… Ein Satz ist mir in der gewaltigen Flut von Rechtfertigungen, Schuldzuweisungen, Sich-auf-die-Schultern-klopfen, Forderungen an die politischen Gegner, dem Ampel-Bashing, den Endlos-Diskussionen, den Selbstbeweihräucherungen und politischen Grabenkämpfen nach den Ergebnissen der Europawahl ganz besonders aufgefallen. Geäußert wurde er von einem ca. sechzehnjährigen Schüler in einem Beitrag des Mittagsmagazins:…
… „Wenn man auf TikTok oder Instagram geht, dann sind das erste, was man dort sieht, Posts von der AfD mit Wahlwerbung.“ Diese kurze Stellungnahme hat mich am meisten von all dem Politikgeschwafel beeindruckt. Denn sie zeigt mehr als klar und deutlich, wie groß die Ignoranz der sogenannten Altparteien gegenüber den jungen Erstwähler:innen gewesen ist, wie wenig man diese ernst genommen, wie wenig man im Grunde mit ihnen gerechnet hat. Man hat diese und ihre Affinität zu den (a)sozialen Medien ganz augenscheinlich lediglich am Rande und nur höchst rudimentär zur Kenntnis genommen! Anstatt es den Blaunen gleichzutun und ebenfalls der Jugend angepasste Kampagnien auszuarbeiten und zu lancieren – und man hätte fünf Jahre Zeit dafür gehabt! -, hat man dem rechtsextremen Gesocks beinahe komplett das Feld überlassen. Und wenn man in den (a)sozialen Medien dann doch mal aktiv wurde, wirkte das ungemein schwerfällig und sogar lächerlich – siehe den Aktentaschen-Clip von Olaf Scholz: https://www.tiktok.com/@teambundeskanzler/video/7356168303917731105?lang=de-DE …
… Nun haben sich also die Altparteien recht blutige Nasen geholt – auch wenn die „cd“U/“cs“U die Europawahl als großen Sieg und Erfolg verkaufen will. Und dabei völlig übersieht, dass aus ihren Reihen über 600.000 Wähler:innen zu den Blaunen abgewandert sind, bei der SPD waren es über 500.000. Wie es nun weitergehen wird? Wie immer! Auch wenn die Schüsse immer lauter werden und näher kommen, die Kanonensalven vor den Bug immer genauer, die Warnungen immer deutlicher, immer mehr dem biblischen Menetekel gleichen. Man wird sich weiterhin gegenseitig beharken, anstatt sich zusammen zu schließen und gemeinsam gegen den faschistischen Feind zu wenden. Man wird sich weiterhin des unschönen Vokabulars der Blaunen bedienen, und diesen damit noch mehr die Wählerschaft zutreiben. Man wird weiterhin die Belange der Bürger:innen nicht wirklich zur Kenntnis nehmen, ihnen nicht auf Augenhöhe begegnen, ihnen nicht zuhören (und letzteres macht einen nicht unerheblichen Teil des Erfolges der AfD in den östlichen Bundesländern aus – „Die hören einem wenigstens zu!“, heisst es immer wieder in einschlägigen Interviews) . Bis zum nächsten Warnschuß, den man dann nach anfänglichen vollmundigen Beteuerungen und Betroffenheitsbekundungen wieder nicht ernst nehmen wird…
… Auch wir linksgrünversiffte Antifaschist:innen werden weiter machen. Aufstehen, Staub abklopfen, Schleppe und Krönchen richten. We are beaten but by no means defeated!…