recke finden lasse…
… So zog der Falke denn mit Isabella’s Einwilligung los, um in einem harten Wettstreit Mitkämpfer für die Freiheit Kaltenbergs zu testen. Ein Metzger, ein Jäger, ein Bauer, ein Schmied und eine überaus tapfere Magd bestanden die Prüfungen. Nachdem sie von der Königin zu Rittern geschlagen worden waren, forderten sie Mordahl und seine finsteren Gesellen zu einem Turnier um die Krone heraus…
… Der Tag des alles entscheidenden Wettkampfs war gekommen…
… Des Falken getreue Ritter schienen den schurkischen Schergen Mordahl’s haushoch überlegen zu sein…
… Doch in einem gemeinen Handstreich brachten der Schwarze Ritter und seine Mannen die Krone in ihren Besitz und nahmen den tapferen Siegfried gefangen. Eine wilde Schlacht entbrannte…
… Just in dem Moment, da sich Mordahl selbst krönen wollte, erschien der Falke im Turm des Schlosses. In einem furiosen Schwertkampf gelang es ihm, den Schwarzen Ritter zu töten, obwohl mehr als einmal sein eigenes Leben buchstäblich auf des Schwertes Schneide stand…
… Der einsame Streiter für Recht und Gerechtigkeit übergab Isabella die Krone. Endlich, endlich konnte die Königin des Südlichen Reichs Kaltenberg ihren Auserwählten zum Herrscher küren. Lange Jahre des Glücks und Wohlstands, des Friedens und der Liebe brachen nun für das Südliche Reich Kaltenberg an…
… Nach dem Turnier streifte ich völlig selbstvergessen noch eine Weile durch die Gassen der mittelalterlichen Ansiedlung und des Marktes. Bis mir die Knie weich wurden und zu zittern begannen, ich hatte mal wieder vor lauter Freude, Hingabe und Eifer das Essen vergessen. Nach dem Genuss einer dicken und saftigen Bratwurst beschloss ich, dass es Zeit war, den Heimweg anzutreten. Nicht ohne vorher mit einer Herde Steckenpferde zu liebäugeln. Ich hatte schon ein Ross auserkoren, da zischelte die Coole Rechnerin: „Verrat‘ mir doch mal, wie du das Teil nach Hause transportieren willst!“ So verschob ich notgedrungen den Kauf auf nächstes Jahr, wenn ich mit zwei gesunden Beinen und ohne Krücken Schloss Kaltenberg wieder einen Besuch abstatten werde…
Kurz vor dem Ausgang verzauberten mich noch zwei wundervolle Gestalten aus dem Reich der Phantasie:…
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