… Das festliche Eindecken einer Tafel mit schönen Servietten, Platztellern und allerlei Besteckteilen, der Gangfolge entsprechend, sowie den heutzutage gebräuchlichen, sogenannten amerikanischen Service, d. h. die Speisen werden in der Küche auf die Teller angerichtet, und von rechts dem Gast eingesetzt, kennt man im Grunde genommen erst seit dem 19. Jahrhundert…
… Im 16., 17. und 18. Jahrhundert deckte man für jeden Gast einer königlichen, kaiserlichen oder kurfürstlichen Festtafel einen Teller ein, der in der Regel für alle Gänge benutzt wurde – und das konnten im Laufe eines bis zu vier Stunden dauernden Gelages recht viele sein – sowie ein Besteck, bestehend aus Löffel und Messer, ab Mitte/Ende des 17. Jahrhunderts kam dann auch die Gabel hinzu. Die Tafel bestand aus Brettern, die auf Holzböcke gelegt, und mit aufwändig bestickten Tüchern belegt wurden. Die Speisen wurden auf Platten oder in Terrinen eingesetzt. Da die Hofküche nicht unbedingt in der Nähe des Festsaales lag, waren die Gerichte meist nur lauwarm, und zudem so verkocht, dass man sie leicht am Gaumen zerdrücken konnte – da Zahnpflege in jenen Tagen noch so gut wie unbekannt war, war der Zustand der meisten „Kauleisten“ der hochwohlgeborenen Geladenen üblicherweise höchst bedenklich. Geschmückt wurden die Festtafeln mit ungemein kunstvoll kreierten, ausladenden Aufsätzen, die bis Mitte des 18. Jahrhunderts, bevor die Porzellanherstelllung in Europa gebräuchlich wurde, aus Zucker gestaltet wurden. Sowie mehr als üppigen Blumengestecken, die bis zu zwei Meter hoch sein konnten, und die jeden Blick über den Tisch hinweg versperrten. Wußte man als Gast, wer einem gegenüber platziert war, und wollte dieser Person eine Schmeichelei, ein Kompliment, oder eine mit viel geraspeltem Süßholz verbrämte Stichelei, vielleicht gar Beleidigung zukommen lassen – schon damals ging man bei solchen Anlässen mit Sicherheit mit dem Klartext höchst sparsam um! – musste man im wahrsten Sinne des Wortes durch die Blume sprechen… 😉
… Wollte man nach dem Schmausen ein kleines Tänzchen wagen, hob die Dienerschaft auf ein Zeichen des Gastgebers die Tischplatten sowie die Holzböcke schlicht und ergreifend beiseite – und daher stammt die Redewendung: „Eine Tafel aufheben.“…
… hatte man mich nach langer Zeit endlich einmal wieder zum Wachdienst im M.O.C., dem kleinen Münchner Messezentrum, eingeteilt. Zur Passierscheinkontrolle an der nördlichen Ausfahrt. Ich liebe es! Mein „Domizil“ am Freitag und Samstag war die winzig kleine „Villa Kunterbunt“, so nennt der freundliche Dienstleiter das Wachhäuschen an der Nordflanke der vier Messehallen…
… In dem Kabäuschen ist es dank gut funktionierender Heizung kuschelig warm. Außerdem habe ich eine formidable Aussicht auf eine nahe Straßenkreuzung, und es wird mir nie langweilig, das Geschehen dort zu beobachten. Und ich darf lesen, was uns im Museum ja strengstens untersagt ist. Ich hatte ein wirklich feines Buch dabei, aber davon ein andermal…
… Meine Aufgabe bestand darin, die an der Südlichen Zufahrt den Anlieferern und Handwerkern der jeweiligen Aussteller ausgehändigten Passierscheine wieder einzusammeln, und die gewährte Zeitspanne – ein bis drei Stunden – zu überprüfen. Rein theoretisch würde es eine empfindliche Strafe kosten, würde der genehmigte Zeitrahmen gesprengt werden. Praktisch darf ich aber durchaus ein bis mehrere Augen zudrücken. Wenn ich den jeweiligen Passierschein in Empfang genommen habe, betätige ich mittels Knöpfchen die Ausfahrtschranke und entlasse Fahrzeug samt Insassen sozusagen in die Freiheit…
… Fast alle Anlieferer, Handwerker und Aussteller sind Vollprofis, seit vielen Jahren schon im Geschäft. Sie steuern ihre fahrbaren Untersätze gekonnt so nahe an meine Villa Kunterbunt, dass wir das Procedere ohne kraftraubende Verrenkungen ganz bequem durch die geöffneten Fenster abwickeln können. Oft entspinnen sich dabei auch nette Unterhaltungen…
… Hin und wieder geschieht es, dass ein Obermufti einer exklusiven Firma, die ihre Produkte auf der bevor stehenden Messe zeigt, in teurem Zwirn und mit gelacktem Haar seine riesige Bonzenschleuder meterweit von meinem Häuschen entfernt an der Schranke abstellt. Und mir dann huldvoll winkt, ich solle mich doch bitteschön zu ihm bequemen. Ich winke charmant lächelnd ebenso huldvoll zurück, und bleibe gelassen sitzen. In der Regel wiederholt sich dieses Hin- und Hergewinke, denn es pflegt immer ein Weilchen zu dauern, bis der Führungskraft aufgeht, dass ICH die Königin der Nördlichen Ausfahrt bin, Herrin über die den Fahrweg versperrende Schranke, dass ICH hier in meinem kleinen Reich die Audienzen zu gewähren pflege, sonst niemand. Dann endlich wird der Nobelhobel mit viel Getöse zurück gesetzt, ein neuer Anlauf genommen und mein winziges Schlösschen angesteuert. Oder der gnädige Herr schält sich umständlich aus seinem Sitz und stelzt über die Fahrbahn auf mich zu, den geforderten Passierschein mit eisiger Miene vor sich her tragend…
… Ich weiß, ich bin wieder einmal boshaft, aber ich pflege eine solche Szene innerlich immer sehr zu genießen. In mir schlummert halt doch ein kleines Stückerl Revoluzzerseele… 😉
… ist nicht nur ein gutes Training für’s Oberstübchen, und auch höchst profund, um andere Menschen und Kulturen besser kennen zu lernen, sowie eine gastfreundliche Haltung zu pflegen, sondern kann einem zudem schöne, erheiternde Momente bescheren…
… Diese durchweg positive Feststellung darf ich recht häufig machen, wenn italienische Schülergruppen durch unsere prachtvolle und weitläufige Residenz marschieren. Südländische Menschen sind ja bisweilen ziemlich temperamentvoll veranlagt, vor allem, wenn noch recht jung an Jahren, und der Hafer sie sticht. So bleibt es nicht aus, dass man als aufmerksame Museumsaufsicht eine oder mehrere laute Mahnungen aussprechen muss. Ich mache das in der Regel voller Bedacht zunächst auf Englisch. Und darf daraufhin beobachten, dass die jungen Damen und Herren aus dem Lande, in dem die Zitronen blühen, so tun, als würden sie dieser Sprache nicht mächtig sein, und als hätten sie kein Wort von dem verstanden, was ich ihnen soeben ans Herz gelegt habe. Oft macht man sich auch über mich lustig, und das nicht eben sehr schmeichelhaft. – Und dann, ja, dann – Vorhang auf! – ist mein großer Moment: Dann komme ich nämlich mit geschliffenem und fließendem Italienisch einher (geschliffen und fließend deshalb, weil ich inzwischen die gängigen Floskeln und Redewendungen, die ich zur Ausübung meines „Handwerks“ benötige, in jener so melodisch, schön und romantisch klingenden Sprache auswendig gelernt habe – an den spanischen und französischen „Fachausdrücken“ arbeite ich grade, nur mit Russisch und Japanisch habe ich noch richtig große Probleme 😉 ). Das Beobachten, wie daraufhin recht viele noch jugendfrische Gesichtszüge der Ragazzi völlig entgleisen, bereitet mir jedesmal allergrößtes Behagen und Vergnügen. So lange die Leutchen sich dann noch in meinem Abschnitt befinden, habe ich nicht mehr die geringsten Probleme mit ihnen, ganz im Gegenteil. Und so ein ganz kleines bisschen diskrete, schlitzohrig-gutmütige Boshaftigkeit gehört doch auch zu den Würzmitteln, welche der bisweilen ziemlich fad oder bitter schmeckenden Suppe des Lebens einen feinen und bekömmlichen Geschmack zu verleihen pflegen… 😉
… Nachdem man mir vorgestern so eine interessante Geistergeschichte erzählt hatte, die ich bislang noch nicht kannte, und die sich so wie meine seltsame Begegnung auch in den Steinzimmern abgespielt hatte, bekam ich große Lust, wieder einmal mit der kleinen Kamera durch diese Räume zu streifen…
… Schon vor vierhundert Jahren legte man viel Wert auf Muckis und einen propperen Sixpack-Torso. Die Statue stellt Herkules dar, der Legende nach einer der Urvorfahren der Wittelsbacher, so wie auch Karl der Große zu den Ahnen des bayerischen Herrschergeschlechts zählen soll…
… Der Thronsessel aus dem 16. Jahrhundert im Zimmer der Elemente, dort soll laut eines lieben und sehr vertrauenswürdigen Kollegen zufolge der alte Wittelsbacher Geist, der von dieser Welt und der Macht nicht lassen konnte, häufig in den frühen Morgenstunden gesessen haben. Und daneben seht ihr jene Uhr, die ich manchmal silberhell schlagen höre, obwohl das technisch seit vielen Jahren schon unmöglich ist…
… Einige Details vom goldenen, mit Bergkristallen verzierten Prunkgeschirr, das jedesmal aufgetischt wurde, wenn der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation in München zu Gast weilte. Wenn ich mich nicht irre, ist das zweimal der Fall gewesen. Wobei solche Besuche damals nicht nur einige Tage dauerten, sondern sich meistens über Wochen, ja, Monate hinzuziehen pflegten…
… Ungemein reich an Details, trotz ihres gesetzten Alters von ca. 400 Jahren noch so farbenprächtig, und überwältigend ausdrucksstark präsentieren sich die Wirkteppiche aus der einstigen Werkstatt von Hans van der Biest. Die Wandteppiche zeigen Szenen aus dem Leben Ottos I. von Wittelsbach, gegen Mitte/Ende des zwölften Jahrhundert Gründer der Dynastie. Allerdings entsprechen die Darstellungen nicht unbedingt den historisch überlieferten Tatsachen. Ähnlichkeiten mit modernen, „geschönten“ Lebensläufen berühmter Persönlichkeiten sind da durchaus vorhanden. Wie pflegte König Salomon voller Weisheit einst zu sagen: „Es gibt nichts Neues unter dieser Sonne.“… 😉
… Das Bildnis der Gemahlin Kaiser Friedrichs II. – die hätte durchaus auch das Zeug zum Schloßgeist, die wunderschöne Decke des Zimmers der Jahresszeiten, und noch einige weitere Impressionen:…
… Prinzregent Luitpold wohnte übrigens während seiner Regentschaft in den Steinzimmern. Dort muss es – genau wie heute – oft bitterlich kalt gewesen sein. Der alte Herr wärmte sich gerne mit heißem Kakao auf, und genoss dazu ein Stückerl Schokoladentorte – die mittlerweile weltberühmte Prinzregententorte…
… Es war Mittwoch früh, gegen Viertel nach Neun. Ich hatte mich grade im Bus der Linie 153 Richtung Odeonsplatz nieder gelassen, als sich zwei junge Mädels, ein hellblondes und ein brünettes, etwas atemlos auf die gegenüber liegenden Sitze plumpsen ließen.
… „Puh!“, seufzte Hellblond, „Da haben wir aber Glück gehabt, dass uns der Typ da noch hat einsteigen lassen. Sonst hätten wir zehn Minuten warten müssen, und bei dem Sch…wetter ist das echt nicht geil.“ – „Ja, das ist schon geil vom Fahrer gewesen, dass er nochmal die Tür aufgemacht hat.“…
… Wir fuhren an und zuckelten die Schellingstraße entlang. Brünett zeigte auf die Auslagen eines Schnickeldi-und-Stehrum-Ladens. „Bist‘ da schon mal dringewesen?“ – „Nee, noch nich‘.“ – „Musst mal rein gehen, echt geiler Laden. Hat ’n Haufen unnützes, aber endgeiles Zeug. – Wie hast du Silvester gefeiert?“ – „Bin mit Ossi und Lukas bei Bayerisch Zell auf einer Hüttn gewesen, da konnten wir echt voll geil abfeiern. – Und du?“ Brünett zuckte die Schultern. „War mit meinem Freund unterwegs.“ – „Klingt aber nicht so, als ob das geil gewesen wäre.“ – „Nööö, so richtig geil ist das nicht gewesen… Er ist wahrscheinlich sauer, weil ich mich für ein Austauschsemester an einer süd- oder mittelamerikanischen Uni bewerben möchte.“ – „He! Wie geil ist das denn! Wo willste denn hin?“ – „Also, total geil wäre es, wenn mich eine kleine Uni in Costa Rica nehmen würde.“ – „Kennste das?“ – „Ja, ich habe vor zwei Jahren mal die Karibik bereist, und bin ein paar Wochen lang in Costa Rica gewesen.“ – „Und? Wie isses dort?“ – „Endgeil, einfach nur endgeil!“, seufzte Brünett. Hellblond drückte nach der Durchsage „Nächste Haltestelle: Von-der-Tann-Straße!“ den Halteknopf. „Hier müssen wir ‚raus, da vorne geht’s runter zur U-Bahn.“ – „Praktische Busverbindung, echt geil, dass wir jetzt schon an der U-Bahn-Station sind!“…
… Die beiden jungen Damen schnörkelten von dannen. Während ich meine Beine ausstreckte, murmelte das Wilde Weib: „Ist wirklich endgeil, dass die Trullas schon aussteigen!“ Ich fauchte entnervt: „Jetzt fang du nicht auch noch damit an!“…
… hatte ich in den sogenannten Steinzimmern in der Münchner Residenz etwas Merkwürdiges gesehen: Eine zierliche, nicht sehr hoch gewachsene Frauengestalt, von Kopf bis Fuß in fließende schwarze Gewänder gekleidet, glitt etwa sieben, acht Meter von mir entfernt quer durch das Zimmer der Welt, von der an der Fensterfront aufgebauten kaiserlichen Prunktafel bis zum ungefähr mannshohen Kamin, und entschwand dann meinen Blicken. Ich war eine Weile regelrecht paralysiert, erst Stunden später setzte so etwas wie Erschrecken über diese geisterhafte Erscheinung ein, hier und in den darauf folgenden Blogbeiträgen habe ich detaillierter darüber berichtet. Nur wenig später machte ich eine weitere, mit Logik und Sachlichkeit nicht erklärbare Erfahrung, diesmal handelte es sich um eine rein akustische…
… Ich forschte nach, und stieß im Laufe meiner Erkundungen auf eine erkleckliche Anzahl Geschichten über außersinnliche Wahrnehmungen in der Münchner Residenz, genauer gesagt auf das Vorhandensein von zwei schwarzen und einer weißen Frau, die öfters von einem Pudel begleitet wird, sowie eines Ritters in voller Rüstung im Torbogen, welcher den Kapellen- vom Brunnenhof trennt. Was „meine“ schwarze Frau anbelangte, entwickelte ich die Theorie, dass es entweder die faszinierende Kurfürstin Henriette Adelaide, Prinzessin von Savoyen, oder aber eine ihr nahe stehende Person, vielleicht ihre Kammerfrau sein könnte, die aus Gram darüber, im Jahre 1674 den verheerenden Großbrand im Münchner Stadtschloss mitverschuldet zu haben, immer noch „umzugehen“ pflegt. Ich verbiss mich ziemlich in meine Forschungen, und begann sogar, an einem Roman über Henriette Adelaide und ihre Vertraute zu arbeiten, teils hielt ich mich sehr an die geschichtlichen Fakten, teils floß Autobiographisches mit ein, teils ließ ich auch kräftig meine Phantasie spielen…
… Mit dem Roman verzettelte ich mich eine geraume Weile später, die ungemein schillernde und facettenreiche Persönlichkeit der Kurfürstin aus dem Süden schien mich zu überfordern, und nicht lange danach kam meine Wissbegierde bezüglich paranormaler Phänomene in der Münchner Residenz ebenfalls ziemlich zum Erliegen. Auch wenn ich mich seit zweieinhalb Jahren regelmäßig darüber wundere, dass recht häufig dann, wenn ich in den Steinzimmern Dienst habe, eine wunderschöne, mit Emaille und Silber kunstvoll verzierte Uhr auf dem Kaminsims im Zimmer der Welt mit reinem und silberhellem Klang zu schlagen pflegt, obwohl das Uhrwerk vor langer Zeit schon ausgebaut worden ist…
… Vor etwa zwei Wochen nahm eine Journalistin der „Süddeutschen“ Kontakt zu mir auf. Sie würde an einem Artikel über die Schwarze Frau der Wittelsbacher arbeiten, und irgend jemand hätte ihr mich sozusagen als Expertin empfohlen. Wir trafen uns zwischen den Feiertagen und verbrachten eine geraume Weile im intensiven Gespräch, ich hoffe, ich konnte ihr ein wenig weiter helfen…
… Diese Begegnung mit der Dame von der Presse bewirkte, dass meine Gedanken wieder öfter um mein damaliges Erlebnis kreisten. Während des heutigen Dienstes erzählte ich einem Kollegen von der Schlösserverwaltung von dem Treffen mit Frau P., und vernahm dann eine Geschichte, die mir bislang noch nie zu Ohren gekommen war: Eine ehemalige Angestellte der Residenz, die immer in den frühen Morgenstunden ihren Dienst anzutreten pflegte, hatte etliche Begegnungen mit einem seit langem schon verstorbenen Wittelsbacher, einer sehr ernsthaften, großen, Respekt einflößenden Seele – und zwar ebenfalls in den Steinzimmern! Sie habe ihn stets im Thronsessel im sogenannten Zimmer der Elemente sitzen sehen. Er sei unglücklich darüber gewesen, dass er auch nach etlichen Jahrhunderten den Ort, an dem er seine große Macht ausgeübt habe, nicht los lassen könne. Schließlich habe sie eine Art geheimnisvolles Zeremoniell durchgeführt, und seitdem sei dieser Geist – ich nehme an, dass es sich dabei durchaus um den großen Kurfürsten Maximilian I. handeln könnte – nicht mehr gesehen worden…
… Das ist so etwas wie neues Wasser auf meine Mühlen, grade jetzt, da ich immer öfter mit dem Gedanken spiele, den Job im Schloss an den Nagel zu hängen. Ich glaube, ich werde wieder mal ein wenig Geisterforschung in der Residenz betreiben. Und mir das Romanfragment von der Schwarzen Frau vorknöpfen. Irgendwie habe ich jetzt wieder Lust bekommen, daran doch weiter zu arbeiten…
… dass man auf einem kleinen Eiland am Ende der Florida Keys erneut an einer Unabhängigkeitserklärung arbeitet. – Seit der US-Präsidentschaftswahl kommt mir ein Schelmenstreich, der sich vor gut dreißig Jahren zugetragen hatte, immer wieder in den Sinn – und zutrauen würde ich eine Wiederholung dessen den charmanten und liebenswerten, eigenwilligen und querköpfigen Insulanern/innen durchaus:…
Die Florida Keys liegen aufgereiht wie Perlen an der Schnur zwischen dem Atlantik und der weit ausladenden Bucht des Golfs von Mexico. Die südlichste dieser Inseln ist Key West. Sie zeichnet sich nicht nur durch schöne Strände und ein Wohnhaus Hemingways aus, sondern auch durch eine illustre, farbige und schräge Geschichte. Bereits in früheren Zeiten hatten die Einwohner einen sehr lockeren Begriff von Recht und Ordnung, sie „verdienten“ sich ihren Lebensunterhalt großenteils durch das Plündern gestrandeter Schiffe, die sie durchaus des Öfteren mit einem falsch gesetzten Leuchtfeuer vorsätzlich vom sicheren Kurse abzubringen pflegten.
Die Zeiten wandelten sich, Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts wurden die Florida Keys als Urlaubsparadies sonnenhungriger Nordstaatler und Ausländer entdeckt. Es war in den frühen Achtzigern, der sehr umstrittene Ronald Reagan herrschte als Präsident im Weißen Haus, und irgendwie mußte ihm irgend jemand vor ungezählten bösen Buben und finsteren Delikten wie zum Beispiel Rauschgiftschmuggel in großem Stile auf dem Inselarchipel im Sunshine State bange gemacht haben. Ronny ließ im Frühjahr 1982 von seinen Behörden einen streng bewachten Kontrollposten am Higway Nr. 1 einrichten, dem einzigen Landweg, der die Keys über zahlreiche Brücken mit dem Festland verbindet. Die Maßnahme sollte die Suche nach Drogen sowie illegalen Einwanderern erleichtern, brachte jedoch lediglich erhebliche Erschwernisse für den florierenden Tourismus mit sich – und kaum nennbare Erfolge für die Bundesbehörden.
Die Insulaner waren alles andere als begeistert. Die Stadtregierung Key Wests verlangte die sofortige Entfernung der Barriere. Eine entsprechende Klage scheiterte. Nach einer ausdauernden, stürmischen, feucht-fröhlichen Versammlung in der Seefahrerkneipe „Schooner Wharf“ erklärte man am 23. April 1982 die Abspaltung von den Vereinigten Staaten von Amerika, sowie die Unabhängigkeit und rief die Conch Republic aus (Conch = Fechterschnecke, Hauptnahrungsmittel und Wahrzeichen Key Wests). Der Bürgermeister wurde zum Premierminister ernannt, die seinerzeit schon sehr betagte – neunundachtzigjährige – Nachfahrin eines Ex-Admirals mit deutschen Wurzeln zur Kriegsministerin. Man bestückte ein altes Museumsschiff, den Segler „Wolf“, mit einer Handvoll Kanonen, die auch schon bessere Tage gesehen hatten, lud diese mit Kanten altbackenen Weißbrots, ging an der einzigen Brücke vor Anker, blockierte die Zufahrt und erklärte den USA den Krieg. Nach diesem recht kurzweiligen Spektakel wurde sehr schnell die weiße Fahne gehisst, und das Parlament der Mikro-Republik ersuchte um 1 Milliarde Dollar für den Wiederaufbau. Dieser Schelmenstreich sorgte für enormen Wirbel, beherrschte tagelang die Schlagzeilen – und führte dazu, daß die Kontrollstelle aufgegeben wurde
Nach wie vor identifizieren sich viele Einwohner von Key West mit der Conch Republic. So wird alljährlich am 23. April mit einer Unzahl rauschender Festivitäten der Unabhängigkeitstag gefeiert. Auch die augenzwinkernden Schelmereien finden ihren Fortgang: Im Januar 2006 annektierte das kleine Inselreich eine alte Brücke, die zuvor von der US-Regierung zum staatenlosen Bereich erklärt worden war (um Flüchtlinge, die auf ihr Schutz gesucht hatten, abschieben zu können). Vertreter der illustren und winzigen Nation pflanzten Flaggen auf die marode Brücke und nahmen sie für ihr Inselreich in Besitz…
… Bis zum heutigen Tage werden übrigens Bundesagenten, die in schwarzen SUVs, dunklen Sonnenbrillen und Knöpfen im Ohr über die Duval Street cruisen – ca. 1,6 km vom Atlantik bis zum Golf von Mexico 😉 – und das bunte Gemenge Einheimischer und Touris beim Feiern und Flanieren stören, mit harten Scheiben kubanischen Weißbrots beworfen…
… Zuallererst: Diese Nacht im geschichtsträchtigen Maximilianeum angesichts einer – vielleicht – ebensolchen Wahl hat mir verdammt viel Freude gemacht! Ich habe mich schon seit langem nicht mehr so wohl in meiner Haut, glücklich und zufrieden gefühlt, ein solches Hochgefühl empfunden, als in jenen langen Stunden, da ich mit dem Laptop in einer lässig über die Schulter gehängte Retro-Hippie-Umhängetasche und der Kamera im Anschlag mir beständig meinen Weg durch die schönen Räumlichkeiten unseres Regierungsgebäudes suchte. Sehr oft heftete ich mich so unauffällig als möglich an die Fersen der diversen TV-Teams – ich bin kein eingefleischter Fan von „Celebrities“, doch die Gelegenheit, die eine oder andere prominente Persönlichkeit vor die Linse zu bekommen, hat mir dennoch große Genugtuung bereitet – eine Befriedigung jenes Jagdfiebers, das mich so manches Mal überkommt, wenn ich auf der Foto-Pirsch bin… 😉
… Ich habe recht interessante und sympathische Menschen kennen lernen dürfen – dazu zählen ein pensionierter Professor des Goethe-Instituts und seine Gattin, sowie die Generalkonsulin, Mrs. Jennifer D. Gavito, die mit ihrer sehr sympathischen, umgänglichen und freundlichen Art viele meiner Vorurteile über arrogante und „abgehobene“ Diplomaten/innen ad absurdum führte. Ich habe inspirierende, erhellende, anregende, wirklich zutiefst gute Gespräche führen dürfen. Der einzige Minuspunkt war die, gemessen an den vorangegangenen Wahlparties im Amerikahaus, mickrige Verpflegung. Nach den Eröffnungsreden wurden Donuts verteilt, aber man musste schon sehr flink zugange sein, um einen davon zu erhaschen, und im großen Foyer standen zwei Popcorn-Maschinen. Das war’s. Alle anderen Speisen – Sandwiches, Burger, Hotdogs etc. – musste man käuflich erwerben. Ich hoffe, dass man bis in vier Jahren wieder großzügigere Sponsoren an Land gezogen haben wird. 😉 Bier, alkoholfreie Getränke und ein gar köstlicher Frankenwein, von der Weinkönigin selbst kredenzt, die höchst tapfer auch bis in die frühen Morgenstunden aushielt, flossen allerdings ohne Unterlass bis zum Zapfenstreich…
… Nie werde ich die Antlitze all jener vergessen, die mit mir bis fünf Uhr morgens ausgehalten haben, bis man uns sehr charmant und freundlich, aber bestimmt nahe legte, nach Hause zu gehen. Wie sich über die Müdigkeit in den Gesichtszügen allmählich Fassungslosigkeit und Entsetzen legten. Dies ist meine fünfte Teilnahme an einer US-Wahlparty gewesen – desgleichen habe ich noch nie beobachtet, außer vielleicht in jener ebenfalls schicksalhaften Nacht, als wir gegen sieben Uhr morgens über den Vorsprung von Al Gore versus G. W. Bush jubelten – und knapp eine halbe Stunde später vor ungläubigem Schrecken nach Luft schnappten…
… Mr. Trump ist seit langem schon sehr medienversiert. In seiner über etliche Jahre laufenden und eifrig frequentierten TV-Show „The Apprentice“, eine sogenannte Reality-Show, erkor er regelmäßig aus einer Schar von 16 Anwärtern/innen einen Sieger, der sich über 250.000 Dollar Anfangsgehalt und eine sehr gute Anstellung in einem seiner Unternehmen freuen durfte. Sein sonor und knallhart vorgetragener Spruch am Ende jeder Sendung zu einem der Kandidaten/innen: „You’re fired!“ wurde legendär, allein damit fand er amerikaweit ungezählte Bewunderer. Ich denke, dass die schier atemberaubende, bisweilen unsäglich niveaulose Schlammschlacht seiner Kandidatur, seine verbalen Ausfälle, die polarisierenden Reden mit vollem Bedacht und höchst berechnend inszeniert worden sind. Trump und sein Wahlkampfteam haben sich als effiziente, psychologisch hervorragend geschulte Rattenfänger geriert, die virtuos mit den primitiven, dunklen Seiten der potentiellen Wählern spielten. Das ist meiner Meinung nach eine der Hauptursachen seines doch überraschenden Erfolgs. Die andere liegt in dem antiquierten, unnötig komplizierten, amerikanischen Wahlsystem. Würden die Amerikaner ihr Staatsoberhaupt mittels einer Direktwahl ins Weiße Haus berufen, hätte Killary Clinton ca. 300.000 Stimmen mehr gehabt als ihr Rivale…
… In seiner gestrigen Rede hat Mr. Trump sehr moderate, versöhnliche, besonnene Töne angeschlagen. Ein leiser Hauch, dass sich da ein Saulus zum Paulus wandeln wird? Wer weiß?… Die Zeit wird es zeigen… Nach all dem Entsetzen, dem Schrecken – ob berechtigt oder nicht – ist es allerdings jetzt an der Zeit, Vernunft, Zuversicht, Unvoreingenommenheit und Geduld an den Tag zu legen. Verdient nicht jeder eine Chance? Und sollten dies nicht vor allem all jene von uns beherzigen, meine Wenigkeit mit eingeschlossen, die stets und unverdrossen zum friedvollen Miteinander, zu Toleranz und Menschlichkeit aufrufen?…
… Vielleicht wird Trump’s Präsidentschaft ein Desaster werden. Vielleicht werden die Ängste, das Entsetzen, die Bedenken zur Zeit aber auch nur wieder einmal von den omnipräsenten Medien hochgekocht – not only sex sells, fears also guarantee big media profits…
… Ende August hatte ich mir einen neuen Laptop zugelegt, weil mein treuer, sieben Jahre alter Ac.er vor allem beim Hochladen und Bearbeiten von Fotos gar fürchterlich keuchte und schnaufte und auch immer langsamer wurde. Nur wenige Tage vor meiner zweiten Venedig-Reise wurde ich also mit Windoof 10 und seinen Tücken konfrontiert, hatte viel Arbeit damit, und kam manchmal ganz ordentlich ins Schwitzen, bis die Software im Großen und Ganzen so lief, wie ich mir das vorstellte…
… Ganz stolz erzählte ich davon einem langjährigen Bekannten, mein ehemaliger Computerkurs-Dozent, mit dem ich locker in Verbindung geblieben bin, als wir uns auf einen Kaffee trafen. „Eine neue Externe Festplatte solltest du dir jetzt aber auch schleunigst zulegen, denn deine jetzige ist genau so steinalt wie dein Ex-Laptop, und könnte auch jeden Moment den Geist aufgeben.“, riet er mir. Die düstere Schilderung, dass mit einem Male alles, was ich während der vergangenen Jahre schriftstellerisch und fotografisch erarbeitet hatte, ins Nirwana entschwinden könnte, erschreckte mich sehr. So sauste ich gleich nach unserem Treffen los und erstand so ein Teil im nahen Elektrogroßmarkt – und staunte nicht schlecht, wie winzig klein und leicht so ein elektronisches Wunderwerk mittlerweile geworden ist. Kaum fassbar, dass sich auf so etwas, das nicht viel mehr misst als eine Puderdose, ein Terrabite Speicherkapazität befinden sollte…
… Wohlgemut schloss ich beide Externen an und ging daran, sämtliche Dateien von der alten auf die neue zu übertragen. Und da hat mir die gute alte Festplatte sozusagen zum Abschied noch ein ganz kräftiges Ei gelegt: Beim Überspielen gingen von ca. 17.000 meiner insgesamt ca. 36.000 Bildern die Markierungen verloren. Nicht nur das, sie wurden großenteils auch völlig wahllos in irgendwelche Ordner gestopft und kräftig durcheinander gewürfelt. Seit Tagen schon bin ich mit dem Neuorganisieren, Markieren und Ordnen beschäftigt – eine Sch…-Arbeit. Die allerdings zwei Vorteile hat – ich grübele weniger nach, und meine seelische Verfassung hat sich so weit erholt, dass ich nur mehr gelegentlich auf die verschriebenen Psychopharmaka zugreifen muss. Und ich entdecke beim Suchen und Sortieren jede Menge Aufnahmen, von denen ich gar nicht mehr wusste, dass ich sie irgendwann einmal gemacht hatte…
… Als ich auf die Fotos von einer Münchner CSD-Parade vor etlichen Jahren gestoßen bin, packte mich die Lust, mir diese wieder einmal vorzunehmen, und neu zu bearbeiten:…
… in dieser Woche zum Wachdienst in der Messe München abkommandiert, und zwar zu insgesamt fünf Zwölf-Stunden-Schichten. Zuerst schrie ich Zeter und Mordio, da ich bislang alles andere als gerne auf der Messe gearbeitet habe. Doch mittlerweile haben sich meine inneren Wogen wieder geglättet. Solche Wachdienste könnten mir in den kalten Jahreszeiten, wenn wir in der Residenz Kurzarbeit schieben müssen, etliches finanzielle Kopfzerbrechen ersparen – wir bekommen ja kein festes Gehalt, sondern werden auf Stundenbasis entlohnt…
… Ich hatte am Montag einen sehr großen Stand zu bewachen, es schien zunächst ziemlich problematisch, das Geschehen in einem so vielseitig gestalteten Areal im Blick zu behalten. Zudem gehen während der Aufbauphase ständig Leute mit Rucksäcken und großen Taschen und ohne Messeausweise ein und aus, und es ist schwierig, jene Personen zuzuordnen. Zum Glück gab es eine Art Tribüne, mit pinkfarbenem Teppichboden überzogen, dorthin zog ich mich zurück, sehr mit mir und der hervorragenden Übersicht auf meinen Arbeitsplatz zufrieden…
… Entgegen meiner ursprünglichen Befürchtungen durfte ich sitzen, sogar Brotzeit machen und in einem vorsorglich mitgebrachten Krimi schmökern. Alle zwei Stunden kam ein freundlicher Ablöser vorbei, und ich genehmigte mir dann stets eine Toilettenpause oder einen kleinen Spaziergang an der kühlen, frischen Luft…
… Es war teilweise sehr spannend zu beobachten, wie aus einem anfänglichen Chaos – ungezählte Personen wuselten durcheinander und hin und her – ein eleganter Messestand nach dem anderen Form annahm und auf Hochglanz gebracht wurde. Faszinierend – und Ekel erregend – auch die schreiend bunten, sich selbst beweihräuchernden und verlogenen Videobotschaften etlicher Großkonzerne, die nach und nach ihrer Testläufe auf den ungezählten riesigen Monitoren ringsum unterzogen wurden…
… Das Highlight des Tages waren unbestritten drei wunderschöne alte Sportwagen aus den Sechzigern, die angeliefert und höchst vorsichtig auf ihre Stellplätze bugsiert wurden…
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