… ist ein Dorf mit gut 3.500 EinwohnernInnen, ca. 60 km östlich von München im Landkreis Mühldorf am Inn gelegen, eine an sich recht unspektakuläre Ansiedlung – aber da war mir im Winter beim Vorbeifahren im Regionalzug etwas aufgefallen, was ich mir nun unbedingt einmal aus der Nähe anschauen wollte…
… In der Ortsmitte von Schwindegg befindet sich ein sehr schönes Renaissance-Wasserschloss. Einen Adelssitz gab es dort schon im 14. Jahrhundert. Während des Landshuter Erbfolgekriegs 1504 wurde dieser jedoch niedergebrannt. Der jetzige geschlossene Vierflügelbau mit Ecktürmen und Torturm wurde zwischen 1594 und 1620 errichtet, Mitte des 18. Jahrhunderts kam das sogenannte Vorschloss mit den Stallungen dazu, der Schlosspark wurde im 19. Jahrhundert gestaltet…
… In seiner weiteren sehr wechselhaften Geschichte war Schwindegg zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Weile im Besitz des Kyffhäuserbundes, und während des NS-Regimes SA-Führerschule, in den sechziger Jahren unterhielten Ordensfrauen der Ursulinerinnen dort eine Hauswirtschaftsschule. Im Jahr 1980 wurde das Wasserschloss sorgfältig restauriert und zu einer sehr stilvollen Anlage von noblen Eigentumswohnungen umgebaut…
… Normalerweise ist Schloss Schwindegg für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Aber mir war das Glück gestern Nachmittag hold, bei meiner Erkundungstour fand ich am großen schmiedeeisernen Parktor heraus, dass die Fußgängerpforte unverschlossen war. Und so stahl ich mich vorsichtig auf leisen Sohlen hinein… 😉
… Auf dem Weg vom Vorschloss über die gemauerte, sanft geschwungene Brücke in den wunderschön gestalteten Innenhof…
… Der stille Wassergraben rund um das Schloss mit seinen grade sanft erblühenden Seerosen und Iriden in der milde werdenden Sonne des Spätnachmittags ließ mich an Gemälde von Monet denken…
… Und die Rosenbeete im Hof des Vorschlosses quollen schier über vor sommerlicher, hinreissend duftender Blütenpracht…
… Die gepflegte Schönheit des Wasserschlosses und seiner Umgebung milderten den schlimmen Schrecken, den ich am Bahnhof bei meiner Ankunft erlitten hatte – davon erzähle ich euch garantiert demnächst…
… Ich wünsche euch frohe, unbeschwerte und schöne Pfingsttage…
… Am 9. April 1945 verstarb der Kunstschreiner und Widerstandskämpfer im KZ Dachau. Er führte am 8. November 1939 im Münchner Hofbräukeller ein Bomben-Attentat auf Hitler und fast die gesamte NS-Führungsspitze aus, das nur knapp scheiterte…
… Lediglich dreizehn Minuten vor der Detonation, die acht Menschen den Tod brachte, und viele verwundete, verließ Hitler mit seinem Tross den Hofbräukeller – dreizehn Minuten früher als geplant…
… Nach dem Krieg wurde Georg Elser von ehemaligen Nazi-Schergen verleumdet. Historiker weigerten sich lange Zeit beharrlich, sich mit dem Hitler-Attentäter zu beschäftigen, da er angeblich eine NS-Marionette gewesen sei. Erst durch die Entdeckung der Verhörprotokolle im Jahr 1964 konnten sämtliche Gerüchte und Diffamierungen Elsers widerlegt werden. Nur langsam fand ein Wandel in der Erinnerungskultur statt…
… Am 9. April 2019 wurde am Haus in der Türkenstraße 94, in welchem Georg Elser vor seinem Anschlag gelebt hatte, eine Gedenktafel angebracht…
… Die Band Dreiviertelblut ehrt den Hitler-Attentäter mit einem beeindruckenden Lied:…
… Benannt ist dieser historische Ort nach dem Heiligen Emmeram, Mitte des 7. Jahrhunderts Bischof von Poitier und anschließend Regensburgs, der auf eine gar grausige Weise den Märtyrertod erlitten haben soll – man hatte ihm bei lebendigem Leibe nach und nach sämtliche Glieder abgeschnitten. Jahre später ließ der damalige Herzog Theodo die bei Aschheim im Osten Münchens begrabenen sterblichen Überreste Emmerams exhumieren und auf einem Floß nach Regensburg überführen. Just an der Stelle des heutigen Biergartens soll seinerzeit das Floß mit dem Leichnam in die Wasser der Isar gelassen worden sein…
… Eine Mühle St. Emmeram, in welcher zunächst nur die ansässigen Bauern ihr Korn zu Schrot mahlen durften, wurde urkundlich im 11. Jahrhundert zum ersten Mal erwähnt. 1825 erhielt das Anwesen die Konzession zum Bierausschank, 1866 wurde es zur heutigen Gestalt umgebaut, und 1903 vollständig in eine Gastwirtschaft umgewandelt. Besonderen Zulauf erhielt die St. Emmeramsmühle gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als die damalige Künstlerszene des nicht weit entfernt liegenden Schwabing diesen Ort als einen idyllischen Treffpunkt auserkor. Vor einigen Jahren erlangte die einstige Wirtin Nina Zacher traurige Berühmtheit – sie war an ALS erkrankt, und hatte, um auf diese Krankheit aufmerksam zu machen, ihr Leiden publik gemacht…
… Unweit der Wirtschaft befindet sich eine kleine Kapelle, ein 1866 errichteter Ersatzbau für den Mitte des 18. Jahrhundert geweihten und im Zuge der Säkularisation im Jahr 1820 abgerissenen Wallfahrtsort, dessen Ausstattung von den berühmten Brüdern und Barockkünstlern Cosmas Damian und Egid Quirin Asam angefertigt worden war. Was mag das einst für ein wunderschönes barockes Kleinod gewesen sein…
… Dieses Backsteingebäude fand ich ganz besonders interessant, ich vermute mal, es handelt sich dabei um einen Überrest des einstigen Mühlenkomplexes. Meine Überraschung war schon groß, als ich im Laufe meiner Betrachtungen feststellen musste, dass es die Toiletten beherbergt… 😉
… Überquert man auf der nahen Brücke den Isarkanal, befindet man sich binnen weniger Minuten im schönen Naherholungsgebiet der Isarauen – Natur pur, und das nur wenige Kilometer vom lärmenden Zentrum des „Millionendorfes“ München entfernt…
… Obwohl natürlich auf meinem kleinen Rundkurs ein gerüttelt Maß an Sonntagsspaziergängern, Joggern und Radfahrern meinen Weg kreuzten, durfte ich doch ein paar feine Naturbeobachtungen machen. Eine Schwanzmeise zum Beispiel, die sich an den Resten des in einem Gebüsch aufgehängten Winterfutters gütlich tat…
… Sowie einen Zwergtaucher – noch nie hatte ich dieses Federvieh zu Gesicht bekommen! Ich hatte bis gestern abend – danke, lieber Jürgen, für deine profunde Auskunft! – überhaupt keine Ahnung davon, dass es so einen Wasservogel überhaupt gibt!…
… Blesshühner sind wahre Meister darin, übers Wasser zu laufen… 😉
… Noch eine Handvoll weiterer Eindrücke…
… Mitte der Woche wird es mich voraussichtlich wieder in Richtung Berge ziehen. Ich freue mich schon darauf, euch davon zu berichten. Habt es fein, meine Lieben…
… liegt im Westen Münchens, unweit des Nymphenburger Schlossparks. Ursprünglich – zu Beginn des 18. Jahrhunderts – befand sich auf dem parkähnlichen Gelände, damals noch weit draußen vor den Toren der Stadt, eine kurfürstliche Fasanenzucht. Ab 1767 baute man dort Hopfen an, dessen Qualität wohl weit und breit seinesgleichen suchte. Trotzdem wandelte man den Ort nur wenige Jahre später in eine Maulbeerbaumplantage um. Man wollte mittels einer Seidenraupenzucht die teuren Importe von Seide unnötig machen. Allerdings verschlang dieses Unternehmen weitaus mehr Kosten, als es an Erträgen einbrachte. So beauftragte der damalige, höchst unbeliebte, bayerische Kurfürst Karl Theodor seinen Oberstjägermeister damit, einen mit ca. einhundert Dam- und Edelhirschen bestückten „Tiergarten“ anzulegen, der auch vom Volke aufgesucht werden dürfe. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde das sogenannte Jägerhaus erbaut, und einige Jahre danach in eine öffentliche Lokalität umgewandelt…
… Heutzutage ist der Königliche Hirschgarten samt dem ihn umgebenden Park eines der beliebtesten Ausflugsziele für MünchnerInnen und Gäste aus aller Welt…
… Noch ist die riesige Freischankfläche trotz wärmendem Vorfrühlingssonnenschein recht leer. Aber ich bin ganz sicher, dass dies in Bälde schon ganz anders aussehen wird…
… Ein wahres Kleinod ist die ca. dreißig Meter lange Laube an der Westseite des Biergartens, eine originelle Mixtur aus gemütlicher Einkehr und Freiluft-Galerie, in welcher naive Malereien mit Bezug zu bayerischen Traditionen gezeigt werden…
… Demnächst werde ich euch virtuell zum Hirschgehege unweit des Biergartens mitnehmen. Dort befindet sich nämlich nach wie vor eine Herde Damwild, und die Hirsche und ihre Kühe begeistern wie schon vor Jahrhunderten große und kleine BesucherInnen…
… Am Freitag wagte ich einen zweiten Versuch, mich per Bahn zum Tegernsee zu begeben – und siehe da, diesmal klappte die etwa einstündige Reise wie am Schnürchen…
… Es herrschte bestes Spätwinterwetter, die Sonne lachte vom Himmel, und mir hüpfte während meines Rundgangs durch den Ort Tegernsee immer wieder das Herz vor Freude…
… Das knapp neun Quadratkilometer große und langgezogene Gewässer liegt etwa fünfzig Kilometer südlich von München, am Rande der Nordalpen. Der Name leitet sich höchstwahrscheinlich von der altdeutschen Bezeichnung Tegarin Seo – großer See – her. In Bayern trägt er wegen der an seinen Ufern recht zahlreich hausenden alt- und neureichen „Zuagroastn“ (Hinzugezogenen) auch den Spitznahmen Lago di Bonzo… 😉
… Der See entstand nach der sogenannten Würm-Eiszeit vor ca. 10.000 Jahren, in der Bronzezeit führte anscheinend eine Wanderroute der Kelten durch das Tal, die erste Besiedelung fand allerdings wohl erst zu Beginn des 6. Jahrhunderts statt. Im 8. Jahrhundert gründeten die Brüder Adalbert und Oatkar, die dem ursprünglich fränkischen Adelsgeschlecht der Agilolfinger angehörten, ein Kloster am östlichen Ufer des Tegernsees. Die Legende besagt, dass die Beiden mit ihren Familien einst am Hofe des Frankenkönigs Pippin gelebt hatten. Pippins Sohn soll, weil er ein schlechter Verlierer war, Oatkars Nachkömmling mit einem Schachbrett erschlagen haben. Daraufhin rief der König Adalbert und Oatkar zu sich und fragte sie, wie sie einem schrecklichen Übel begegnen würden, welches nicht mehr zu ändern sei. Man müsse es gottergeben und mit Gleichmut hinnehmen, entgegneten die Brüder. Danach eröffnete ihnen Pippin, was sich zugetragen hatte. Vor Trauer, Schmerz und ohnmächtiger Wut – sie durften ja nicht gegen ihren eigenen Ratschlag handeln – kehrten die Agilolfinger Fürsten dem Hofe Pippins den Rücken und ließen an einem besonders schönen und sonnigen Uferstück des Tegarin Seo ein Kloster errichten…
… Neben vielen Bausünden, die dem Tourismus geschuldet sind, habe ich zu meiner Freude im Ort Tegernsee allerdings auch manche baulichen Schönheiten entdecken dürfen. Ganz zweifelsohne gehört das Feuerwehrhaus dazu…
… Ich spazierte gemächlich zunächst auf der teilweise auf einem Steg im See verlaufenden Promenade dahin, und dann entlang der Hauptstraße durch die Ortschaft wieder zum Bahnhof zurück…
… Das Schloss Tegernsee mit den beiden weithin sichtbaren hohen Türmen der Basilika war bis zur Säkularisation im Jahre 1803 eine Benediktinerabtei. Danach verfiel es zusehends, bis es im Jahr 1817 vom ersten bayerischen König Max I. Joseph erworben und zu einem Landsitz umgestaltet wurde. Das Anwesen befindet sich nach wie vor im Besitz des bayerischen Adels- und Herrschergeschlechts der Wittelsbacher. Inzwischen wird es sowohl als Wohnsitz der Familie des Herzogs Max Emanuel von Bayern genutzt, als auch als Gymnasium, Brennerei und Brauerei…
… Und weil ich euch unbedingt noch etwas über zwei Tegernseer Anwesen erzählen muss, die mir am Freitag ganz besonders aufgefallen sind, gibt es demnächst einen zweiten Teil meiner kleinen Exkursion vom Freitag… 😉
… zählt für mich zu den schönsten Münchner Traditionen…
… Laut Legende wurde München im Jahr 1517 von einer furchtbaren Pest-Epidemie heimgesucht. Viele tausend BewohnerInnen fielen der verheerenden Seuche zum Opfer. Die Überlebenden waren mutlos, niedergeschlagen, voller Trauer ob der schier ungezählten Toten, sie wagten sich angsterfüllt nicht mehr aus ihren Häusern. Da beschlossen die Männer der Schäffler-Zunft (Fass- und Bottichmacher), ihren Mitmenschen neuen Lebensmut zu verleihen. In ihre festlichen Uniformen gekleidet und mit Immergrün und Bändern in den weiß-blauen Landesfarben umwickelte Fassdauben tragend fanden sie sich auf den Münchner Plätzen ein, und zeigten einen heiteren, aus einer komplizierten Schrittfolge bestehenden Tanz. Begleitet wurden sie von zwei Kasperln (Narren), die übermütig herum tollten, und den ZuschauernInnen russige Nasen verpassten…
… Die Münchner Schäffler legten einen Eid ab: Sollte die Pest ein Ende haben, und keine weiteren Opfer mehr fordern, so würden sie diesen Tanz in Zukunft alle sieben Jahre aufführen…
… Und so geschah es. Die Pestepidemie kam zum Erliegen, und die Schäffler tanzen heute noch alle sieben Jahre auf den Plätzen Münchens…
… Heuer ist es wieder einmal so weit, seit Heilig Drei König und noch bis zum Aschermittwoch kann man sich an der schönen Darbietung erfreuen. Und da die Schäffler am Mittwoch Nachmittag ganz in meiner Nähe auftraten, habe ich es mir natürlich nicht entgehen lassen, ihnen wieder einmal voller Freude zuzusehen. Natürlich ist dabei das eine oder andere Bild im Kasten gelandet… 😉
… gab es zwischen dem südostbayerischen Städtchen Laufen und dem österreichischen Nachbarort Oberndorf, der sich bis Ende des 19. Jahrhunderts etwa einen halben Kilometer nördlicher befunden hatte als heutzutage, einen hölzernen Steg über die Salzach. Im Laufe der Zeit wurde dieser immer wieder von teils sehr schweren Fluten zerstört. Nach einem verheerenden Hochwasser von noch nie dagewesenem Ausmaß legte man sämtliche bisherigen Pläne für eine neue Holzbrücke ad acta und entschied sich dazu, im Osten Laufens eine höchst stabile Konstruktion aus Stein und Stahl zu errichten, sowie den Ortskern von Oberndorf um ca. 600 Meter südlich auf höheres Gelände zu verlegen. Die Bauarbeiten begannen im Dezember 1901, im Mai 1903 wurde die Brücke, ein gemeinsames Werk der K.-u.-K.-Monarchie Österreich und dem Königreich Bayern, dem Verkehr übergeben…
… In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges drohte ein Oberndorfer SS-Oberleutnant, das Bauwerk in die Luft zu sprengen, die wunderschöne Konstruktion war bereits vermint worden. Zum Glück gelang es einigen mutigen Oberndorfer und Laufener Bürgern, quasi in letzter Sekunde die Sprengsätze zu entschärfen…
… Was wäre es schade um dieses architektonische und ingenieurstechnische Meisterwerk gewesen! Von 2005 bis 2007 wurde die Laufener Salzachbrücke gründlich renoviert. Sie steht sowohl in Österreich als auch in Bayern unter Denkmalschutz und gilt zu Recht als eine der schönsten Brücken Mitteleuropas…
… Von der noblen Salzachbrücke aus hat man einen schönen Blick auf die Berge des Salzburger und Berchtesgadener Landes…
… Nachdem ich eine geraume Weile auf der Salzachbrücke verbracht hatte, wandte ich mich nach links und spazierte etwa einen halben Kilometer auf dem Damm entlang, der zum Schutze Oberndorfs vor Überflutungen längs der Salzach errichtet worden war. Bei meinem Ausflug kurz nach den Weihnachtsfeiertagen wollte ich mir nebst der Laufener Barockkrippe und der Salzachbrücke noch eine weitere Sehenswürdigkeit ansehen…
… Inmitten des einstigen Oberndorfer Ortskerns, mittlerweile zu einer Art Schaudorf für Touristen aus aller Welt gestaltet, steht auf einem kleinen künstlichen Hügel eine Kapelle. Sie nimmt den Platz der ehemaligen Oberndorfer Kirche St. Nikolai ein, die beim Hochwasser 1899 unrettbar beschädigt worden war und abgerissen werden musste. Just in jener Kirche erklang 1818 zum allerersten Mal das berühmteste Weihnachtslied der Welt „Stille Nacht, Heilige Nacht“, ein durch den Lehrer Franz Xaver Gruber vertontes Gedicht des jungen Hilfspfarrers Joseph Mohr, dargebracht auf der Gitarre, und als Notlösung gedacht, da die Kirchenorgel defekt gewesen war. Nachdem eine fahrende Tiroler Händlerfamilie, die Geschwister Strasser, das Lied während einer Leipziger Christmette vorgetragen hatte, begann dessen bahnbrechende weltweite Verbreitung…
… Links Josef Mohr, rechts Franz Xaver Gruber…
… Ich warf in der Abenddämmerung einen letzten Blick zurück auf Laufen, und begab mich dann zum winzig kleinen Oberndorfer Bahnhof, um mich in einem Züglein der Regionalbahn gemütlich nach Salzburg schaukeln zu lassen…
… schmiegt sich an der Grenze zu Österreich auf einer recht schmalen Halbinsel in eine kühne Schleife des Flusses Salzach. Der Ortsname hat übrigens nichts mit der Gangart zu tun, sondern ist auf das altdeutsche Wort „loufa“ für Stromschnelle zurück zu führen…
… Urkundlich wird Laufen das erste Mal ca. 750 A. D. erwähnt, besiedelt war die Salzachhalbinsel allerdings bereits zu Zeiten der Kelten und Römer. Kaiser Ludwig der Bayer – eine überaus interessante Persönlichkeit, er regierte das Heilige Römische Reich Deutscher Nation von 1328 bis zu seinem Tode 1347 – hatte seinerzeit angeordnet, dass das Salz, welches in Hallein gefördert wurde, nur mehr auf der Salzach transportiert werden durfte. Nahe Laufen ragte ein großer, ausgesprochen hinderlicher Felsen, Nocken genannt, in den Fluss, die Fracht musste von Land aus vorsichtig durch die Stromschnellen bugsiert und häufig auch von kleinere auf größere Plätten – kiellose und kastenförmige Arbeitsschiffe, die vor allem im Alpen-Donau-Raum Anwendung fanden – umgeladen werden. Von den erhobenen Zöllen, den Erträgen aus Übernachtungen sowie dem Schiffbau profitierten die Laufener natürlich sehr…
… Die Stadt gehörte ursprünglich zum Salzburggau des Herzogtums Baiern, der sich nach und nach vom Mutterland ablöste und ab 1328 als eigenständiger Staat firmierte. Den lästigen Nocken sprengte man gegen Ende des 18. Jahrhunderts. 1816 wurde Laufen samt dem sogenannten Rupertiwinkel Bayern zugeschlagen und Grenzstadt. Nach dem Bau der Eisenbahn Mitte des 19. Jahrhunderts kam der Salztransport auf der Salzach zum Erliegen. Das einstmals so florierende Städtchen fiel danach leider ziemlich der Bedeutungslosigkeit anheim…
… Dominiert wird die kleine, gut erhaltene historische Altstadt Laufens von der wuchtigen Stiftskirche, die als die älteste gotische Hallenkirche Bayerns gilt. Im kreuzgangähnlichen Bogengang, der an drei Seiten das Gotteshaus umschließt, hat man ab dem 15. Jahrhundert wohlhabende verstorbene Laufener BürgerInnen zur letzten Ruhe gebettet…
… Laufen liegt in einer sogenannten Kulturlandschaft im südöstlichsten Teil Bayerns, welche dem ersten Salzburger Bischof, dem Heiligen Rupert zu Ehren der Rupertiwinkel genannt wird. Rupert – er lebte von ca. 650 bis 718 A. D. – ist der Schutzpatron des Salzbergbaus und der Hunde. Der Legende nach soll er die nach einem Raubzug der Hunnen verwüsteten Solequellen im nahen Bad Reichenhall durch einen Schlag mit seinem Bischofsstab gegen einen Felsen wiederentdeckt haben…
… Der berühmteste Sohn Laufens war ohne Zweifel der im Jahr 1654 geborene Kaiserliche Hofmaler Johann Michael Rottmayr, Baron von Rosenbrunn. Er galt als einer der ersten Barockmaler. Wahrscheinlich wurde sein Talent bereits in der Kindheit von seiner Mutter gefördert. Um 1675 ging er nach Venedig, um seine Kunst zu vervollkommnen. Ab 1695 lebte er am Kaiserlichen Hof in Wien, wo er bis zu seinem Tode im Jahr 1730 überaus erfolgreich wirkte…
… Eine der schönsten Brücken Deutschlands wurde von 1896 bis 1903 zwischen Laufen und dem österreichischen Nachbarort Oberndorf errichtet, nachdem immer wieder verheerende Hochwasser der Salzach den alten hölzernen Steg zerstört hatten. Doch davon erzähle ich ein andermal…
… gilt nicht nur als einer der Helden der Sendlinger Mordweihnacht 1705, sondern als der bayerischer Volksheld schlechthin. Schon bei der Belagerung Wiens durch das schier übermächtige Heer der Osmanen und dem Großen Türkenkrieg soll er an der Seite des bayerischen Kurfürsten Max Emanuel Herausragendes geleistet haben. So soll er zum Beispiel das fest verschlossene Belgrader Stadttor mit einem einzigen Hieb einer armdicken, baumlangen Stange geöffnet haben…
… Er wird als einer der Anführer des bayerischen Volksaufstandes 1705 beschrieben, schon über siebzig Jahre alt, aber von hünenhafter und muskelbepackter Statur. Seine Waffe war eine zentnerschwere, mit tödlich scharfen Nägeln gespickte Keule. Am Abend des Massakers bei der alten Sendlinger Kirche St. Margaret setzte er sich mit schier übermenschlicher Kraft zur Wehr, in der einen Hand die bayerische Fahne schwingend, in der anderen die Keule, mit welcher er seine Feinde niedermähte, wie ein Bauer sein Getreide, aufrecht wie ein Baum inmitten der über tausend, großenteils unbewaffneten, ermordeten Rebellen, in deren vergossenem Blut watend. Bis er durch einen Schuss in den Rücken durch einen Soldaten der Habsburger Besatzer feige niedergestreckt wurde…
… Man hat ihm nicht nur am Schauplatz der Sendlinger Mordnacht ein Denkmal gesetzt, sondern natürlich auch in seinem angeblichen Heimatort Kochel…
… Leider haben mittlerweile die historischen Forschungen ergeben, dass es diesen Schmied von Kochel in Wahrheit nie gegeben hat. Mag sein, dass der nachweislich am Volksaufstand beteiligte Schmied Balthasar Riesenberger, aus Bach bei Holzolling nahe Weyarn stammend, einem Dorf gut zehn Kilometer südöstlich von München, als eine Art Vorbild für den von Sagen umwobenen Kämpfer diente. Aber – „nix gwiss woaß ma ned“…
… Die überaus dramatischen, mit sehr viel Phantasie ausgeschmückten Legenden über den erfundenen bayerischen Volkshelden wurden wohl in die Welt gesetzt, um den Schrecken der Sendlinger Mordweihnacht und die Niederlage des bayerischen Volksaufstandes erträglicher zu machen. Zudem bietet doch jede dramatische Epoche der Menschheitsgeschichte – egal, ob im großen Rahmen oder eher im kleineren – einen überaus fruchtbaren Nährboden für Sagen von tollkühnen, wagemutigen, dem Feinde und dem Tode furchtlos gegenüber tretenden Recken. Und wir kleinen Erdenbürger benötigen seit jeher Vorbilder der Treue, Tapferkeit und Ehre, und jene Geschichten über sie, die man sich am prasselnden Lagerfeuer genauso gut erzählen kann wie im Schein künstlichen Lichts – in heutigen Zeiten vielleicht so sehr wie niemals zuvor…
… Gegen Ende des 17. Jahrhunderts ernannte der kinderlose, spanische König Karl II., ein Habsburger, den Kurprinzen Joseph Ferdinand, ältester Sohn des bayerischen Kurfürsten Max Emanuel zu seinem Nachfolger und Erben. Doch der Bub verstarb völlig überraschend 1699 im Alter von sechs Jahren. Als im letzten Testament Karls II. ein Enkel des französischen Königs Ludwigs XIV. zum Alleinerben Spaniens ernannt wurde, kam es 1701 zum Spanischen Erbfolgekrieg. Max Emanuel schlug sich auf die Seite der Franzosen. Am 13. August 1704 erfolgte in der zweiten Schlacht bei Höchstädt die Niederlage der bayerisch-französischen Allianz. Der Kurfürst floh in die Spanischen Niederlande – heute Belgien – Bayern wurde von den Truppen der Habsburger besetzt…
… Der österreichische Kaiser Joseph I. ließ die Steuern drastisch erhöhen, zudem trat im gesamten Kurfürstentum eine Zwangsaushebung in Kraft, d. h. die Männer Bayerns wurden teilweise mit recht rüder Gewalt zum Militärdienst genötigt. Wer die überhöhten Steuern nicht zahlen konnte, fiel Plünderungen und Zerstörungen zum Opfer…
… In der Bevölkerung regte sich heftiger Widerstand. Unter der Losung „Liaba boarisch sterbn wia kaiserlich verderbn!“ kam es immer häufiger zu Attacken gegen die Besatzer. Im frühen Winter 1705 wurden die Städte Burghausen, Braunau und Kelheim von den Aufständischen besetzt…
… Matthias Aegidius Fuchs und Georg Sebastian Plinganser, zwei der herausragenden Anführer der revolutionären Bewegung, schmiedeten den Plan, mittels einer Art Sternmarsch sämtliche Aufständischen beim Kloster Schäftlarn, etwa 20 Kilometer südwestlich von München gelegen, zu versammeln, um die Habsburger Truppen aus der Hauptstadt und letztendlich aus ganz Bayern zu vertreiben…
… Doch der sorgfältig ausgetüftelte Plan schlug fehl. Die Rebellen – etwa 16.000 an der Zahl – wurden von kaiserlichen Truppen aufgerieben. Etwa elfhundert Aufständische lagerten bei Sendling, und warteten in der bitterkalten Christnacht ungeduldig auf weitere Befehle. Dann gingen auch hier kaiserliche Truppen in Stellung. Die bayerischen Oberländer ergaben sich. Die Offiziere der Besatzer nahmen zum Schein die Kapitulation an – und ließen danach die Unbewaffneten, die sich teilweise auf den Friedhof der kleinen Kirche St. Margaret geflüchtet hatten, grausam niedermetzeln. Nur einige wenige überlebten das entsetzliche Blutbad, dem ca. 1.100 Männer zum Opfer fielen. Man schrieb den 24. Dezember 1705…
… Das Dorf Sendling lag damals einige Kilometer außerhalb der Tore Münchens, inzwischen ist es von der Millionenstadt völlig verschluckt worden. Nur einigen Anwesen rund um die Kirche St. Margaret, dem Hauptschauplatz des Gemetzels, wohnt noch eine leichte dörfliche Atmosphäre inne. Das kleine, ursprünglich spätgotische Gotteshaus wurde in der Sendlinger Mordweihnacht dermaßen schwer beschädigt, dass es abgerissen und zwischen 1711 und 1713 im barocken Stil wieder aufgebaut wurde…
… Auf dem früheren kleinen Friedhof hat man auf einem verwahrlosten Grabhügel, unter dem etwa 500 ermordete Aufständische ihre letzte Ruhestätte gefunden haben sollen, 1830 eine Gedenkstätte errichtet. Auch heute noch werden hier, sowie in anderen Schauplätzen des Volksaufstandes – Wasserburg, Miesbach und Bad Tölz – am späten Nachmittag des Heiligabend Kränze niedergelegt und mit Fackelzügen bayerischer Traditionsvereine und Schützenverbände der Toten gedacht…
… An der nördlichen Außenwand des Kircherls St. Margaret befindet sich unter einem kleinen Satteldach ein im Jahr 1830 geschaffenes Fresko, das die Sendlinger Mordweihnacht darstellt…
… Am 8. Januar 1706 erlitten die Aufständischen in der Schlacht von Aidenbach, etwa zehn Kilometer westlich von Passau, eine verheerende Niederlage. Nach Friedensverhandlungen in Salzburg kapitulierte am 18. Januar 1706 Burghausen als letzte von den Rebellen noch besetzte Stadt. Dies war das Ende der bayerischen Volkserhebung. In Folge milderte die Habsburger Kaiserliche Administration in Bayern ihren Kurs. Die Steuern wurden deutlich gesenkt, und die Zwangsrekrutierungen eingestellt. In den nächsten neun Jahren unter kaiserlicher Herrschaft konnte sich Bayern wenigstens in bescheidenem Maße wieder etwas erholen…
… Hatte die sogenannte bayerische Volkserhebung früher eine eher regionale Bedeutung, wird sie von vielen Historikern mittlerweile als „erste Revolution der neueren Geschichte“ angesehen…
… Einige Impressionen aus dem Inneren des Sendlinger Kircherls St. Margaret…
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