… Ein weiteres höchst imposantes und bemerkenswertes Bauwerk Mailands ist in in unmittelbarer Nähe des Domes zu bestaunen: Die kreuzförmige Galleria Vittorio Emanuelle II., eine wunderschöne, von einem gewölbten Glasdach überspannte Einkaufspassage. Errichtet wurde sie von 1865 bis 1867, die kühne, kreisrunde Kuppel über dem Kreuzungsoktogon befindet sich in 47 Metern Höhe. Die hoch ragenden Portale gemahnen an eine Art Tempel – und das ist die Galleria schließlich auch…
… Hier befinden sich ausschließlich Läden, die – angeblich – das Nobelste und Modernste zur Schau stellen. In Mailand’s „Guter Stube“ konnte ich herrlich einer Lieblingsbeschäftigung, Menschen bebachten, fröhnen, und stieß dabei auf recht interessante Typen, von Polizisten/innen in schmucken, nostlagisch wirkenden Uniformen angefangen über einen renovierenden Fassadenkletterer, der ungeniert einer ägyptisch anmutenden Schönheit auf dem Arm bzw. der Nase herum turnte, eleganten Damen und Herren beim Shoppen, den omnipräsenten, weltreisenden Asiaten bis hin zu ärmlichen Indern und Schwarzafrikanern, welche Regenschirme, bunt geflochtene Armbänder und Spielzeugcowboys feil boten – letztere klapperten elektronisch wiehernd über den spiegelblanken Marmorboden, und erregten meine Heiterkeit, doch bevor der dunkelgesichtige Händler zum Anpreisen seiner Ware ansetzen konnte, eilte ich davon, mein nächstes, und sehr nahes, Ziel ansteuernd…
… Meine Unterkunft ist eigentlich eher als „Hotelchen“ zu bezeichnen, denn alles daran und darin ist winzig – mein Zimmer, die Rezeption, welche wie die winzige Bar und die ebenfalls winzigen zwei Frühstücksräume im Souterrain liegt. Eine ziemlich steile und enge Treppe führt dort hinab, und die Zimmerchen in den verwinkelten Fluren sind allesamt nur über mehrere Stufen erreichbar. Aber dennoch kann ich das „Hotel Ideale“ in der Viale dei Mille 60 in Mailand wärmstens empfehlen, der umsichtigen, sorgfältigen, liebenswürdigen, familiär anmutenden Betreuung wegen…
… Das Frühstücksbufett ließ trotz der Winzigkeit der Räumlichkeiten keine Wünsche offen, von einer großen Auswahl an Eierspeisen über heimische Marmeladen und Honig, Wurst und Käse, Fruchtsäfte, bis hin zu mehreren ganz eindeutig selbstgebackenen Kuchen war zu meinem großen Entzücken – ich bin Frühstücksbufett-Fetischistin! – alles zu finden, um eine solide Grundlage für einen langen Tag zu schaffen…
… Danach machte ich mich wohlgemut auf die Strümpfe, Richtung Stazione Centrale, denn ich musste ja meine MilanoCard abholen. Ich tauchte ein in verwinkelte Straßenzüge voll stattlicher, wunderschöner Bürgerhäuser, denn mein Hotelchen befindet sich am östlichen Rand eines noch sehr ursprünglichen, vom Mode- und Design-Wahn der Innenstadt so gut wie unbeleckten Viertels. Hier, zwischen der Viale dei Mille, der Porta Venezia und dem Corso di Porta Vittoria, sind sie nach wie vor zu finden, die kleinen Lädchen und Handwerksbetriebe, in den Bar-Caffés stehen die hemdsärmligen Handwerker und kleinen Angestellten beim Morgenkaffee an den Tresen, und nicht die geschniegelten, gestriegelten, geleckten Typen, wie sie im Terrain rund um den Duomo zuhauf zu finden sind…
… Voller Entzücken hätte ich am liebsten jedes Haus, jeden malerischen Innenhof fotografiert…
… Nachdem ich mich zum ersten Mal an diesem Tag satt gesehen und müde gewandert hatte – mir steckten immer noch die Anstrengungen des Oktoberfestes ganz ordentlich in den Knochen – enterte ich eine der historischen, sorgfältig renovierten, aus den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts stammenden Straßenbahnen Mailands. An Bord der Linien 1, 5 und 33 kann man für sehr wenig Geld regelrechte Stadtrundfahrten unternehmen. Ratternd, quietschend, bimmelnd und ruckelnd schob sich das Gefährt durch die Gassen Richtung Stazione Centrale…
… Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben… Dieser Uralt-Spruch kam mir während der Busfahrt von München nach Mailand des Öfteren in den Sinn…
… Freudig überrascht war ich, als ich an Bord feststellen durfte, daß der Fernbus zunächst einmal Richtung Lindau fuhr, und nicht – wie erwartet – via Rosenheim, Kufstein, Innsbruck und Brennerpaß nach Bella Italia. Es war mir eine Wohltat, nach langem mal wieder meinen Lieblingssee sehen zu dürfen – wenn auch nur sehr kurz…
… Danach ging die Reise mitten durch die Schweiz. Es war ungemein schön! Nach Chur schoben sich die mittlerweile himmelhoch und steil aufragenden Berge immer näher. Wir strebten dem Gebirgspaß San Bernardino entgegen, unter anderem oberhalb der berühmt-berüchtigten Via Mala. Hier und da boten sich geradezu den Atem beraubende Einblicke in tiefe, düstere Schluchten, in denen Wildbäche tosten, die kleinen Dörfer mit ihren Häusern aus grob behauenen Steinen und dunklem Holzwerk, welche sich an die bereits herbstlich dumpfen Berghänge und Almen förmlich klammerten, wirkten arm, einsam, und doch so idyllisch…
… Hinter dem San Bernardino verschlechterte sich das Wetter zusehends, es nieselte und dichter Nebel umfing uns. Im schönen Bellinzona legten wir einen kurzen Halt ein, ebenfalls in Lugano. Da hüpfte mein Herz vor Freude, denn dort hatte ja mein Lieblings-Dichter und -Schriftsteller Hermann Hesse seinen Lebensabend verbracht. Ich bin mir ziemlich sicher, daß ich trotz tief hängender Wolken und schlechter Sicht seine Villa oberhalb des Ortes, förmlich an einem Berghang klebend, entdeckt habe…
… Als wir kurz darauf die schweizerisch-italienische Grenze erreichten, wurde es ungemütlich. Nach der Ausweis-Kontrolle im Bus durch drei Zollbeamte verhafteten diese einen Mit-Passagier und führten ihn ab. Wir mussten allesamt einzeln mitsamt unserem Handgepäck aussteigen, unsere Koffer und Taschen identifizieren, die dann von einem Polizisten samt Drogenhund gründlichst untersucht wurden. Mit etwa zweistündiger Verspätung durften wir dann endlich die Fahrt fortsetzen…
… Der allererste Eindruck von Mailand, bzw. den Außenbezirken diester Stadt, war kein guter. Das scheint ein weiterer Nachteil unserer „modernen“ Zeiten zu sein, daß man von unseren im Inneren doch so schönen und sehenswerten Orten zunächst die „Kehrseiten“ zeigt – Industriegebiete, dem Verfall preisgegebene Fabrikhallen, triste, von Müll und Schrott übersäte Landschaften. Nach einem Unfall steckten wir auf dem Autobahnring im Stau fest, was unsere Ankunft am Busbahnhof Lampugnano um eine weitere halbe Stunde verzögerte. Per U-Bahn gelangte ich relativ zügig und problemlos zur Statione Centrale, um dort meinen online georderten MilanoPass abzuholen, fand jedoch selbst nach langem Suchen den MilanoTourismPoint nicht. Nachdem ich zweimal bei Carabinieris nachgefragt und beide Male in eine völlig falsche Richtung geschickt worden war, hatte ich die Schnauze voll und leistete mir ein Taxi zum glücklicherweise nicht allzu weit entfernten Hotel, das sehr klein ist. Auch mein Zimmer ist winzig, und die Duschkabine erst, brächte ich nur fünf Kilo mehr auf die Waage, könnte ich höchstwahrscheinlich nicht mehr dort „einsteigen“…
… Den Tag beschloß ich einen feinen Rotwein trinkend, eine Gemüse-Foccacio mümmelnd und „CSI-New York“ auf Italienisch gucken – fand ich sehr erheiternd – auf meinem im Verhältnis zum Rest der Unterkunft recht großen Bett…
… Bilder von der Fahrt reiche ich nach, bei den mittlerweile nicht mehr zählbaren Versuchen, Fotos hochzuladen, verabschiedet sich jedesmal das Hotel-Internet…
This function has been disabled for Marthas Momente-Sammlung.