… Vor gut fünfhundert Jahren waren die bösen Versuchungen des Teufels allüberall, natürlich ganz besonders bei solch einem Ereignis wie der Landshuter Hochzeit, die ja einige Tage lang gefeiert worden war. Gegen die Sündhaftigkeit und die Verlockungen des Bösen hilft der Schutz wundertätiger Reliquien am allerbesten. So hatte nahe der Landshuter Heiliggeistkirche ein Trupp Gaukler und Zigeuner ihren Stand aufgeschlagen, an dem sie allerlei erlesene, hochheilige Kostbarkeiten feil boten: Einen Teil des legendären Schweißtuchs der Veronika, ein Stück vom Wanderstab des Heiligen Christophorus, auf dem dieser sich gestützt hat, als er das Jesukind durch einen Fluss getragen hatte, eine kleine Phiole mit Schweiß von Jesus Christus höchstselbigst, aufgegangen von der Mutter Gottes, als ihr Sohn am Kreuze gehangen und gelitten hatte, sowie ein Haar vom Haupte Johannes des Täufers, ausgerissen von einer Kammerzofe der Königstochter Salome. Die zusehenden Festbesucher/innen waren ganz hin und weg ob so viel wundertätiger, höchst heiliger Reliquien, die Börsen saßen locker, manch einer war, gebannt von der eindringlichen Vorführung, durchaus in gehobener Kauflaune…
… Auch in jenen schon so fernen Tagen hat es Menschen mit einem gesunden Verstand gegeben, die mutig und voller Zorn die sogenannten Reliquien als faulen Zauber entlarvten, und die Schwindler vertrieben…
… Doch es ist die Hochzeit des bayerischen Herzogs, und da löste sich angesichts der freudigen, gehobenen Stimmung aller Zorn alsbald in Wohlgefallen auf. Singend und musizierend ging man seiner Wege…