… Um halb Neun war ich bereits mit dem Frühstücken und Auschecken fertig, und hatte mir ein Taxi rufen lassen. Die Einwohner/innen von Lido di Venezia sind nicht unbedingt als wohlgesinnt und hilfsbereit zu bezeichnen, wenn man sich frühmorgens während des Berufsverkehrs mit einem großen Koffer in einen Linienbus zwängen will. Ich nahm ein Vaporetto Richtung Bahnhof, dort gab ich mein Gepäck vorübergehend zur Aufbewahrung, dann ließ ich mich von der Linie 1 ein letztes Mal durch den Canale Grande bugsieren…
… Es war Montag, und ungewöhnlich wenig Touristen schienen sich in der Lagunenstadt zu befinden, so bot sich ein Bummel über den Markusplatz regelrecht an. Zuvor aber ließ ich mich per Lift hoch auf den Campanile befördern – der Zufall wollte es, dass ich genau dann dort oben ankam, als die Glocken schlugen…
… Ich schlenderte umher und genoss trotz zunehmend sich eintrübenden Wetters den schönen Blick auf La Serenissima…
… Solche sogenannte Miniatur-Effekte kann die Neue auch – allerdings muss ich mich da noch ein bisserl eingehender mit den nicht ganz unkomplizierten Einstellungen vertraut machen:…
… Nachdem ich wieder unten angekommen war, vergönnte ich mir ein besonderes Vergnügen, einen Besuch im legendären und exklusiven Caffé Lavena am Markusplatz. Gegründet wurde dieses noble Etablissement im Jahr 1750, und berühmte Persönlichkeiten wie Richard Wagner, Franz Liszt, Arthur Rubinstein, Mstislaw Leopoldowitsch Rostopovich und Alberto Moravia zählten zu den Stammgästen…
… Über die völlig überteuerten Preise des Lavena erzählt man sich ja die ungeheuerlichsten Schauergeschichten, dass zum Beispiel ein Espresso auf der Freischankfläche acht Euro, ein Aperol Sprizz fünfzehn Euro kosten würden. Jenes nette Münchner Ehepaar, das ich auf Lido di Venezia in meiner kleinen Trattoria kennen lernen durfte, hatte mir allerdings verraten, wie man auch an einem solchen Ort sehr günstig Speis und Trank genießen kann: In Italien gibt es den Unterschied zwischen „Al Banco“ – im Stehen am Tresen – und „Al Tavola“ – am Tisch. Und dieser Unterschied kann preislich ganz erheblich sein. So genoss ich meinen wunderbaren Aperol Sprizz – es sei der beste in Venedig, wurde mir gesagt – für grade mal 3,40 Euronen. Es dauerte nicht lange, und es gesellten sich etliche Gäste zu mir, zumeist Einheimische. Und da zauberte der sehr geschickte und elegante Barista kleine Schälchen mit Nüssen, Kartoffelchips, saueren Gürkchen und Kapern, und knusprigen Knabbergebäck auf den Tresen. Draußen spielte unter einem Baldachin ein sehr virtuoses Quartett, und ich lauschte, schaute, trank, knusperte vor mich hin, und fühlte mich wieder einmal so richtig schön glücklich und zufrieden…
… Ich drehte noch eine kurze Runde über den Markusplatz, beobachtete die rasant über die Köpfe der Passanten hinweg gleitenden Möwen, sowie meine Mitmenschen, dann machte ich mich langsam auf den Weg, um meinen Koffer abzuholen und nach Tronchetto zu fahren, wo der Reisebus Richtung München bereit stehen würde…