… zog es mich vergangenen Montag. Es versprach, ein nicht allzu heisser aber heiterer Sommertag zu werden, optimal für die Realisierung eines Ausflugs, den ich wie viele andere Vorhaben auch bereits seit längerem geplant hatte. Ich hatte vor, nach beinahe dreißig Jahren mal wieder das Walchensee-Wasserkraftwerk an der Südseite des Kochelsees zu besichtigen…
… So spazierte ich vom Bahnhof aus wohlgemut los, allerdings nur bis unterhalb des Franz-Marc-Museums, dort wartete ich geduldig auf das Motorschiff „Herzogstand“, denn die Fahrt über den See bis zur Haltestelle Altjoch nahe des Krafwerks schien mir deutlich schöner und abwechslungsreicher als Wandern auf dem Fußweg, der sich großenteils direkt neben der viel befahrenen Bundesstraße befindet…
… Ich musste nicht lange ausharren, nach einem Viertelstünderl legte die „Herzogstand“ leise brummelnd an und ich begab mich an Bord…
… Das Walchenseekraftwerk liegt von Kuhweiden und Wäldern umgeben in einer Senke am Fuß des Kesselbergs, eines gut achthundertfünfzig Meter hohen Hügelrückens, der den Walchensee vom etwa dreihundert Meter tiefer sich befindenden Kochelsee trennt. Von der Bootsanlegestelle Altjoch aus ist es binnen weniger Minuten leicht zu Fuß zu erreichen, es gibt dort auch einen großen Besucherparkplatz samt „Steckdose“ für E-Fahrzeuge…
… Geplant hatte man das Elektrizitätswerk bereits Ende des 19. Jahrhunderts, Vordenker war der bayerische Bauingenieur, Elektrotechniker, Wasserkrafttechniker und Begründer des Deutschen Museums Oskar von Miller. Die Errichtung des Walchenseekraftwerks samt des Isarwehrs und -kanals bei Krün, der Jachenschleuse an der Ostseite des Walchensees, der Untertunnelung des Kesselbergs und des Baus des sogenannten Wasserschlosses sowie der Hauptgebäude von bis zu 2.000 Arbeitern, großenteils arbeitslose ehemalige Soldaten des Ersten Weltkriegs, dauerte von 1918 bis 1924…
… Etwa zweihundert Meter oberhalb der Kraftwerkshallen thront das sogenannte Wasserschloss in der Flanke des Kesselbergs. Hinter dem Bauwerk befindet sich das ca. 10.000 Kubikmeter fassende, zehn Meter tiefe Auffangbecken für die Wassermassen, die unterhalb von Urfeld am Walchensee in einem gemauerten Tunnel durch den Berg strömen, und dann in sechs Druckrohren, die sich nach unten zu etwas verjüngen, Richtung Turbinenhalle schießen…
… Seit 1983 ist das Walchenseekraftwerk ein Industriedenkmal, die Turbinenhalle kann täglich zwischen 10:00 und 17:00 Uhr besichtigt werden, zudem gibt es ein großes und modernes Informationszentrum mit sehr detaillierten Einblicken in die Entstehungsgeschichte und sämtliche technische Details…
… In der großen Maschinenhalle befinden sich vier Francis- sowie vier Pelton-Turbinen, es ist laut dort und die Wände vibrieren, genauso wie der Boden, nicht nur im Kraftwerk, sondern im Umkreis von etwa dreißig Metern! Aber eben auch faszinierend anzusehen, wie aus der Kraft des zu Tal schießenden Wassers jene geheimnisvolle Elektrizität entsteht, ohne die wir uns das Leben und den Alltag überhaupt nicht mehr vorstellen können…
… Die tassenförmigen Schaufeln einer Pelton-Turbine…
… Nachdem ich mich satt gesehen hatte, trat ich langsam den Weg zur Bushaltstelle Altjoch an, etwa einen Kilometer vom Kraftwerk entfernt. Ein Wegweiser mit der Inschrift „Rißbach-Fälle“ verlockte mich jedoch nach wenigen hundert Metern bereits zu einem Umweg. So verließ ich die schmale geteerte Straße und schlug mich auf einem etwas unbequemen Pfad einer kleinen Schlucht folgend bergwärts durch die Büsche. Ganz knapp unterhalb des großen Rißbach-Falles, der etwa zwanzig Meter über eine Felskante in die Tiefe stürzt, fand mein Forscherdrang leider ein jähes Ende – eine steinige Stufe erwies sich als ein wenig zu hoch für mich. Ein Weilchen suchte ich mit zusammengebissenen Zähnen nach einem möglichen Umweg, gab mich dann aber geschlagen und trat – ausnahmsweise einmal! – der Vernunft folgend den Rückweg an…
… Nach kurzem Marsch auf der alten Kesselbergstraße hatte ich den Kochelsee wieder erreicht, und nach kurzem Warten bog der DB-Bus 9611 Richtung Bahnhof um die Kurve…