Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Liebe zu einem fernen Land…

… Wann hat sie begonnen? Ich kann das nicht sagen. Möglich, daß mir diese Affinität bereits „in die Wiege gelegt“ worden ist…

… Schon als kleines Schulmädel hat mich Amerika fasziniert. Genauer gesagt die Vereinigten Staaten. Ich verschlang schier alles, alles, was es über dieses ungeheuer große, wunderbare, erschreckende Land zu lesen und zu sehen gegeben hat. Ich wußte über die Geschichte der USA besser Bescheid als über die des eigenen Heimatlandes…

… Im Alter von zehn Jahren bekam ich ein kleines, silbern glänzendes Kofferradio mit meterlanger Teleskopantenne geschenkt. Auf meinen Streifzügen durch den rauschenden Äther entdeckte ich schon sehr bald, daß im Österreichischen Rundfunk ein Moderator namens Connie Tex Hat regelmässig jeden Sonntag abend zwischen sieben und acht Uhr seine eigene Sendereihe hatte. Über Amerika. In meine Bettdecke gewickelt, zusammen gekuschelt, die Ohrmuschel atemlos gegen den Lautsprecher gepresst verpasste ich jahrelang nicht eine einzige seiner Ausführungen. Mit einem ungeheueren Wissen, sehr sorgfältig recherchiert, mitreißend erzählte er von den mühseligen, von Schwierigkeiten, Krankheiten, Unbillen gezeichneten Anfängen der ersten Siedler. Über die Historie, Sitten und Gebräuche der vielen, vielen, inzwischen so sehr oft ausgerotteten oder furchtbar dezimierten Indianerstämme. Den Unabhängigkeitskrieg gegen die beinahe unüberwindlich erscheinende Übermacht der Engländer. Die großen Trecks, welche die ungeheuere Weite, Einsamkeit, Unberührtheit des Landes Richtung Westen durchzogen. Die Abenteuer der legendären Trapper und Westernhelden. Die Goldräusche in Kalifornien und am Klondike. Über den amerikanischen Bürgerkrieg. Einmal im Monat stellte er die neuesten Hits der Country Music vor. Ich lernte die Rhytmen von Johnny Cash (mein Lieblingssong von ihm seit jenen Tagen: „A Boy named Sue“) und June Carter kennen, von Hank Snow, Arlo und Woody Guthrie, Loretta Lynn, und den damals noch sehr jungen, aufstrebenden Stars John Denver und Willie Nelson kennen und lieben. Es gab auch Aufzeichnungen aus der legendären „Gran‘ Ol‘ Opry“ in Nashville, Tennessee. Meine Liebe zu Amerika, meine Sehnsucht nach diesem fernen großen Staat wucherte in meinen Träumen, meiner kindlichen Seele einem „Unkraut“ gleich…

… Als ich das erstemal den Boden der USA betreten durfte, war ich dreiunddreißig Jahre alt. Ich bin für eine Woche nach New York geflogen. The Big Apple. Die Stadt, die niemals schläft. Das stimmt voll und ganz. Ich logierte in einem Hotel Ecke Fifth Avenue/33. Straße, welches in den späten dreißiger Jahren von Glenn Miller mit dem Swinghit „Pennsylvania Six Five Thousand“ (immer noch die Telefonnummer des Hauses) verewigt worden ist. Man dankte es dem Großen Meister und Bandleader der Swing-Ära, indem man von morgens früh bis in die Nacht hinein in der Lobby die Gäste mit Musik von Glenn Miller beschallte. Ich fühlte mich auf der Stelle in dieser Weltmetropole, in Amerika, ausgesprochen wohl. Irgendwie zuhause. Als würde ich nach langer Abwesenheit in eine Heimat zurück kehren…

… In der Zwischenzeit habe ich insgesamt sechs Reisen in die Staaten unternommen: Zweimal New York, dreimal Florida, einmal drei unvergessliche Wochen auf Oahu, Hawai’i. Und jedesmal wächst dieser Eindruck des Heimkommens. Die Vertrautheit mit Land und Leuten…

… Was mir bei meinen Touren so gut gefallen hat? Die Leichtigkeit, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Man ist aufgeschlossen, geht aufeinander zu. Mag sein, daß die meisten Unterhaltungen oberflächlich sind. Aber man spricht wenigstens miteinander! Die Größe, die Weite, die Schönheit, die Bläue des Himmels, die tief türkisfarbene Tönung des Meeres. Das sanfte Rauschen der Palmen im Seewind. Die Schleier des Sassafrasgrases an den knorrigen, alten Bäumen in den Straßen St. Augustine’s oder Key West’s. Die Bandbreite zwischen hoher Zivilisation und Rückständigkeit, Urbarkeit. Daß der alte Pioniergeist irgendwie immer noch vielerorts zu spüren ist. Die Lässigkeit. Vor allem in Florida und auf Hawaii scheint man die Wörtchen „Stress“ und „Eile“ nicht zu kennen. Die Wohlerzogenheit. Einem Amerikaner würde es nie im Traum einfallen, sich selbständig in einem Lokal an einen nicht abgeräumten Tisch zu setzen. Oder unwirsch nach der Bedienung zu winken oder zu rufen. Der wunderbare Service! Alleine bei der Bestellung eines simplen Frühstücks wird gefragt: „Wie wollen Sie die Eier zubereitet haben? Mit Speck, Schinken oder Würstchen? Möchten Sie Hash Browns, Grits oder Homefried Potatoes dazu? Weißen oder Vollkorn-Toast? Brauchen Sie Ketchup oder eine andere Würzsauce? Einen frischen Orangensaft? Ein Glas Eiswasser?“ Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft Fremden gegenüber. Man wartet geduldig. Man steht auch geduldig Schlange, vor Sehenswürdigkeiten, bei Behörden. Und nie, nie ist ein böses Wort zu hören! Man entschuldigt sich auf der Stelle, wenn man einen Fremden auf der Straße anrempelt oder ihm auf die Füße tritt. Die Rücksichtnahme und Coolness der Autofahrer (außer in L. A. und vielleicht auch New York). Man kann suchend mit zehn Meilen/Std. auf der rechten Fahrspur dahin schleichen, ohne wütendem Hupen, Beschimpfungen oder bösen Gesten ausgesetzt zu sein. Die Sauberkeit allerorten. Was mir nach meiner Rückkehr vor einigen Tagen am Münchner Hauptbahnhof als erstes aufgefallen ist? Die überquellenden Abfalleimer, Papiere, Zigarettenstummeln, Überreste von Fast-Food-Mahlzeiten auf dem Bürgersteig. In den USA undenkbar! Daß einem an der Supermarktkasse die Einkäufe eingetütet und sogar zum Auto gebracht werden!… Und mit das Wichtigste: Der kühle, belebende, fordernde, beseligende Atemhauch von Abenteuer, Entdeckertum, Forscherdrang, Wissbegierde… Ach, ja…

… Amerika, ich liebe dich…

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26 Antworten zu “Liebe zu einem fernen Land…”

  1. Da geht es mir wie Dir, mich hat Amerika, das Land, die Geschichte auch schon immer sehr interssiert. Bestimmt würde ich mich da auch sehr wohlfühlen. Mein Traum wäre so in Richtung Rhode Island oder auch Vermont….
    LG, Pertra

  2. bei deinen Erzählungen bekomm ich schon nen kleines Fünkchen Sehnsucht nach der „großen weiten Welt“ 😉 …mal sehen, ob ichs auch irgendwann mal dorthin schaffe *g*..mein Paps verweilt da ja schon fast dauerhaft und scheint zumindest von Boston ganz angetan zu sein. Jetzt ist er direkt in Washington D.C. und baut dort am United Institute of Peace mit.
    Neugierig, wies da grad ausschaut? 😉 Guck mal hier – webcams vor Ort: http://oxblue.com/pro/open/usip

    LG

  3. @Follygirl: Wie schön, eine Seelenverwandte! 🙂
    Oh ja, der sogenannte Indian Summer in den Staaten der nördlichen Ostküste muß schlichtweg umwerfend sein! Maine, das sogenannte Wald-Land würde mich auch reizen – ach, einfach jede Landschaft, jeder Winkel der USA wäre eine Reise wert!
    Liebe Grüße!

  4. @Gunny: Oh, Amerika ist wirklich mindestens eine Reise wert! Ich kann deinen Vater gut verstehen, daß er sich dort drüben wohl fühlt. Und Boston muß ja auch eine schöne Stadt sein. Wenn der Mr. Obama mich nach Erhalt meines Stellengesuchs als Palmenwäscherin in die USA einlädt, kann ich deinen Papi ja besuchen. 😉
    Liebe Grüße!

  5. Ich bin hin und weg, und das, obwohl ich noch nie in den Staaten war. Aus jeder Zeile sprüht Begeisterung, man merkt wie sehr du dieses Land, die Kultur und die Menschen dort liebst 🙂

    Viele liebe Grüße
    Lilo

    • @Lilo: *ggg* Hab ich dich mit dem America-Virus infiziert? 😉
      Ja, das ist eine schon leidenschaftliche Liebe, die mit den Jahren und den Besuchen drüben noch gewachsen ist.
      Herzliche Grüße!

  6. hihi…also wenns dann ans Fensterputzen geht, findeste da bestimmt Arbeit. 😉 Bis dahin kannst du ihm wohl leider nur schwer zur Hand gehen. Er arbeitet dort als Fassadenmonteur mit Glas und Stahl. 😉

    • @Gunny: Ja, bis dahin hab‘ ich vielleicht auch schon meine Palmenwasch- und putzfirma gegründet. Ich könnt‘ ja dann auch eine Fensterputz-Abteilung einrichten. 😉

  7. wie schoen du das alles jetzt hier beschrieben hast.

    ich kann deine sehnsucht gut verstehen. *smile*

    ich sage immer die die auf america schimpfen und uns hier drueben fuer doof, faul, fett und arrogant halten, haben kein bisschen ahnung von uns, unserem land und unserer kultur. als ich das letzte mal bei euch drueben war, so ungefaehr vor 4 jahren, da wurde mir nachgerufen „ami go home“ ich fand das erschreckend da ich das von deutschland her gar nicht gewoehnt war. frueher als ich mit meiner familie drueben war, in den 70’er jahren waren wir immer willkommen und wurden richtig nett behandelt. weil das ganze aber dann so ausgeartet ist, bin ich nicht mehr nach deutschland gekommen, denn ich hatte keine lust mich dumm anmachen zu lassen und die beschimpfungen waren echt mies. ich hoffe dass sich das eines tages wieder aendern wird, denn wie gerne wuerde ich wieder mal nach Deutschland kommen. ich liebe die heimat meiner mutter sehr und habe damals viele schoene erfahrungen machen duerfen als wir drueben waren.

    liebe gruesse
    Samantha

    • @Sammy: Ich glaube, man macht in der Regel die Dinge schlecht, von denen man keine rechte Ahnung hat. Wenn man euch in den USA als doof, faul, fett und arrogant beschimpft, dann projeziert man höchstwahrscheinlich die eigenen ungeliebten Eigenschaften auf etwas Unbekanntes. Darüber solltest du dich bitte, bitte nicht ärgern. Solche Menschen sollte man bemitleiden. Eine derartige Einstellung ist auch äußerst undankbar. Denn wo wären wir hier in Deutschland, wenn es seinerzeit während und nach der Kriegswirren euch Amerikaner nicht gegeben hätte. Das sogenannte deutsche Wirtschaftswunder und die demokratische Bundesrepublik, auch die Wiedervereinigung hätten wir uns ohne euch höchstwahrscheinlich verreiben können.
      Das nächste Mal, wenn du Deutschland besuchst, kommst du ganz einfach zu mir. Und da wirst du mit Freuden empfangen werden und nicht mit Feindlichkeit.
      Doch ich denke, daß die sogenannte Ära von George W. Bush viel an den Vorbehalten gegenüber den Vereinigten Staaten und euch Menschen dort Schuld hat. Und kann mir sehr gut vorstellen, daß während der Amtszeit von Barack Obama, der ja auch uns Deutsche während der heißen Phase eures Wahlkampfes mitgerissen hatte, die Sympathien für Amerika wieder wachsen werden.
      Ganz herzliche Grüße zu dir nach Ohio! 🙂

  8. Freidenkerin, irgendwie schon 🙂 Ich hab hier auch ein Buch über Amerika… das wird vermutlich heute Abend mal wieder den Weg aufs Sofa finden 😉

  9. Das Buch heißt „Amerika, Amerika“ und ist herausgegeben von Frank Grube und Gerhard Richter. Allerdings sind da verschiedene „Geschichten“ von diversen anderen Autoren drin zu finden. Ein sehr schweres Buch… 🙂

    • @Lilo: Schwer vom Gewicht oder der Lektüre her? 😉
      Eines meiner Lieblingsbücher über Amerika bzw. New York ist „Das Herz der Welt“ von Nick Cohn. Der Autor spaziert den Broadway entlang und trifft dort auf verschiedene, recht originelle Gestalten und erzählt deren Geschichte. Es bringt einem The Big Apple sehr nahe.

  10. wie schon viele vor mir schrieben:
    Da bekommt man richtig Lust auf eine Reise nach Amerika!

    Wobei ich die Beobachtungen, die Du gemacht hast, auch in anderen Ländern machen konnte. Die Leute sind freundlicher, höflicher, geduldiger als die Deutschen. Ich könnte Dir da jetzt was von z.B, Irland vorschwärmen …
    Jedenfalls bekomme ich jedesmal, wenn ich wieder zurück komme einen Kulturschock. Am schlimmsten sind die Bayern!
    Leider! Ich bin zwar ein Münchner Kindl, doch was die Umgangsformen betrifft bin ich nicht dacord mit meinen Landsleuten.

    Liebe Grüße
    Claudia

    • @Claudia/Vodia: Ich gebe dir sehr Recht! In vielen Ländern sind die Manieren und die Lebensart der Menschen einfach besser und kultivierter als hier. Das mit dem Kulturschock bei der Rückkehr geht mir auch nach jeder meiner Reisen so. Ich durfte im Herbst die schöne Erfahrung machen, daß die Berliner auch durchweg freundlicher, höflicher und auch offener sind als die Bayern.
      Herzliche Grüße! 🙂

  11. Ich kenne Amerika nicht und bin auch nicht interessiert. Nicht wegen Vorbehalten, sondern mich reizt einfach wenig. Die Natur ist natürlich vielfältig und imposant, bestimmt.

    Was die Freundlichkeit, Entspanntheit etc. angeht, so weiß ich nicht, ob das nicht auch etwas touristengeprägt ist. Man ist eben nicht im Alltag. ich kenne eigentlich kein Land, das mir nicht aufgeschlossen und hilfsbereit war (sofern man nicht mitten im Touri-Gewimmel abgezockt wird, aber da bin ich selten). Wie man eben in den Wald reinruft…
    Ist es in Amerika tatsächlich überall so sauber und nett? Oder liegt das vielleicht auch am (nicht vorhandenen) Mindestlohn? Ist nicht ironisch gemeint. Ich weiß es wirklich nicht.

    • Donkys Freund: Mein Lieber, die Geschmäcker und Ziele sind halt verschieden. Mich würde es z. B. niemals in die slawischen bzw. Ostblock-Länder ziehen. Außer Ungarn. Natürlich nimmt man im Urlaub die menschlichen Gegebenheiten anders wahr, man ist entspannter, vielleicht auch euphorischer. Allerdings haben wir während unserer zweiwöchigen Reise auch oft genug in Gegenden Halt gemacht, die nicht touristengeprägt sind. Und eben dort waren die Menschen, die ich angesprochen habe, sehr hilfsbereit, offen und zuvorkommend. Ob’s überall in den USA blitzblank und sauber und nett ist, kann ich nicht sagen. Ich war eben noch nicht überall – leider. 😉 Aber zumindest dort, wo ich gewesen bin, hat es keinen auf dem Boden verstreuten Müll, keine verschmutzten Bürgersteige, keine überquellenden Mülleimer, keine mit wilder Graffiti verunstalteten Häuserfronten gegeben…

  12. Ich meinte auch eher, ob Menschen zu Fremden gerade außerhalb der Touristengegenden freundlich sind (solange sie sich nicht einnisten). So kenne ich es z.B. aus Schottland. Schroff aber sehr freundlich (ungleich höflich!). Ich frage mich nur, ob das so bleiben würde, wenn man zuzieht und irgendeine Regel des Alltags verletzt.

    Und die ernst gemeinte Frage, ob der Müll vermieden wird oder durch unterbezahlte „Servicekräfte“ einfach schneller entsorgt / gereinigt wird.

  13. @Donkys Freund: Na ja, wir sind während unserer Reise manchmal abseits der Touristenpfade gelandet und auch dort höflich und freundlich behandelt worden. Daß man als Auswanderer in den USA Probleme mit den Gegebenheiten eines doch völlig anderen Kulturkreises bekommen kann, ist Fakt. Viele, die drüben voller Hoffnung und Eifer ihre Zelte aufgeschlagen haben, scheitern. Das ist wohl oft so, wenn bei der Erfüllung eines lang gehegten Traumes die Phantasie und die Realitäten des Alltages aufeinander treffen.
    Die Strafen für das Wegschmeißen von Müll bzw. Zigarettenkippen und das Beschmieren von Wänden sind in Amerika drastisch – wundersam, nicht wahr, wenn man die ansonsten eher lasch betriebene Umweltpolitik betrachtet. Und tagein, tagaus sind Heerscharen von Reinigungskräften beschäftigt, ich vermute, durchaus zu geringen Löhnen bzw. als Ableisten eines sogenannten Sozialen Dienstes, Gerichtsstrafen bei geringeren Vergehen. Anstatt die Delinquenten in die ohnehin überfüllten Justizvollzugsanstalten einzubuchten, werden sie zum Müllklauben, Straßenfegen oder Putzen verdonnert. So was in der Art wird allerdings hierzulande auch allmählich gang und gäbe: Siehe Ein-Euro-Jobber – „Strafdienst“ dafür, daß man aus Gesundheits- oder Altersgründen durch’s sogenannte Soziale Netz fällt…

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