… Zwischen Malcontenta und Stra, dort stand ein Besuch der imposanten Villa Pisani noch auf dem Programm, hätte ich manchmal so viele Arme wie ein Tintenfisch und so viele Augen wie eine Spinne benötigt, um ja alles in mich aufnehmen zu können, manchmal reihten sich beiderseits des Kanals förmlich die mehr oder weniger gut erhaltenen Prachtbauten aneinander…
… Langsam und fast lautlos zog “Il Burchiello” dahin. Nach Mira und kurz vor Dolo passierten wir weitere Schleusen…
… Die werden übrigens vom Schleusenwärter nicht mehr mit dem Einsatz von viel männlicher Muskelkraft geöffnet und geschlossen, sondern mit dem interessanten, kleinen, gelben Kasterl hier:…
… So dramatisch sich die aufwirbelnde Gischt vor einer Weile für die kleinen Entlein erwiesen hatte – die Ibisse am Brenta-Kanal schienen davon durchaus zu profitieren. Schwerelos segelten sie herbei, sobald sie des Schiffes ansichtig geworden waren, ließen sich nahe des Ufers nieder und schauten gespannt, was die strudelnden Wasser Fressbares an die Oberfläche beförderten:…
… Inzwischen war es später Nachmittag geworden, und die letzte Besichtigung unserer wunderbaren Tour auf dem Brenta-Kanal stand an, die Villa Pisani nahe Stra…
… Die Villa Widmann, einige hundert Meter vor der Ortschaft Mira gelegen, die ihren Namen zu Ehren des Heiligen Nikolaus trägt, ist im Jahr 1719 im Auftrag der persischen Händlersfamilie Seriman vom Architekten Antonio Triali erbaut worden. Mitte des 18. Jahrhunderts ging das Anwesen in den Besitz der aus Kärnten stammenden Widmanns über, die Umbauten im Stile des Rokoko vornehmen ließen. Dank bester Beziehungen der Familie zu Kaiser Napoleon war die Villa eine der wenigen, die während des Italien-Feldzugs nicht der Zerstörung und Plünderung anheim gefallen ist…
… Im Gegensatz zu Malcontenta waren die wenigen Museums-Aufsichten in den Räumen der Villa Widmann so gar nicht pingelig, wir durften nach Lust und Laune fotografieren – sogar mit Blitz. Die Gemälde der im Obergeschoss umlaufenden Galerie wurden von einem Schüler Tiepolo’s geschaffen, ob der Meister selbst mit Hand angelegt hat, wird zwar häufig gemunkelt, ist aber keineswegs bewiesen. Tiepolo verwendete als Signum stets ein Paar grüner Papageien – er liebte diese Vogelart sehr – in der Villa Widmann hat man trotz höchst gründlicher Suche bislang aber noch nichts dergleichen gefunden…
… Beim Ablegen ereignete sich ein kleines Malheur – einige Entenküken gerieten in die schäumende Gischt des Heckantriebs unseres Schiffes, sie wurden wild durcheinander gewirbelt und fiepten gar jämmerlich, während am Ufer die Mutter völlig aufgelöst mit den Flügeln schlagend und durchdringend quakend auf und ab watschelte. Doch das Drama nahm ein glückliches Ende, als die Welle sich legte, schwammen alle Entlein zwar wohl ziemlich erschrocken doch unversehrt zurück ans Ufer, wo sie erleichtert von Mutter Ente in Empfang genommen wurden…
… Auf diese Ganztagestour bin ich per Zufall gestoßen, ich hatte im Vorfeld meiner Reise im Internet nach einer Fährverbindung zwischen La Serenissima und dem ja nur ca. 30 km entfernten Padua gesucht. Meine Mutter ist seit einer Italienreise im vergangenen Jahr von dieser Stadt begeistert und hat mir einen Besuch dort empfohlen. Doch dann stöberte ich das hier auf, und war sofort fasziniert…
… Die Brenta ist ein kleiner, etwa 174 km langer Fluß. Er entspringt in Norditalien, in der Nähe von Trient. Bereits im 16. Jahrhundert erkannten die Venezianer, dass die Unmengen an Schwemmmaterial, die das Gewässer beständig mit sich führte, in absehbarer Zeit die Lagune versanden lassen würde. So grub man der Brenta ein neues Bett – sie mündet seitdem ein wenig südlich von Chioggia ins Meer – dort werde ich hoffentlich während der Regatta Storica logieren. Aus dem alten Flußlauf wurde ein Kanal. Während des 17. und 18. Jahrhunderts erbauten sich zahlreiche venezianische Adelige stattliche Villen und Paläste an dessen Ufern. In den Anwesen verbrachte La Serenissima’s High Society die Sommerfrische, man gab in den lauen, mediterranen Sommernächten rauschende Feste, während derer man sich elegant gewandet auf sogenannten Burchielli, großen geschlossenen Gondeln, die entweder von zwei Männern am Bug und Heck gerudert oder von Treidelpferden gezogen wurden, von Gastgeber zu Gastgeber bugsieren ließ…
… Noch heute stehen längsseits des Brenta-Kanals mehr als 40 Villen. Manche davon sind in einem traurig verwahrlosten Zustand, die meisten jedoch wurden aufwändig restauriert, und zu Hotels und Tagungszentren umgestaltet, einige befinden sich nach wie vor in Besitz der adeligen Familien und können besichtigt werden…
… An Bord des modernen Passagierschiffs “Il Burchiello” kann man, geleitet von einer sehr kompetenten Reiseführung, einen ganzen Tag lang dem alten Zauber jener längst vergangenen Tage nachspüren…
… Das sind sozusagen die “Gallionsfiguren” des neuzeitlichen Burchello, es handelt sich dabei um einen Ausschnitt eines Gemäldes des großen Meisters Tiepolo, das in der Galerie der Villa Widmann zu sehen ist…
… Von der Haltestelle San Zaccharia unweit des Markusplatzes ging es frühmorgens durch den breiten Giudecca-Kanal Richtung Fusina, das unweit des nicht sehr fotogenen Industriegebiet Venedigs liegt. Bei Fusina passierten wir die erste von fünf Schleusen, sozusagen die Eingangstür zum Brenta-Kanal…
… Sehr gemächlich geht es dahin, rechterhand ist der Ausblick der Ausläufer des Industriegebiets wegen eher unschön, linkerhand ziehen ruhige Uferregionen, Alleen und weite Felder vorbei, immer wieder sind Ruinen zu sehen, vor etwa einem Jahr hatte ein furchtbarer Tornado die Gegend rund um den Brenta-Kanal heim gesucht, und viel Verwüstung angerichtet…
… Die “Il Burchiello” gleitet so sachte dahin, dass wir auf unserer Fahrt sogar von einem lässig joggenden Soldaten überholt werden…
… Eine gute Stunde später erreicht unser Schiff den kleinen Sprengel Malcontenta. Dort befindet sich nebst der ersten von insgesamt neun, teils sehr betagten, Drehbrücken auch die erste der Villen – Foscari – die wir besichtigen werden. Malcontenta heisst übrigens so viel wie “die Unzufriedene”. Es geht die Legende um, dass dieser Dorfname daher rührt, dass im 17. Jahrhundert einmal eine höchst widerspenstige und untreue Dame der Familie Foscari auf dem Landsitz viele Jahre lang eingekerkert gewesen sein soll. Die Foscaris hatten einstmals zu den angesehensten der venezianischen Republik gezählt – Francesco Foscari war ein großer Kriegsheld sowie Doge von La Serenissima gewesen…
… Malcontenta befindet sich nach wie vor in Händen der Foscaris. Im Inneren der Villa wird im Auftrag der Besitzer streng darauf geachtet, dass weder Fotos noch Filmaufnahmen gemacht werden. Aber das Anwesen, Mitte des 16. Jahrhunderts von dem damaligen Stararchitekten Andrea Palladio erbaut, bietet auch außen herum einige gute Motive…
This function has been disabled for Marthas Momente-Sammlung.