… Ab sofort gilt: Ich bin jetzt mitm Schwarzroten Blitz unterwegs, und alles, was ned bei Drei aufm Baum drobn ist, wird gnadenlos über den Haufen gerannt… 😉
… Weil mir nach meinen Neuanschaffungen die Fotoausrüstung im Rucksack beim Gehen schon gar schwer auf dem Rücken lastet, habe ich mir am Dienstag zumindest für Touren innerhalb der Stadt, wie z. B. durch den Nymphenburger Schlosspark, eine profunde Hilfe zugelegt – einen Rollator. Meine Orthopädin hatte sich zunächst ein wenig geziert, mir das entsprechende Rezept auszustellen, obwohl die Zuzahlung der Krankenkasse ohnehin nur 60 Euronen beträgt, aber meinem Dackelblick konnte sie dann doch nicht widerstehen…
… Im Medizinischen Fachhaus gefiel mir auf Anhieb ein sehr gut verarbeitetes und ausgesprochen leicht laufendes Modell mit Sitz, Lehne und integrierter Einkaufstasche. Nachdem ich eine Weile kreuz und quer durch den weitläufigen Laden Probe gefahren war, wollte ich vom pro forma gezeigten, recht billig und nicht sehr sorgfältig zusammen geschusterten Krankenkassen-Rollator nichts wissen. Der Schwarzrote Blitz musste es sein, der oder keiner! Ich musste dann zwar etwa 230 Euronen draufzahlen, aber ich finde, dass dieses Geld richtig gut angelegt ist…
… Eine kleine Testrunde durch die Münchner Innenstadt bin ich schon gelaufen. Mit dem Rollator gehen ist erstaunlicherweise ganz anders als mit den Wanderstöcken. Daran werde ich mich aber hoffentlich rasch gewöhnen. Gut möglich, dass ich heute eine Tour durch den Nymphenburger Schlosspark unternehmen werde. Tiere beobachten ist ja nun überhaupt kein Problem mehr, ich hab ja jetzt meinen eigenen gemütlichen Sitzplatz dabei, den ich auch als „Arbeitstisch“ zum Objektivwechseln nutzen kann…
… Ich bin noch am Überlegen, ob ich mir eine schrille, laute Hupe zulegen soll. Oder doch eher einen Sturzhelm, falls es mich mal wegen zu hoher Geschwindigkeit aus der Kurve tragen soll. Eines ist sicher, das erste Polizei-Blitzerfoto für zu schnelles Einherbrausen mit dem Rollator werde ich selbstverständlich hier online stellen… 😂
… Gestern nachmittag hatte ich meinen Termin in der nahen Radiologie-Praxis. Eine Stunde später stiefelte ich mit den Bildern im Rucksack zurück nach hause. Und verbrachte danach eine schlaflose Nacht. Immer wieder trieb es mich aus dem warmen Bettchen, immer wieder musste ich die Aufnahmen mit akribischer Genauigkeit studieren, sie mit jenen von Hypophysen- und anderen Tumoren vergleichen, die ich im WWW gefunden hatte. Als absoluter Laie wurde ich daraus natürlich überhaupt nicht schlau, kein Wunder also, dass mich das noch mehr umtrieb…
… Obwohl ich wie gerädert war, machte ich mich am Vormittag auf den Weg zum Neurologen. Ich redete gar nicht lange um den heissen Brei herum, sondern drückte dem Jüngling am Empfang unverzüglich das große Bilder-Kuvert in die Hand. Man hieß mir, zu warten. Und dann gewährte mir mein Doktor ohne viel Federlesen eine lange Audienz von fast einer halben Stunde. Er teilte mir freundlich und behutsam mit, dass ich mir bezüglich meines Hirnkastls überhaupt keine Sorgen zu machen bräuchte, da sei alles in bester Ordnung und weit und breit nichts von einem Tumor oder anderen bösen Dingen zu sehen. Zudem versprach er, mich zu unterstützen, falls es Probleme mit der Genehmigung meiner Rente geben würde. Und er stellte mir in Aussicht, dass er in absehbarer Zukunft vielleicht sogar einen kleinen Nebenjob für mich habe, als Vorleserin für seinen kleinen, dreijährigen Sohn…
… Ich kann momentan gar nicht recht mit Worten ausdrücken, wie erleichtert ich bin! Dass sich meine Befürchtungen als unnötig erwiesen haben, macht mich so froh und dankbar, auch wenn die Ursache meiner Muskelerkrankung nach wie vor im Dunkeln liegt…
… Auf meinem gestrigen Weg zur Radiologie-Praxis habe ich einen kleinen Umweg über den tief verschneiten Alten Nördlichen Friedhof gemacht, und bin ein Viertelstünderl an meinem Lieblingsfutterplatz verweilt, der zu meiner großen Freude wieder sehr eifrig von vielen kleinen, geflügelten Gästen aufgesucht wird…
… Das ist ja mittlerweile nun auch schon wieder zwei Monate her, dass ich zuletzt im Friedrich Baur Institut für Muskelerkrankungen antanzen musste, und mich als Teilnehmerin der genetischen Forschungsstudie der TU München und des Klinikums Rechts der Isar registrieren ließ…
… Seit den Feiertagen lausche ich nun jeden Morgen angestrengt, und lasse voller Erwartung alles stehen und liegen, wenn ich die Schritte des Postboten im Treppenhaus höre. Vielleicht, ja, vielleicht hat er ein Brieflein für mich mit der Nachricht, dass nun endlich die Ursache für meine Muskelerkrankung entdeckt worden sei. Doch bislang war jedes Hoffen vergeblich…
… Ich bin natürlich weiterhin fleißig im Internet auf der Suche nach Fachartikel über Dystrophien und Myopathien, auch wenn ich bisweilen mit Zuhilfenahme einer Übersetzer-Website „fachchinesischer“ medizinischer Ausdrücke sehr viel Zeit benötige, um solche Ausführungen auszuklamüsern. Dabei kamen mir während des vergangenen Jahres immer wieder Artikel unter, die sich mit Tumoren der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) beschäftigen. Und meine Verwunderung darüber, dass sich bislang noch kein einziger der mich behandelnden FachärzteInnen dazu genötigt gesehen hatte, meinen Kopf mal näher zu untersuchen, wuchs immer mehr. Denn Muskelschwund gehört zu den Symptomen einer fremdartigen Wucherung in der Hypophyse, nebst etlichen anderen Beschwerden, von denen einige mir zunehmend zu schaffen machen – massive Schlafstörungen, Gewichtszunahme (obwohl ich seit Mai der Dystrophie wegen eine 1.500-Kalorien/Tag-Diät einhalte, habe ich nur geringfügig abgespeckt), Gleichgewichtsstörungen, und eine recht häufig und schlagartig auftretende, Körper und Geist förmlich lähmende, abgrundtiefe Erschöpfung…… Am heutigen Nachmittag fand ich mich bei meinem Neurologen ein, den ich früher einmal so sehr geschätzt hatte, mittlerweile sind meine Gefühle allerdings ausgesprochen stark abgekühlt, denn ich habe zusehends den Eindruck, von diesem Herrn lediglich verwaltet und nicht behandelt zu werden. Nebst der Verlängerung meiner Arbeitsunfähigkeit – am 15. Januar werde ich endlich meine Rentenanträge stellen können! – wollte ich eine Überweisung für ein Schädel-MRT einfordern. Natürlich geriet ich am Empfangstresen wieder an jenen imkompetenten Jüngling, der mir in der Vergangenheit schon sehr viel Ärger bereitet hatte. Als ich auf die Überweisung zu sprechen kam, meinte er kopfschüttelnd, dass sich das nicht machen lassen würde. „Wieso nicht?“, hakte ich nach. „Na ja, ich kann den Dr. A… doch nicht einfach danach fragen.“ – „Natürlich können Sie das, dafür ist er doch mein Arzt, oder nicht?“ Und seine Kollegin unterstützte mich: „Was machst du wieder für Zicken? Geh doch einfach zu ihm und sag, was die Frau Frei haben möchte!“ – „Ja, und wenn er meint, dass die Frau Frei so was gar nicht braucht…“ Da fiel ich ihm sehr barsch ins Wort: „ICH bin hier die Patientin, die seit eindreiviertel Jahren darauf wartet, endlich eine klärende Diagnose mitgeteilt zu bekommen! ICH bin inzwischen körperlich sehr stark eingeschränkt, schwerbehindert und kann aufgrund dieser besch***enen geheimnisvollen Erkrankung meinen Job nicht mehr ausüben! Und es stößt mir zudem inzwischen außerordentlich sauer auf, dass sich bislang kein einziger von all den Medizinern, die mich behandeln, die Mühe gemacht hat, meinen Kopf mal zu untersuchen, auch der Dr. A… nicht!“ Der inkompetente Jüngling seufzte schwer, und bat mich, im Wartezimmer Platz zu nehmen, er wolle dem Dr. A… mein Anliegen vortragen…
… Man ließ mich beinahe eine Stunde lang sitzen. Ich nahm’s mit Gelassenheit, dergleichen hatte ich mir schon gedacht. Dann bekam ich die eingeforderte Überweisung ausgehändigt. Na, bitte! Geht doch! Ich begab mich stehenden Fußes zur nahe gelegenen Radiologie-Praxis, und erhielt dort für übermorgen (!!!) nachmittag einen Termin für das gewünschte Schädel-MRT. Heureka!…
… Sollte sich ergeben, dass in meinem Hirnkastl nichts wächst, was dort nicht hingehört, dann werde ich mich natürlich darüber sehr freuen, und es wird einige Befürchtungen zerstreuen, die mir während der vergangenen Monate gelegentlich schwer zu schaffen gemacht haben. Sollte sich mein Verdacht bestätigen, dann – nun, ja – werden wir weiter sehen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, einen Hypophysen-Tumor zu behandeln bzw. zu entfernen. Aber ich will mich jetzt gedanklich noch nicht allzu sehr damit befassen, sondern mich erst einmal auf den Donnerstag freuen…
Nach fast eineinhalb Jahren Forschen und Suchen sieht es ganz danach aus, als hätte das Friedrich-Baur-Institut für Muskelerkrankungen nun eine heisse Spur bezüglich der Art und Ursache meines Muskelschwunds gefunden. Es deutet Vieles darauf hin, dass es sich um eine Variante einer sogenannten Gliedergürteldystrophie handeln könnte. Bei dieser sehr seltenen Form einer Dystrophie wird, hervorgerufen durch einen genetischen Defekt, ein bestimmtes Protein namens Dysferlin, das offenbar – ganz genau weiß man das noch nicht – für die Regeneration beschädigter und abgestorbener Muskelfasern zuständig ist, nicht mehr vom Körper produziert. Die Informationen im WWW bezüglich Gliedergürteldystrophie sind recht rar und durchweg im „Fach-Chinesisch“ gehalten. Nachdem ich mich hartnäckig durch einige medizinische Fachartikel geackert habe, sieht es für mich folgendermaßen aus: Prognostiziert wird ein schleichender Verlauf, nach etwa fünfzehn Jahren droht der Rollstuhl. Positiv ist, dass zwar die Lunge in Mitleidenschaft gezogen werden kann, aber nicht das Herz, das Gehirn und die anderen inneren Organe. Des Weiteren ist positiv, dass man inzwischen gute Forschungsergebnisse bezüglich einer Therapie mit einem Medikament erzielt hat, das ursprünglich zur Krebsbekämpfung entwickelt worden ist, teilweise ist es gelungen, die Produktion von Dysferlin sogar erneut anzuregen, zwar abgeschwächt, aber immerhin so weit, dass der Krankheitsverlauf gestoppt werden konnte…
Jetzt, wo das Kind endlich einen Namen hat, bin ich sehr erleichtert. Man will nun noch einmal eine umfangreiche Blutprobe von mir, um die labortechnischen Untersuchungen weiter vertiefen und die Diagnose hieb- und stichfest machen zu können…
… Dieses Symptom der Distalen Myopathie macht mir zur Zeit am meisten zu schaffen…
… Nach meinem Krankenhausaufenthalt vom 10. bis 23. August hatte mich der fesche und sympathische Vertreter meiner Hausärztin noch bis einschließlich Sonntag, 3. September, krank geschrieben. In der darauf folgenden Woche habe ich sechs Tage gearbeitet. Vom 11. bis 17. September hatte ich am Montag und Mittwoch frei. Danach habe ich wiederum sechs Tage durchgearbeitet. Heute wäre der siebte Tag in Folge gewesen. Seit vergangenem Mittwoch hatte ich zunehmend beim morgendlichen Aufstehen das Gefühl, durch einen Fleischwolf gedreht worden zu sein. Heute früh fühlte ich mich ganz elendiglich schwach und schlapp, und hatte den Eindruck, dass meine Gliedmaßen aus schwammigem Gummi bestünden. Ich habe während der letzten zweieinhalb Wochen gewissenhaft darauf geachtet, sorgsam mit meinen eingeschränkten Kräften zu haushalten. Ich bin auch gewissenhaft dem Rat des Neurologen gefolgt, und habe mir verinnerlicht, dass ich ungefähr dreimal mehr Energien verbrauchen muss, um meinen Alltag zu bewältigen, als ein gesunder Mensch. Und dennoch ist da diese übermächtige, furchtbare Schwäche, die mich lähmt, und die an mir zehrt. Ich fühle mich, als würde ich Tonnen wiegen und mich durch zähen Leim bewegen…
… Ich habe mich für heute krank gemeldet. Ab morgen habe ich drei Tage frei, um mich ein wenig zu regenerieren. Ich hoffe so sehr auf Mitte Oktober, auf den nächsten Termin beim FBI, wenn die Untersuchungsergebnisse allesamt ausgewertet sind, und sich erschließen wird, wie man mir am besten helfen kann. Ich hoffe so sehr auf eine Medikation, die mich stabilisieren und kräftigen wird. Darauf, dass man mir eine Reha genehmigen wird. Und ich zähle die Tage bis zum 16. Oktober. Dann wird im Museum auf die Winteröffnungszeiten umgestellt. Das bedeutet zwar Kurzarbeit – zwei Stunden weniger am Tag – was finanzielle Einbußen mit sich bringt. Aber die Dienste wären weitaus weniger kräftezehrend als die jetzigen achteinhalb bis neun Stunden täglich. Das ist kein Leben zur Zeit, das ist schlicht und ergreifend nur ein jämmerliches Sichdahinschleppen, das mir jede Freude raubt…
… meinen lieben Zimmergenossinnen und mir im Krankenhaus das Termin-Chaos, Unser kleiner Liebling und Unser kleiner Sonnenschein (siehe hier) besonders auf die Nerven gingen, lasen wir uns gegenseitig Ärztewitze vor. Unser Favorit war ohne Zweifel dieser hier:… 😉
Fünf kurze Sätze, die man einem Arzt NIEMALS glauben soll:
„Tut nicht weh.“
„Dauert nicht lange.“
„Komme gleich wieder.“
„Das wird schon.“
„Ich mach das schließlich nicht zum ersten Mal!“
… Ich wünsche euch ein ganz wundervolles und unbeschwertes Wochenende!… 😀
… nach meinem Einzug in die Medizinische Klinik musste ich realisieren, dass man es dort mit den angekündigten Terminen keineswegs ernst zu nehmen pflegt. Lange Zeit musste ich z. B. auf das CT der Oberschenkelmuskulatur warten. Und am Tag nach meiner Aufnahme hatte außer dem morgendlichen Blutdruck- und Temperaturmessen keine einzige der geplanten Untersuchungen statt gefunden – weil man kurzfristig meine Akte verschludert hatte. Eine Zimmergenossin hatte man sage und schreibe zehn Stunden lang auf eine Blutentnahme zwecks Gentest warten lassen. Endlich, sie war schon den Tränen nahe, eigentlich hätte sie am frühen Morgen entlassen werden sollen, und ihr stand eine lange Heimfahrt bevor, kam „Unser kleiner Liebling“, zapfte ihr ein Röhrchen Lebenssaft ab (warf dieses dann zerstreut in den Mülleimer ) und meinte huldvoll: „Sie dürfen jetzt gehen.“…
… Die Biopsie, ein operativer Eingriff, bei dem mir einige erbsengroße Stücke Muskulatur aus dem linken Oberarm entnommen wurden, war für Donnerstag neun Uhr angesetzt worden. Um halb Neun sollte ich mich bereit halten, da würde dann der Krankentransport in die benachbarte Chirurgische Klinik erfolgen…
… Natürlich kam niemand – darauf hätte ich nach den Erfahrungen, die ich bereits gemacht hatte, ohne zu zögern mein Monatsgehalt verwettet. Um halb Zehn ging ich zum TheraTrainer im Flur, um mir ein Viertelstünderl lang den Frust wegzuradeln. Frau Doppeldoktor und Unser kleiner Liebling bogen um die Ecke. Frau Dr. Dr. zog erstaunt die Augenbrauen hoch. „Hatten Sie nicht um neun Uhr Ihren Biopsie-Termin?“ Ich nickte. „Stimmt!“ Unser kleiner Liebling fauchte mich an: „Was sitzen Sie dann hier rum!“ Ich knurrte genau so unfreundlich zurück: „Weil man mich noch nicht abgeholt hat!“…
… Um Viertel nach Zehn kamen zwei Männer der Johanniter Unfallhilfe mit einem Rollstuhl ins Zimmer. Ich machte große Augen, denn ich hatte fest damit gerechnet, dass mich jemand vom Haus in die Chirurgische bringen würde. Man schob mich in einen bereit stehenden Krankenwagen, und musste dann, um das Ziel zu erreichen, welches Luftlinie ungefähr vierzig Meter entfernt liegt, einmal rund um den riesigen Klinikkomplex fahren, weil die Ziemssenstraße, welche das Krankenhausgelände an der Nordseite abgrenzt, Bauarbeiten wegen zur Zeit eine Einbahnstraße ist…
… Ich will niemandem bange machen, aber so harmlos, wie es in einem ausgehändigten Informationsblatt dargestellt wird, ist eine Gewebeprobe-Entnahme am Oberarm nicht wirklich. Da die Muskulatur ja nicht verunreinigt werden darf, werden lediglich die Haut und das darunter liegende Gewebe örtlich betäubt. Nach dem Freilegen des Muskels wird dieser durch eine Art kleinen Spatel angehoben und fixiert. Und dann wird geschnitten. Ich bin nicht wehleidig, aber das war durchaus schmerzvoll. Zum Glück hatte ich einen netten jungen Chirurg aus Hamburg, der einigen angehenden Ärzten/innen ausführlich erklärte, was er da tat, ohne medizinisches Kauderwelsch, so dass auch ich gut verstand, was er meinte. Als er den Muskel präpariert hatte, geriet ihm eine kleine Vene in den Weg, die er sanft aus dem Weg bugsieren wollte, wobei sie leider dann doch einriss. Das machte aus dem an sich recht kurzen Eingriff eine Operation, die sich beinahe eine Stunde lang hinzog…
… Zurück ins Modul 2 fuhr mich dann im Rollstuhl eine der sympathischen Jungärztinnen (was sie gar nicht hätte tun dürfen, wie ich später erfahren musste!). Gegen zwölf Uhr mittags war ich wieder in meinem Zimmer…
… Für dreizehn Uhr war die sogenannte Breischluck-Untersuchung angesetzt (mittels einer etwas dicklichen Flüssigkeit wird die Arbeit der Schluckmuskeln von der Kehle bis zum Magen überprüft), wieder in der Chirurgischen Klinik. Auch diesmal hätte ich gewonnen, wenn ich mein Monatsgehalt verwettet hätte…
… Um Viertel nach Zwei chauffierten mich die zwei Jungs der Johanniter auf dem nun schon bekannten langen Weg zur Chirurgischen. Eine knappe halbe Stunde später war die Untersuchung zu Ende, glücklicherweise ohne einen signifikanten Befund. Ich fand es spannend, auf dem großen Monitor mitbeobachten zu dürfen, wie das Geschluckte, das richtig scheußlich schmeckte, in den Magen befördert wurde. „Wir rufen Ihnen gleich einen Rücktransport ins M2.“, versicherte mir die Radiologin. Ich nahm draußen in dem langen, bedrückend schmucklosen Krankenhausflur Platz. Eine der Pflegerinnen sah nach mir. „Sie werden ein halbes Stünderl warten müssen, aber man hat sich schon auf den Weg gemacht.“…
… Nach eineinhalb Stunden, in welchen man mir immer wieder versichert hatte, dass der Rücktransport gleich da sein würde, packte mich das heulende Elend. Mein linker Arm schmerzte und war zudem wegen eines Druckverbands von den Fingern bis zur Schulter unbeweglich. Ich wollte nur noch mehr hier raus, endlich hier raus, nach Hause in mein Bettchen, die Decke über den Kopf ziehen, nichts mehr sehen, nichts mehr hören… Sch…-Myopathie – warum hat es ausgerechnet mich erwischt, ich habe doch zeitlebens versucht, ein guter Mensch zu sein… Ich will hier weg! Ich will meine gesunden Muskeln wieder! Ich möchte wieder ungehindert bergwandern, radfahren, schwimmen, arbeiten, gehen, springen, tanzen können! Warum kommt denn keiner, um mich hier raus zu holen! So schluchzte ich ein Weilchen unbeachtet vor mich hin…
… Um siebzehn Uhr, gerade als das Abendessen serviert wurde, war ich wieder in meinem Zimmer. Die Johanniter hatten mich im Krankenwagen die kurze Strecke von vierzig Metern die Ziemssenstraße entlang bis zum Modul 2 transportiert…
… Am Abend fragte ich bei unserer lieben Klinikzeitung nach: „Ist das denn wirklich nötig, bei so einer kurzen Strecke Krankenwägen zu schicken?“ – „Das ist die Vorschrift.“ – „Aber das könnte doch ein klinikinterner Rollstuhltransport doch genau so gut, und wahrscheinlich sogar schneller.“ – „So was hatten wir ja. Das wurde uns gestrichen. Aus versicherungstechnischen Gründen.“ Ich muss wohl ziemlich entgeistert drein gesehen haben, so ergänzte unsere Lieblingspflegerin: „Weil man auf der Ziemssenstraße wegen der Bauarbeiten für etwa zwanzig Meter das Klinikgelände verlassen muss.“ Ich schnappte nach Luft, meine Zimmergenossinnen schüttelten fassungslos die Köpfe. Und dann setzte die Klinikzeitung noch einen drauf: „So ein Transport durch die Johanniter kostet übrigens 700 Euro. Einfache Strecke.“…
… hat man mich doch tatsächlich aus der Medizinischen Klinik entlassen!… 😀
… Zuhause angekommen gönnte ich mir zuerst ein herzhaftes Weißwurstfrühstück, und dann marschierte ich stracks in mein schönes weiches Bettchen mit seiner wundervollen Sieben-Zonen-Federkern-Matraze. Irgendwie haben mich die vergangenen knapp zwei Wochen im Krankenhaus dermaßen erschöpft, dass ich den Rest des Tages verpennt, und nach einem leichten Abendessen tief und fest die ganze Nacht durchgeschlafen habe – so gut wie seit ewigen Zeiten nicht mehr. Die Krankenhausbetten des Friedrich Baur Instituts in der Neurologischen Station sind nicht eben sehr rückenfreundlich, und in manchen Nächten, in denen man mich verkabelt hatte – Langzeit-EKG, Messung des Sauerstoffgehalts im Blut – oder ich durch die OP-Wunde am linken Oberarm und den Zugang in der Ellenbeuge schmerzhaft behindert war, hatte ich lediglich so vor mich hingedöst…
… Der nette und gut aussehende Vertreter meiner Hausärztin hat mich jetzt noch einmal bis zum dritten September krank geschrieben. So lange bei meiner OP-Wunde die Fäden nicht gezogen worden sind – das wird am 1. September statt finden – dürfe ich ohnehin nicht arbeiten gehen. So habe ich nun also noch zehn Tage, um mich zu regenerieren, meine Gedanken und Gefühle zu sortieren – da ist während meines Klinikaufenthalts in vielerlei Hinsicht sehr viel auf mich eingeströmt, was ich jetzt so nach und nach verarbeiten muss – und mit neu aufgeladenem Kamera-Akku jene Fotomotive aufzuspüren, die mir während einer Stadtrundfahrt mit meiner Zimmergenossin G. aufgefallen sind…
… Anbei mein Lieblingsfoto von der totalen Sonnenfinsternis, welche vorgestern die USA überquert hatte, aufgenommen von der International Space Station aus. So beeindruckend dieses astronomische Ereignis auch gewesen war, die Live-Berichterstattung der NASA hat mich schwer enttäuscht – zwei Stunden lang Dauergesülze der aufgeregten Moderatoren/innen mit ständig wechselnden Interview-Partnern/innen, und meiner Meinung nach viel zu wenig Aufnahmen der SoFi…
… ist noch völlig ungewiss. Eigentlich war ja ein Krankenhausaufenthalt von fünf Tagen geplant gewesen, inzwischen bin ich schon seit zehn Tagen hier, und ein definitives Ende ist nicht in Sicht. Auch wenn meine Zimmergenossinnen, denen es ähnlich ergeht wie mir, und ich äußerst dankbar dafür sind, dass man sich seitens des Friedrich Baur Instituts unser so gründlich annimmt, und alles, aber auch wirklich alles untersucht, die Medizinische Klinik ein gutes Krankenhaus ist, und man sich viel Mühe mit uns gibt – wenn immer wieder ein Entlassungstermin in Aussicht gestellt, und dann quasi in letzter Sekunde verschoben wird, weil man doch noch dieses und jenes genauer anschauen und erforschen will, dann nervt das irgendwann…
… Inzwischen sind wir Drei aber ein eingespieltes Team, das nach Leibeskräften versucht, die negativen Dinge mit Humor zu nehmen und wegzulachen. So haben wir jenen Mitmenschen, mit denen wir im Klinikum tagtäglich zu tun haben, Spitznamen verpasst. Einige davon haben sich bereits herum gesprochen und für Heiterkeit gesorgt…
… Frau Doppeldoktor zum Beispiel, die wird mittlerweile auf der ganzen Neuro-Station nur mehr so genannt. Wir kamen auf den Namen, weil die sehr nette, ruhige und freundliche Ärztin zwei Doktortitel ihr Eigen nennt. Zuerst studierte sie Humanbiologie, begann dann aber nach einigen Jahren ein weiteres Studium. Sie habe genug davon, ihre Patienten/innen immer nur scheibchenweise unter dem Mikroskop zu sehen, nun würde sie sich zu gerne mit den kompletten Menschen abgeben. Jetzt ist sie Neurologin und alle, Patienten/innen und die Leute vom Krankenhaus gleichermaßen, lieben sie…
… Keineswegs sympathisch finden wir dagegen eine recht junge und wohl auch ehrgeizige Ärztin, die von uns Dreien vom Zimmer 23 „Unser Kleiner Liebling“ genannt wird. Sie ist sehr arrogant, stolziert einher, als würde sie sich vorkommen wie eine Halbgöttin in Weiß, und behandelt Patienten/innen und die Leute von der Pflege verbal manchmal wie den letzten Dreck. Wir wünschen durchaus, dass sie mal so richtig auf die Schnauze fällt und eine ordentliche Lektion verpasst bekommt. Ganz sauer stößt uns immer auf, dass sie sich bei Visiten so unangenehm beim netten, warmherzigen und humorvollen Professor Sch. – von uns wegen seines Vornamens „Papa Bene“ genannt – einschleimt. Aber wir haben etwas gegen sie in der Hand: Vor einer Woche hat sie einer meiner früheren Zimmergenossinnen eine Blutprobe für einen Gentest abgezapft und das Röhrchen dann zerstreut in den Mülleimer geworfen. Sollte „Unser Kleiner Liebling“ uns gegenüber noch einmal aufmüpfig werden, dann verpfeifen wir sie beim Professor Sch…. 😉
… „Die Klinikzeitung“ ist die agile, ungemein temperamentvolle, witzige und gescheite Chef-Pflegerin unserer Station. Wenn ihr eine Laus über die Leber läuft, und sie sich mal für ein Weilchen abseilen möchte, dann besucht sie uns, und erzählt uns den neuesten Tratsch der Abteilung M2. Nicht nur deshalb hat sie bei uns einen dicken Stein im Brett, mit ihr kann man auch herrlich albern sein und herum blödeln…
… „Unser Kleiner Sonnenschein“ ist eine schon ältere, kleinwüchsige, grauhaarige Pflegerin, die fast immer schlechte Laune hat, und rechts von links nicht zu unterscheiden weiß, was dazu führte, dass eine meiner Bettnachbarinnen eine halbe Stunde lang durch das riesige Klinikgebäude irrte, weil sie vom Kleinen Sonnenschein instruiert wurde, am Lift im Erdgeschoss nach rechts zu gehen anstatt korrekterweise nach links. Überhaupt – die Ortskenntnisse so mancher Beschäftigten hier! – Aber davon werde ich ein andermal erzählen…
… „Der Schöne John“ wird von der „Klinikzeitung“ zum Blutdruckmessen, Servieren und Abräumen der Mahlzeiten geschickt, wenn sie merkt, dass wir einen moralischen Durchhänger haben oder uns wieder mal über etwas ärgern. „Da habt ihr dann wenigstens was Erfreuliches fürs Auge.“ Der „Schöne John“, ein hochgewachsener Jüngling mit leicht asiatischem Einschlag, ist auch in der Tat eine Augenweide. Obwohl ich eher auf den Chr. stehe, der ist so sanft, und behutsam, und strahlt so eine wohltuende Ruhe aus…
… Unser absoluter Liebling aber ist der „Doktor Singapur“! Er ist Fünfundzwanzig, stammt aus dem asiatischen Stadtstaat, hat ein Stipendium für die Ludwig-Maximilians-Universität in München bekommen, und will hierbleiben. Er würde sich in Bayern sehr wohl fühlen, habe inzwischen auch nur deutsche Freunde, seine Lebensgefährtin sei eine Einheimische, und außerdem würde er von Herzen gerne etwas von dem zurückgeben, was man ihm während seines Studiums hat zukommen lassen. „Ich habe hier nur etwa 500 Euro für’s Semester bezahlt. In meiner Heimat hätte ich für mein Studium an die 200.000 Euro hinblättern müssen.“ Zuerst hätte er sich schon für die Neuro interessiert, meinte er, aber nach einem Jahr sei ihm das zu langweilig geworden, Kardio würde er viel spannender finden. „Doktor Singapur“ hat einen so umwerfend herrlichen, kindlichen und goldigen Humor! Heute früh hat er meiner Bettnachbarin und mir Zugänge gelegt, weil wir jetzt einige Tage lang Infusionen bekommen, und wir haben in dem viel zu kurzen halben Stünderl, das er bei uns zugebracht hatte, Tränen gelacht…
… Nun werde ich mein vom Klinikalltag – Schlafen, Essen, Trinken, Lesen, Surfen im WWW, und etwas Herumspazieren – müdes Haupt aufs Kissen betten. Ich wünsche euch einen unbeschwerten und schönen Sonntag!…
… Gestern vormittag wurde in der Chirurgischen Klinik der LMU am linken Bizeps eine Muskelbiopsie vorgenommen. Dieser Eingriff verlief nicht ganz so unbeschwert und schmerzfrei, wie das in einem Info-Blatt beschrieben wird, welches man einige Tage vorher durchlesen und unterschreiben muss. Im Großen und Ganzen gehts mir gut, nur das Schreiben auf der Tastatur fühlt sich nicht gut an. Daher heute nur diese paar Zeilen. Ich hoffe, dass ich morgen wieder so beschwerdefrei sein werde, um länger tippen zu können, ich habe nämlich ziemlich viel zu erzählen…
… Habt es fein und macht euch ein schönes Wochenende!… 🙂
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