… Selten habe ich einen dermaßen treffenden und eloquenten und zum Nachdenken anregenden Vortrag über Umweltverschmutzung und Klimawandel gehört. Danke, Hagen Rether…
Schlagwort: Politisches
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… so heisst es – wie vor zehn Monaten nach den sogenannten „Charlie-Hebdo“-Anschlägen auch schon – nach den grausamen Attentaten vom vergangenen Freitag…
… Nein, die Welt wird sich dadurch nicht verändern, genau so wenig wie es nach dem 7. Januar 2015 der Fall gewesen ist. Wenn die französischen Nationalfarben von den ungezählten FB-Profilbildern verschwunden sein werden, in ein paar Tagen, allerhöchstens einer Woche, dann werden die meisten von uns genau so weiter machen wie zuvor…
… Dann werden wir erneut wegsehen und -hören, und uns tunlichst nicht einmischen, wenn Hetz- und Hassparolen verbreitet werden. Wir werden im WWW keine Stellung dazu beziehen, sondern weiter wie gehabt und gewohnt unsere Bienchen-, Blümchen-, Katzenposts, Koch- und Backrezepte, Selfies und „Projekt“-Bildchen zeigen. Und werden nicht dagegen protestieren, wenn der nächste große Rüstungsdeal beschlossen werden wird. Wenn man morgenländische und afrikanische Despoten hofieren wird. Wenn die Politiker der „christlichen“ Parteien mit beinahe schon rechtsradikalen verbalen Entgleisungen Öl in glimmende Feuer gießen und ungeniert auf Stimmenfang am rechten politischen Rand gehen werden. Wir werden in keinster Weise Kritik angesichts einer Politik üben, die dank ausführlich gepflegtem und gefördertem Lobbyismus die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer werden lässt, und die demokratischen sowie Menschenrechte untergräbt. Wir werden uns auch weiterhin nicht kritisch im Internet äußern, wenn die sogenannte Vorratsdatenspeicherung unter dem Vorwand, dass dies nötig sei, um uns vor Terrorismus zu schützen, verschärft werden wird – „Wir haben ja schließlich nichts zu verbergen.“. Wir werden auch weiterhin nicht unser Entsetzen und unsere Bestürzung kund tun, wenn noch mehr Flüchtlingsheime in Brand gesetzt und Menschen, die bei uns Schutz, Hilfe und einen Neuanfang suchen, tätlich angegriffen und bedroht werden. Uns wird es weiterhin herrlich egal sein, dass unsere Außen- und „Entwicklungshilfe“-Politik seit vielen Jahren schon dazu beitragen, die Saat des Bösen, des Terrorismus, zu säen und aufgehen zu lassen. Wir werden auch in Zukunft jede Menge Produkte von Großkonzernen wie Nestlé kaufen, ungeachtet dessen, dass deren Geschäftsgebaren auch mit dafür verantwortlich zeichnet, dass sich aus den Dritte-Welt-Ländern ungezählte Flüchtlinge zu uns auf den Weg machen, und auch dort die Unzufriedenheit, die Wut, der Hass wachsen, und IS sowie Boko Haram einen fruchtbaren Boden bereiten. Und kein öffentliches Interesse dafür zeigen, dass die sogenannten Freihandelsabkommen wahrscheinlich, nicht nur demokratische Rechte empfindlich beschneiden, sondern die Kluft zwischen Erste- und Dritte-Welt-Länder noch erweitern werden. Wir werden auch in Zukunft nicht unser Entsetzen äußern, wenn in Beirut, in Istanbul, in Zentralafrika, im Südsudan, im Jemen, in Mali, in Somalia, in Afghanistan die Selbstmordattentäter sich und hunderte Unbeteiligter in die Luft jagen werden. Geschweige denn uns solidarisch mit ihnen erklären…
… Wir werden weiterhin Bienchen-, Blümchen-, Katzenposts, Koch- und Backrezepte, Selfies und „Projekt“-Bildchen online stellen. Bis zum nächsten Massaker in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Dann werden wir wieder ein paar Tage lang die entsprechende Nationalflagge in unseren Profilbildchen zeigen, wenn uns der Herr Zuckerberg und seine Facebook-Macher solch eine Aktion an die Herzen legen, ungeachtet dessen, dass dieses sogenannte Soziale Netzwerk immer noch Tag für Tag die Verbreitung zigtausender von Hetz- und Hasskommentaren völlig stillschweigend zulässt…
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… auf dem Münchner Odeonsplatz, 9. November 2015 – zugleich auch eine Anti-Pegida-Demonstration…
… Vor etwa 3.000 Teilnehmern rechnete Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter mit klaren und unmissverständlichen Worten mit den Pegidioten ab: Deren Strategie, sich bewusst an solch sensiblen Orten wie der Feldherrnhalle, dem Königsplatz oder gar dem Platz für die Opfer des Nationalsozialismus zu versammeln, sei „ein unglaublich perverse Form von Provokationen“ im öffentlichen Raum. Und: „Wir werden in München heute und immer wieder aufstehen und uns den Hasspredigern, den Ewiggestrigen und den menschenverachtenden Scharfmachern mit aller Macht entgegenstellen.“, so OB Reiter unter Applaus. „Damit sie ein für allemal verstehen, dass sie hier mit ihren rassistischen, rechtsextremistischen und antisemitischen Parolen und Anfeindungen keinen Fuß auf den Boden bekommen, geschweige denn jemals wieder salonfähig werden.“…
… Eine junge Schauspielerin der Münchner Kammerspiele trug beklemmende Einträge aus Edgar Feuchtwangers Lebenserinnerungen „Als Hitler unser Nachbar war“ vor. Manfred Zapatka und Juliane Köhler, beide derzeit im Residenztheater engagiert, lasen aus dem „Tagebuch aus Bergen-Belsen“ von Hanna Levy-Hass. Dann hielt der Münchner Philosoph Julian Nida-Rümelin eine so gut formulierte und ergreifende Rede, dass mir die Tränen in die Augen stiegen. Er forderte eine „Leitkultur der Humanität“. „Diese Stadt,“, so sprach er, „ist in den letzten Jahren zu einer der weltoffensten, tolerantesten, solidarischsten der Welt geworden.“…
… Zum Abschluss der Kundgebung sangen wir gemeinsam das Moorsoldatenlied der Häftlinge des Konzentrationslagers Börgermoor bei Papenburg. Dieses Lied ist während der vergangenen Monate so etwas wie die Hymne der Bewegung „München ist bunt“ geworden…
… Nach angeblich sorgfältiger Prüfung von umfangreichem Filmmaterial über die Versammlungen und „Spaziergänge“ der Pegidioten, einer Gefahrenprognose der Polizei sowie einer Mitteilung des Verfassungsschmutzes genehmigte der Verwaltungsgerichtshof eine Demonstration der „besorgten Bürger“ trotz des geschichtsträchtigen Datums und trotz der Befürchtungen des Kreisverwaltungsreferats, es könne zu „hetzerischen Thesen und antisemitischen Provokationen“ kommen. Allerdings nicht vor der Feldherrnhalle oder auf dem Königsplatz, sondern an der Münchner Freiheit…
… Und nun, nach Ende der Gedenk-Kundgebung, geschah etwas, was mir im Nachhinein immer noch die Gänsehaut über den Rücken jagt: Geschlossen machten sich fast alle Teilnehmer/innen auf den Weg Richtung Ludwigstraße. Schweigend zogen sie auf dieser Richtung Siegestor. Höchst erstaunlich war, dass weit und breit keine Polizei zu sehen war, lediglich an der Kreuzung zum Altstadtring standen zwei Beamte, die dafür sorgten, dass vereinzelt querende Fahrzeuge den Marschierenden nicht gefährlich werden konnten. Erst nach dem Siegestor wurden die Gegendemonstranten gestoppt, allerdings war diese Aktion nur kurz erfolgreich. An der Münchner Freiheit angekommen behinderten die bunten Münchner/innen die ca. 100 Pegidioten so erfolgreich, dass deren Vorsitzende H. Meyer den geplanten „Spaziergang“ zum Siegestor absagte. Gewaltbereite Pegida-Aktivisten stürmten daraufhin die Absperrung, wurden aber von der Polizei zurück gedrängt. Die Gegendemonstranten feierten dies mit der „Ode an die Freude“. Unter den Teilnehmern der Pegidioten befanden sich lt. Angaben der Polizei etwa zehn Neonazis und Rechtsextreme…
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… Folgenden Post hatte ich im Jahr 2013 schon einmal online gestellt. Jahr für Jahr zieht sie vor allem in den sogenannten sozialen Netzwerken ihre Kreise, die verlogene und verhetzende Mär, wir Deutsche müssten aus Rücksicht auf muslimische Mitmenschen unsere Feiertage und Feste umbenennen…
… Es ist schier unglaublichund auch beschämend, wie lange sich schon diese ziemlich rassistisch (und braun) eingefärbte Ente von der Umbenennung christlicher Feiertage in Deutschland aus angeblicher Rücksichtnahme auf sogenannte Andersgläubige im Internet hält – nicht nur auf Facebook, auch hier in Bloggershausen sind mir schon so einige Posts zu diesem Thema untergekommen…
… Ich wiederhole das jetzt noch einmal – und ganz sicher nicht zum letzten Mal: Leute, das ist eine ENTE!!! Der Wahrheitsgehalt dieser und ähnlich formulierter Meldungen tendiert quasi gegen Null!!!…… Ein Teil der Fakten – zur Richtigstellung: Anfang der neunziger Jahre wurde in einem Bad Homburger Kindergarten nach dem traditionellen St.-Martins-Umzug den Kindern und Erwachsenen eine heisse Suppe kredenzt. Darin befanden sich kleine Nudeln in Form von Sonnen, Monden und Sternen. Danach bürgerte sich Jahr für Jahr unter den Teilnehmern, egal, ob groß oder klein, egal, ob Christen, Muslime, Hindus, Buddhisten etc. der geflügelte Spruch ein, man gehe zum „Sonne-Mond-und-Sterne-Fest“. So weit so gut, niemand dachte sich dabei je etwas Böses…
… Doch dann schnappten zwei Personen diesen internen Scherz auf – der eine war Schreiberling (fast hätte ich den Ausdruck Schmierfink verwendet) des Lokalteils einer Frankfurter Tageszeitung, der andere ein recht unbedeutender Politiker der Linken. Beide wollten sich wohl profilieren, und haben aus der völlig harmlosen – und auch liebenswerten – Geschichte von der Sonne-Mond-und-Sterne-Nudelsuppe die Schlagzeile gebastelt, hier in Deutschland wolle man aus Rücksicht auf Andersgläubige christliche Feiertage wie St. Martin, Weihnachten, Ostern etc. umbenennen. Die sehr rechts und ausländerfeindlich orientierte Internet-Community PoliticallyIncorrect nahm sich dieser Falschmeldung zweier Profilneurotiker an, und machte so etwas wie einen Hype daraus. Und ungezählte Internet-Nutzer hier bei WP und vor allem im Gesichtsbuch trugen diese ENTE!!! ohne groß nachzudenken, und vor allem ohne zu hinterfragen, weiter und weiter, bis zum heutigen Tage…
… Das – so finde ich – überaus schockierende Ergebnis: Der heurige St.-Martins-Umzug jenes Bad Homburger Kindergartens musste unter massivem Polizeischutz durchgeführt werden, da bei den Erzieherinnen im Laufe der letzten Wochen Hunderte von entrüstet, unfreundlich, respektlos, bösartig und rüde formulierten E-Mails eingegangen waren, darunter auch einige Gewalt- und Morddrohungen. Die Erzieherinnen werden jene, die die Falschmeldung von der Umbenennung christlicher Feiertage sogenannter Andersgläubiger wegen, so eifrig kolportiert haben, ganz sicher nicht in ihre Nachtgebete einschließen – oder vielleicht doch, und dabei jenen wohlbekannten Spruch zitieren: „Oh, Herr, lass‘ Hirn vom Himmel regnen!“…
… Mittlerweile gibt es im WWW so einige lesenswerte Artikel und Posts, die diese beschämende Angelegenheit richtig stellen:…
http://logbuch.labelizer.de/aus-ruecksicht-auf-muslime/
http://umamibuecher.wordpress.com/2013/11/07/rabimmel-rabammel-rabumm-die-fnp-und-die-islamfeinde/
http://www.bildblog.de/52757/sonne-mond-und-untergang-des-abendlandes/
… Hier noch ein teilweise bitterböse formulierter Blogpost zu dem Thema – mein Favorit, weil er vor allem in den letzten Absätzen genau meine Gedanken wiederspiegelt:…
http://www.edition-flint.de/2013/11/09/taeglicher-rassismus-achtung-rant/
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… In der Talkshow „Donnerstalk“ schlug der renommierte und sich sozial sowie politisch sehr engagierende Schauspieler Walter Sittler vor, ein/e jede/r Bundesbürger/in möge 0,5 % seines Jahreseinkommens für Flüchtlinge spenden. Das löste – wie sollte es anders auch sein – einen regelrechten Shitstorm auf einigen FB-Accounts aus, z. B. dem der „Blöd“-Zeitung… Als ich vorhin schon wach lag, aber noch nicht aufstehen wollte, habe ich mal kurz nachgerechnet: Ein halbes Prozent von meinem Lohn sind grade mal ca. 6,50 €. Pro Monat. Da würde ich freiwillig sogar auf 1 % aufstocken… Ich verdiene ja nun nicht gerade üppig. Doch diesen Betrag würde ich von Herzen gerne entbehren können… Wir Bürger/innen zahlen für so viel sinnentleerten Schmarrn – Waffen, Drohnen und Kampfjets, die nicht funktionieren, Flughäfen, die zu Milliardengräbern werden, sinnlose Untergrund-Bahnhöfe, Straßen, die ins Leere führen, Brücken, die aufgrund von Statik-Fehlern nicht befahren werden können – niemand, niemand regt sich darüber so sehr auf, dass ein wahrer Hurrican an Entrüstung und Beschimpfungen entfesselt wird, und bei den nächsten Wahlen wird wieder schön brav das Kreuzchen bei jenen Pappnasen und Dumpfbacken gemacht, die uns diese Schlamassel eingebrockt haben und die sich – so mein Eindruck – die meiste Zeit über einen feuchten Kehricht um uns scheren. Doch wenn es darum geht, hilflosen und traumatisierten Menschen, die grade mal das nackte Leben retten konnten, mit ein paar Euronen pro Monat unter die Arme zu greifen, bricht wieder einmal die verbale Hölle los – beim Lesen einiger Kommentare gestern wäre mir ums Haar das Abendbrot ein zweites Mal durch den Kopf gegangen… Wenn wir Deutschen uns jetzt schon so unchristlich und unmenschlich verhalten, wie wird das erst sein, wenn sich die Riesenwellen von Klima-Flüchtlingen in Bewegung setzen werden? Und das werden dann keine Hunderttausende mehr sein, sondern Zig-Millionen!…
http://www.welt.de/vermischtes/article144654818/Reden-wir-mal-ueber-Fluechtlingsnot-und-Analsex.html
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… vor allem in den sogenannten sozialen Netzwerken, dann ist mir oft so, als würde ich vor lauter, von Grauen erfülltem, Kopfschütteln ein Schleudertrauma bekommen. Stieß ich doch heute morgen beim Stöbern im Gesichtsbuch unter anderem auf folgenden Kommentar:…
„Ich finde es einfach nicht richtig….Gott hat sicher niemals dieses Ziel vor Augen gehabt…dass so viele Menschen aus einem anderen Kontinent sich bei Kriegen mit Nachbarländer einfach alle bei UNS sich deswegen ansiedeln. Denn wenn er das gewollt hätte….dann wären wir von Anfang an vermischt worden…so sehe ich das. Und es wird in unseren Ländern dann mit Sicherheit mehr Menschen aus anderen Kontinenten geben als unsere eigenen. Und die Behandlung derer wird auch in Zukunft die bessere sein. ..als die für uns. Das soll gut und rechtens sein?“
… Zum Glück hatte ich noch nicht gefrühstückt…
Bei der/dem Verfasser/in scheint die sogenannte Schulbildung entweder schon verdammt lange her, oder einfach so vorbei gerauscht zu sein. Denn sonst müsste er/sie doch eigentlich wissen, dass die Idee des sogenannten Monotheismus nicht auf dem europäischen Kontinent, und schon gar nicht in Deutschland, ihren Ursprung hatte…
… Auch wenn es hierzulande eigentlich ein Leichtes wäre, sich ein gewisses Maß an Allgemeinbildung und eine differenzierte, weltoffene Sicht der Dinge anzueignen – mittels Volkshochschulen und Stadtbüchereien z. B. – eine stetig und beängstigend zunehmende Zahl an Mitmenschen plappert weitaus lieber ohne die sogenannten grauen Zellen zu aktivieren die hetzerischen und verleumderischen Parolen von „Blöd“-Zeitung & Co. und braun eingefärbter Lumpen nicht nur im Internet nach (einschließlich solcher, die sich christlich-sozial schimpfen)…
… Und Mutti sitzt das alles aus, ohne sich kritisch zu der stetig wachsenden – und strunzdummen – Feindseligkeit gegenüber fremder Schutzsuchender zu äußern. Dass sie und die Schar unserer Volks(ver)treter damit der „rechten“, der braunen Gesinnung einen gar fruchtbaren Boden bereitet, sieht sie nicht? Will sie nicht sehen?…
… „Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.“, schrieb Heinrich Heine dereinst. Ganz ehrlich, mir ergeht es immer öfter auch so…
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… bzw. vor dem Gala-Diner der Teilnehmer/innen der Münchner Kriegstreiber – ähem – Sicherheitskonferenz in der Münchner Residenz…
… Obwohl – von Ruhe konnte heute im Museum nicht wirklich die Rede sein. Bereits mittags bekamen wir Besuch von Kriminalbeamten in Zivil samt Sprengstoff-Hund. Vor allem die vielen, zum Teil sehr hohen und voluminösen, chinesischen Vasen, Schalen und Fischbecken wurden unter die Lupe genommen. Außer einer erklecklichen Anzahl vollgeschneuzter Papiertaschentücher, entwerteter Eintrittskarten und ausgelutschter Kaugummis fand man allerdings (zum Glück!) nichts…
… Kilometerlange rote Teppiche wurden ausgelegt. Am frühen Nachmittag gesellten sich dann ungezählte in schnieke Kostüme und Anzüge gewandete Sicherheitsleute zu uns. Gerüchte machten die Runde, dass wir wegen der letzten Vorbereitungen und eines geplanten Besuchs des amerikanischen Außenministers John Kerry zwei Stunden früher schließen müssten. Kurz vor drei Uhr erfuhren wir dann, dass der gute Mann seinen Rundgang abgesagt hatte. Beim Verlassen der Residenz nach Feierabend mussten wir durch zwei von etlichen Polizeibeamten bewachte Schleusen, und uns ausweisen. Die hohen Flügeltore zu den Höfen waren verriegelt worden, rund um das Stadtschloss waren gegen siebzehn Uhr weitaus mehr Polizisten/innen als „Normalsterbliche“ zu sehen…
… Vor Dienstantritt heute morgen gelang es mir, einen Blick auf den festlich eingedeckten Kaisersaal sowie den Vier-Schimmel-Saal zu werfen, dort werden gut 400 Personen von ca. neunzehn Uhr bis Mitternacht fürstlichst speisen. Im Max-Joseph-Saal werden zuvor das M.erkelchen und Herr Dreh – ähem – Seehofer die erlauchte Gästeschar zum Aperitif begrüßen. In den Trierzimmern wird sich an einem kostbaren Schreibtisch aus dem 18. Jahrhundert, welchen man eigens zu diesem Anlaß aus dem Depot geholt hatte, der amerikanische Außenminister ins Goldene Buch der Stadt München eintragen…
Max-Joseph-Saal Trierzimmer – Saal der EntscheidungVier-Schimmel-SaalIm KaisersaalIm Kaisersaal -
… Die Claymore Pipes & Drums of Munich hatten ihre höchst eigene, sehr klangvolle und mitreissende Art und Weise, das Häufchen von ca. 800 Bagida-Anhängern am heutigen Montag Abend zu übertönen…
… Gegen halb sechs Uhr hatten sich ca. 20.000 Münchner/innen am Sendlinger Tor versammelt, um sich Bagida in den Weg zu stellen, und ungemein viel Lärm zu verursachen, sobald bei den Deutschland- und Bayernfahnen-Schwenkern und Gegen-die-Islamierung-Poster-Trägern jemand versuchte, das Wort zu ergreifen. Zudem erloschen die Lichter der nahen Matthäus-Kirche sowie die des Justizpalastes am Stachus (ein weiteres positives Zeichen dafür, dass Frau Merk nicht mehr Justizministerin Bayerns ist!)…
… Nach einer etwa einstündigen Kundgebung am Sendlinger Tor begleiteten wir allesamt das sich im Vergleich zu uns kümmerlich ausnehmende Bagida-Häuflein zum Stachus, wo sie dann unter Polizeischutz ihre Transparente und Flaggen einholten und zu den U- und S-Bahnen geleitet wurden…
… Und nein, wir sind nicht von der „Lügenpresse“ finanziert worden! Und auch keine wie auch immer geartete „Weltverschwörung“ hat uns zum Protest gedrängt! Wir sind alle freiwillig und sehr gerne gegen Rassismus, Antisemitismus, und Gewalt auf die Straße gegangen, und werden dies auch weiterhin tun!…
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… dass zwischen 20.000 und 25.000 Menschen – darunter auch meine Wenigkeit – heute abend an der Kundgebung gegen Pegida, gegen Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Rechtsradikalismus auf dem Münchner Max-Josef-Platz, vor der Bayerischen Staatsoper, dem Residenztheater, und „meinem Zuhause“, der Residenz, teilgenommen haben. Es ist ein wunderschöner und bewegender – und vor allem absolut friedlicher Abend – gewesen, das fast dreistündige Programm wurde beileibe nicht nur mit Ansprachen bestritten, sondern auch durch Auftritte unter anderem folgender Künstler: Konstantin Wecker, Sportsfreunde Stiller, sowie – was nicht nur mich vor Begeisterung schier aus dem Häuschen geraten ließ – Claus von Wagner und Max Uthoff. Zu Beginn der Demo öffneten sich die Pforten der Bayerischen Staatsoper, begleitet von den Münchner Philharmonikern trat jener, durch die vorletzte Folge der „Anstalt“ berühmt gewordene syrische Flüchtlingschor auf die breite Freitreppe, „Freude schöner Götterfunken“ singend. München’s Oberbürgermeister Dieter Reiter, der mir anfangs ziemlich suspekt war, seit seiner rigorosen Schließung der Asylunterkunft Bayernkaserne über die Köpfe der Landesregierung hinweg, und seinem behutsamen, klugen und menschlichen Umgang mit jenen Flüchtlingen, die vor einigen Wochen am Sendlinger Tor in den Hungerstreik getreten waren, mir allerdings immer sympathischer wird, wies in seiner Rede darauf hin, dass mehr als ein Drittel der Münchner Bürger einen sogenannten Migrationshintergrund habe. Außerdem kamen Vertreter der Katholischen und Evangelischen Kirche zu Wort – wobei man sich die Ansprache des katholischen „Promi-Pfarrers“ etlicher Selbstbeweihräucherungen wegen gerne hätte sparen können – der Münchner Imam und das Oberhaupt der griechisch-orthodoxen Gemeinde in der Landeshauptstadt. – Ich hatte nach Feierabend eine Weile mit mir gerungen, ob ich an dieser Kundgebung teilnehmen sollte oder nicht, denn der Arbeitstag ist ganz schön heftig gewesen, nun bin ich froh und sehr dankbar, dass ich nicht auf meine inneren Schweinehunde gehört hatte…
… Wenn diese Aktion nicht wieder durch die Medien klein geredet oder gänzlich ignoriert wird, dann müsste heute abend von München eigentlich ein sehr positives Zeichen, ein Licht der Nächstenliebe, Toleranz, Klugheit, Menschlichkeit und Völkerverständigung ausgehen…
… Die Fotos sind etwas dürftig geraten, zudem bin ich leider, leider, leider viel zu weit weg von der Bühne gestanden, um von den Akteuren brauchbare Aufnahmen machen zu können…
München’s OB Dieter Reiter -
Diesen hervorragenden und nachdenklich stimmenden Text meiner lieben Freundin Karin Braun möchte ich euch keineswegs vorenthalten:
Im Oktober 2011 ging ich nahezu täglich am Bahide Arslan Platz in Gaarden vorbei. Dort wo sich Wikingerstraße und Kaiserstraße treffen, ist er zu finden. Wie sicher viele von uns, achtete ich kaum auf die Straßennamen, es war einfach mein Weg zur Arbeit. Bis ich eines Tages mit einer Gruppe russischer Migrantinnen dort vorbei ging und eine der Frauen mich fragte, ob ich wüsste, wer diese Bahide Arslan gewesen ist. Ich verneinte, während sich in meinem Hinterkopf der Gedanke formte: Aber du solltest es wissen. Jedenfalls klärte die besagte Frau mich über Bahide Arslan auf. Ich muss gestehen, ich war beschämt. Da stand ich, eine sicher politisch nicht uninformierte Frau, die natürlich um die Brandanschläge in Mölln wusste, und kannte nicht die Namen der Opfer. Seither tickert die Frage: »Wer war Bahide Arslan?«, in meinem Kopf. Damals nahm ich mir vor, zum 20. Jahrestag des Anschlages über diese Frau zu schreiben. Doch wie sollte ich erfahren, wer sie war? An die Familie treten, die nun wirklich Leid genug erlebt hat? Sicher nicht. War es auch wichtig, dass ich hörte: »Sie war eine gute Mutter und Großmutter, wir haben sie alle geliebt und sie fehlt uns jeden Tag.« Nein, das war es nicht. Es ging mir auch nicht darum, zu erfahren: Hat Bahide gerne gebacken oder mit ihren Enkeln gespielt? Kam sie gut mit ihren Kindern aus? Je mehr ich darüber nachdachte, um so klarer wurde mir, dass es nicht um diese privaten Aspekte ging, die sicher für alle die sie kannten, wichtig sind, aber nicht für das was ich zeigen will.
Natürlich hatte ich, an jenem besagten Tag im Oktober 2011 den Namen Bahide Arslan gegoogelt und war erstaunt, nicht sofort einen Eintrag zu finden, der sich mit dem Schicksal dieser Frau befasste, sondern eine Auflistung von Straßen und Plätzen in Deutschland die nach Ihr benannt wurden und in welcher Menge dort Parkplätze zur Verfügung stehen. Schließlich gab ich in die Suchmaschine „Brandanschläge in Mölln“ ein und bekam einiges an Informationen, aber nicht das, was ich mir zu finden gewünscht hatte. Sehr kurz stand dort, dass Bahide Arslan (51) und ihre 10 und 14 jährigen Enkelinnen bei dem Brand, der durch vergossenes Benzin im Treppenhaus und mehreren Molotowcocktails ausgelöst wurde, ums Leben gekommen waren. Dann ging es nahezu nahtlos zu den Tätern über. Ich werde die Namen dieser in diesem Text nicht nennen. Ihre Namen sind unwichtig, den ihre Träger sind austauschbare Werkzeuge, einer menschenverachtenden Ideologie, die leider noch in so vielen Köpfen vorhanden ist. Ich fand auch einige Zeitungsartikel. Hier das Gleiche. Die Opfer des Anschlages blieben eher farblos, während sich breit ausgemöhrt wurde, aus welcher Motivation heraus die Tat begonnen wurde. Da wurden wieder alle Klischees bemüht. Perspektivlosigkeit, schlechte Kindheit, in schlechte Gesellschaft geraten. Diese ganzen pseudopsychologischen Erklärungen, die doch zu nichts führen und nur dazu dienen die Täter zu verharmlosen und ihre Schuldfähigkeit zu mindern, wie es sich ja in den sehr milden Urteilen zeigte.
Oft, wenn es um Verbrechen von Neonazis geht, fällt mir die Anmerkung auf: Es war keine persönlich motivierte Tat. Genau das stimmt nicht. Gleichermaßen, wie alles politisch ist, ist auch alles persönlich. Jeder der beiden Täter hat für sich persönlich die Entscheidung getroffen, diesen Brand zu legen und in Kauf zu nehmen, dass Menschen ums Leben kommen. Menschen, denen sie sich überlegen fühlen, allein aus der Tatsache heraus Deutsche zu sein. Ich weiß zwar nicht, wie jemand, der moralisch gesehen auf der Stufe einer Amöbe steht, sich irgendjemanden überlegen fühlen kann … doch darüber nachzudenken würde bedeuten, sich mit den Tätern zu beschäftigen und nicht mit den Opfern.
Bahide Arslan wurde in der Türkei geboren und starb in der idyllischen, Schleswig-Holsteinischen Kleinstadt Mölln, mit ihren beiden Enkelinnen Yeliz Arslan und Ayse Yilmaz im besagten Haus in der Möllner Mühlenstraße. Vor ihrem Tod schaffte sie es noch dem jüngsten Sohn der Familie Arslan, Ibrahim, in Tücher zu wickeln und in einer Nische beim Kühlschrank zu verstecken. Dort wurde er Stunden später gerettet.
Es heißt: »Wer einen Menschen tötet, zerstört eine ganze Welt.« Hier wurden drei Welten zerstört. Heute wäre Bahide 71 Jahre alt, Yeliz und Ayse wären 30 und 34. Da ist so viel, was hätte sein können! So viele zerstörte Möglichkeiten! Die Familie von Bahide Arslan wird ihr Leben lang, von den Ereignissen der Nacht auf den 23.11.1992 gezeichnet sein.
Nach der Tat machten sich viele Menschen, Deutschland weit, auf nach Mölln um den Hinterbliebenen ihre Unterstützung zu zeigen. Der damalige Bundeskanzler, und heutige Dauernomimierte für den Friedensnobelpreis, Helmut Kohl, kommentierte diese Solidarität als Beileidstourismus und entblödete sich auch nicht im Zusammenhang mit den Anschlägen in Mölln und in Hoyerswerda von einem Staatsnotstand, ausgelöst durch die Asylbewerber zu sprechen. Mit anderen Worten, in der kohlschen Sicht der Dinge, waren die Opfer die Schuldigen.
Die Familie Bahide Arslans zog nach den Ereginissen um und erlebte nun, wie in diesem Staat mit den Opfern rechter Gewalt umgegangen wird. Zahlungen wurden verzögert, ärztliche Atteste angezweifelt, Opferrenten eingestellt. Bei seinem ersten Besuch auf dem Sozialamt, erzählte Faruk Arslan der Sachbearbeiterin, auf die Frage hin: wer er denn sei?, die Geschichte der Familie. Die Dame antwortete ihm daraufhin: Sie haben noch keinen Terror gesehen. Der Terror fängt für sie erst an.
Seit 35 Jahren schreibe, engagiere und demonstriere ich, wie viele andere Menschen in diesem Lande, gegen Rechtsextremimus. Nach so langer Zeit setzt man sich zwischendrin immer einmal hin und zieht eine Bilanz. Was hat sich getan? Was ist besser geworden? Diese fällt im Moment recht kläglich aus. Die NPD wird mit Steuergeldern finanziert und kann angeblich nicht verboten werden, weil sonst zu viele Verfassungsschutzmitarbeiter ihren Job als V-Männer verlören. Nun ja, da gebe es natürlich die einfache Lösung, mit der NPD auch gleich den Verfassungsschutz abschaffen. Wie die jüngsten Ereignisse, um die Morde des Nationalsozialistischen Untergrunds zeigen, ist dieses Amt ohnehin mit seiner Aufgabenstellung komplett überfordert. Ich habe hier bewusst auf die Abkürzung NSU verzichtet und von Dönermorden möchte ich schon gar nicht sprechen, da beides wieder verharmlost. Wir müssen uns angewöhnen Ross und Reiter klar zu benennen.
Ein NPD-Verbot wäre ein klares Statement. Aber man darf sich auch keine Illusionen machen, mit einer solchen Maßnahme, lässt sich der Nationalsozialismus nicht aus den Köpfen seiner Anhänger vertreiben. Aber es wäre ein Schritt in die richtige Richtung.
Vor allem müssen wir damit beginnen die Opfer zu sehen. Sie als Menschen und nicht als Nachrichteninhalte wahrzunehmen. Wenn von Dönermorden die Rede ist, geht es um Menschen, die getötet wurden, weil sich jemand einbildete, aufgrund seiner deutschen Abstammung, das Recht zu haben einen Menschen zu töten, nur weil dieser nicht hier geboren ist, vielleicht eine andere Hautfarbe oder eine andere Religion hat. Nationalismus hat immer den Faschismus und der Faschismus den Rassismus im Gepäck. Und diese drei haben noch nie Gutes gebracht.
Quellen:
Wikipedia
Nina Schulz – Die abgelaufene Solidarität
