… Dorthin hatte mich meine „Flucht“ mit Bahn, Katamaran und Bus geführt…
… Es war Samstag, und ganze Heerscharen hatten die gleiche Absicht gefasst wie ich, bisweilen musste man bei besonders schönen Blumen und Ausblicken sogar beinahe Schlange stehen, um fotografieren zu können. Ich hatte gut vier Stunden Zeit, bevor ich das letzte Schiff zurück nach Friedrichshafen nehmen musste, bin sehr viel auf den Beinen gewesen, und habe doch bei weitem nicht alles gesehen, so ist mir unter anderem das Schmetterlingshaus entgangen. Aber ich bin sicher, dass dies nicht mein letzter Mainau-Besuch gewesen ist…
… Oben beim Schloss fand das Gräfliche Gartenfest statt. Zunächst vermeinte ich, dass es da viel lecker Essen und Trinken, elegant gekleidete Menschen, und ein bisschen prominenten Schischi geben würde (vielleicht sogar die gräfliche Familie), doch beim Näherkommen stellte sich die Veranstaltung dann als eine Art Verkaufsmarkt für Gartenbedarf, -Stehrums und -Schnickeldi heraus. Am interessantesten fand ich den wandernden Drehorgelspieler, der auch im kleinen, barocken Schlosskircherl für eine etwas andere Art Kirchenmusik sorgte, und wagemutige Kinder, die im weitläufigen Wald mit Klettergurten angeseilt gar so manch Schwindel erregende Akrobatik darboten…
… Nun genug der Worte, jetzt lasse ich Bilder sprechen. Und zwar viele, mit sehr, sehr vielen Blümchen. In mehreren Teilen. Denn obwohl ich dreimal die weit über zweihundert Fotos aussortiert hab‘, ist immer noch eine erkleckliche Anzahl übrig geblieben, die ich euch gerne zeigen möchte…
… Mein kleines rotes Traumhaus am Bodensee, idyllisch inmitten Weinbergen zwischen Meersburg und Hagnau gelegen…
… Das Winzerdörfchen Hagnau – dort durfte ich im letzten Sommer einen gar wundervollen „Mini-Urlaub“ verbringen…
… Schloss Kirchberg, zwischen Hagnau und Immenstaad gelegen, einstmals der Sommersitz der Zisterzienser von Schloss Salem…
… Schloss Hersberg, oberhalb von Immenstaad…
… Ein Bodensee-Dampfer hat grad von der Immenstaader Mole abgelegt, und nimmt nun Kurs auf Hagnau, Meersburg und Konstanz…
… Winzig kleine Segelschiffchen beim verspielten Tanz über die Wellen…
… Die Zwillings-Zwiebeltürme der Friedrichshafener Barockkirche überragen das zwischen 1695 und 1701 erbaute Schloss, welches heute als Wohnsitz Friedrich’s Herzog von Württemberg dient…
… Friedrichshafen – der Hafen und das Zeppelinmuseum…
… Ein Schnellboot scheint eine klaffende Wunde in die von leichten Wellen geriffelte Oberfläche des Bodensees zu reissen…
… Auf dem Flugfeld erwartete man uns bereits, leider, leider neigte sich die Traumreise mit dem Zeppelin ihrem Ende zu…
… Nach der Landung mussten wir noch ein Weilchen warten. Unser Flug ist der letzte des Tages gewesen. Bevor wir aussteigen durften(mussten), wurden in den unteren Teil der Kabine Bleigewichte verfrachtet, sowie zusätzlich noch Ballastwasser gepumpt, und das Tau an der Zeppelinnase mit dem sogenannten Mastfahrzeug verbunden, welches das Luftschiff anschließend vorsichtig in die riesige Halle bugsieren würde…
… Man kutschierte uns im Kleinbus wieder zurück zur Lounge. Dort bekamen wir ein Gläschen „Graf-Zeppelin-Sekt“ kredenzt, und eine persönliche Urkunde sowie ein sogenanntes Bordbuch mit vielen wundervollen Fotos und interessanten Anmerkungen überreicht…
… Ich fand mich ein letztes Mal am Zaun ein, um zu beobachten, wie der Zeppelin gemächlich in sein „Nachtquartier“ glitt…
… „Dort, wo die Idee entspringt, Vision und Mut das Herz bestimmt, beginnt die Reise durch die Zeit, und Träume werden Wirklichkeit.“… (Verfasser/in mir unbekannt) Dieser Spruch ist an der Stirnseite der Zeppelin-Lounge zu lesen…
… Bereits kurz nach dem Start, wir hatten die Halle und das Flugfeld grade hinter uns gelassen, durften wir uns abschnallen und frei in der Kabine bewegen. Rechts vorne und links hinten ließen sich zwei der großen Fenster öffnen, so dass wir nach Herzenslust reflektionsfrei fotografieren konnten. Im Heck befindet sich eine Art Aussichtskanzel mit einer nach außen gewölbten Sichtscheibe, wenn man sich auf die Sitzbank dort fletzte und in die Krümmung der Scheibe schmiegte, hatte man ein wenig das Gefühl, über der Landschaft zu schweben…
… Die ersten Ausblicke auf Friedrichshafen, den Bodensee, und das unregelmäßige Schachbrettmuster der Wiesen, Wälder und Felder etwa dreihundertfünfzig Meter unter uns…
… Man kann übrigens jederzeit – mit Ausnahme der Start- und Landephase – dem Piloten auf die Pelle rücken und über die Schulter gucken. Gesteuert wird der Zeppelin mit einem erstaunlich kleinen Joystick…
… Die Hülle des Zeppelin NT ist im Inneren in mehrere voneinander abgeschottete Abschnitte, sogenannte Ballonetts, gegliedert, welche mit unbrennbarem Helium gefüllt sind…
… Das Wort „Fliegen“ drückt übrigens das Sichbewegen eines Zeppelins nicht so treffend aus. Es ist eher ein Gleiten, absolut ruhig, da die drei Rotoren sich an der riesigen Hülle oberhalb der Kabine befinden, ist diese völlig frei von irgendwelchen Vibrationen und Erschütterungen. Turbulenzen oder plötzliche Seitenwinde werden von dem Riesen so sanft und gelassen schwankend pariert, als würde ein großes Boot ein paar lästige Wellen abreiten. Es fühlt sich irgendwie so an, als würde man am Bauch eines Riesenwales friedlich und geruhsam durch das Himmelsmeer ziehen…
… Dressur- und Springtraining im Geviert eines Reiterhofs…
… Eine Schafsherde im Obsthain, rechts unten an der Wegbiegung kann man den Schäferwagen erkennen…
… Schloss Salem, einst das prachtvollste aller Zisterzienserklöster, im Jahre 1137 gegründet. Heutzutage befindet sich dort das renommierteste Internat Deutschlands…
… Grüne Insel…
… Die wunderschöne Barock-Klosterkirche Birnau…
… Mainau, die weltbekannte Blumeninsel…
… Die Halbinsel von Konstanz…
… Anflug auf das traumhaft schöne Meersburg…
… Die historische Altstadt von Meersburg, in der Bildmitte links das alte, rechts davon das neue Schloss…
… Das Anwesen der Jungfer Wendelgard – die Geschichte dazu gibt es hier – mittlerweile ein gut florierendes Ausflugslokal…
… Ein Blick zurück auf den See, von der voll verglasten, gewölbten Aussichtskanzel im Heck aus…
… Morgens und zur Mittagszeit ist der Himmel über dem Bodensee noch strahlend blau gewesen, mit ein paar Wölkchen hier und da. Doch je mehr der Nachmittag voran schritt, umso mehr trübte sich das Firmament ein, über den Schweizer Bergen am gegenüber liegenden Seeufer und im fernen Westen bauten sich finstere Wolkentürme auf. Oh, nein!, dachte ich, oh, nein! Bitte, bitte, liebes Universum, lass‘ nicht zu, dass mein Zeppelinflug schon wieder verschoben werden muss!!!…
… Ich hatte im kleinen Bodenseedörfchen Nonnenhorn Quartier bezogen, ein winzig kleines, aber piccobello sauberes Zimmerchen im winzig kleinen Hotel „Seehalde“. Eigentlich wollte ich mir bei einer Runde durch die angrenzenden Weinberge und Obstgärten die Zeit vertreiben, bis ich nach Friedrichshafen fahren musste – doch bereits nach wenigen Metern kehrte ich um, und kletterte in den nächsten Regionalzug…
… Man hatte mich per Brief vor ungefähr zehn Tagen darum gebeten, mich spätestens eine Stunde vor dem Starttermin in der sogenannten Zeppelin-Lounge nahe der großen Halle einzufinden, ich meldete mich schon gut zwei Stunden vor Abflug am Tresen der Zeppelin-Reederei an…
… Komfortabel lässt sich’s in der vornehmen – und teuren! – Zeppelin-Lounge warten…
… Zwischendurch eilte ich immer wieder an den das Flugfeld abgrenzenden, übermannshohen Maschendrahtzaun, um ja keinen Start und keine Landung des Luftschiffs „Friedrichshafen“ zu verpassen…
… Etwa eine Stunde vor dem Start wurden wir Passagiere, insgesamt zwölf an der Zahl, von einer der freundlichen Betreuerinnen in einen separaten Raum gebeten, man wies uns an, scharfe Gegenstände in eine bereit stehende Schale zu legen und scannte uns mit einem Metalldetektor. Danach wurde ein kurzer Dokumentarfilm mit wunderschönen Bildern gezeigt, anschließend erhielten wir eine Sicherheitseinweisung – so ziemlich genau wie im Flugzeug, wo sich die Schwimmwesten und Notausgänge befinden, und wie der Sicherheitsgurt anzulegen sei…
… Es war so weit. Mit einem Kleinbus wurden wir auf das Flugfeld gefahren. Der Zeppelin setzte grade zur Landung an, wobei er, anders als ein Flugzeug, die Nase senkt…
… Mit ca. 75 Metern Länge und ungefähr 17,4 Metern Höhe hat der Zeppelin NT (Neue Technologie) beinahe die gleichen Abmessungen wie ein Airbus A 380 – wiegt allerdings wesentlich weniger, nämlich nur um die neun Tonnen (ein voll beladener A 380 kommt auf 500 Tonnen Gesamtgewicht). Lediglich das Bugrad der Kabine berührt nach erfolgter Landung den Boden, und nur eine Person hält das Tau an der Spitze der Hülle. Da das Luftschiff wegen seiner Leichtigkeit und Abmessungen enorm windanfällig ist, und beim Aufkommen einer stärkeren Strömung durchaus seine Position verändern kann, müssen die Passagiere in einer sicheren Entfernung von etwa 30 Metern warten…
… Dann beginnt das Aus- und Einsteigen, und zwar stets paarweise, um Gewichtsschwankungen und damit ein plötzliches Abheben zu vermeiden…
… „Boarding is completed, all passengers on board!“…
… Scharf brummen sie auf, die drei jeweils zu 120 Grad schwenkbaren Rotoren, die dem Zeppelin NT beinahe die Wendigkeit eines Hubschraubers verleihen – die „Friedrichshafen“ reckt die stumpfe Nase gen Himmel – wir werden für eine kurze Weile in die komfortablen Ledersessel gedrückt – und dann geht sie los, die Traumreise über den Himmel am Bodensee…
… von Filmen ist mitnichten eine „Erfindung“ des 21. Jahrhunderts! Oh nein, so etwas hat eine bereits mehr als hundertjährige „Tradition“:…
… Im Jahre 1902 schuf der französische Film-Pionier, Regisseur, Produzent, Schauspieler und Schriftsteller Georges Méliès in seinem aufwändigen Atelier in Paris einen nach wie vor ausgesprochen faszinierenden und bemerkenswerten Science-Fiction-Stummfilm: „Le Voyage dans La Lune“ (Eine Reise zum Mond)…
… Eine Gruppe Wissenschaftler lässt sich an Bord einer überdimensionalen Kanonenkugel auf den Mond schießen. Dort erleben sie etliche haarsträubende und schreckliche Abenteuer mit Fabelwesen und blutrünstigen Eingeborenen, ehe ihnen der Rückflug zur Erde gelingt. Ihre „Raumkapsel“ landet im Ozean, sinkt auf den Meeresgrund, wird dann aber dank des eigenen Auftriebs wieder an die Oberfläche getrieben, wo sie von Schiffen der Marine geborgen und samt unversehrter Insassen an Land gebracht wird…
… Georges Méliès investierte 1902 so gut wie sein gesamtes Vermögen in die Umsetzung einer gleichnamigen Erzählung Jules Verne’s. Sein Traum war, Hunderte von Kopien des Filmes in die Vereinigten Staaten zu verkaufen, und dadurch reich und berühmt zu werden. Doch ein gewisser Thomas A. Edison, seines Zeichens Erfinder, machte dem Franzosen einen gewaltigen Strich durch die Rechnung: Er bestach die Inhaber einiger Londoner Filmtheater, diese fertigten klammheimlich Abzüge von „Le Voyage dans La Lune“ an, welche sie in die USA sandten. Mr. Edison vertrieb den „Urvater“ aller Science-Fiction-Filme in Amerika unter seinem Namen – und wurde dadurch noch wohlhabender, als er ohnehin schon gewesen war…
… Für Monsieur Méliès bedeuteten diese „Raubkopien“ nicht nur das Ende seiner Träume, sondern auch den finanziellen Ruin. Nur wenig später verstarb er…
… Drei Wände des kleinen Raumes sind mit grünen Kacheln versehen, die vierte besteht aus einer fingerdicken Glasscheibe, von einem dicken, schwarzen Kunstoffvorhang verhüllt. Dahinter befindet sich so etwas wie ein kleiner Zuschauerraum, der etwa zwei Dutzend Menschen Platz bietet. In Nähe des großen Fensters steht eine mit etlichen Gurten versehene, gepolsterte Liege. Die Tür öffnet sich. Ein Mann mittleren Alters, ein Afroamerikaner, gekleidet in einen orangefarbenen Overall, wird von zwei Wächtern in Uniform herein geführt. Zwei Kameras beginnen leise zu surren…
…In einem Büro der Gefängnisverwaltung, welches zum „Medienraum“ umfunktioniert worden ist, beugt sich der Regisseur konzentriert über mehrere Monitore. „Zoom‘ mal auf das Gesicht des Burschen!“, weist er per Mikro einen der Kameramänner an. Nur Augenblicke später sind die scharfen Züge von Earl W. Hinges in allen Einzelheiten auf den Bildschirmen zu sehen. Fünfzehn Jahre zuvor war der Gelegenheitsarbeiter des Mordes an zwei Polizisten wegen zum Tode verurteilt worden. Ein sogenannter Indizienprozess. Bis zuletzt bestanden durchaus begründete Zweifel an seiner Schuld. Drei Mal war die Hinrichtung verschoben worden. Nur wenige Minuten vor Mr. Hinges‘ Gang zur Todeszelle hatten der Gouveneur und der Oberste Gerichtshof ein allerletztes Gnadengesuch abgelehnt…
… Während Earl W. Hinges sich auf die Liege begibt und fest geschnallt wird, nehmen im kleinen Zuschauerraum die Angehörigen der Opfer und einige Zeugen Platz. Die dort installierte Kamera zeichnet grausam und unerbittlich jedes Mienenspiel auf…
… Ein Arzt betritt den Hinrichtungsraum. Er entblößt die fixierten Arme des Verurteilten bis zu den Ellbogen und legt zwei Zugänge für Kanülen, lange, dünne, durchsichtige Schläuche führen in das kleine Gelass der Vollzugsbeamten. Der Mediziner befestigt die Nadeln, überprüft noch einmal deren Sitz, dann verlassen die Wächter und er die Todeszelle…
… Über Lautsprecher wird Earl W. Hinges aufgefordert, seine letzten Worte zu sprechen. Mittlerweile hat man die schwarzen Vorhänge zurück gezogen, der Zuschauerraum, mattdunkel im Vergleich zur grell erleuchteten Zelle, ist zu sehen. Der Todeskanditat wendet sein Gesicht den undeutlich auszumachenden Menschen zu. Gemessen und ruhig klingt er, als er ein allerletztes Mal seine Unschuld beteuert und davon spricht, dass er all Jenen verzeiht, die sich an seinem ungerechtfertigten Tod mit schuldig machen würden, dass er ihnen Frieden, Verstehen und ein gutes Leben wünsche…
… Nur wenig später drückt einer der zwei Vollzugsbeamten einen schwarzen Knopf. Computergesteuert wird die erste Injektion eingeleitet. Mr. Earl W. Hinges verliert das Bewusstsein. Danach werden die Kanülen mit einer Salzwasserlösung durchgespült. Die zweite Injektion lähmt sämtliche Muskeln mit Ausnahme des Herzens. Wieder eine Spülung. Die dritte Injektion folgt – das Herz des Menschen Earl W. Hinges hört auf zu schlagen…
… Der überaus renommierte amerikanische Fernsehsender C…. hatte sich im Vorfeld die Exklusivrechte an der Live-Übertragung dieser Hinrichtung durch eine mehrere Millionen Dollar schwere Zahlung an die Justizbehörde erkauft. Ein Todesurteil zu vollstrecken ist teuer, es kostet die amerikanischen Steuerzahler jeweils an die 2 Milliarden US-Dollar…
… Mehr als zwei Milliarden Menschen weltweit wohnten der Live-Sendung aus dem Gottenham-Prison bei! In den folgenden 48 Stunden klickten noch einmal über eineinhalb Milliarden das nur minimal gekürzte Video auf YouTube an…
… da oben zu schweben und zu bloggen, so habe ich erst vor kurzem auf einen Kommentar von Bärbel geantwortet. Und es entspricht der Wahrheit…
… Tief unter mir würde die Erde dahin gleiten, ein „Tag“ hätte nur ungefähr eineinhalb Stunden…
… Keine Grenzen wären von da oben auszumachen. Keine Rassen. Kein partei- und weltpolitisches Geplänkel. Keine Fahnen oder Symbole. Keine politischen und religiösen Gruppierungen. Dergleichen würden – so denke ich mir – da oben auch keinerlei Bedeutung mehr haben…
… Ich würde vor Freude schier vergehen über den Anblick von so viel Schönheit wie dem filigranen Blau unserer Atmosphäre. Wie Sonne und Mond sich über dem zart gegliederten Horizont erheben. Das ästhetische Muster der Wolken, der Stürme, von Gezeiten, Wind und Wellen, Sand, Berggipfeln, Grün und Eis. Die Anmut und Verletzlichkeit unseres Heimatplaneten auf seiner weiten Bahn. Das überwältigende Gleißen und Glosen der Sonne. Das stumme Strahlen der fernen, ach, so fernen Sterne, Nebel, Milchstraßen und Galaxien inmitten der unermesslichen Schwärze des Alls…
… Und mir würden die Menschlein fern da unten leid tun. Ihre ewig schwelende Neigung zu Konflikten, zu Streit, Hass, Neid, Missgunst, Intoleranz, Unverständnis, Falschheit und Bitterkeit. Dass sie sich gegenseitig das Leben oftmals so sehr schwer machen. Durch ihre Geldgeilheit, Engstirnigkeit, Profitsucht, ihren Größenwahn sich selbst aus ihrer Heimat Erde entwurzeln, sich selbst das Dasein doch so sehr verkomplizieren!…
… Ich würde diese Menschlein aber auch segnen. Für ihren Forscherdrang. Ihre Wissbegierde. Ihr unermüdliches Bestreben, sich weiter zu entwickeln. Ihren Mut, die Toleranz, Weitsicht und die Zivilcourage, die sie bisweilen doch auch zeigen. Dafür, dass sie mir dieses unendlich wertvolle Geschenk gemacht haben, die Welt aus dieser Perspektive sehen zu dürfen…
… habe ich es nicht so mit Zitaten, ich poste so gut wie ausschließlich Erlebtes, Gefühltes und Erdachtes, das auf meinem eigenen Mist gewachsen ist. Doch gestern am späten Abend, kurz vor dem Schlafen gehen, habe ich etwas von Khalil Gibran gelesen, und für so sehr schön und denkenswert empfunden, dass ich es euch nicht vorenthalten möchte:…
… Der Astronom…
… Im Schatten des Tempels sahen mein Freund und ich einen blinden Mann einsam sitzen. Und mein Freund sagte: „Schau her, das ist der weiseste Mann unseres Landes.“ Da ließ ich meinen Freund zurück, näherte mich dem blinden Mann und grüßte ihn. Und wir unterhielten uns…
… Nach einer Weile sagte ich: „Verzeiht meine Frage, aber seit wann seid Ihr blind?“ – „Seit meiner Geburt.“, antwortete er. Ich sagte: „Und welchem Pfad der Weisheit folgt Ihr?“ Er sagte: „Ich bin Astronom.“…
… Dann legte er sich die Hand auf die Brust und sagte: „Ich beobachte all diese Sonnen und Monde und Sterne.“…
(Khalil Gibran, 6. Januar 1883 – 10. April 1931, der Text entstammt seinem Werk „Der Narr“)
… So ab und an widerfährt es mir, meist in Situationen, in denen ich inneren Frieden, sowie Gelassenheit und Ausgeglichenheit verspüre, Bewunderung für die Schönheit ringsum. Wie am vergangenen Montag, als ich unter einer weit ausladenden Eiche auf freiem Feld nahe des Bodensees eine Rast auf meiner Wanderung einlegte. Dann ist mir, als würde sich vor meinem Inneren Auge ein Schleier heben. Und einen Wimpernschlag lang verstehe ich ALLES – den Sinn des Lebens, unsere Einheit mit dem Universum und dem Großen, Unermesslichen Schöpfergeist, seine Gesetzmäßigkeit, die tiefe, uns normalerweise nicht zugängliche, unergründliche WAHRHEIT in ALLEM. Es gibt keine Fragen, keine Rätsel mehr. Lediglich eine nicht auslotbare, überwältigende Klarheit… Es ist so, als würde mein Verstand daraufhin unwillkürlich, instinktiv seine Hände ausstrecken, um fest zu halten… Und der Schleier senkt sich erneut vor meine Inneren Augen… Was danach für eine lange Weile in meinem Geiste, meiner Seele erhalten bleibt, ist eine starke, innere Abgeklärtheit, Zufriedenheit, ein frei sein von jeglichen Ängsten…
… Als ich, gestärkt von einem opulenten Frühstück und ausgesprochen unternehmungslustig, am Sonntag Morgen nach der Lesung in Begleitung der lieben G. und eines weiteren Gastes der Studenten-WG, einem netten, jungen Mann aus Frankfurt, das Haus verließ, fiel mein erster Blick auf ein überaus malerisch anmutendes Bauwerk, das hinter dem nahen Bahndamm hochragte…
OLYMPUS DIGITAL CAMERA
… „Uih!“, rief ich begeistert aus, „Das ist aber eine tolle Moschee, die ihr hier in Dresden habt!“ – „Nein, nein,“, meinte Gunny, „das hier hat nix mit einer Moschee zu tun, das ist früher einmal eine Tabakfabrik gewesen, und jetzt sind Büros dort untergebracht, auf der Terrasse ein Restaurant und in der Kuppel finden kulturelle Veranstaltungen statt.“…
… Während wir Richtung Zwinger schlenderten, trieben Blasen gleich Erinnerungsfetzen in mein Bewusstsein, doch betört vom Zauber der historischen Altstadt Dresdens und seiner Prachtbauten, schenkte ich ihnen keine große Aufmerksamkeit…
… Erst auf der Heimfahrt, acht Stunden lang im Bus auf dem dunklen Band der Autobahn durch trübe, tief hängende Wolken und Schneeschauer dahin gleitend, kam mir Yenidze wieder in den Sinn. Und die dazu gehörige Geschichte. Und eine Person, die ich kannte, und die mit dieser wohl eng verbunden gewesen ist…
… Vor etlichen Jahren arbeitete ich in einem kleinen Wirtshaus nahe des Nymphenburger Schlosses. Zu unseren Mittagsgästen zählte damals ein recht agil wirkender alter Mann. Mit der Zeit pflegte er jedesmal, wenn wir ihn bedienten, damit zu prahlen, dass er der letzte noch lebende Pilot von Stalingrad sei. Seine schwerstkranke Frau würde im Hospiz der Barmherzigen Brüder gepflegt werden, er sei hierher gezogen, um sie täglich besuchen zu können. Er sei mittlerweile gut neunzig Jahre alt. Und wie zum Beweis öffnete er dann jedesmal seine Brieftasche, in welcher sich zwar kein Bildchen seiner Frau befand, aber zwei Aufnahmen von ihm, als schneidiger, junger Wehrmachtsoffizier, einmal als Brustbild sowie vor seinem in der Sonne glänzenden Sturzkampfbomber…
… Es dauerte nicht lange, und wir hatten ihm den Spitznamen „Bruchpilot“ verpasst. Bei aller Freundlichkeit und Zuvorkommenheit, wenn man über einen langen Zeitraum Tag für Tag die selben Sprüche zu hören bekommt, wird man ihrer überdrüssig. So sahen wir zu, dass wir unseren betagten und redseligen Gast recht flott abfertigten, um ja nicht wieder die Stalingrad-Piloten-G’schicht aufgetischt zu bekommen. Eines Tages jedoch verwickelte er einen Kollegen und mich in eine ausgedehntere Schilderung seiner Lebensumstände…
… Er erzählte von seinen Kinder- und Jugendtagen in Dresden. Von seinem Vater, der dort eine Zigarettenfabrik gegründet hatte. Der sich das schönste Fabrikgebäude hatte bauen lassen, was man sich nur vorstellen konnte! Der Architekt Martin Hammitzsch – später Hitler’s Schwager – entwarf nach Anregungen des Inhabers die sogenannte „Tabakmoschee“ mit der hoch ragenden, farbig verglasten Kuppel und dem als Minarett getarnten Schornstein. Doch den Einheimischen wäre dieser orientalisch anmutende Prachtbau, die Yenidze, benannt nach dem nordgriechischen Ort, von welchem die Tabakimporte stammten, viele Jahre lang ein Dorn im Auge gewesen. Im Jahre 1924 hätte Hugo Zietz sein Unternehmen dann an den Reemtsma-Konzern verkauft. Während des Dresdner Feuersturms ist das Anwesen stark beschädigt, in den Fünfzigern wieder aufgebaut worden…
… Er, Hans Zietz, sei Luftfahrt-Ingenieur gewesen, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hätten er und seine Frau sich in Norddeutschland nieder gelassen, für einen großen Konzern sei er viele Jahrzehnte lang als Berater und Entwicklungs-Ingieneur weltweit tätig gewesen…
… Ob die Erzählungen des alten Mannes wirklich der Wahrheit entsprachen? Zumindest der Name stimmte, denn er hatte uns ja fast tagtäglich seinen Ausweis unter die Nase gehalten. Und die Geschichte der Yenidze, die er uns sehr mitreissend und auch detailliert mitgeteilt hatte, ist genau so hier nachzulesen …
… Wie heißt es doch so schön: Man begegnet sich im Leben stets zweimal…
This function has been disabled for Marthas Momente-Sammlung.