… empfinde ich seit einigen Jahren schon die Erzabtei St. Ottilien, die sich auf einem Hügelkamm unweit des Ammersees erhebt. Ein langsamer, genussvoller Spaziergang durch die kleine Ansiedlung, über die ich hier und hier schon berichtet habe, besänftigt stets meine Seele und schenkt neue Energie…
… Nach langem präsentiert sich das Kloster endlich wieder ohne hoch aufragenden Baukran…
… Wohlschmeckende und gesunde Beerenfrüchtchen reifen in der heissen Sommersonne heran…
… Im Hühnerhof genießt ein unentwegt laut gackerndes „Damenkränzchen“ ein wohltuendes Sandbad…
… Friedvolle und harmonische Schönheit…
… Nur der junge Distelfink versteht die Welt nicht mehr. Auch wenn er noch so sehr flügelschlagend und rufend nach Futter bettelt, Papa Stieglitz ignoriert ihn eisern und gibt ihm zu verstehen: „Fang‘ in Zukunft dei Futter selbst!“…
… Der Friedensbrunnen…
… Einen sehr bunten Kontrapunkt setzt die Klosterdruckerei…
… Weit erstrecken sich im Norden und Westen von St. Ottilien die üppigen Kornfelder…
… ihre Vorliebe für spontane Entscheidungen teilen, dann kommt mit Sicherheit etwas richtig Gutes dabei heraus…
… Nachdem eine liebe Bloggerfreundin und ich an einer recht kurzweilige Führung durch den Königsbau der Residenz teilgenommen hatten, stand uns der Sinn danach, den wundervollen Oktobersamstag noch für weitere schöne Unternehmungen zu nutzen. Wir schwankten eine Weile zwischen einer Tour durch den Hofgarten und den Englischen Garten, und einer Fahrt mit dem Doppeldeckerbus durch München. Dann allerdings kamen wir irgendwie darauf zu sprechen, dass in St. Ottilien bei Geltendorf am Wochenende ein herbstlicher Klostermarkt stattfand – und nur kurze Zeit später saßen wir im Auto und waren auf den Weg dorthin…
… Ich bin ja bekanntermaßen nicht sonderlich gläubig, und auch keinesfalls katholisch, doch die Erzabtei St. Ottilien ist ein ganz wunderbarer Kraftort für mich, meine Besuche dort geben mir stets viel Freude und auch innere Stärke…
… Wir machten einen langen Rundgang durch die weitläufige Klosteranlage, genehmigten uns eine kräftige Brotzeit, und fuhren danach – ebenfalls sehr spontan – noch zum nahen Ammersee, um dort einen fulminanten Sonnenuntergang zu beobachten…
… Danke, liebe D., ich habe den Tag mit dir sehr genossen… <3
… Nach etwa zweistündiger, sehr beschaulicher Fahrt – manchmal entstand der Eindruck, man könne durchaus neben dem Zug spazieren und Blumen pflücken – war Füssen erreicht. Eigentlich war ich schon dabei, mich der Stadtmitte zuzuwenden, doch dann sah ich auf dem Vorplatz einen großen roten Nahverkehrsbus stehen – der würde laut Leuchtschrift auf der Stirnseite nach Garmisch fahren. Eigentlich könnte ich da ja mal nachfragen, welche Buslinie zur Wieskirche fährt, jene weltberühmte bayerische Barockkirche im Alpenvorland…
… So marschierte ich hin und sprach mit dem Fahrer, einem sehr freundlichen und zuvorkommenden Griechen, und der gab mir die Auskunft, dass die Wies auf seinem Weg liegen würde. Ach, was soll’s, dachte ich mir, Füssen läuft mir nicht weg, das kann ich mir ein andermal auch anschauen, und stieg ein…
… Der Bus der Linie 9606 gondelte an den beiden Schlössern Hohenschwangau und Neuschwanstein vorbei, kurvte gemächlich durch manchmal sehr kleine, und gelegentlich etwas größere Ortschaften, und setzte mich nach etwa einer dreiviertel Stunde am Parkplatz nahe dem stattlichen, hoch aufragenden Gotteshaus ab. Direkt vor meiner Nase befand sich der Fahrplanaushang, und blitzschnell erkannte ich, dass dieser Bus an diesem Sonntag die letzte Möglichkeit für mich sein würde, von hier auch wieder wegzukommen – Abfahrt Richtung Garmisch in zwei Minuten – es ist halt noch Vorsaison, und da werden nahverkehrstechnisch am Sonntag auf dem Land um fünf Uhr nachmittags die Gehsteige hochgeklappt. So schnell ich konnte, enterte ich erneut die Linie 9606, ich nahm mir nicht einmal die Zeit, ein Foto von der Wieskirche zu machen. – Nun gut, dann fahr ich halt mit nach Garmisch, das letzte Mal, dass ich dort gewesen bin, liegt schon so lange zurück, dass ich mich gar nicht mehr daran erinnern kann…
… Weiter ging die Reise, hügelauf, hügelab, kreuz und quer durch das sanft geschwungene Voralpenland. Wir passierten Ortschaften wie Steingaden, Bad Kohlgrub, Saulgrub, Oberau, Unterammergau, Oberammergau, Ettal, Farchant, in den meisten drehten wir eine Runde, um mehrere Haltestellen abzuklappern. Ich hatte meine helle Freude dabei, und durfte sehr viel Interessantes und auch Schönes entdecken, so manches habe ich mir in der Denkbirne abgespeichert, um mir das irgendwann einmal genauer anzusehen…
… Gegen halb sieben Uhr abends ragte die kühne und steile Silhouette der Zugspitze vor mir auf, Deutschlands höchster Berg (bzw. Gipfel, denn die Hälfte des Berges liegt bekanntermaßen in Österreich 😉 ), es gelang mir, ein Bild davon zu machen, obwohl der Sonnenuntergang schon eine Weile vorbei war, und grad im sich bewegenden Bus die Lichtbedingungen alles andere als optimal. Im Garmisch-Partenkirchener Bahnhof hatte ich, während ich ein halbes Stünderl auf den Zug Richtung München wartete, die Wahl, mir für mein knapp bemessenes Reisebudget eine Brotzeit zu kaufen oder ein Buch – ich entschied mich für letzteres, und erstand „Winterkartoffelknödel“, der erste Band der Niederbayern-Krimiserie von Rita Falk, und hatte viel Freude und Kurzweil beim Schmökern…
… Müde aber glücklich kehrte ich nach insgesamt gut sechs Stunden Reise mit Bahn und Bus in meine kleine, warme Bude zurück. Und nahm mir fest vor, so bald als möglich wieder Zug-Roulette zu spielen… 😉
… Wenn man aufgrund einer ernsthaften, sehr seltenen und immer noch rätselhaften Erkrankung einen nicht unerheblichen Teil seiner ursprünglichen Beweglichkeit einbüsst, und als körperlich Schwerbehinderte eingestuft wird, gibt es zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren: Entweder man hadert mit dem Schicksal, fühlt sich von diesem höchst ungerecht behandelt, kapselt sich ab, wird verbittert und depressiv, oder aber man setzt sich mit diesem Ungemach auseinander, akzeptiert es, versucht, das Beste daraus zu machen, und die Situation mit Humor zu nehmen. Dafür habe ich mich entschlossen, und das behagt mir, denn ich darf aufgrund dessen immer wieder die Feststellung machen, dass das Leben auch einer Behinderten noch viel Freude bereiten kann…
… Ein Schwerbehindertenausweis hat nicht nur den Vorteil, dass es Preisermäßigungen bei vielen kulturellen Einrichtungen etc. gibt, sondern auch, dass man mittels eines sogenannten Beiblatts, das pro Jahr achtzig Euro kostet, so gut wie kostenfrei sämtliche öffentliche Verkehrsmittel und Nahverkehrszüge der Bahn, des Meridian und des ALEX nutzen darf. So beschloss ich, mir einen seit vielen, vielen Jahren schon gehegten Wunschtraum zu erfüllen, und kreierte kurzerhand ein neues Hobby: das Zug-Roulette = zum Hauptbahnhof pilgern und in den erstbesten Zug einsteigen, der abfährt…
… Gestern war die Premiere meiner neuen Leidenschaft, als ich kurz vor zwei Uhr nachmittags an diesem wundervollen Vorfrühlings-Sonntag am Bahnhof eintraf, hatte ich grade noch Zeit, vor der Abfahrt in zwei Minuten im Zug meiner Wahl einen Waggon zu entern und mir ein gemütliches Plätzchen zu suchen. Die Reise ging nach: Füssen, ein kleines Städtchen am Lech, südwestlich von München, und vor allem für seine Nähe zu den beiden weltberühmten Schlössern Neuschwanstein und Hohenschwangau berühmt…
… Noch präsentierte sich das Alpenvorland recht winterlich. Die Bahn passierte die Erzabtei St. Ottilien, einen meiner Lieblings-Kraftorte, obwohl ich nicht christlich bin, ein schönes kleines Barockkircherl nahe Kaufering, und wandte sich dann allmählich gen Süden. Nach Kaufbeuren hatte sich die etwas diesige Luft geklärt, und die Bergkette der Nordalpen präsentierte sich in voller Pracht und Herrlichkeit…
… Füssen war mir vor eineinhalb Jahren schon bei einem herbstlichen Ausflug an den Alpsee sehr angenehm aufgefallen, und ich hatte bereits damals beschlossen, diesem Ort mehr Aufmerksamkeit zu widmen, und nicht noch einmal einfach nur hindurch zu fahren. Aber – erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Und davon erzähle ich morgen… 😉
… Eigentlich hatte ich mir diesen Ausflug schon seit etwa zwei Monaten vorgenommen. Und eigentlich hatte ich heute Mittag gar keine rechte Lust, mich auf den Weg zu machen. Und eigentlich dräuten sich über mir, als ich in Geltendorf die S-Bahn verließ, ganz böse aussehende, dunkle Wolken. Doch dann marschierte ich kurz entschlossen los, und siehe da, als ich die lang gezogene Allee erreicht hatte, die zur im Jahre 1887 gegründeten Stiftsabtei der Missions-Benediktiner führt, hatte sich das drohende Unwetter quasi in Nichts aufgelöst…
… Ich glaube, ich habe heute Nachmittag einen neuen Lieblingsort gefunden…
… Dieser Anblick – allerdings ohne den störenden Baukran – ist es gewesen, der mich während einer Bahnfahrt Ende April gefesselt und seither irgendwie nicht mehr losgelassen hatte…
… Die Landschaft rund um die recht große Klosteranlage samt kleinem Dörfchen, Gärtnerei, landwirtschaftlichem Betrieb, Bienenzucht, Bahnhof, und einem Hofladen, den ich am liebsten leer gekauft hätte, ist unspektakulär, sanft geschwungene Felder, Wiesen, durchsetzt mit Wäldern – und gerade deshalb so beruhigend, befreiend, entschleunigend, Harmonie vermittelnd…
… Was mich sehr erstaunte war, dass man in St. Ottilien trotz der Beschaulichkeit, den historischen Gemäuern, der beinahe greifbaren Spiritualität ein Faible für bisweilen recht schräge Graffitikunst zu haben scheint – zu sehen ist dieses Gemälde an der Giebelfront des Kuhstalls…
… Im Jahr 1941 wurden die Benediktinermönche von der Gestapo vertrieben, in St. Ottilien wurde ein Reservelazarett eingerichtet. Am 28. April 1945 befreiten amerikanische Truppen die Klosteranlage. Ca. 450 Überlebende des Konzentrationslager Dachau, sowie Zwangsarbeiter des Lagerkomplexes Kaufering wurden danach aufgenommen und gepflegt. Zwischen 1945 und 1948 wurden 65 Verstorbene jüdischen Glaubens in einem eigens dafür angelegten Abschnitt des Klosterfriedhofs zur letzten Ruhe gebettet…
… Ich beschloß meinen Rundgang mit einem Besuch des unweit sich befindenden großen Bauernhofes, und durfte zu meinem großen Entzücken so manche niedliche Viecherei entdecken…
… Was mir bei meinem etwa zweistündigen Streifzug durch St. Ottilien ganz besonders wohltuend aufgefallen ist, war die schöne, warmherzige Freundlichkeit der Bewohner/innen. Ich bin ganz, ganz sicher, dass ich diesem Kloster noch so manchen Besuch abstatten werde…