… Das kleine, dem der Legende nach enthaupteten Heiligen St. Alban gewidmete Kircherl befindet sich gut einen Kilometer in nördlicher Richtung von Dießen entfernt. Es wurde bereits um das Jahr 1.000 erbaut, und um 1770 im barocken Stil renoviert. Lediglich eine Handvoll Häuser scharen sich an diesem stillen und beschaulichen Ort um das Wallfahrtskircherl: Der protzige Altersruhesitz eines Ex-Kardinals, ein kleines Kloster und das Anwesen eines ansässigen Fischers, bei dem ich am liebsten angefragt hätte, ob er über die Nacht noch ein Zimmerchen für mich habe…
… Langsam stieg ich durch den Ort hoch zum ersten Ziel meines Ausflugs, dem Dießener Marienmünster. Ich bin keineswegs wieder katholisch geworden, und kann Religionen nach wie vor nicht viel Gutes abgewinnen, doch seitdem ich in der Residenz arbeite, habe ich ein Faible für den Barock entwickelt – und der findet sich nun mal in seinen allerprächtigsten Ausführungen in den Kirchen, die in jenen fernen Tagen erbaut worden sind…
… Ja, es stimmt, Barock macht sehr oft einen zu üppigen, schier überladenen Eindruck. Den hatte ich jedoch in keinster Weise, als ich das Münster betreten hatte. Ich finde, dass das Innere dieser Kirche ungemein lebensvoll wirkt, so, als würden sich die vielen Putti, die Heiligen und die verklärte und wunderschöne, sehr anmutige und frauliche Marienstatue nahe des Hochaltars im nächsten Augenblick in Bewegung setzen, um zu tanzen, zu jubilieren, zu feiern, sich unter die Besucher/innen mischen. Am Hochaltar gibt es übrigens insgesamt acht Gemälde, die dem Verlauf des Kirchenjahres angepasst sind, und die sich durch eine raffinierte Vorrichtung versenken und austauschen lassen…
… Ich schlenderte lange staunend und mich an der ungemein detailreichen, herrlichen Kunst erfreuend durch die ca. siebzig Meter lange Apsis, die wie eine Art Theater gestaltet ist. Dann ließ ich mich ein Weilchen nieder und gedachte lieber Mitmenschen, vor allem voller Dankbarkeit jener Person, die mit ihrer Unterschrift auf einem kleinen Formular meiner lange Jahre andauernden bitteren Armut ein Ende bereitet hat…
… Der weithin sichtbare, hoch aufragende Turm der Dießener Marienabtei ist nebst dem Heiligen Berg von Andechs eines der Wahrzeichen des drittgrößten Sees Bayerns. Seit langem schon wollte ich mir die über dem Westufer thronende Barockkirche einmal genauer ansehen, so enterte ich am herrlich frühlingshaften gestrigen Donnerstag die Regionalbahn am Hauptbahnhof und ließ mich am Starnberger See vorbei und über Weilheim dorthin kutschieren. Allein die Zugfahrt war ein Höchstgenuss – am liebsten wäre es mir gewesen, die Bahn hätte alle zehn Meter angehalten, damit ich jede mit ungezählten gelbleuchtenden Löwenzahn-Sternen übersäte Wiese vor dem hell gleißenden Panorama der Alpengipfel, jeden Weiler, jedes Kapellchen, jeden Bauernhof hätte knipsen können…
… Dießen machte auf dem ersten Blick einen eher unscheinbaren Eindruck, beim zweiten Hinsehen entdeckte ich allerdings wunderschöne Zunftzeichen und Lüftlmalereien, interessante Details, denen ich noch nachforschen werde, romantische Pforten zu überwucherten Gärten, und etliche schöne Häuser…
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