… in Deutschland fröhliche Urständ feiern und schon längst in der sogenannten gutbürgerlichen Mitte angekommen sind, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Bisweilen treiben diese zumeist völlig unberechtigten und grundlos andere Ethnien verhetzenden und verunglimpfenden Vorurteile recht kuriose Blüten, wie ich anlässlich meines Klinikaufenthalts erfahren musste:…
… In den ersten Tagen im Krankenhaus unterhielt ich mich sehr gerne mit einer attraktiven Frau mittleren Alters. Sie war gepflegt, gut gekleidet, hatte eine sympathische Ausstrahlung und wirkte gebildet. Während eines unserer Gespräche hielt sie inne und fragte mich: „Mit welchen Frauen liegen Sie denn im Zimmer? Sind das Deutsche oder Ausländerinnen?“ – „Deutsche.“, erwiderte ich aufgeräumt und ahnungslos. „Gut“, meinte die Dame, „dann können Sie Ihre Zahnbürste im Bad lassen. Hätten Sie Ausländerinnen im Zimmer, dann würde ich Ihnen jetzt den Rat geben, Ihre Zahnbürste jedesmal, nachdem Sie sie benutzt haben, im Nachtkästchen einzuschließen.“ Ich machte große Augen. „Warum?“ – „Na, weil die Ausländer allesamt keine Zahnbürsten haben. Und deshalb benutzen die dann die von uns Deutschen, wenn wir sie im Bad liegen lassen.“ Ich war völlig baff. Mir sind bereits ungezählte seltsame Argumente von „besorgten Bürgern/innen“ untergekommen, aber dieses hier war schon außergewöhnlich skurril. Ich konnte gar nicht fassen, was ich da gehört hatte! Ich schluckte und fragte so freundlich als möglich: „Das können Sie doch bestimmt beweisen, nicht wahr?“ Meine Gesprächspartnerin zuckte mit den Schultern. „Öhm, nein, eigentlich nicht. Aber man hört doch so einiges.“ – „Also, ich glaube da nichts, was man mir nicht hieb- und stichfest beweisen kann.“, entgegnete ich mit leiser Stimme. Und obwohl ich inzwischen gut gelernt habe, ruhig, sachlich und vernünftige Argumente nutzend mit Menschen mit ausländerfeindlicher Gesinnung zu diskutieren, wandte mich um und ging…
… meinen lieben Zimmergenossinnen und mir im Krankenhaus das Termin-Chaos, Unser kleiner Liebling und Unser kleiner Sonnenschein (siehe hier) besonders auf die Nerven gingen, lasen wir uns gegenseitig Ärztewitze vor. Unser Favorit war ohne Zweifel dieser hier:… 😉
Fünf kurze Sätze, die man einem Arzt NIEMALS glauben soll:
„Tut nicht weh.“
„Dauert nicht lange.“
„Komme gleich wieder.“
„Das wird schon.“
„Ich mach das schließlich nicht zum ersten Mal!“
… Ich wünsche euch ein ganz wundervolles und unbeschwertes Wochenende!… 😀
… nach meinem Einzug in die Medizinische Klinik musste ich realisieren, dass man es dort mit den angekündigten Terminen keineswegs ernst zu nehmen pflegt. Lange Zeit musste ich z. B. auf das CT der Oberschenkelmuskulatur warten. Und am Tag nach meiner Aufnahme hatte außer dem morgendlichen Blutdruck- und Temperaturmessen keine einzige der geplanten Untersuchungen statt gefunden – weil man kurzfristig meine Akte verschludert hatte. Eine Zimmergenossin hatte man sage und schreibe zehn Stunden lang auf eine Blutentnahme zwecks Gentest warten lassen. Endlich, sie war schon den Tränen nahe, eigentlich hätte sie am frühen Morgen entlassen werden sollen, und ihr stand eine lange Heimfahrt bevor, kam „Unser kleiner Liebling“, zapfte ihr ein Röhrchen Lebenssaft ab (warf dieses dann zerstreut in den Mülleimer ) und meinte huldvoll: „Sie dürfen jetzt gehen.“…
… Die Biopsie, ein operativer Eingriff, bei dem mir einige erbsengroße Stücke Muskulatur aus dem linken Oberarm entnommen wurden, war für Donnerstag neun Uhr angesetzt worden. Um halb Neun sollte ich mich bereit halten, da würde dann der Krankentransport in die benachbarte Chirurgische Klinik erfolgen…
… Natürlich kam niemand – darauf hätte ich nach den Erfahrungen, die ich bereits gemacht hatte, ohne zu zögern mein Monatsgehalt verwettet. Um halb Zehn ging ich zum TheraTrainer im Flur, um mir ein Viertelstünderl lang den Frust wegzuradeln. Frau Doppeldoktor und Unser kleiner Liebling bogen um die Ecke. Frau Dr. Dr. zog erstaunt die Augenbrauen hoch. „Hatten Sie nicht um neun Uhr Ihren Biopsie-Termin?“ Ich nickte. „Stimmt!“ Unser kleiner Liebling fauchte mich an: „Was sitzen Sie dann hier rum!“ Ich knurrte genau so unfreundlich zurück: „Weil man mich noch nicht abgeholt hat!“…
… Um Viertel nach Zehn kamen zwei Männer der Johanniter Unfallhilfe mit einem Rollstuhl ins Zimmer. Ich machte große Augen, denn ich hatte fest damit gerechnet, dass mich jemand vom Haus in die Chirurgische bringen würde. Man schob mich in einen bereit stehenden Krankenwagen, und musste dann, um das Ziel zu erreichen, welches Luftlinie ungefähr vierzig Meter entfernt liegt, einmal rund um den riesigen Klinikkomplex fahren, weil die Ziemssenstraße, welche das Krankenhausgelände an der Nordseite abgrenzt, Bauarbeiten wegen zur Zeit eine Einbahnstraße ist…
… Ich will niemandem bange machen, aber so harmlos, wie es in einem ausgehändigten Informationsblatt dargestellt wird, ist eine Gewebeprobe-Entnahme am Oberarm nicht wirklich. Da die Muskulatur ja nicht verunreinigt werden darf, werden lediglich die Haut und das darunter liegende Gewebe örtlich betäubt. Nach dem Freilegen des Muskels wird dieser durch eine Art kleinen Spatel angehoben und fixiert. Und dann wird geschnitten. Ich bin nicht wehleidig, aber das war durchaus schmerzvoll. Zum Glück hatte ich einen netten jungen Chirurg aus Hamburg, der einigen angehenden Ärzten/innen ausführlich erklärte, was er da tat, ohne medizinisches Kauderwelsch, so dass auch ich gut verstand, was er meinte. Als er den Muskel präpariert hatte, geriet ihm eine kleine Vene in den Weg, die er sanft aus dem Weg bugsieren wollte, wobei sie leider dann doch einriss. Das machte aus dem an sich recht kurzen Eingriff eine Operation, die sich beinahe eine Stunde lang hinzog…
… Zurück ins Modul 2 fuhr mich dann im Rollstuhl eine der sympathischen Jungärztinnen (was sie gar nicht hätte tun dürfen, wie ich später erfahren musste!). Gegen zwölf Uhr mittags war ich wieder in meinem Zimmer…
… Für dreizehn Uhr war die sogenannte Breischluck-Untersuchung angesetzt (mittels einer etwas dicklichen Flüssigkeit wird die Arbeit der Schluckmuskeln von der Kehle bis zum Magen überprüft), wieder in der Chirurgischen Klinik. Auch diesmal hätte ich gewonnen, wenn ich mein Monatsgehalt verwettet hätte…
… Um Viertel nach Zwei chauffierten mich die zwei Jungs der Johanniter auf dem nun schon bekannten langen Weg zur Chirurgischen. Eine knappe halbe Stunde später war die Untersuchung zu Ende, glücklicherweise ohne einen signifikanten Befund. Ich fand es spannend, auf dem großen Monitor mitbeobachten zu dürfen, wie das Geschluckte, das richtig scheußlich schmeckte, in den Magen befördert wurde. „Wir rufen Ihnen gleich einen Rücktransport ins M2.“, versicherte mir die Radiologin. Ich nahm draußen in dem langen, bedrückend schmucklosen Krankenhausflur Platz. Eine der Pflegerinnen sah nach mir. „Sie werden ein halbes Stünderl warten müssen, aber man hat sich schon auf den Weg gemacht.“…
… Nach eineinhalb Stunden, in welchen man mir immer wieder versichert hatte, dass der Rücktransport gleich da sein würde, packte mich das heulende Elend. Mein linker Arm schmerzte und war zudem wegen eines Druckverbands von den Fingern bis zur Schulter unbeweglich. Ich wollte nur noch mehr hier raus, endlich hier raus, nach Hause in mein Bettchen, die Decke über den Kopf ziehen, nichts mehr sehen, nichts mehr hören… Sch…-Myopathie – warum hat es ausgerechnet mich erwischt, ich habe doch zeitlebens versucht, ein guter Mensch zu sein… Ich will hier weg! Ich will meine gesunden Muskeln wieder! Ich möchte wieder ungehindert bergwandern, radfahren, schwimmen, arbeiten, gehen, springen, tanzen können! Warum kommt denn keiner, um mich hier raus zu holen! So schluchzte ich ein Weilchen unbeachtet vor mich hin…
… Um siebzehn Uhr, gerade als das Abendessen serviert wurde, war ich wieder in meinem Zimmer. Die Johanniter hatten mich im Krankenwagen die kurze Strecke von vierzig Metern die Ziemssenstraße entlang bis zum Modul 2 transportiert…
… Am Abend fragte ich bei unserer lieben Klinikzeitung nach: „Ist das denn wirklich nötig, bei so einer kurzen Strecke Krankenwägen zu schicken?“ – „Das ist die Vorschrift.“ – „Aber das könnte doch ein klinikinterner Rollstuhltransport doch genau so gut, und wahrscheinlich sogar schneller.“ – „So was hatten wir ja. Das wurde uns gestrichen. Aus versicherungstechnischen Gründen.“ Ich muss wohl ziemlich entgeistert drein gesehen haben, so ergänzte unsere Lieblingspflegerin: „Weil man auf der Ziemssenstraße wegen der Bauarbeiten für etwa zwanzig Meter das Klinikgelände verlassen muss.“ Ich schnappte nach Luft, meine Zimmergenossinnen schüttelten fassungslos die Köpfe. Und dann setzte die Klinikzeitung noch einen drauf: „So ein Transport durch die Johanniter kostet übrigens 700 Euro. Einfache Strecke.“…
… hat man mich doch tatsächlich aus der Medizinischen Klinik entlassen!… 😀
… Zuhause angekommen gönnte ich mir zuerst ein herzhaftes Weißwurstfrühstück, und dann marschierte ich stracks in mein schönes weiches Bettchen mit seiner wundervollen Sieben-Zonen-Federkern-Matraze. Irgendwie haben mich die vergangenen knapp zwei Wochen im Krankenhaus dermaßen erschöpft, dass ich den Rest des Tages verpennt, und nach einem leichten Abendessen tief und fest die ganze Nacht durchgeschlafen habe – so gut wie seit ewigen Zeiten nicht mehr. Die Krankenhausbetten des Friedrich Baur Instituts in der Neurologischen Station sind nicht eben sehr rückenfreundlich, und in manchen Nächten, in denen man mich verkabelt hatte – Langzeit-EKG, Messung des Sauerstoffgehalts im Blut – oder ich durch die OP-Wunde am linken Oberarm und den Zugang in der Ellenbeuge schmerzhaft behindert war, hatte ich lediglich so vor mich hingedöst…
… Der nette und gut aussehende Vertreter meiner Hausärztin hat mich jetzt noch einmal bis zum dritten September krank geschrieben. So lange bei meiner OP-Wunde die Fäden nicht gezogen worden sind – das wird am 1. September statt finden – dürfe ich ohnehin nicht arbeiten gehen. So habe ich nun also noch zehn Tage, um mich zu regenerieren, meine Gedanken und Gefühle zu sortieren – da ist während meines Klinikaufenthalts in vielerlei Hinsicht sehr viel auf mich eingeströmt, was ich jetzt so nach und nach verarbeiten muss – und mit neu aufgeladenem Kamera-Akku jene Fotomotive aufzuspüren, die mir während einer Stadtrundfahrt mit meiner Zimmergenossin G. aufgefallen sind…
… Anbei mein Lieblingsfoto von der totalen Sonnenfinsternis, welche vorgestern die USA überquert hatte, aufgenommen von der International Space Station aus. So beeindruckend dieses astronomische Ereignis auch gewesen war, die Live-Berichterstattung der NASA hat mich schwer enttäuscht – zwei Stunden lang Dauergesülze der aufgeregten Moderatoren/innen mit ständig wechselnden Interview-Partnern/innen, und meiner Meinung nach viel zu wenig Aufnahmen der SoFi…
… ist noch völlig ungewiss. Eigentlich war ja ein Krankenhausaufenthalt von fünf Tagen geplant gewesen, inzwischen bin ich schon seit zehn Tagen hier, und ein definitives Ende ist nicht in Sicht. Auch wenn meine Zimmergenossinnen, denen es ähnlich ergeht wie mir, und ich äußerst dankbar dafür sind, dass man sich seitens des Friedrich Baur Instituts unser so gründlich annimmt, und alles, aber auch wirklich alles untersucht, die Medizinische Klinik ein gutes Krankenhaus ist, und man sich viel Mühe mit uns gibt – wenn immer wieder ein Entlassungstermin in Aussicht gestellt, und dann quasi in letzter Sekunde verschoben wird, weil man doch noch dieses und jenes genauer anschauen und erforschen will, dann nervt das irgendwann…
… Inzwischen sind wir Drei aber ein eingespieltes Team, das nach Leibeskräften versucht, die negativen Dinge mit Humor zu nehmen und wegzulachen. So haben wir jenen Mitmenschen, mit denen wir im Klinikum tagtäglich zu tun haben, Spitznamen verpasst. Einige davon haben sich bereits herum gesprochen und für Heiterkeit gesorgt…
… Frau Doppeldoktor zum Beispiel, die wird mittlerweile auf der ganzen Neuro-Station nur mehr so genannt. Wir kamen auf den Namen, weil die sehr nette, ruhige und freundliche Ärztin zwei Doktortitel ihr Eigen nennt. Zuerst studierte sie Humanbiologie, begann dann aber nach einigen Jahren ein weiteres Studium. Sie habe genug davon, ihre Patienten/innen immer nur scheibchenweise unter dem Mikroskop zu sehen, nun würde sie sich zu gerne mit den kompletten Menschen abgeben. Jetzt ist sie Neurologin und alle, Patienten/innen und die Leute vom Krankenhaus gleichermaßen, lieben sie…
… Keineswegs sympathisch finden wir dagegen eine recht junge und wohl auch ehrgeizige Ärztin, die von uns Dreien vom Zimmer 23 „Unser Kleiner Liebling“ genannt wird. Sie ist sehr arrogant, stolziert einher, als würde sie sich vorkommen wie eine Halbgöttin in Weiß, und behandelt Patienten/innen und die Leute von der Pflege verbal manchmal wie den letzten Dreck. Wir wünschen durchaus, dass sie mal so richtig auf die Schnauze fällt und eine ordentliche Lektion verpasst bekommt. Ganz sauer stößt uns immer auf, dass sie sich bei Visiten so unangenehm beim netten, warmherzigen und humorvollen Professor Sch. – von uns wegen seines Vornamens „Papa Bene“ genannt – einschleimt. Aber wir haben etwas gegen sie in der Hand: Vor einer Woche hat sie einer meiner früheren Zimmergenossinnen eine Blutprobe für einen Gentest abgezapft und das Röhrchen dann zerstreut in den Mülleimer geworfen. Sollte „Unser Kleiner Liebling“ uns gegenüber noch einmal aufmüpfig werden, dann verpfeifen wir sie beim Professor Sch…. 😉
… „Die Klinikzeitung“ ist die agile, ungemein temperamentvolle, witzige und gescheite Chef-Pflegerin unserer Station. Wenn ihr eine Laus über die Leber läuft, und sie sich mal für ein Weilchen abseilen möchte, dann besucht sie uns, und erzählt uns den neuesten Tratsch der Abteilung M2. Nicht nur deshalb hat sie bei uns einen dicken Stein im Brett, mit ihr kann man auch herrlich albern sein und herum blödeln…
… „Unser Kleiner Sonnenschein“ ist eine schon ältere, kleinwüchsige, grauhaarige Pflegerin, die fast immer schlechte Laune hat, und rechts von links nicht zu unterscheiden weiß, was dazu führte, dass eine meiner Bettnachbarinnen eine halbe Stunde lang durch das riesige Klinikgebäude irrte, weil sie vom Kleinen Sonnenschein instruiert wurde, am Lift im Erdgeschoss nach rechts zu gehen anstatt korrekterweise nach links. Überhaupt – die Ortskenntnisse so mancher Beschäftigten hier! – Aber davon werde ich ein andermal erzählen…
… „Der Schöne John“ wird von der „Klinikzeitung“ zum Blutdruckmessen, Servieren und Abräumen der Mahlzeiten geschickt, wenn sie merkt, dass wir einen moralischen Durchhänger haben oder uns wieder mal über etwas ärgern. „Da habt ihr dann wenigstens was Erfreuliches fürs Auge.“ Der „Schöne John“, ein hochgewachsener Jüngling mit leicht asiatischem Einschlag, ist auch in der Tat eine Augenweide. Obwohl ich eher auf den Chr. stehe, der ist so sanft, und behutsam, und strahlt so eine wohltuende Ruhe aus…
… Unser absoluter Liebling aber ist der „Doktor Singapur“! Er ist Fünfundzwanzig, stammt aus dem asiatischen Stadtstaat, hat ein Stipendium für die Ludwig-Maximilians-Universität in München bekommen, und will hierbleiben. Er würde sich in Bayern sehr wohl fühlen, habe inzwischen auch nur deutsche Freunde, seine Lebensgefährtin sei eine Einheimische, und außerdem würde er von Herzen gerne etwas von dem zurückgeben, was man ihm während seines Studiums hat zukommen lassen. „Ich habe hier nur etwa 500 Euro für’s Semester bezahlt. In meiner Heimat hätte ich für mein Studium an die 200.000 Euro hinblättern müssen.“ Zuerst hätte er sich schon für die Neuro interessiert, meinte er, aber nach einem Jahr sei ihm das zu langweilig geworden, Kardio würde er viel spannender finden. „Doktor Singapur“ hat einen so umwerfend herrlichen, kindlichen und goldigen Humor! Heute früh hat er meiner Bettnachbarin und mir Zugänge gelegt, weil wir jetzt einige Tage lang Infusionen bekommen, und wir haben in dem viel zu kurzen halben Stünderl, das er bei uns zugebracht hatte, Tränen gelacht…
… Nun werde ich mein vom Klinikalltag – Schlafen, Essen, Trinken, Lesen, Surfen im WWW, und etwas Herumspazieren – müdes Haupt aufs Kissen betten. Ich wünsche euch einen unbeschwerten und schönen Sonntag!…
… Gestern vormittag wurde in der Chirurgischen Klinik der LMU am linken Bizeps eine Muskelbiopsie vorgenommen. Dieser Eingriff verlief nicht ganz so unbeschwert und schmerzfrei, wie das in einem Info-Blatt beschrieben wird, welches man einige Tage vorher durchlesen und unterschreiben muss. Im Großen und Ganzen gehts mir gut, nur das Schreiben auf der Tastatur fühlt sich nicht gut an. Daher heute nur diese paar Zeilen. Ich hoffe, dass ich morgen wieder so beschwerdefrei sein werde, um länger tippen zu können, ich habe nämlich ziemlich viel zu erzählen…
… Habt es fein und macht euch ein schönes Wochenende!… 🙂
… noch viel Geduld brauchen.“, eröffnete mir die nette Neurologin, die für mich zuständig ist, von mir Frau Doppeldoktor genannt, weil auf ihrem Namensschildchen zweimal das Dr. steht. 😉 „Wir ermitteln bei Ihnen derzeit in zwei verschiedene Richtungen: Zum einen könnte es sich bei Ihnen um eine körperliche Behinderung handeln, die in Ihrer sehr frühen Kindheit schon aufgetreten ist, und die erst jetzt wieder verstärkt zum Vorschein kommt (sprich: Dystrophe Myopathie). Oder aber um einen nur sehr schwer festzustellenden entzündlichen Vorgang. Bei ersterem können wir versuchen, die Symptome zu lindern und ein Fortschreiten zu bremsen. Beim zweiten könnte eventuell eine Heilungschance bestehen, wenn sich auch die entstandenen Schädigungen der Muskulatur nicht mehr rückgängig machen lassen werden. Es kann noch Monate dauern, bis wir endgültig Klarheit haben werden. Aber wir werden auch nach Ihrem Aufenthalt hier mit Ihnen und Ihrem Neurologen in regelmäßigem Kontakt bleiben.“…
… Heute früh stand ich grad unter der Dusche, als man mich zur Kernspintomographie holen wollte. Ich bin ja nun nicht mehr so flink wie ein Reh, nachdem ich mit der Körperpflege fertig war, was vielleicht zehn Minuten in Anspruch genommen hat, verkündete mir die Stationsschwester, bedauernd die Achseln zuckend: „Es tut mir sehr leid, aber Ihr Termin wurde jetzt bereits wieder anderweitig vergeben.“ – „Wird man mir denn dann heute noch einen neuen geben?“ – „Das weiß hier niemand. Kann sein, dass man Sie heute noch einmal rufen wird, kann sein, erst morgen, kann sein, überhaupt nicht… “ Ich muss wohl recht entsetzt drein gesehen haben, die Schwester zog den Kopf zwischen die Schultern und schlich davon. Ich wuchtete mich auf den im Flur stehenden Thera-Trainer, um erst mal ein Viertelstünderl lang den größten Frust wegzuradeln…
… Anschließend fuhr mir die jüngste Ärztin des FBI-Neurologenteams recht schroff über den Mund, nachdem ich ihr freundlich eine simple Frage gestellt hatte. Das Mädel ist anscheinend noch nicht sehr lange Frau Doktor, und führt sich oft so hochnäsig und unzugänglich auf wie der sprichwörtliche Halbgott in Weiß. Wir haben ihr deshalb den Spitznamen „Unser kleiner Liebling“ verpasst…
… Meine Laune war im Keller, zum Glück kam nur wenig später Frau Doppeldoktor, um nach mir zu sehen. Ich klagte ihr mein Leid bezüglich der Kernspintomographie. Sie bestätigte mir noch einmal, was hier im Haus wohl ein offenes Geheimnis ist: Zwischen dem FBI und der Medizinischen Klinik liegt die Kommunikation hin und wieder gar sehr im Argen. Sie hatte volles Verständnis für meinen Frust, und versprach, in der Radiologie mal ordentlich nachzuhaken. Eine knappe halbe Stunde später kam die Stationsschwester: „Martha, man hat noch einmal angerufen, Sie sollen jetzt gleich zur Kernspintomographie. Ich organisiere Ihnen jemanden vom Hol- und Bringdienst, der fährt Sie mit dem Rollstuhl hin.“ – „Nein, nein, bitte nicht! Wer weiß, wann da jemand kommt, und dann ist mein Termin wieder weg. Ich geh zu Fuß, ich schaff das schon!“ Ich griff mir die Gehstöcke und eierte los, in Hüttenschuhen, weil ich mir nicht einmal die Zeit nahm, meine „Zauberschuhe“ anzuziehen – etwas riskant, ich weiß. Aber es hat geklappt wie am Schnürchen. Heute Nachmittag soll ich noch eine Schluckuntersuchung bekommen. Für morgen früh um neun Uhr ist die Biopsie angesagt, da muss ich mit Rollstuhl hin und zurück, das ist Vorschrift. Ich hab schon angefragt, ob es möglich wäre, einen kleinen Umweg über die Kantine zu machen, denn morgen vormittag würde es kesselfrische Weißwürst‘ geben (das Stück für 1,35 Euro)… 😉
… Ich habe jetzt zwei neue Zimmergenossinnen. Die sind zwar ruhiger als A. und M., aber auch sehr sympathisch, wir kommen gut miteinander zurecht. Eigentlich ist es hier recht gut auszuhalten, fast alle Ärzte und Pfleger/innen sind umgänglich, verständnisvoll und kompetent, das Zimmer ist hell und modern, mit einem sehr feinen, behindertengerechten Badezimmer und großen Fenstern zur Südseite, wir haben hier Sonne satt. Und das Essen ist fein. Wasser, diverse Teesorten und Kaffee gibt es gratis in einem kleinen Zimmerchen rund um die Uhr, so viel man möchte, auch ein Kühlschrank und eine Mikrowelle sind dort installiert. WLAN ist frei, dafür ist der Preis für Fernsehen und Telefon recht gesalzen – aber das brauche ich ja dank meiner kleinen Zauberkiste hier nicht…
… in unserem FBI-Krankenzimmer nur mehr zu Zweit, eine Zimmergenossin ist Sonntag früh entlassen worden…
… Wir hätten uns nie und nimmer träumen lassen, dass man in einem Krankenhaus so viel Gaudi und Kurzweil haben kann. Das ist eine ungemein glückliche Fügung des Schicksals gewesen, die ausgerechnet uns Drei hier zusammengewürfelt hat…
… Was man ganz dringend braucht, um das Wochenende gut zu überstehen:… 😉
… Linzer Torte, Marmorguglhupf, großes Glas Nutella, feine Schoki… 😉
… Der starke Föhn, der nach schier endlos sich ziehenden Tagen die Schlechtwetterfront weggeblasen hat, hatte meiner verbliebenen Bettnachbarin und mir so zugesetzt, dass wir den Nachmittag trotz schönen Wetters verschliefen. Dann aber, nach dem frühen Abendessen, machten wir uns auf die Strümpfe. Ich führte M. erst durch den kleinen Park rund um das Modul 2, in dem wir logieren…
Das kleine „Rauchertempelchen“
Diese schöne Statue ist Mittelpunkt des kleinen Parks
Links von der Trauerweide im 1. Stock ist unser Zimmer
Interessante Verladetür an einem der alten Klinikgebäude
… Vom Goetheplatz aus marschierten wir entlang der Mozartstraße zur Theresienwiese. Ich liebe diese Gegend wegen ihrer schönen, stattlichen Häuser…
… Auf der Wiesn sind die Bauarbeiten bereits in vollstem Gange. Der Löwenbräu-Löwe schaut a bisserl grantig, wahrscheinlich geht ihm das Aufbauen nicht schnell genug. Wir spazierten bis zur Mama Bavaria, und dann gemächlich wieder zurück…
… Die junge Neurologin, die Wochenenddienst hatte, hat mir in der Früh schon angekündigt, dass man mich am Montag durchs ganze Haus scheuchen wird, damit ich das versprochene Pensum an Untersuchungen und die Biopsie doch noch bekommen werde. Ich werde mir jetzt noch einige Folgen der 13. Staffel Greys Anatomy ‚reinziehen, und dann ruhen, damit ich auch ja fit für Montag bin…
… mehr kann ich seit Freitag morgen hier in der Medizinischen Klinik nicht tun. Gestern wurde vor dem Frühstück der Blutdruck gemessen, die Stationsärztin informierte mich über die irgendwann bevor stehende Biopsie. Und vor dem Schlafengehen bekam ich am rechten Daumen eine Fingerhaube verpasst, die während der Nacht den Sauerstoffgehalt im Blut gemessen und an ein kleines Gerät auf dem Beistelltischchen übermittelt hat. Die Fingerhaube glühte rot, meine Zimmergenossinnen und ich lachten uns schlapp, als ich die Rechte hob und gröhlte: „E. T. – nach Hause telefonieren!“. Ansonsten hat sich nichts getan, auch heute nicht, es wurde kein MRT von den Muskeln gemacht, die angekündigte Physiotherapeutin kam genau so wenig wie die ebenfalls versprochene Psychosoziale Beraterin. Weder gestern noch heute hat eine Visite stattgefunden. Eine junge Stationsärztin vertröstete meine Bettnachbarin, der man ebenfalls alle möglichen medizinischen Aktivitäten zugesichert hatte, und mich auf Montag, als wir nachfragten. Wenn wir Drei uns mittlerweile nicht so hervorragend verstehen würden, würde ich jetzt wahrscheinlich doch etwas frustriert sein. Ich dachte, ich marschier‘ am Dienstag in der Früh mit einer hieb- und stichfesten Diagnose über die Art meiner Myopathie, mit einem Behandlungsplan, hilfreichen Medikamenten in der Tasche und Hilfestellung bei der Regelung meiner beruflichen Zukunft hier raus…
… Wie gesagt, mit den Zimmergenossinnen habe ich ganz, ganz großes Glück. Wahrscheinlich haben wir Mädels von Zimmer 23 schon für Aufsehen gesorgt, weil es bei uns immer laut und lustig und auch schräg zugeht. Gestern brachte ich von meinem Spaziergang – wir dürfen das Haus für ein bis zwei Stunden täglich verlassen, wenn wir uns im Schwesternstützpunkt schriftlich abmelden – eine halbe Konditorei mit, und ein großes Glas Nutella, wir sind voll auf dem Nutella-Trip, das wir gehäuft löffelweise verzehren, wenn uns etwas frustriert oder nervt. 😉 Und ich glaube, ich habe bis jetzt in diesem Jahr noch nicht so viel geredet wie seit Donnerstag mit den beiden wunderbaren Mädels. Inzwischen kennen wir natürlich jede nicht nur die Krankengeschichten voneinander, sondern auch die Lebensläufe bis in die privaten Geheimnisse. Ich denke mal, dass das hält, dass sich daraus gute Freundschaften entwickeln werden. Und auch, wenn ich medizinisch vielleicht das nicht werde mitnehmen können, was ich mir erhofft hatte, menschlich hat sich dieser Krankenhausaufenthalt in jedem Fall gelohnt…
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