… Ich hatte genug vom bunten Treiben auf dem Markusplatz gesehen, und wandte mich nun westwärts, durch das unübersichtliche Gewirr von Kanälen und Kanälchen, kleineren Brücken und oftmals recht schmalen Gassen. Mein Ziel war die hoch den Canale Grande überspannende Ponte dell‘ Accademia. Dort wollte ich in den Ortsteil Dorsoduoro überwechseln und bis zur Basilica de Santa Maria di Salute spazieren…
… An den Engstellen musste man schon ziemlich lange warten, bis man vorwärts kam, auch auf den schmaleren, kleinen Brücken. Aber auch in diesem Gewimmel und Gewusel und Gedränge verhielten sich die lieben Mitmenschen recht diszipliniert. Einmal musste ich genau am Eingang einer Bäckerei vor dem Passieren eines Kanales geraume Weile verharren, der Duft, der aus der weit geöffneten Tür drang, und ein gründlicher Blick in die Auslagen des Schaufensters ließen mir das Wasser im Munde zusammen laufen. Kurzerhand scherte ich aus und erstand ein Tütchen Crostoli, das ist ein veronesisches Karnevalsgebäck, dünne, sehr knusprige, in heissem Fett gebackene Teigstreifen, mit Puderzucker bestreut – ein wahrer Gaumenschmaus…
… Knuspernd und knipsend hatte ich schließlich die Ponte dell‘ Accademia erreicht.
… Der venezianische Karneval unterscheidet sich grundlegend von dem, was man hierzulande darunter zu verstehen pflegt. Es gibt keine krachend laute und schreiend bunte Umzüge. Keine singenden, rufenden und schunkelnden Menschenmassen. Keine inszenierte Fröhlichkeit und Ausgelassenheit. Eigentlich ist das, was sich auf dem Markusplatz und ringsum so abspielt, ziemlich unspektakulär: Gelegentlich hört man irgendwo in den Gassen kleine Grüppchen musizieren. Auf der riesigen Fläche sind einige Stände aufgebaut, die über das ansässige Handwerk wie Steinmetze, Tuch- und Samtweber, Glasbläserkunst, Hut- und Putzmacherei und die wunderbare Kunst des Gondelbaus informieren. Zauberer und Artisten zeigen ihre Fertigkeiten, und auf einer Bühne wird sehr italienisch-theatralisch ein schaurig-lustiges Stück von Harlekino und Colombine dargeboten. Man flaniert langsam einher, oder lässt sich im unablässig wogenden Strudel der Menschenmenge mal hierhin mal dorthin treiben. An den Eingängen zum Dom, zum Dogenpalast und dem Campanile warten stundenlang endlose Schlangen Besucher/innen. Noch am Freitag Abend hatte ich im Internet gelesen, dass geplant gewesen sei, den Markusplatz bis auf einige Zugänge komplett abzuriegeln, und jeden Schaulustigen und Maskierten genauestens zu durchsuchen. Doch glücklicherweise ist man von diesem Vorhaben wohl wieder abgekommen. Zwar durchstreifen Polizeitrupps den Markusplatz, doch eher unauffällig, beinahe schon diskret. Es gibt so gut wie gar keine Betrunkenen, niemand, der pöbelt oder einem gar an die Wäsche will. Kinder, die meisten von ihnen sind ebenfalls aufwendig kostümiert, tollen in einem eigens für sie abgegrenzten Areal herum und bewerfen sich lärmend mit Konfetti. Während eines kurzen Halts stelle ich fest, dass jemand das kleine Fach meines Rucksacks geöffnet haben muss, doch außer einem Notizblock, mehreren Kugelschreibern und meiner Lesebrille befindet sich darin nichts, meine Wertsachen trage ich am Körper bzw. in der fest verschlossenen Innentasche des Anoraks…
… Es folgen jetzt ganz viele Fotos. Aber ihr wisst ja, ihr braucht nur die Bilder anzuklicken, die euch interessieren…
… Die prachtvollsten und schönsten Kostüme und Maskierungen waren in den Arkaden des Dogenpalasts anzutreffen. Beim Fotografieren war großenteils sehr viel Geduld und auch Nervenstärke gefragt, man musste mit der Kamera im Anschlag regelrecht Schlange stehen und lange warten, bis man zum Zuge kam – und sehr oft hatte man genau dann, wenn man voller Seligkeit den Auslöser drückte, das Pech, dass sich Touris flugs neben oder zwischen die Maskierten drängten, um sich mit triumphierendem Lächeln und Victory-Zeichen von ihren Liebsten ablichten zu lassen. Manchmal dachte ich mir: „Halb so wild, kann ich beim Bearbeiten weg schneiden.“, ab und an entfuhr mir allerdings doch ein gar saftiger Fluch – da hatte ich jetzt viele Minuten auf der Lauer gelegen – und nun macht mir so eine schlitzäugige Tussi/so ein gwamperter Ami das Bild kaputt! 😉 Oder man wurde von jemandem, der sich von hinten rücksichtslos durch die Masse der Fotografierenden pflügte, rüde mit dem Ellenbogen beiseite gestoßen. Was aber zum Glück nicht oft passiert ist…
… Hier nun der erste Teil meiner „Ausbeute“ vom Dogenpalast:…
… Der frühe Morgen, in den der Reisebus Richtung Venedig am Samstag hinein fuhr, war ja bereits sehr vielversprechend gewesen. Es sah ganz nach einem wunderschönen Spätwintertag aus, und mein Herz tat trotz einiger Bettschwere – ist nicht so mein Ding, um halb fünf Uhr morgens aufzustehen! – etliche vorfreudige Hüpfer. Einzig die vier munteren Damen zwischen Achtzehn und Vierzig, und der junge Mann Anfang Zwanzig, die neben und hinter mir saßen, bereiteten mir vorübergehend ein klein bisschen Kummer. Ich hatte das Universum bereits Tage vor der Reise extra darum gebeten, nicht in Gesellschaft von Mitmenschen fahren zu müssen, die sich bereits während der Busfahrt intensiv alkoholischen Getränken widmen – ich hasse das. Und nun durfte ich miterleben, wie das Quintett schon nach der Frühstückspause gegen neun Uhr in einer Raststätte nahe Sterzing mit Dosenprosecco und Alko-Pops „vorzuglühen“ begann! Doch zum Glück trank die muntere Gesellschaft mit Maß und Ziel, und ihre Ausgelassenheit war eher ansteckend als abschreckend…
… Gegen Viertel nach Eins näherten wir uns dem riesigen Parkplatz von Tronchetta…
… Meine Sitznachbarn/innen waren inzwischen eifrig und nervös durcheinander schnatternd zugange, sich zu maskieren. Als der Reisebus in die einzige noch freie Parklücke einscherte, wurden wir bereits von Tiziano erwartet, dem Betreiber einer kleinen Privatflotte, der uns zu einer seiner Fähren geleitete. Das Boot kämpfte sich mit laut brummenden Motoren durch die trotz Windstille aufgewühlten Wasser des Canale della Giudecca im Süden Venedigs. Wie ich später erfuhr, war der Canale Grande bis auf wenige Ausnahmen für den privaten Schiffsverkehr an diesem Tag gesperrt worden. Außer einer großen Privatjacht und eines eher bescheiden wirkenden Passagierschiffs lagen am Samstag in Tronchetta auch keine Kreuzfahrtschiffe vor Anker…
… Nach etwa einer halben Stunde hatten wir die Anlegestelle San Zaccharia, etwa zweihundert Meter östlich des Markusplatzes, erreicht. Das erste was ich tat war, meine muntere Busgesellschaft in all ihrer Pracht und Herrlichkeit abzulichten:…
… Und dann stürzte ich mich ins Getümmel. Die Lagunenstadt ist während des Karnevals brechend voll, kein Zweifel. Dennoch hatte ich während meines etliche Stunden währenden Streifzugs über den Markusplatz und durch die Gassen Venedigs kein einziges Mal ein Gefühl der Beklommenheit. An den meisten Brücken hatte man flache hölzerne Rampen angebracht, die vor allem Älteren und Gehbehinderten das Vorankommen erleichterten. An jedem Engpaß standen Ordner und Polizisten/innen, jedoch stets nur beobachtend. Man hielt sich beim Gehen ziemlich diszipliniert rechts, das erleichterte den Strom der Menschenmassen schon sehr. Ganz, ganz langsam schob ich mich Richtung Dogenpalast und Markusplatz…
… Ich passierte die ersten fulminanten Kostüme, an die eifrig noch letzte Hand angelegt wurde, die ewig fleißigen Straßenmaler, Open-Air-Kosmetikstudios, in welchen man sich je nach Gusto abenteuerlich, schräg oder romantisch-schön schminken lassen konnte. Und dann kam ich endlich zu den Arkaden des Dogenpalastes. Dort sind die prachtvollsten und schönsten Maskeraden anzutreffen. Und dazu ab morgen mehr… 😉
… Schon seit längerem habe ich ein Faible für diese Kunstrichtung – sofern sie gut gemacht ist. An und in einer Unterführung in der Nähe des Münchner Südbahnhofs bzw. Schlachthofviertels nutzen seit Jahren schon Graffiti-Künstler/innen die Wände für ihre teilweise sehr hintersinnigen, beachtlichen und inspirierenden Gestaltungen…
… Dort gibt es auch eine interessant gestaltete Stehkneipe, „Zur Gruam“ (Zur Grube)…
… Sowie den „Umsonstladen“, ein schönes Projekt, an dem ich mich höchstwahrscheinlich demnächst mit ein paar Sachen – Bücher und Klamotten – beteiligen werde…
… Wer hier seit längerem schon regelmäßig liest, dem sind die beiden großen Bronze-Plastiken des Neptun und des Perseus samt der geköpften Medusa, die bis vor kurzem in den sogenannten Paramenten-Kammern der Münchner Residenz standen, bereits vertraut. Nun haben sie inmitten pummeliger Putten und lebensfroh-lüsternen Satyrn ein neues Zuhause gefunden…
… Sehr bedauerlich fand ich, was mir am zweiten Weihnachtsfeiertag ein alter Münchner erzählte, der wohl sehr bewandert in der Geschichte der Bronzekunst war: Als man daran ging, die Statue der Bavaria zu schaffen, hatte man ca. vierzig wunderschöne Bronzefiguren aus der Zeit der Spätrenaissance bzw. des Frühbarocks eingeschmolzen, viele davon aus der legendären Werkstatt des H. Gerhard. Was mögen da für Kostbarkeiten auf ewig verloren gegangen sein…
… Nicht fehlen dürfen natürlich jene vier bronzenen Löwen, die ursprünglich für das Grabmal des bayerischen Herzogs Wilhelm V., Vater des späteren Kurfürsten Maximilian, I., der meine Heimat im ausgehenden sechzehnten bis Mitte des siebzehnten Jahrhunderts geprägt hat wie kein zweiter, geplant gewesen waren. Doch Wilhelm V. hatte nicht zuletzt wegen seines Hangs zu allem Esoterischen – in der heutigen Zeit würde man ihn als Aluhut-Träger bezeichnen 😉 – Bayern an den Rand des Ruins getrieben. So fiel nach seinem Ableben die Grabstätte erheblich bescheidener aus. Maximilian I. ließ das majestätische Raubkatzen-Quartett an den Portalen zum Kaiserhof und Kapellenhof aufstellen. Das Reiben des kleinen, sich unter dem Schild befindenden, Masquerons (Gesicht eines Fabelwesens) eines der Raubtiere soll Glück bringen. Da man jedoch bis zum heutigen Tag immer noch nicht heraus gefunden hat, welcher Löwe der Glücksbringer ist, empfiehlt es sich, alle vier Schnäuzchen zu rubbeln…
… Die Tellus Bavaria wurde bereits ca. zweihundertfünfzig Jahre vor der Errichtung der kolossalen Bavaria-Statue auf der Theresienhöhe als Allegorie Bayerns geschaffen. Sie hat die Reichtümer meiner Heimat bei sich: Wein, Salz und Wildbret. In der Linken trug sie ursprünglich einen Ährenkranz, später wurde der sogenannte Kurapfel hinz gefügt, beides ist leider verloren gegangen. Ich finde die Tellus Bavaria schöner als ihre „große Schwester“, sie strahlt meiner Meinung nach viel mehr Fraulichkeit und Anmut aus…
… Noch bis zum 14. 02. 2016 kann man in jenem Teil der Münchner Residenz, in welchem bis letztes Jahr das Ägyptische Museum untergebracht war, eine sehr gut arrangierte Ausstellung bayerischer Bronzekunst aus der Spätrenaissance bzw. des Frühbarocks bewundern – sogar kostenlos. Danach – so der ursprüngliche Plan des Herrn Söder – sollen die Räumlichkeiten nur mehr auserwähltem Publikum zugänglich sein, oder als „Event-Location“ vermietet werden. Der Herr Minister will seine Absichten allerdings neu überdenken, wenn großes Interesse von Menschen aus nah und fern für diese Sammlung bestehen würde. Deshalb müssen wir Museumsaufsichten täglich mittels Strichlisten Buch über die Besucherzahlen führen. In den beiden Tagen der vergangenen Woche, in welchen ich in der Bronze-Ausstellung Dienst hatte, sind da schon „versehentlich“ etliche Strichlein doppelt oder dreifach auf der Liste gelandet… 😉
… Hier meine fotografischen Impressionen:…
… Die gestern bereits gezeigten Allegorien der sogenannten Kardinaltugenden:…
… Im Reich der Fabelwesen – die Originalfiguren des Wittelsbacher Brunnens…
… Auch wenn viel davon geredet wird, dass das Winter- sowie das Sommer-Tollwood-Festival in München der Kommerzialisierung anheim gefallen seien – eine ganz besondere Atmosphäre, eine erregende, verzaubernde und die Phantasie beflügelnde Mischung aus Kleinkunst, Musik, Tanz, orientalischem Basar und Köstlichkeiten aus aller Welt strahlt vor allem der in der Vorweihnachtszeit statt findende Markt der Ideen nach wie vor aus…
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