… Die älteste noch erhaltene Sozialsiedlung der Welt wurde im Jahr 1521 von Jakob Fugger für bedürftige Augsburger Bürger gestiftet, und von 1516 bis 1523 erbaut. Es entstanden nach den für die damalige Zeit hochmodern und großzügig gestalteten Grundrissen 150 Wohnungen in den durchweg zweistöckigen Häusern rund um die ersten sechs Gassen. Die Fuggerei war vornehmlich als Wohnstatt für von Armut bedrohte Tagelöhner und Handwerker gedacht. Bis ins 20. Jahrhundert beherbergte die Siedlung vor allem kinderreiche Familien. Das Recht, in der Fuggerei wohnen zu dürfen, erhielten nach eingehender Prüfung ausschließlich „würdige“ Arme…
… Ende Februar 1944 wurde das Ensemble während zweier furchtbarer Bombenangriffe beinahe völlig zerstört. Nur wenige Tage später beschloss das Fürstlich und Gräflich Fuggersche Familienseniorat, die Stiftung nach historischem Vorbild wieder aufzubauen. Bereits 1947 konnten die ersten Gebäude erneut bezogen werden, 1950 war der Wiederaufbau abgeschlossen, bis 1973 wurde durch den Hinzukauf von Trümmergrundstücken die Fuggerei um etwa ein Drittel erweitert.
… Die meisten Wohnungen der derzeit ca. 140 EinwohnerInnen sind mittlerweile ca. 60 qm groß, und modern mit Fernwärme, Kabelfernsehen und Internet ausgestattet. Die Aufnahmebedingungen der Jakob-Fugger-Stiftung für neue MieterInnen haben sich im Laufe der Jahrhunderte nicht geändert: Wer in der Sozialsiedlung wohnen will, muss AugsburgerIn, katholisch und gut beleumundet sein und seine Bedürftigkeit nachweisen können. Die Jahreskaltmiete für eine Wohnung beträgt bis heute einen Rheinischen Gulden = 0,88 Euro, die Nebenkosten tragen die Mieter selbst. Zudem müssen pro Tag drei Gebete gesprochen werden…
… Die Fuggerei ist eine Stadt in der Stadt, umgeben von acht Mauern und mehreren Toren. Untertags ist normalerweise lediglich ein Zugang geöffnet, der um 22:00 Uhr von einem Nachtwächter geschlossen wird. BewohnerInnen, die nach Mitternacht das Ochsentor passieren wollen, müssen dem Wächter einen Obolus von 50 Cent entrichten…
… Seit der Jahrtausendwende hat sich die weltälteste Sozialsiedlung zunehmend zu einem der beliebtesten touristischen Ziele in Augsburg entwickelt. Es wird eine Eintrittsgebühr verlangt, die Gelder kommen dem Erhalt der Fuggerei zugute. Es gibt seit einigen Jahren einige kleine, aber überaus informative Museen, zwei Schauwohnungen – eine moderne und eine mit Mobiliar aus dem 18. Jahrhundert -, sowie jenen Bunker, in welchem die BewohnerInnen die verheerenden Bombenangriffe des 25. und 26. Februars 1944 überstanden…
… Es ist, als würde man eine kleine, abgeschiedene Welt betreten, wenn man sich in die Fuggerei begibt. Die Siedlung strahlt viel Harmonie, Ruhe, Idylle und Frieden aus. Während meines langsamen und ausgedehnten Rundgangs habe ich es etliche Male bedauert, keine Augsburgerin zu sein – ich würde mich sofort um eine Wohnung dort bewerben…
… Das Senioratsgebäude an der Jakoberstraße. Das Fuggersche Seniorat besteht aus Vertretern der drei Familienlinien und leitet bis zum heutigen Tage die Sozialsiedlung…
… In der kleinen St.-Markus-Kirche…
… Jakob Fugger, genannt „der Reiche“. Er lebte von 1459 bis 1525, und häufte während seiner Lebenszeit schier unermessliche Reichtümer an. Als er starb, betrug sein Vermögen umgerechnet ca. 400 Milliarden Euro – neben diesem „Pfeffersack“ – eine alte Bezeichnung für äußerst gut Betuchte 😉 – sehen selbst moderne Tycoons wie Jeff Bezos, Bill Gates oder Elon Musk blass aus…
… In einem an sich recht langatmigen Buch über die Fugger habe ich mal gelesen, dass die Stiftung der Sozialsiedlung durch Jakob den Reichen so altruistisch gar nicht gewesen sein soll. Es hieß, Getreue des Kaisers und Nebenbuhler des Kaufmanns seien ihm auf die Schliche gekommen, dass er es mit der Abrechnung und Zahlung von Steuern nicht eben genau nehmen würde. Um sich der Gunst Maximilian I., der von Fugger sehr unterstützt und gefördert wurde, erneut zu versichern und einer mit Sicherheit empfindlichen Stafe vorzubeugen, sei dem schlauen Jakob die Idee mit der Fuggerei gekommen. Nichts desto trotz war die Gründung einer Sozialsiedlung für Not leidende BürgerInnen Augsburg seinerzeit höchst ungewöhnlich und beispielhaft…
… Impressionen von der Stadt in der Stadt – ihr wisst ja, wenn ihr ein Bild genauer anschauen wollt, braucht ihr nur darauf zu klicken. 😉 …
… Eine Musterwohnung, gestaltet mit Mobiliar aus dem 18. Jahrhundert…
… Nur eine Tür weiter hat von 1681 bis zu seinem Tod im April 1694 der Maurermeister Franz Mozart gelebt, der Urgroßvater Wolfgang Amadeus Mozarts…
… Mit viel Liebe sind häufig die kleinen Gärten gestaltet, die jedem Erdgeschossbewohner zur Verfügung stehen…
… Stets ein sehr guter Rat,…
… dem ich während meines Augsburg-Bummels am Sonntag gerne gefolgt bin. Davon demnächst mehr… 😉