… Ein etwa sechzigjähriger Mann mit weißem Schopf sitzt vor der kleinen Bäckerei und schlürft seinen Milchkaffee. Ein junger Mann mit deutlich erkennbarem sogenannten „Migrations-Hintergrund“, im Muscle-Shirt, mit tätowierten Armen und einem Bullterrier an der Leine spaziert vorbei. Der Ältere holt mit dem Fuß aus und versucht, dem Hund einen Tritt zu versetzen. Der Jüngere bleibt zunächst ruhig, geht ums Eck, bindet dort seinen Vierbeiner an, und kehrt dann wieder zurück. „Du hast grad nach meinem Hund getreten!“ – „Halt’s Maul, du Sch***-Kanake, und verp*** dich!“ – „Wenn du noch einmal Sch***-Kanake zu mir sagst, du A***loch, dann polier‘ ich dir die Fresse!“ – „Halt’s Maul! Geh mit deinem Sch***köter gefälligst dahin zurück, wo du hergekommen bist, und hör‘ auf, anständige Deutsche zu belästigen!“ – „Ich hau dich zu Brei, du W***ser!“ – „Ich ruf‘ die Polizei, du Stück Sch***e, wenn du nicht sofort Ruhe gibst und dich zum Teufel scherst!“ Ein weiterer junger Mann, offenbar ein Bekannter des Jüngeren, kommt aus der Bäckerei. Nach etlichen vergeblichen Versuchen gelingt es ihm, die beiden Kampfhähne voneinander zu trennen…
… Ich stand auf dem Balkon und habe diese Szene vor ein paar Stunden beobachtet. Warum, so frage ich mich seitdem beständig. Warum musste das unbedingt sein, durch den Tritt nach einem Hund, der brav neben seinem Herrchen einher trabte, eine Auseinandersetzung zu provozieren? Warum diese sofortige verbale Eskalation? Warum dieser Hass? Warum dieses „Vergnügen“ daran, Unfrieden zu stiften?…
… Oh ja, der Ton wird zunehmend rauer und aggressiver hierzulande! Beleidigungen und Beschimpfungen, die vor einigen Jahren noch ein absolutes „No-Go“ gewesen wären, werden zusehends „salonfähig“. Einen nicht unerheblichen Anteil daran tragen etliche unserer Volks(ver)treter – wie der Herr, so’s Gscherr, pflegt man hier bei uns zu sagen…
… Der Verlust an Mitmenschlichkeit, Anstand, Respekt, Aufrichtigkeit und gesundem Menschenverstand scheint mir bisweilen mit einem geradezu atemberaubend rasanten Tempo voran zu schreiten. Manchmal wird mir angesichts dessen richtig flau in der Magengegend….