… Weil mir heute nix Besseres einfällt, möchte ich mit euch noch ein Weilchen über das schöne, große Münchner Sommerfestival bummeln…

Glück ist die Summe schöner Momente
… Im Grunde genommen ist es Jahr für Jahr das gleiche – und doch immer wieder anders – eine faszinierende Mischung aus Kleinkunst, Musik, Tanz, Theater, Jahrmarkt, Freiluftbar- und restaurant und Basar – voller Exotik, Essen und Trinken aus allen Ländern der Welt, randvoll mit unnützen und doch so erstaunlichen, schönen, begeisternden Dingen. Tollwood hat Flair, Esprit, es inspiriert, verführt zum Träumen, Phantasieren, zum Stöbern, Schlemmen, es macht leichtsinnig, verweht mit einer sanften, wohlriechenden, aromatischen Brise sämtliche guten Vorsätze zur Mäßigung und Sparsamkeit. Ein Bummel über das weitläufige Tollwoodgelände im Südwesten des Olympiaparks ist ein Fest für alle Sinne – vor allem, wenn man eine schöne Kamera dabei hat…
… Das sogenannte Münchner Kunstareal, auf dem sich die drei Pinakotheken sowie sich das Museum Reich der Kristalle befindet, wird im Osten von der Türkenstraße begrenzt, dem einstmaligen Türkengraben. Kurfürst Max Emanuel, der zu Beginn des 18. Jahrhunderts Ambitionen bezüglich der Kaiserkrone hegte, wollte seine Schlösser Schleißheim und Nymphenburg mittels Kanal mit der Münchner Residenz verbinden lassen. Die Bauarbeiten begannen 1701, sie wurden von Soldaten der Kurfürstlichen Infanterie durchgeführt, in späteren Jahren entstand das Gerücht, der Kanal wäre von türkischstämmigen Kriegsgefangenen ausgehoben worden, die Max Emanuel, der Blaue Kurfürst (wegen der blauen Schärpe, die er stets in Gefechten trug), vom erfolgreichen Feldzug gegen die Türken vor Wien mitgebracht hatte. Die Bauarbeiten an der Wasserstraße wurden 1704 eingestellt, 1711 schüttete man den verbliebenen Graben auf, und verkaufte die Grundstücke. Die heutige Türkenstraße folgt sehr grob dem geplanten Kanal-Verlauf…
… Gut hundert Jahre später enstand unter der Herrschaft des ersten bayerischen Königs Max I. Joseph entlang der Straße die sogenannte Türkenkaserne mit Platz für mehr als 2.100 Soldaten des Königlich Bayerischen Infanterie Leibregiments. Während des Wiederaufbaus Münchens nach dem 2. Weltkrieg ebnete man die verbliebenen Reste der schwer zerstörten Kaserne ein, das einzige, bis in die heutige Zeit verbliebene Relikt ist das sogenannte Türkentor. Zur Jahrtausendwende nahm sich ein renommiertes Architekturbüro der Sanierung des vom Verfall bedrohten Bauwerks an. Sie beließen die historische Front zur Türkenstraße hin, und schufen im Inneren einen völlig quadratischen Kubus, in dessen Mitte sich auf einem runden, schwarzen, dreistufigen Podest ein modernes Kunstwerk befindet. Ich hab’s so gar nicht mit moderner Kunst, doch als ich vor ein paar Tagen von der lieben Renate zu The Large Red Sphere von Walter de Maria geführt wurde, stockte mir kurz der Atem…
… Die riesige, blank polierte Kugel aus rotem Granit hat einen Durchmesser von ca. 2,60 Metern und wiegt stolze 26 Tonnen. Nach ihrer Fertigstellung in einem Granitwerk in Aicha vorm Walde (Niederbayern) und dem Transport nach München musste sie durch das im Jahr 2009 noch offene Dach des Türkentors mittels Kran auf ihren Standplatz gehievt werden…
… The Large Red Sphere strahlt etwas Magisches aus, sie hat eine geradezu überwältigende Anziehungskraft. Sowohl die Maserung des dunkelroten Granits als auch die vielfältigen Spiegelungen auf der glatten Oberfläche faszinierten mich sehr. Der überaus auskunftsfreudige und geschichtskundige Herr, der ein wachsames Auge auf die Kugel hatte, erzählte uns, dass manche Menschen seltsame Schwingungen verspüren würden, wenn sie ihre Hände auf das Kunstwerk legen würden. Ich tat wie geheißen und breitete beide Hände auf dem kühlen, glatten Granit aus, Schwingungen konnte ich keine wahr nehmen, aber ein seltsames, sanftes Prickeln…
… Danke, liebe Renate. Wenn du dich mit mir am Donnerstag nicht zum Eis essen getroffen hättest, dann wüsste ich höchstwahrscheinlich immer noch nicht, was für eine bemerkenswerte moderne Schöpfung sich nur wenige Steinwürfe von meinem Zuhause entfernt befindet…
… Das Türkentor. Die Inschrift in der Kartusche lautet „Dem ruhmreichen Königlich-Bayerischen Infanterie Leibregiment 1814 – 1919″…
… Oben: Die Türkenkaserne…
… The Large Red Sphere von Walter de Maria…
… Allerdings fürchte ich, dass ich trotz bester Bemühungen nach wie vor keinen ausgeprägten Draht zur modernen Kunst haben werde. Während unseres Aufenthalts im Türkentor kamen wir auch darauf zu sprechen, welches Kunstwerk für uns das schönste in ganz München sei – meines wird auf immer und ewig die Bronzestatue des Neptun sein, geschaffen Ende des 16. Jahrhunderts von dem leider viel zu früh verstorbenen Georg Petel…
… Allerdings weiß ich die Farbenspiele der mit vielen bunten Elementen versehenen Außenfassade der Sammlung Brandhorst mit dem sommergrünen Laub der Bäume längsseits der Türkenstraße durchaus zu schätzen…
… Die Verschwörungstheoretiker/innen haben Recht! Die Außerirdischen sind unter uns! Hier der Beweis: Ein Ufo landet vor der Alten Pinakothek mitten in München:… 😉
… In Wahrheit handelt es sich natürlich um kein Raumschiff aus den unermesslichen Weiten des Universums – ich bin eher davon überzeugt, dass Außerirdische schon seit Ewigkeiten einen riesengroßen Bogen um unseren blauen Planeten schlagen ob unserer Dummheit und unserer Unfähigkeit, wahrlich intelligent zu handeln. Sondern um ein Objekt einer Kunstaktion im Münchner Museumsareal, mittels der man das Thema Wohnen in der Zukunft umzusetzen versucht… 😉
… Wie herrlich elegant, anmutig und unbeschwert doch der Flug der Störche ist! Scheinbar schwerelos gleiten sie durch das kraftvolle Blau des Frühsommerhimmels…
… Und was für einen technischen Aufwand wir Menschlein doch betreiben müssen, wenn wir uns von der Erdoberfläche erheben und in den Himmel stoßen wollen…
… Manchmal wünsche ich mir, ich wäre ein Storch, ein großer, schöner, weißer Vogel. Weit über der Welt würde ich mit trägen Flügelschlägen dahin ziehen, getragen vom Aufwind, stundenlang, bis die am Horizont purpurfarben glühende, versinkende Sonne mich daran gemahnen würde, dass es an der Zeit wäre, in den Horst zurück zu kehren…
… Ich bin trotz meiner Erkrankung zutiefst glücklich. Ich bin – wenn man das so ausdrücken kann – sehr hoffnungslos verliebt – und dennoch zutiefst glücklich…
… Ist es nicht weitaus besser, selbst als etwas eigenbrötlerischer, äußerlich alternder Mensch eine romantische, wenn auch unerfüllbare, Liebe zu pflegen, als gar keine tiefen Gefühle für einen Anderen mehr zu hegen? Was ist verwerflicher – wenn denn dieses Wort darauf überhaupt anzuwenden ist – das leise Erwachen eines tot geglaubten, erstarrten, erfrorenen Herzens zu genießen, oder sich der immerwährenden Bitterkeit hinzugeben? Die Kraft und Leben spendende Freude darüber zu fühlen, dass unter einer während vieler Jahre undurchdringlich geglaubten Schicht eisig kalter Asche doch noch eine unzerstörbare Glut existierte, die nun erneut ganz zarte, hauchfeine Flammen schlägt – oder dergleichen als dumme Hirngespinste, als Verrücktheit, als realitätsferne Spinnerei abzutun?…
… Wer darf sich überhaupt anmaßen, darüber zu urteilen, zu bemessen, was Liebe ist, wie sie sich zu äußern hat, was angebracht ist, was eine glückliche oder unglückliche Liebe ist? Wer wen zu lieben hat und wie? Wer hat das Recht dazu, Liebe nur dann als statthaft, „gut“ und „richtig“, als wahrhaftig, als „erfolgreich“ zu bezeichnen, wenn man sich mit „seinem“ Menschen vereinen, eine Partnerschaft, eine Familie gründen kann, wenn der Andere die tiefen Gefühle erwidert, davon weiß?…
… Liebe hat so unendlich viele Facetten, einen so unermesslichen Spielraum, ist eine solch überwältigende Macht, ohne Anfang, ohne Ende. Sie ist neben den guten, den bunten, den voran treibenden, stärkenden, inspirierenden Träumen die größte aller Lebenskräfte, und zugleich deren Antrieb…
… Meine Gefühle – mögen sie auch noch so „irrational“, so „unangebracht“, so „dumm“, so „kindisch“ sein – beflügeln und besänftigen mich. Sie rufen das Gute in mir hervor und stärken es. Sie lassen mich verständnisvoller, weichherziger, einsichtiger, dankbarer und mitfühlender werden, als ich es jemals zuvor gewesen bin. Und klarer. Unerschrockener. Beherzter. Geradliniger. Auch selbstsicherer. Da tut sich was mit mir, im positiven Sinne, ich merke es häufig an den Reaktionen der Mitmenschen…
… Ich kann mich – trotz aller Hoffnungslosigkeit – verlieren im Gedenken an dieses eine Augenpaar, an dieses Gesicht, an den Druck seiner Hände, den Klang seiner Stimme. Das trägt mich. Das hilft mir durch schlaflose, schwülheisse Nächte voller Herzrasen und böser Muskelkrämpfe, durch harte, erschöpfende, endlose Arbeitstage, das und das Wissen, dass da Jemand ist, der mich vielleicht versteht, der vielleicht ein klein wenig Mitgefühl hegt, der mich gewissenhaft und gründlich behandelt hat, der dies gewiss wieder tun wird, weil dies zu den großen Vorzügen seiner durchaus widersprüchlichen Persönlichkeit gehört, an den ich mich wenden könnte, wenn mir alles zu viel werden würde, und das Bedürfnis nach einer erholsamen Auszeit übermächtig…
… Ich habe vor gut zwei Wochen kurz seine kleine Familie kennen lernen dürfen. Aus verschiedenen Gründen, die ich hier nicht erläutern möchte, bin ich anfangs etwas erschrocken. Aber wer bin ich, andere wegen ihrer Lebensumstände zu be- oder zu verurteilen (siehe oben)? Dass es IHM dabei gut geht, dass er glücklich und zufrieden ist, dass die Seinen wohlauf sind, das ist das Wichtigste! Während jener kleinen Begegnung habe ich seine Augen leuchten sehen und sein Gesicht strahlen, er wirkte so frei, jungenhaft und unbeschwert, als wolle er die ganze Welt umarmen. Ich wünsche mir so sehr für ihn, dass ihm ein solches Glücksgefühl möglichst oft hold sein möge…
… Ich alternde, vom Leben etwas zerrupfte Taube habe also vom Festmahl der Liebe anscheinend auf meine späten Tage nur einige Krumen abbekommen. Aber sind die Krümel der Köstlichkeiten nicht mindestens genauso schmackhaft als das auf der Tafel weit über der unscheinbaren, zerfledderten Taube kredenzte Galadiner? Diese Krumen sind eine Labsal für mich, ich würde um nichts in der Welt darauf verzichten wollen. Und – wer weiß das schon? – vielleicht – in einem nächsten Leben – darauf hoffe ich – lacht mich ruhig aus, haltet mich für albern, für versponnen – es ist mir klar, dass ich dann nichts mehr von meinem jetzigen Dasein wissen werde (wenn es ein nächstes Leben überhaupt geben wird) – aber vielleicht, vielleicht wird ja dann doch eines noch fernen Tages, wenn er und ich uns jung und ungebunden wiedersehen und einander zugetan sein werden, ganz kurz die Erinnerung aufblitzen – darauf hoffe ich…
… zur letzten Tour durch das wunderschöne Verona. Heute werde ich mir die weltberühmte Arena von innen anschauen, und dann noch eine kleine Abschiedsrunde durch die Altstadt drehen…
… Zur Zeit ist man in und um der größten Freilicht-Opernbühne der Welt sehr fleißig mit den Bühnenaufbauten für die kommende Spielzeit beschäftigt. Unter anderem hatte man vorgestern ein riesiges weibliches Haupt abgeladen. So was muss man als alte Fototante natürlich ausnutzen… 😉
… Ein gar herrliches Lesevergnügen verspricht der Erstling der norwegischen Autorin Gudrun Skretting mit dem ungewöhnlichen Titel „Mein Vater, das Kondom und andere nicht ganz dichte Sachen“…
… Der zwölfjährige Anton ist der Kleinste in seiner Klasse, er hat übergroße und abstehende Ohren, und ein einziges Haar an einer bestimmten Stelle. Seine Mutter wurde vor Jahren von einem Bus überfahren. Zudem erfährt er von seinem Vater, der als Vertreter für Ferienhaus-Toiletten arbeitet, dass er eigentlich gar nicht geplant, sondern eher ein „Unfall“ gewesen sei, weil das Kondom geplatzt sei. Das verhagelt Anton gewaltig die Laune. Auch das Geständnis seiner besten Freundin Ine, dass sie sozusagen in einem Reagenzglas gezeugt worden ist, und die feinen Rosinenbrötchen, gebacken von der liebenswerten Mutter seines einzigen Schulfreundes Ole, können ihn nicht trösten…
… Anton gewinnt die Erkenntnis, dass es sich mit seinem Papa so verhält, wie mit der Erde, nachdem sie vor unendlich vielen Jahren vom Planeten Theia getroffen worden war: Seine Achse hängt schief. Deshalb versucht er sich nun mithilfe von Ine als Sinnstifter, um seinen Vater wieder gerade zu richten. Eine Frau muss her – doch wo findet man eine geeignete? In der Volkshochschule, meint Ine, und so melden die Beiden Herrn Albertsen zu einem Strickkurs an…
… Ihr Plan scheint aufzugehen, die Leiterin des Kurses, die resolute, mollige Ulla beisst an. Doch diese entpuppt sich bereits nach Kurzem als ausgesprochen dominant, anhänglich wie eine Klette und besitzergreifend. Anton erkennt voller Schrecken, dass er bei seinem Engagement als Sinnstifter überhaupt nicht an sich gedacht hatte – er will kein „handgestricktes Kind“ werden! So bemühen er und Ine sich nach Leibeskräften darum, Ulla wieder loszuwerden. Dass Antons Papa sich längst selbst auf Freiersfüßen begeben hat, entgeht ihnen dabei…
… „Mein Vater, das Kondom und andere nicht ganz dichte Sachen“ ist eigentlich ein Jugendbuch, aber es ist auch für ältere Semester höchst empfehlenswert. Das Romandebut von Gudrun Skretting, sehr fein und mit viel Wortwitz von Gabriele Haefs ins Deutsche übersetzt, sprudelt nur so vor komischen Einfällen, die gelegentlich an die Slapstick-Szenen alter Stummfilme erinnern. Ich habe mich beim Lesen ganz wunderbar amüsiert, und etliche Male Tränen gelacht…
… „Mein Vater, das Kondom und andere nicht ganz dichte Sachen“ von Gudrun Skretting ist im Carlsen Verlag, Hamburg erschienen. ISBN-Nr.: 978-3-551-58370-3
… Oh! So vui Fans und Groupies stehn da unten auf da Straß‘!“…
… „Da muaß i mi jetzt amoi fesch machn.“…
… „So, a jedes Federl sitzt. Jetzt werd erst amoi fleißig geklappert, des ghört nämlich für an Storch von Welt zum Gschäft.“… 😉
… „A feine Profilaufnahme gefällig?“…
… „Jawoi, i bin a Star! Lasst’s die Kameras rattern und die Auslöser glühn, meine liabn Fans und Groupies!“…
This function has been disabled for Marthas Momente-Sammlung.