… Neulich hatte ich es ja bereits angedroht, dass ich euch auf eine ausgedehnte Exkursion durch das Alte Schloß Meersburg mitnehmen würde. Nun ist’s so weit. Auf geht’s!..
… An der Zugbrücke hieß uns ein gar fescher Junker willkommen – ich fühlte mich gleich fünfzehn Jährchen jünger und durchaus zum Flirten aufgelegt…
… Katholisch-befremdliches: Unter dem Abbildnis des Gottessohnes, der da sagte „Liebet eure Feinde…“, und dessen Vater seinerzeit unter anderem jenes Gebot in Stein meißeln ließ: „Du sollst nicht töten!“, sind todbringende Kanonen aufgeprotzt…
… Ob dieses Monstrum in früheren Tagen mal der Schlüssel zur Burg gewesen ist?…
… Ein verewigter Hofnarr – vielleicht bin ich das in einem früheren Leben gewesen?…
… Eine Edeldame mit ihrem Töchterlein…
… Hier wird der Minne gehuldigt…
… Unter anderem sind mir während des Burg-Rundganges die oftmals sehr originellen Stuhllehnen aufgefallen…
… Warum kommt mir bei solch einer Gestalt stets die Blechbüchsenarmee aus der Augsburger Puppenkiste in den Sinn?…
… Detailaufnahme eines Kamins…
… So, dies ist das letzte Buidl für heute, ich denke mal, dass wir unseren Burg-Rundgang morgen fortsetzen werden…
… aufgenommen am 1. November in Meersburg. Die liebe Claudia hat in dem gleichnamigen Post auf ihrem Blog – http://toffipics.wordpress.com/2010/11/04/blaue-stunde/ – ein gar herrliches Buidl der beinahe südländisch-sommerlichen Stimmung nach dem fulminanten Sonnenuntergang online gestellt. Ich habe ebenfalls versucht, die Blaue Stunde einzufangen…
… Zuvor hatte mich die Kombination von Spiegelung der rotgolden versinkenden Sonne und einsamen Seestern in einem ansonsten leeren Schaukasten inspiriert…
… Der krönende Abschluss eines herrlichen Tages am Großen Bodensee, im wunderschönen Meersburg, mit Claudi. Näheres demnächst. Und jetzt bitte, bitte allesamt ganz, ganz kräftig sämtliche Daumen drücken! Damit das Wetter morgen passt! Seit etwa einer halben Stunde bin ich hier in meinem komfortablen Hotelzimmer am Friedrichshafener Flughafen. Mit Blick auf den Zeppelin-Hangar. Noch fünfzehn Stunden bis zu meinem lang ersehnten Zeppelin-Flug!…
I’m writing you today from the Islands of Hawaii – that seem so far away.
I’m a Native Hawaiian – as American as can be – and I wonder if you know of me in Washington, D. C. – because somehow deep inside me – I still don’t think I’m free.
You see there was a time – bevor 1893 – when Hawaii was a kingdom – with its own sovereignity. We lived a simple live – just taking what we need – but then there came this problem – I guess mostly it was greed – and the queen we loved so dearly – seemed to have got in the way – of some foreigners desire to steal the land away. And when she tried to stand her ground – there was quite a scene – and she found herself at odds – with the United States Marines.
The rest is pretty much history – she lost her sovereign crown – and ended up a prisoner within the palace grounds. So I guess I have to ask you – without sounding like a fool – what happened to the America – I learned about in school?
There’s been some talk about Hawaiian Nationhood – mostly it’s just talk – much of it misunderstood. And while it doesn’t seem to me like such a bad idea – it’s sure got some people upset – and full of fear. I guess I don’t understand what’s wrong with wanting to be free – maybe get some of our land back – and plan our own destiny. Everyone else seems to have got theirs – mostly at our expense – so it seems to me a matter of common sense. If things like right and wrong – mean anything to you – don’t you think Hawaiians have something coming too?
And you know it’s not like we’re asking for more than our share – returning what was stolen – seems to me as fair. But so much time has passed – since the land was divided up – that those who control it now – probably wouldn’t want to give it up. They say it’s for our own good – that the land is kept in trust – but it seems the truth is – they have no trust in us.
You know – my son and his family have moved to the mainland – because they can’t afford a home – and there are Hawaiians living on the beaches – with no land to call their own. How can it be – that in this land that once was ours – what should be our birthright – gave way to high rise towers.
We were friendly, loving peple – who always tried to share – those things we valued deeply – with those for whom we cared. But, in the end we lost it all – I guess that’s what breaks my heart. But – you know in this business of nationhood – might be a chance for a brand new start.
Well – I know you’re really busy – and probably have to go – so, in closing, Mr. President – let me say – Aloha No.
Dieser Brief beschreibt zunächst in kurzen Worten die einstige Geschichte der Hawai’ischen Inseln als souveränes Königreich und schildert danach die gewaltsame Annektierung durch Vertreter der Vereinigten Staaten im Jahre 1893 – die beim Volk überaus beliebte, letzte hawai’ische Königin Lili’uo’kalani wurde, als sie versuchte, sich gegen die Übergriffe der Allianz amerikanischer Kaufleute und Angehörige des Militärs zur Wehr zu setzen, überwältigt und in ihrem eigenen Palast gefangen gesetzt… Es wird die seit ca. 20 Jahren existierende Bewegung der Hawaiian Nation erwähnt, welche auf friedvolle, intelligente und sanfte Weise die Schaffung eines neuen, selbständigen Inselreiches anstrebt. Es wird die Armut vieler Hawaiianer angesprochen, die sich in ihrer eigenen Heimat kein angemessenes Leben mehr leisten können, die vielen jungen Menschen, welche auf das amerikanische Festland „flüchten“, weil sie sich dort eine aussichtsreichere Zukunft erhoffen. Die Angst und Vorbehalte der“ Weißen Männer“ vor den Zielen der Hawaiian Nation – Rückgabe des einstmals gestohlenen Landes, das Entlassen aus dem Verbund der USA, Rückführung des Volkes zu den eigenen Wurzeln und darauf fußend eine Zukunft als eigenständiger Staat – kommen auch zur Sprache…
… dann wollen wir uns doch mal ansehen, wie die „Atlantis“ gen Himmel strebt…
… Da bis zum Start noch einige Stündchen Zeit ist, werde ich mindestens, wenn nicht sogar noch öfters etliche Weilchen im Shuttle-Simulator zubringen. 😉
… Allmählich verziehen sich die finsteren Wolken hier in Ami-Land…
… Gleich am Dienstag morgen fuhren wir zum Kennedy Space Center. Die liebe Ocean und ihr Mann hatten mir geraten, die normale Besuchertour vor dem Großen Tag des Shuttle-Starts zu absolvieren…
… Da steht sie, die „Atlantis“, eingehüllt in ihr Schutz- und Versorgungsgerüst – und wartet auf den Start am 16. November. Wir auch…
… Von ihr hängt jetzt alles ab: „Ares X“, ein neu entwickelter Raketentyp, der im Laufe der kommenden Jahre die verbliebenen Shuttles, die man ja durchaus bereits den Oldtimern zurechnen kann, ersetzen soll. Die „Ares X“ soll in der Nacht von Samstag auf Sonntag zu ihrem Testflug abheben. Trifft sich ja hervorragend, daß wir da bereits in Cocoa Beach sein wollen. Sollten sämtliche Vorbereitungen weiterhin so plangemäss verlaufen, bin ich Samstag Nacht auf den Beinen und schau zu. Zwei Launches zum Preis von einem – das wäre wahrlich kein schlechter Deal!… 😉
… Im Vordergrund das größte Kettenfahrzeug der Welt, auf seiner Oberfläche könnte man mehrere Tennisplätze unterbringen. Im Hintergrund das Very Large Building, volumenmässig das drittgrößte Gebäude der Welt. Dort werden nach der Landung die Spaceshuttles überholt und für den nächsten Einsatz bereit gemacht…
… In einem originalgetreu nachgebauten Kontrollraum wird mit viel Getöse und sogar klappernden Fensterscheiben der Start einer Saturn-V-Rakete veranschaulicht…
… Dann gehen die Lichter aus, die Flügeltüren öffnen sich, man geht ein paar Schritte – und findet sich unvermittelt unter den riesigen Triebwerken der ersten Stufe einer 116 mtr. langen Saturn-V wieder. In jeder dieser Triebwerksglocken würde mit Leichtigkeit ein Kleinlaster Platz finden. Schlendert man gemächlich an dieser Monstermaschine entlang, kann man sich einer gewissen Ehrfurcht nicht erwehren. Überwältigend, was wir Menschen zustande bringen können!…
… Ganz besonderes Vergnügen hat mir die sehr realistische Simulation eines Shuttle-Startes bereitet. Eine nach oben abgerundete Kabine, in der ca. zwei Dutzend „Passagiere“ Platz haben, wird, nachdem man sich angeschnallt hat, in die Senkrechte gekippt. Und dann werden die Triebwerke gezündet, ein recht wilder Ritt beginnt, begleitet von ohrenbetäubendem Raketendonner, Schütteln und Stössen, mittels tiefem Griff in die Trickkiste meint man, den starken G-Kräften ausgesetzt zu sein, inklusive verzerrtem Gesicht. Nach etwa acht Minuten geht man wieder in die Waagerechte über und in die Schwerelosigkeit. Sanft und ruhig zieht man mit über 17.000 Meilen pro Stunde über die Erde hinweg. Ich hab diese Shuttle-Simulation gleich zweimal in vollsten Zügen genossen, das kann ich euch sagen! Wenn ich schon nicht mitfliegen darf, will ich wenigstens wissen, wie sich das anfühlt! Die Eintrittskarten sind eine Woche lang gültig, der Timo will am Samstag einen Strandtag einlegen – und ich mindestens noch zweimal in den Simulator!…
… Ihre schicksalshafte Mission wird stets als der „geglückteste Fehlschlag der Menschheit“ bezeichnet: „Apollo 13″…
… Die meisten Leute pflanzen sich Büsche, Blumen oder Bäume in den Garten. Bei der NASA nimmt man zur Gartengestaltung Raketen…
… Die große Flügeltür an der Ostseite des Salons, ausgestattet mit feinst geschliffenen Glasfenstern, welche allegorische Abbildungen von Sommer und Frühling zeigen, wurden von meinem Gastgeber aufgetan, und ich stand auf dem weit ausladenden Balkon mit dem verzierten Baldachin über meinem Haupte – wie ich’s mir beinahe fünfzig Jahre lang so oft erträumt hatte – genoß die wunderbare Aussicht, auch wenn das Wetter gerade nicht so recht mitspielen wollte, und verspürte eine ganz große Freude, eine tiefe Zufriedenheit…
OLYMPUS DIGITAL CAMERA
OLYMPUS DIGITAL CAMERA
… Mein liebenswürdiger Gastgeber und Besitzer der Villa Marienfels: Georg W. Wagner…
OLYMPUS DIGITAL CAMERA
… Das lange Gespräch mit Herrn Wagner war ausgesprochen interessant, bewegend, kurzweilig. Seine Erzählungen schlugen einen weiten Bogen vom Beginn der Industrialisierung in Deutschland, unter anderem verkörpert durch den Industriellen Richard Pintsch über den Niedergang seiner ehemals marktführenden Unternehmungen, bis in die heutigen Tage…
… Es war eher geschäftliches Interesse denn naturkundliche oder gar romantische Gründe, die Anfang der achtziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts den Erfinder der Gasbeleuchtung und Berliner Großindustriellen Richard Pintsch nach Berchtesgaden führte. Einige Steinwürfe vom Marienfels entfernt verlief die Soleleitung vom Salzbergwerk nach Bad Reichenhall. Pintsch war ursprünglich lediglich an der Beschaffenheit der verwendeten Eisenrohre interessiert. Die Korrosionen, hervorgerufen durch das Befüllen mit Gas, sind jenen ähnlich, die durch konzentrierte Sole entstehen. Richard Pintsch suchte nach verwendbaren Legierungen, welche derartigen Beschädigungen gegenüber resistent waren. Offenbar fühlte er sich dennoch durch die ländliche Umgebung, die schroff und hoch aufragenden Berge, den beschaulichen Lebensrythmus Berchtesgadens angezogen. Er beschloß, hier für sich und seine Familie eine Sommerresidenz zu errichten. Es war allerdings seinerzeit Auswärtigen untersagt, Grund und Boden zu erwerben. Richard Pintsch umging diese Auflage, indem er den einheimischen Architekten Amort beauftragte, rund um den von Gletscherschliff geprägten Kalksteinfelsen Grundstücke aufzukaufen. Die sehr angesehenen Berliner Architekten Cremer und Wolffenstein entwarfen eine Villa im Stile der Neurenaissance, gediegen, edel, anmutig über dem Ort scheinbar schwebend – und doch von einer bahnbrechenden, geradezu revolutionären Bauweise. Das gesamte Haus besteht aus einer Stahlkonstruktion, die von den im Berliner U-Bahnbau erprobten Planern und Konstrukteuren probeweise im Pintsch-Werk Fürstenwalde an der Spree zusammen gebaut, dann wieder zerlegt, per Bahn nach Berchtesgaden versandt und endgültig auf der vorbereiteten Felsplatte am Steilhang montiert wurde. Das fachwerkartige Gerüst ist nicht sichtbar und unter Putz und Stuck verborgen. Das komplette Gebäude wurde 1892 innerhalb sechs Monate errichtet.
Richard Pintsch erwies sich als großzügiger und sehr sozial orientierter Wohltäter. Er unterstützte die sogenannte Kinderbewahranstalt, trug viel zur Verschönerung des Ortsbildes bei und förderte vor allem den Bau der protestantischen Kirche Berchtesgadens. Im Jahre 1906 wurde er zum Ehrenbürger ernannt. Er starb im Jahre 1919. Seine Frau Maria, geborene Goldberg, Inhaberin der Villa, verschied 1922, große Teile des Besitzes wurden an verschiedene Interessenten verkauft, lediglich das Hauptgebäude und der dazu gehörige Park, auf dessen vielfältigen Terrassen eine Unzahl seltener Gewächse gediehen und dessen mediterranes Flair sprichwörtlich war, blieben in der Hand einer Erbengemeinschaft.
Die Firma Pintsch, dereinst eines der größten Industrieunternehmen Deutschlands, fand ihren Niedergang 1924. Bei Bellinzona ereignete sich ein schreckliches Unglück, zwei Züge prallten frontal aufeinander, der eine, mit Pintsch’er Gasbeleuchtung versehen, knappe fünfzig Jahre zuvor noch eine revolutionäre Erfindung sondergleichen, weil nun endlich die Eisenbahnen auch des Nachts verkehren durften, ging in Flammen auf, sämtliche Passagiere kamen ums Leben. Unter den Insassen des anderen, der bereits über elektrisches Licht verfügte, gab es lediglich eine Handvoll Verletzte. Zudem fehlte es an einem qualifizierten Erben, die drei Töchter waren recht wohlhabend nach Ostpreussen verheiratet worden, Erwin, der einzige Sohn, verfiel dem Alkoholismus und starb, knapp dreißigjährig, in Berchtesgaden. Sein Grab befindet sich auf dem Alten Friedhof.
Die Villa Marienfels ging düsteren Zeiten entgegen. Sie verfiel zusehends. In den dreißiger Jahren wurde sie gottlob von dem Kapellmeister und Musikdirektor Wagner erworben. Der gebürtige Südtiroler hatte sich in die Tochter eines alteingesessenen Berchtesgadener Bauern verliebt und sich in dem Marktflecken nieder gelassen. Die Nationalsozialisten wollten das Bauwerk allerdings schleifen lassen, weil ein jüdischer Architekt – Wolffenstein – maßgeblich an dessen Errichtung beteiligt gewesen war, und an dessen Stelle einen urbayerischen Bauernhof errichten. Das Ende des Zweiten Weltkriegs setzte diesen Plänen ein Ende. Allerdings mußte der Villen-Besitzer in Kauf nehmen, daß sich Mitglieder der Amerikanischen Streitkräfte auf dem Anwesen einquartierten – und ihn und seine Familie kurzerhand an die Luft setzten.
Als der jetzige Besitzer, Georg F. Wagner, Sohn des Musikdirektors, konkrete Pläne zur Renovierung der Villa fasste, stieß er lange Jahre auf erbitterten Widerstand. „Ich habe neunundzwanzig Nachbarn.“, erzählte er mir. Allein das Erbauen einer schmalen Sandstraße, um den Transport von Baumaterialien und Lieferungen zu erleichtern, forderte ihm einen fünf Jahre währenden Rechtsstreit vor allem mit dem Pastor der Berchtesgadener evangelischen Kirche, die sich in unmittelbarer Nähe befindet, ab. Zudem steht das Gebäude unter Denkmalschutz „… zum Interesse der Allgemeinheit. Das Traumhaus kann unter diesen Umständen ganz leicht zu einem Alptraum werden…“ Herr Wagner bemüht sich mit sehr großer Sorgfalt und einem unermüdlichen Engagement um die schrittweise Vervollständigung der Renovierung. „Da sieht man sich sehr oft großen Schwierigkeiten gegenüber. Zum Beispiel darf ich beim Ausbessern und Verfugen von Mauerwerk keinen Mörtel verwenden, der mit Zement angereichert worden ist. Die Mauern bestehen aus weichem Kalkgestein, und genau so muß auch ein Mörtel beschaffen sein. Es hat zehn Jahre gedauert, ein Badezimmer zu erneuern… Im Vestibül wurde ein sogenannter Kasein-Lack mit Goldornamenten verwendet, die mit einer speziellen Schablone angebracht wurden. Finden Sie heutzutage einmal Jemanden, der sich auf derartige Arbeiten noch versteht – und die entsprechenden Materialien hat!… Dieses Haus hier können Sie nur dann erhalten, wenn Sie eine Unmenge Zeit dafür aufwenden – und viel Geld dazu. Da darf man nicht daran denken, sich ein Luxusauto zuzulegen oder einen feudalen Urlaub zu leisten. An erster Stelle steht bei solchen Überlegungen immer das Haus… Aber das ist meine Lebensaufgabe – und die meines Sohnes wird es auch sein.“…
… Viel zu rasch sind die eineinhalb Stunden vergangen. Herr Wagner begleitete mich hinab zur Pforte. Wir verabschiedeten uns sehr herzlich voneinander. Vor allem sein letzter Satz, begleitet von einem direkten, freundlichen Blick und festem Händedruck, klang in mir noch lange nach: „Sie sind hier immer willkommen.“…
Meine Freunde hier in Kleinbloggersdorf wissen ja, dass mich diese wunderschöne Villa im Neurenaissance-Stil, die förmlich über dem Berchtesgadener Ortskern zu schweben scheint, seit beinahe fünfzig Jahren fasziniert und begeistert. Zu meiner großen Überraschung meldete sich im März ein Herr Georg F. Wagner und gab sich als Eigentümer der Villa Marienfels zu erkennen. Nachdem wir einige E-Mails ausgetauscht hatten, lud er mich zu einer Besichtigung ein. Nach einigen Verzögerungen – Herr Wagner unternahm eine längere Indien-Reise, ich hatte im Restaurant während des sonnenreichen Frühjahrs alle Hände voll zu tun, dann legte mich über eine Woche lang eine Sommergrippe lahm – war es nun heute Mittag so weit…
… Voller Bedacht schritt ich die einhundertachtzig Stufen vom Markt Berchtesgaden zur schmiedeeisernen Pforte hoch. Herr Wagner erwartete mich bereits am Aufgang zum Garten. Er begrüßte mich ausgesprochen freundlich und liebenswürdig und geleitete mich über den Rasen zum Haus meiner Träume…
OLYMPUS DIGITAL CAMERA
… Der Haupteingang befindet sich im Obergeschoss des Anwesens, vor dem großen, massiv hölzernen Portal überquert man eine kleine Zugbrücke. Sie überspannt den ca. zwei Meter breiten Graben, der die Gemäuer vom schroffen Steilabfall trennt…
… Im Vestibül…
OLYMPUS DIGITAL CAMERA
… Dieses Buntglasfenster im Treppenhaus erstreckt sich beinahe über die ganze Höhe zwischen dem oberen und dem zweiten Geschoss. Deutlich erkennbar sind die ineinander gefügten Initialen M. P. Sie stehen für Maria Pintsch. Im Jahre 1899 wurde ihr von ihrem Gatten, dem Berliner Erfinder, Großindustriellen und Pionier der Gasbeleuchtung und -technik Richard Pintsch, der 1892 diese Villa hatte erbauen lassen, der gesamte Besitz überschrieben. Maria Pintsch, geborene Goldberg, war, so sagt man, auch maßgeblich an den Plänen der Innenausstattung und Gestaltung der Räume beteiligt…
Mittelpunkt des farbenfrohen, lebensvollen, von südländischem Flair, Gerüchen und Lauten vibrierenden Campo de‘ Fiori, geborgen im historischen Stadtkern Roms, ist die hoch aufragende Statue eines Mannes, dessen leicht gesenktes, scharf geschnittenes, markantes, nachdenkliches Gesicht im Schatten der Kapuze seines weiten Überwurfes ruht. Rings um ihn schäumt das bunte Marktleben mit seinen vielfältigen Ständen, deklamierenden und gestikulierenden Händlern, flanierenden Touristen, es riecht nach der Süße frisch erblühter Rosen, dem Duft ungezählter Kräuter, der Herbheit von Feldfrüchten und Spezereien aller Art, nach heißer Sommersonne und von Schuhsohlen hoch gequirltem Staub. Unberührt davon die eherne Gestalt. Am Sockel lassen sich gerne die Wanderer nieder, einen Imbiss verzehrend, aus einer beschlagenen Getränkedose schlürfend…
… Wer war dieser Mann? Wessen Skulptur ist dies, die sich da inmitten des Platzes einem Ruhepol, Dreh- und Angelpunkt gleich erhebt?…
… Er wurde 1548 in Nola, unweit Neapels geboren. Sein ursprünglicher Name war Philippo Bruno. Von seinen früheren Jahren ist nicht viel bekannt, seine Kindheit soll recht unglücklich gewesen sein. Im Alter von siebzehn Jahren trat er in Neapel in den Dominikanerorden ein, dort nahm er im Kloster den Namen Giordano an. Er erhielt 1572 die Priesterweihe und studierte Theologie. Da er der seinerzeit üblichen Heiligen- und Marienverehrung ausgesprochen ablehnend gegenüber stand und seine Verachtung darüber keineswegs verhehlte, geriet er in Konflikt mit der Klosterleitung. Nachdem man ihn dabei beobachtet hatte, wie er ein recht umfangreiches Traktat zur Marienverehrung in die Latrine spülte, wurde er aus dem Orden entlassen.
Es folgten Jahre des Reisens, Suchens. Seine Wanderschaft trug den Nolaner – eine Art Spitzname – von Italien nach Frankreich – Genf und Toulouse, wo er sich mit den Calvinisten überwarf – nach England – dort geriet er alsbald in Streit mit anglikanischen Theologen – weitere Stationen waren Wittenberg, Prag, die Universität Helmstedt und Frankfurt. Dieses unstete Dasein zeigt, daß Giordano Bruno als ausgesprochen unbequemer Zeitgenosse galt, der keinerlei Konfrontationen mied. Er muß eine bemerkenswert scharfe Zunge, einen Hang zum Sarkasmus, zur unverhohlenen Kritik und Spötterei besessen haben. Wohin er sich auch wandte, überall war er bereits nach Kurzem persona non grata, nur mal so geduldet, ohne die Chance, in die jeweiligen Lehrkörper integriert zu werden. Dennoch gelang es ihm, einige seiner philosophischen Schriften zu veröffentlichen, die ihre Wirkung keinesfalls verfehlten.
1591 folgte er einer Einladung nach Venedig. Sein Gastgeber, Giovanni Mocenigo, war über die Maßen beeindruckt vom unglaublichen Gedächtnis des Giordano Bruno. Er führte dessen sensationelle Leistungen auf das Vorhandensein magischer Fähigkeiten zurück. In Wahrheit hatte der Philosoph eine Art Memo-Technik entwickelt. Enttäuscht darüber, daß der beeindruckende Gast sich weigerte, ihn in die Geheimnisse der Magie einzuweihen, denunzierte Mocenigo diesen. Giordano Bruno wurde eingekerkert, nach Rom überstellt und, nachdem er sich nach etlichen Verhören der Inquisition immer noch weigerte, seine, in den Augen der Katholischen Kirche häretischen, ketzerischen Lehren zu widerrufen, am 17. Februar 1600 auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Schauplatz der Hinrichtung war der Campo de‘ Fiori, das Blumenfeld. Bruno’s Bemerkung, als er den Schuldspruch entgegen nahm, lautete: „Ihr verkündet das Urteil gegen mich mit vielleicht größerer Furcht, als ich es entgegen nehme.“…
… Hauptthema der Philosophie Giordano Bruno’s war die Unermesslichkeit des Universums, die lebendige, kosmische Einheit, die unendliche, körperliche Substanz im unendlichen Raum, welche sich in der Vielfalt, in der Wechselwirkung des Verschiedenen erhält. Das Weltall war für den revolutionären Denker nicht nur unbegrenzt, sondern auch erfüllt von unzähligen Welten, welche ebenso bewohnt und belebt sein konnten wie die Erde. Alle Körper seien beseelt und befänden sich in einem lebendigen Austausch mit dem Universum. Die gesamte Schöpfung unterläge einer steten, ewigen Bewegung. Gott ist nicht personifizierbar, nicht greifbar, er ist überall und in jedem anwesend. Die Welt ist ewig und unendlich und im dauernden Wandel begriffen, der Mythos von einem persönlichen Gott, der die Welt aus dem Nichts geschaffen hat, somit unhaltbar. Bruno lehnte den Status Jesus als Sohn Gottes vehement ab…
Giordano Bruno gilt heutzutage als ein wesentlicher Begründer der Philosophie der Neuzeit. Daß er im ausgehenden sechzehnten Jahrhundert mit seinen Erkenntnissen und Thesen grade in den Reihen des Klerus für Empörung sorgte, nimmt nicht weiters Wunder, ist seine Sicht der Dinge doch der seiner Zeitgenossen um Jahrhunderte voraus und wirkt zudem auch noch recht bedrohlich. Wenn man mit einem personifizierten Gott, der die Geschicke der Menschlein überwacht – wie das heutzutage etliche Großkonzerne mit ihren Mitarbeitern mittels Kameras machen – und steuert und einem Dompteur gleich Strafen und Belohnungen verteilt, das Volk so schön unter Druck setzen kann, fürchtet man mit Sicherheit Jemanden, der kräftig an der Patina dieses bewußten Irrglaubens kratzt. Auch kränkt es schon empfindlich die Eitelkeit jener Menschen, die sich in der Überzeugung sonnen, die Ebenbilder Gottes und somit die Krone der Schöpfung zu sein, wenn da die Feststellung gemacht wird, auf fernen, unbekannten Planeten sei sogenanntes intelligentes Leben ebenfalls gang und gäbe. Und unsere Spezies, da ja ein ewiger Wandel der Natur herrsche, an sich lediglich eine „Übergangslösung“. Kurz nach seinem Tode formierten sich die ersten, modernen, freimaurerischen Bewegungen, wie z. B. die der Rosenkreuzer, Denker wie Robert Fludd griffen auf die Aussagen Bruno’s zurück. Nimmt man die Lehre des Nolaners als Glaubensgrundlage, lässt sich damit die Brücke zwischen der Religion und der Wissenschaft, z. B. Darwin’s Evolutionstheorie, schlagen…
… Ich umrunde noch einmal den Campo de‘ Fiori, lasse mich gemächlich durch die Gassen der Marktstände treiben, blicke hoch in dieses ausdrucksstarke, markante, scharfzügige Gesicht, eingehüllt in den Schatten der übergeworfenen Kapuze. Und bin sehr dankbar darüber, daß die allmächtige, unermessliche Schöpferkraft einem Giordano Bruno seinerzeit seinen Geistesfunken eingehaucht hat…
This function has been disabled for Marthas Momente-Sammlung.