… Hier nun der dritte und letzte Teil meiner Bilder von diesem wundervollen kleinen Städtchen…

Marthas Momente-Sammlung
Glück ist die Summe schöner Momente
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… Im Jahr 1457 wurde Stein am Rhein freie Reichsstadt – und weckte seiner strategischen Bedeutung wegen Machtgelüste bei den Habsburgern, vertreten durch den benachbarten hegauischen Adel. Zum Schutz des Ortes wurde deshalb ein Bündnis mit den Städten Zürich und Schaffhausen geschlossen, die Diskussionen über die Notwendigkeit eines solchen Paktes entzweite die bis dahin so einige Bürgerschaft…
… Hans Latzer, der Bürgermeister, hatte sein gesamtes Vermögen für den Loskauf Stein am Rheins und die Ernennung zur freien Reichsstadt aufgewandt. Er galt als hart und despotisch, und sehr darauf erpicht, dank seines Amtes materielle Vorteile zu erheischen. Dies und seine Sympathie für die Österreicher verschafften ihm eine harte Gegnerschaft. Latzer wurde, als ruchbar geworden war, dass er mit dem Junker von Twiel nächtliche Verhandlungen betreffs einer Übergabe Stein am Rheins geführt hatte, der Prozess gemacht…
… Doch es gelang ihm, den Verdacht des Verrates von sich zu weisen, er kehrte in Amt und Würden zurück, setzte allerdings sein die Gesetze missachtendes Ränkespiel fort. Der Legende nach versammelten sich in einer finsteren Nacht im Jahre 1478 die bewaffneten Reiter der Habsburger am gegenüber liegenden Rheinufer unweit der Stadt, um sie in Besitz zu nehmen. Doch ein wackerer Bäckergeselle entdeckte die sich zum Ansturm vorbereitende Truppe. Sein beherzter Ruf „No e Wili!“ (Noch ein Weilchen!) hielt die Angreifer zurück und alarmierte zugleich die Bürgerwehr, der Übergriff konnte vereitelt werden. Hans Latzer wurde in Haft genommen, erneut veurteilt und aus Stein am Rhein verbannt…
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… so wurde vom ca. 15. bis zum 17. Jahrhundert das überaus florierende Städtchen Stein am Rhein, am Austritt des Rheins aus dem Bodensee gelegen, von den Zürichern genannt, unter deren Schutz die Bewohner sich damals gestellt hatten, um die ständigen Übergriffe unter anderem der Habsburger abwehren zu können. Aus jenen Tagen stammt auch die wohl berühmteste aller in dieser Ortschaft heimischen Legenden – doch davon ein andermal…
… Bereits in der Steinzeit wusste man die privilegierte Lage zu schätzen, die Römer betrieben dort vom 2. bis 5. Jahrhundert a. D. ein Kastell, dessen Überreste man heute noch besichtigen kann…
… Überragt wird das Städtchen von der Burg Hohenklingen. Nach dem Passieren der Brücke über den recht zügig dahin fließenden, grünblauen Rhein gewinnt man alsbald den Eindruck, in ein überdimensioniertes Schmuckkästchen geraten zu sein. Jedes liebevoll restaurierte Haus erzählt eine Geschichte, unzählbar sind die Erker, die Fassadenmalereien, das kunstvolle Fachwerk, an jeder Ecke, in jedem Gässchen tut sich Staunens- und Sehenswertes auf. Schutzpatron von Stein am Rhein ist der Heilige Georg – man begegnet ihm und seinem Drachen auf überaus vielseitige Weise – als Gemälde, Straßennamen, Kanaldeckel, Brunnen, die Enden der Dachrinnen sind gleich Drachenköpfen geformt…
… Einen Nachmittag verbrachte ich am Samstag in diesem kleinen Städtchen, genießend, lesend, staunend, schlendernd, und natürlich fotografierend. Und nach langen Jahren begann ich während dieses Ausflugs auch zu verstehen, warum mein Vater sich viele Jahre lang so sehr für die Schweiz begeistern konnte. Ich bin seit Ewigkeiten nicht mehr so vielen liebenswürdigen, fröhlichen und aufgeschlossenen Menschen begegnet – einer älteren Dame, die in ihrer Gartenarbeit inne hielt, und mir völlig Unbekannten freundlich winkend einen Gruß zuwarf, der Schaffner in der Reginalbahn, der ein umwerfend charmantes und kindhaft strahlendes Lächeln hatte, ein Pärchen, das mit seinem stattlichen Berner Sennenhund spazieren ging, und mich völlig unbefangen und vorbehaltlos in ein Gespräch verwickelte, eine Bedienung, die sich über mein Kompliment bezüglich des Essens (Fisch-Knusperli mit einer großen Salatplatte, hausgemachter Sauce Tartar und frischem, resch-flauschigem Brot) ehrlich zu freuen schien…
… Nun genug geredet – hier der erste Teil meiner Auswahl an Bildern…
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… Neben dem, wie ich finde etwas ungewöhnlichen Turm des Münsters St. Nikolaus, der das Zentrum des Städtchens überragt, ist ganz ohne Zweifel der Bodensee-Reiter-Brunnen des Bildhauers Peter Lenk nahe der Uferpromenade DER Blickfang Überlingens. Umringt von Nixen und wasserspeienden Männern mit nicht grade gut proportionierten Figuren erhebt sich die Statue des legendären Reiters, der im Winter des Jahres 1534 den gefrorenen Bodensee überquerte, vom Tauwetter überrascht wurde, und sich samt Ross mit letzter Kraft ans Ufer retten konnte. Der erschöpften Gestalt auf dem ausgemergelten Klepper wurden die Gesichtzüge Martin Walser’s verpasst – worüber der namhafte Schriftsteller alles andere als „amused“ ist…
… Schön anzuschauen sind die sorgsam restaurierten und sehr gepflegt wirkenden Fachwerkhäuser im Stadtkern Überlingens, ich habe ein großes Faible für diese Art Bauwerke…
… Ich habe ja bereits erwähnt, dass meine Unterkunft über einem multi-asiatischen Lokal lag. Recht exotisch und auch etwas skurril fand ich es am nächsten Morgen, denn das Restaurant dient auch zugleich als Frühstücksraum. Karmesinrot geplüschte und bemalte Wände, verziert mit einer Überfülle an golden schimmernden Drachen, Göttern, Göttinnen, Elefanten, Glückssymbolen, Lotusblüten, Blattwerk, der vietnamesische Inhaber des Hotels mit einem hinreissend asiatischen Akzent und singendem Tonfall servierte mir den Tee, dazu wurden quasi als Kontrapunkt am kleinen Bufett Schwarzwälder Schinken, heimischer Käse und Milchprodukte kredenzt, aus dem Radio ertönte schwäbelnd die Stimme des Moderators eines Regionalsenders…
… Aus früheren Tagen, als Überlingen seiner Mineralquelle wegen von Angehörigen des Adels, dem gehobenen Bürgertum und Künstlern sehr frequentiert wurde, stammt übrigens der Beiname „Klein-Nizza am Bodensee“…
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… Beim kurzen Warten auf Einlass an der Pforte gewann ich durchaus den Eindruck, der berühmte und hoch verehrte Schriftsteller selbst sei zugegen, die Villa macht einen so lebendigen und authentischen Eindruck…
… Vor einer Weile sah ich im TV eine wirklich schöne Dokumentation mit dem Titel „Gärten am Bodensee“. Als ich vor kurzem im WWW herum stöberte, kam mir jene Sendung wieder in den Sinn. Die entsprechende Homepage ward schnell gefunden. Per E-Mail versuchte ich mein Glück – normalerweise finden die Führungen nur Samstags statt – und hatte selbiges, ich durfte mich am Freitag Vormittag einer Gruppe Damen anschließen…
… Eine überaus kompetente Kunsthistorikerin, die zudem eine mitreissende Gabe des Erzählens ihr Eigen nennt, gab uns zuerst im Garten einen kurzen Abriss der Geschichte des Anwesens, bevor wir ihr ins Haus folgten. Dank ihrer ausdrucksvollen Schilderungen, und durch die zum großen Teil detailgetreu und behutsam restaurierten Räume fühlten wir uns schnell in jene Zeit vor ziemlich genau hundert Jahren versetzt…
… Gegen den Widerstand ihrer äußerst wohlhabenden und namhaften, altehrwürdigen Baseler Familie hatte 1903 der noch sehr junge, sich erst am Beginn seiner Karriere befindende Hermann Hesse die neun Jahre ältere Mia Bernoulli, eine selbständig tätige Fotografin, geehelicht. Die Beiden waren glühende Anhänger der sogenannten Lebensreform – sie sehnten sich nach einem Dasein ohne die immer lärmender und schmutziger werdende Enge der Großstadt, den aufkeimenden Technikwahn, der Huldigung des Götzen Fortschritts, ohne Hetze, Eile und Entmenschlichung. So kehrten sie 1904 Basel den Rücken. Sie mieteten sich bei einem Bauern im Dörflein Gaienhofen ein, ihr Domizil bestand aus einigen kleinen Zimmerchen. Es gab weder Elektrizität, noch fließendes Wasser, noch ein Badezimmer. Dort wurde 1905 Bruno, der erste Sohn, geboren…
… Von den Einheimischen wurde die kleine Familie nie akzeptiert, der Dichter und Denker und seine ungewöhnliche, sehr kultivierte und selbstbewusste Frau blieben für die Zeit ihres Aufenthalts in Gaienhofen Fremde. 1907 beschloss Hesse, oberhalb der Ortschaft, an einem Hang saurer Wiesen und in Nähe eines Birnbaums gelegen, ein Haus zu bauen. Ein entsprechendes zinsloses Darlehen über 30.000 Taler schoss der Schwiegervater vor, der namhafte Baseler Architekt Hans Hindermann entwarf die kleine Villa, entgegen des grade herrschenden Jugendstils ohne viel Zierrat und Schnörkeleien, mit klaren, schlichten Linien. Bereits nach neun Monaten war das Anwesen fertig gestellt…
… Das Leben an der Seite des Schriftstellers Hesse muss alles andere als einfach gewesen sein. Er zog sich oft wochenlang von seiner Familie zurück in den ersten Stock des Hauses, dort hatte er sein höchst eigenes Refugium, mit einer üppigen Bibliothek, seinem Schlaf- und mehreren Gästezimmer. Um sich vor der Geschäftigkeit im Erdgeschoss, dem Lärmen seiner mittlerweile drei kleinen Kindern abschotten zu können, ließ er im Treppenhaus eine fest verschließbare Türe anbringen…
… Seine einzige häusliche Pflicht sah er darin, das Haushaltsbuch zu führen. Darin sind einige recht interessante Posten zu verzeichnen, z. B. ca. 150 Taler im Jahr als Gebühren für den Fährmann von Steckborn, denn trotz Lebensreform war man nicht gewillt, auf gewisse Luxusgüter zu verzichten, welche recht mühsam zuerst übers Wasser von Konstanz, und dann per Leiterwagen auf die Anhöhe geschafft werden mussten. Die sehr exquisiten Zigarren, die Hermann Hesse eifrig rauchte, und die mit über 80 Talern jährlich zu Buche schlugen, pflegte er übrigens höchstselbigst im Ruderboot über die deutsch-schweizerische Grenze zu schmuggeln. Kam es zu häuslichen Katastrophen, wie das Explodieren des Kachelofens im Speisezimmer, packte er kurzerhand seinen Koffer und ging auf Reisen…
… Betrachtet man Portraitfotos von Mia Bernoulli, wird erschreckend klar, wie belastend die Ehe und die Führung des Hausstandes für Hesse’s erste Frau gewesen sein musste. Zu Beginn ihrer gemeinsamen Jahre zeigt sie sich schön, von innen gleichsam strahlend. Auf einem Abbild von 1911 dagegen wirkt sie desillusioniert, verhärmt, erschöpft und traurig…
… 1912 verkauften die Hesses ihre Villa in Gaienhofen, vorbei war die Zeit der Stadtflucht, man kehrte dem beschaulichen Bauerndorf auf der Halbinsel Hoeri den Rücken und zog nach Bern…
… Weitere lesenswerte Informationen, vor allem, wie Frau Eva Eberwein, die jetzige Besitzerin, 2003 das Anwesen vor dem Abriss gerettet, und mit unglaublich viel Mühen und Tatkraft in seinen Originalzustand zurück versetzt hat, finden sich hier…
… Da es sich bei der Hesse-Villa um ein bewohntes Privathaus handelt, ist das Fotografieren in den Räumen nicht gestattet. Doch im wundervollen, nach Hermann Hesse’s Plänen rekonstruierten Garten rund um’s Haus darf man das. Hier nun meine Impressionen:…
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… Dorthin hatte mich meine „Flucht“ mit Bahn, Katamaran und Bus geführt…
… Es war Samstag, und ganze Heerscharen hatten die gleiche Absicht gefasst wie ich, bisweilen musste man bei besonders schönen Blumen und Ausblicken sogar beinahe Schlange stehen, um fotografieren zu können. Ich hatte gut vier Stunden Zeit, bevor ich das letzte Schiff zurück nach Friedrichshafen nehmen musste, bin sehr viel auf den Beinen gewesen, und habe doch bei weitem nicht alles gesehen, so ist mir unter anderem das Schmetterlingshaus entgangen. Aber ich bin sicher, dass dies nicht mein letzter Mainau-Besuch gewesen ist…
… Oben beim Schloss fand das Gräfliche Gartenfest statt. Zunächst vermeinte ich, dass es da viel lecker Essen und Trinken, elegant gekleidete Menschen, und ein bisschen prominenten Schischi geben würde (vielleicht sogar die gräfliche Familie), doch beim Näherkommen stellte sich die Veranstaltung dann als eine Art Verkaufsmarkt für Gartenbedarf, -Stehrums und -Schnickeldi heraus. Am interessantesten fand ich den wandernden Drehorgelspieler, der auch im kleinen, barocken Schlosskircherl für eine etwas andere Art Kirchenmusik sorgte, und wagemutige Kinder, die im weitläufigen Wald mit Klettergurten angeseilt gar so manch Schwindel erregende Akrobatik darboten…
… Nun genug der Worte, jetzt lasse ich Bilder sprechen. Und zwar viele, mit sehr, sehr vielen Blümchen. In mehreren Teilen. Denn obwohl ich dreimal die weit über zweihundert Fotos aussortiert hab‘, ist immer noch eine erkleckliche Anzahl übrig geblieben, die ich euch gerne zeigen möchte…
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… Mein kleines rotes Traumhaus am Bodensee, idyllisch inmitten Weinbergen zwischen Meersburg und Hagnau gelegen…
… Das Winzerdörfchen Hagnau – dort durfte ich im letzten Sommer einen gar wundervollen „Mini-Urlaub“ verbringen…
… Schloss Kirchberg, zwischen Hagnau und Immenstaad gelegen, einstmals der Sommersitz der Zisterzienser von Schloss Salem…
… Schloss Hersberg, oberhalb von Immenstaad…
… Ein Bodensee-Dampfer hat grad von der Immenstaader Mole abgelegt, und nimmt nun Kurs auf Hagnau, Meersburg und Konstanz…
… Winzig kleine Segelschiffchen beim verspielten Tanz über die Wellen…
… Die Zwillings-Zwiebeltürme der Friedrichshafener Barockkirche überragen das zwischen 1695 und 1701 erbaute Schloss, welches heute als Wohnsitz Friedrich’s Herzog von Württemberg dient…
… Friedrichshafen – der Hafen und das Zeppelinmuseum…
… Ein Schnellboot scheint eine klaffende Wunde in die von leichten Wellen geriffelte Oberfläche des Bodensees zu reissen…
… Auf dem Flugfeld erwartete man uns bereits, leider, leider neigte sich die Traumreise mit dem Zeppelin ihrem Ende zu…
… Nach der Landung mussten wir noch ein Weilchen warten. Unser Flug ist der letzte des Tages gewesen. Bevor wir aussteigen durften(mussten), wurden in den unteren Teil der Kabine Bleigewichte verfrachtet, sowie zusätzlich noch Ballastwasser gepumpt, und das Tau an der Zeppelinnase mit dem sogenannten Mastfahrzeug verbunden, welches das Luftschiff anschließend vorsichtig in die riesige Halle bugsieren würde…
… Man kutschierte uns im Kleinbus wieder zurück zur Lounge. Dort bekamen wir ein Gläschen „Graf-Zeppelin-Sekt“ kredenzt, und eine persönliche Urkunde sowie ein sogenanntes Bordbuch mit vielen wundervollen Fotos und interessanten Anmerkungen überreicht…
… Ich fand mich ein letztes Mal am Zaun ein, um zu beobachten, wie der Zeppelin gemächlich in sein „Nachtquartier“ glitt…