… Stundenlang bummeln, stöbern, entdecken, sich freuen und staunen macht natürlich hungrig und durstig. Welch ein Glück, dass praktisch an jeder Straßenecke Speis und Trank feilgeboten wurden. Wie z. B. ein kühles Bier, stilgerecht aus dem Holzfass gezapft. Dazu passte eine g’standene bayrische Brotzeit, ein Breznweckerl (Laugenbrezenbrötchen) mit Obatzda gefüllt zum Beispiel. Batzn bedeutet hier in Südbayern so viel wie Kneten, Vermengen, Durchmischen. Ein echter Obatzda besteht aus reifem Camembert, Butter, Salz, Pfeffer, einem wönzigen Schlock Bier 😉 , fein gehackten Zwiebeln und Paprikapulver, manche geben auch noch eine Prise Knoblauch hinzu. Die Zutaten werden mit einer Gabel klein gedrückt und gründlich vermengt, sozusagen zsamm batzd. 😉 Ein Höchstgenuss!…
… Am östlichen Ende der Preysingstraße, die vom Gasteig (gacher Steig = steiler Anstieg) mit seinem klobigen Bau des Kulturzentrums aus Haidhausen durchquert, steht ein bemerkenswertes Gebäude-Ensemble, so etwas wie ein kleines Dorf innerhalb der Millionenstadt München. Es handelt sich dabei um ehemalige Herbergshäuser aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die früher Tagelöhnern und neu Zugereisten Quartier boten. Man konnte eines oder mehrere Zimmer, oder sogar ein ganzes Stockwerk mieten. Das bemerkenswerteste dieser Herbergshäuser ist der beinahe 400 Jahre alte Kriechbaumhof, in dem sich nun Räumlichkeiten des DAV befinden…
… In den übrigen, sorgfältig restaurierten Gebäuden haben sich u. a. eine Töpferei, eine Werkstatt für Glaskunst und ein Kindergarten niedergelassen. Ein Platz mit Brunnen und Bänken lädt zum Verweilen ein. Es ist so ruhig und friedlich, als wäre man auf dem Land…
… Inzwischen war es später Nachmittag geworden, man begann, die meisten Flohmarktstände abzubauen, und ich begab mich in Richtung Max-Weber-Platz, um von dort aus mit der Tram wieder nach Hause zu fahren. Zuvor entdeckte ich allerdings noch meine absolute Lieblingshaltestelle… 😉
… Der Backsteinturm der zu Beginn des 20. Jahrhunderts im neuromantischen Stil errichteten Johanniskirche reckte sich in den wunderbar blauweißen Sommerhimmel…
… Fast zur selben Zeit wie die Kirche St. Johannes Baptist wurde nur wenige Meter davon das Städtische Wannen- und Brausebad (Tröpferlbad auf Bayrisch 😉 ) errichtet, das auch als Feuerwache diente. Heutzutage befindet sich ein Kindergarten in dem schön renovierten Gebäude…
… Ich hoffe, ihr hattet ein wenig Freude bei unserem Bummel durch das Münchner Franzosenviertel Haidhausen. Lasst es euch wohl ergehen und kommt gut durch den Rest der Woche…
… So wurde es vor einer Weile im WWW angekündigt – wie schön, dass die Saison der wunderbaren Hofflohmärkte in München nun wieder eröffnet ist! Bis in den Herbst bieten an so gut wie jedem Wochenende in den einzelnen Stadtvierteln die Bewohner:Innen in den Hinterhöfen, auf Plätzen und Gehwegen preiswert zum Verkauf, was sich das Jahr über in ihren Kellern, Speichern, Küchen und Kleiderschränken so angesammelt hat. Und in diesem Sommer gestaltet sich das Bummeln und Stöbern endlich wieder völlig unbeschwert, ohne Masken- und Abstandspflicht…
… Das Viertel Haidhausen befindet sich östlich der Isar. Im Jahr 808 wurde es erstmalig als Dorf Haidhusir = Häuser auf der Heide urkundlich erwähnt. 1854 wurde es der Stadt München eingemeindet. Es bildeten sich kleinstadtartige Strukturen mit Herbergen für die ärmeren Bevölkerungsschichten, die vor allem in den ansässigen Ziegelmanufakturen arbeiteten. Aufgrund der sehr bescheidenen Verhältnisse galt Haidhausen lange Zeit als „Glasscherbenviertel“, eine bayerische Bezeichnung für sozialer Brennpunkt bzw. Slum. Erst in den achtziger Jahren wandelte sich der Ruf des Stadtteils, der mittlerweile als eines der angesagtesten Münchens gilt…
… Unter anderem an der sogenannten Kreppe, einer Senke nahe des Haidhauser Wiener Platzes, sind zwei der kleinen Herbergshäuschen zu sehen…
… Ein Zentrum Haidhausens bildet der Wiener Platz. Dort lässt sich’s in den kleinen Marktbuden wunderbar einkaufen, speisen, und den Tag verbummeln. In unmittelbarer Nähe befindet sich der schön schattige und traditionsreiche Biergarten des Hofbräukellers…
… Wegen der vielen französischen Straßen- und Plätzenamen wurde Haidhausen auch als „Franzosenviertel“ bezeichnet. Und es gibt in der Tat etliche aparte Ecken und Straßenzüge, bei deren Erkundung ich ganz fest den Eindruck hatte, mich eher in Paris denn in München zu befinden, und durchaus französischen Charme zu verspüren…
… Nicht nur bunter Krempel, Haushaltsutensilien aller Art, sowie Hüte, Klamotten, Schuhe, Schals wurden am Samstag feilgeboten, auch für das leibliche Wohl wurde gesorgt, viele Lokalitäten boten Speis und Trank per Straßenverkauf an. Die Stimmung war friedvoll, fröhlich und heiter-gelassen, es war ein Tag, um sich so richtig rundum wohl zu fühlen…
… Ihr wisst ja, wenn ihr euch ein Bild genauer anschauen wollt, braucht ihr nur darauf zu klicken… 😉
… Ich fürchte, es gibt demnächst noch einen zweiten Teil meiner Haidhausen-Exkursion… 😉
… Habt einen feinen Tag, und kommt gut durch die neue Woche, ihr Lieben!…
… Die drei für diese Woche vorgeschlagenen Worte – Museum, biografisch, erinnern – haben mich so angesprochen, dass ich nun zum ersten Mal an Christianes ABC-Etüden teilnehmen werde. Es geht darum, die vorgegebenen Wortspenden in einem kurzen Text von maximal 300 Worten unterzubringen…
… Hier ist mein Versuch… 😉
Man schrieb den 8. November 1918. Es war später Nachmittag, grau, neblig trüb. In Begleitung eines hageren, jungen Mannes schritt ein älterer Herr gemessen durch den Englischen Garten in München. Er hatte einen dichten, silberweißen Bart und trug eine schmale Brille, sein Haupt krönte ein dunkler Hut mit weiter Krempe, die füllige Gestalt wurde von einem mit Pelz verbrämten Lodenmantel umhüllt.
Ein gebeugter Kahlköpfiger passierte die Beiden in Gedanken versunken, schrak dann jedoch zusammen, kehrte rasch um und zupfte den Alten mit fliegenden Fingern am Ärmel.
„Majestät! Was machen’S denn noch hier!“
Der Angesprochene zog überrascht die Augenbrauen in die Höhe.
„Guter Mann, was soll das?“
„Ja, haben Sie’s denn noch ned g’hört? Sie sind entmachtet! Kurt Eisner ist zum ersten Präsident der Republik Bayern ernannt worden! Sie sind abgesetzt worden, es gibt hier keine Monarchie mehr! – Sie sollten sich in Sicherheit bringen, bevor man Ihnen und Ihrer Familie den Garaus macht!“
Als der alte Mann – Ludwig III., König von Bayern – nur wenig später zurück in die Münchner Residenz geeilt war, hatte bereits ein Großteil der Dienerschaft und des Hofstaats das riesige Stadtschloss verlassen, vor dem sich in Scharen Demonstrant:Innen versammelten. Die Minister der Bayerischen Regierung drängten den Monarchen zur Flucht.
Die letzten Getreuen gingen hastig daran, Koffer zu packen. Spätabends verließen einige Mietautos mit dem letzten König Bayerns, seiner schwerkranken Frau, drei Töchtern und dem Erbprinzen München.
Prinzessin Wiltrud blickte zurück auf die dunkle Fassade der Residenz.
„Man wird wohl nun ein Museum aus unserem schönen Schloss machen.“, murmelte sie.
Über Schloss Wildenwart am Chiemsee und Ramsau im Berchtesgadener Land ging die Flucht der Wittelsbacher Herrscherfamilie nach Anif bei Salzburg. Prinzessin Wiltrud schrieb diese Odyssee detailliert in ihren biografischen Aufzeichnungen nieder. „Ich will unsere Nachkommen damit an jene dramatische und tragische Zeit des Umbruchs erinnern.“…
… Weil ich einen ziemlich konservativen Geschmack habe, was Opern-Inszenierungen anbelangt, und Sir Peter Jonas vor allem während seiner Zeit als Intendant der Bayerischen Staatsoper München quasi als Wegbereiter moderner Aufbereitungen klassischer Werke galt. Aber der gebürtige Engländer hatte ein sehr bewegtes und auch bewegendes Leben. Und während meiner langen Jahre im Foyerrestaurant der Bayerischen Staatsoper hatte ich indirekt des Öfteren mit ihm zu tun. Bei der Lektüre empfand ich viel Bewunderung für diesen Menschen, der über vierzig Jahre lang ungemein tapfer gegen seine Krebserkrankung gekämpft hatte – und natürlich kamen beim Schmökern auch sehr viele Erinnerungen an die wohl schönste Zeit meines Lebens hoch…
… Sir Peter Jonas wurde 1946 in London geboren, seine Mutter war eine jamaikanische Auswanderin mit spanisch-libanesischen Wurzeln, sein Vater musste aufgrund seiner jüdischen Herkunft aus Deutschland fliehen. Jonas‘ Kindheit war schwierig. Zu seiner Mutter hatte er nie einen warmen, herzlichen Kontakt, sein Vater, angeblich für den Britischen Geheimdienst tätig, verhielt sich ungemein kaltherzig und abweisend – seine Kinder mussten ihn z. B. siezen. Im Alter von acht Jahren kam Peter auf die römisch-katholische Worth School in Sussex, und verbrachte dort traumatisierende Jahre – „Wir wurden im Grunde genommen von morgens bis abends verprügelt.“ Einzigen Halt und bedingungslose, tiefe Zuneigung in all der Zeit fand er in seiner fünf Jahre älteren Schwester Kathryn, die fünfundzwanzigjährig bei einem Autounfall tödlich verunglückte…
… Nach dem Studium ging er 1974 nach Chicago, und wurde dort zunächst Assistent des berühmten Dirigenten Georg Solti, und nach zwei Jahren künstlerischer Betriebsleiter des Chicago Symphony Orchestra. Im Alter von nur 28 Jahren erhielt er die Diagnose Hodgkin-Lymphon, eine ausgesprochen seltene und in der Regel nach kurzem schon tödliche Krebserkrankung. Damals prophezeite man ihm allerhöchstens ein weiteres Jahr Lebenszeit. Sir Peter Jonas kämpfte fünfundvierzig Jahre lang gegen den Krebs, bis er im Alter von 73 Jahren in München am Tisch in seinem Krankenzimmer sitzend an einem Herzstillstand verstarb…
… 1984 wurde der Brite zum Generaldirektor der English National Opera ernannt. In den folgenden neun Jahren verschaffte er dem zweiten Londoner Opernhaus im Coliseum großes internationales Ansehen. Am 1. September 1993 wurde Sir Peter Jonas Generalintendant der Bayerischen Staatsoper München, und hatte dieses Amt bis August 2006 inne. In dieser Zeit sorgte er durch teilweise sehr umstrittene Inszenierungen von Barockopern und Werken zeitgenössischer Komponisten für viel Aufsehen, aber auch für eine neue Zugänglichkeit. Die mittlerweile regelmäßig bei den Festspielen im Juli stattfindende Oper für Alle auf dem Max-Joseph-Platz vor dem stattlichen Opernhaus in Münchens Zentrum geht auf seine Initiative zurück…
… Man machte damals Sir Peter die erste Zeit als Generalintendant alles andere als leicht – wofür er allerdings auch selbst mit verantwortlich war. Seine Persönlichkeit – bestechender Charme, feiner Humor, geradliniges Auftreten, Offenheit, Begeisterungsfähigkeit, aber auch eisige Härte, schier übermenschlicher Ehrgeiz und überaus hohe Ansprüche an seine Mitarbeiter:Innen – polarisierte von Beginn an. Lange Zeit stand er vor allem mit den Bühnenarbeitern- und technikern auf Kriegsfuß – The Independent Volksrepublik of Bühnenhandwerker pflegte Jonas oftmals trocken-spöttisch zu sagen. Dass er jede/n der ca. 800 Arbeiter:Innen und Angestellten nach seinem Amtsantritt dazu verpflichten wollte, Englischkurse zu besuchen, ist kein Gerücht. Zum Glück kam er nach einer Weile wieder davon ab. Dass er einige seiner guten Freunde aus dem ENO in überaus gute Positionen der Intendanz beförderte, sorgte für großes Missfallen und Bedenken: „Der tauscht uns Einheimische allesamt gegen seine Tommys aus!“, das war ab Herbst 1993 ein stehender Spruch im Opernhaus. Nachdem er in einem hitzigen Wortgefecht mit den Hydraulikern – das ist unter den hinter der Bühne Beschäftigten eine ganz spezielle „Kaste“ 😉 – einen seiner störrischen Kontrahenten als „negatives Arschloch“ bezeichnet hatte, trat die gesamte Bühnenmannschaft etwa eine Stunde vor Beginn der Vorstellung in den Streik, man ließ den sogenannten Eisernen Vorhang herab, der die Bühne vom Zuschauerraum abriegelt, und versteckte den Schlüssel. Erst nachdem sich der Generalintendant schriftlich entschuldigt hatte, konnte die Oper des Abends wie geplant aufgeführt werden. – Ein Mitglied des Bayerischen Staatsorchesters, mit dem ich damals gut befreundet war, hatte Sir Peter einmal zusammen mit der Orchestermeisterin Barbara Burgdorf (die später seine Frau wurde) in Flagranti während eines leidenschaftlichen Tété a tété hinter einer Feuerschutztür ertappt. – Dass Jonas ein ausgesprochen großzügiger Gastgeber war, kam uns im Foyerrestaurant natürlich sehr zupass. Noch nie war die Zahl der prominenten Persönlichkeiten aus aller Welt in unserem Haus so hoch gewesen, mein absolutes Highlight war der Besuch von Michail Gorbatschow, ich durfte ihm damals, als er bei uns speiste, den Brotkorb reichen, und sein Tafelwasser austauschen. 😉 – Das sind nur einige von vielen, vielen Anekdoten und Begebenheiten, die ich in jenen auf ewig unvergessenen, spannenden, inspirierenden, traumhaften Jahren erleben durfte, und die bei der Lektüre von Sir Peter Jonas‘ Biographie wieder so wach und lebendig wurden, als hätten sie sich erst gestern ereignet…
… Vor etwa zwanzig Jahren kamen findige Köpfe in Schwabing auf die Idee, ihre Speicher und Keller „auszumisten“ und das, was sich da so angesammelt hatte, in den Hinterhöfen ihrer Häuser feilzubieten. Es entstand der erste Hofflohmarkt. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich diese Initiative binnen kurzem über das ganze Stadtgebiet, mittlerweile gibt es fast alljährlich im Sommer – 2020 wurde natürlich aufgrund der Pandemie pausiert – an die fünfzig dieser Aktionen. Diese Art der Flohmärkte ist nicht nur eine gar feine Gelegenheit für eine erfolgreiche Schnäppchenjagd, man kann beim Stöbern auch so manches ansonsten den Augen der Öffentlichkeit verborgenes Hofidyll kennenlernen…
… Nachdem ich den Hofflohmarkt in meinem Viertel vor zehn Tagen wegen meines Ausflugs nach Landshut verpasst hatte, machte ich mich am Samstag gegen Mittag wohlgemut in Richtung Glockenbachviertel auf, welches sich zwischen der Südseite des Viktualienmarkts, dem Sendlinger Torplatz, dem nördlichen Isarufer und dem Südfriedhof erstreckt, und nach einem kleinen Fluss benannt ist, der mittlerweile allerdings vorwiegend unterirdisch verläuft, und an dessen Ufer sich eine Glockenschmiede befand. Früher hausten dort sehr arme Leute und Handwerker, es gab ein Pesthaus, die Opfer dieser entsetzlichen Seuche wurden auf dem jetzigen Südfriedhof bestattet. Im 18. und 19. Jahrhundert ließen sich viele Juden aus Galizien im Viertel nieder. In der Müllerstraße entstanden etliche Bordelle. In den Wilden Zwanzigern entwickelte sich rund um den Glockenbach die Münchner Schwulenszene. Nach Machtergreifung der NSDAP änderte sich die entspannte, freigeistige Situation recht schnell. Die meisten Juden flohen, viele Homosexuelle wurden „in Schutzhaft“ ins Dachauer KZ verbracht…
… In den Nachkriegsjahren änderte sich das Viertel zum Wohnquartier mit Dienstleistungsbetrieben. Es entstanden viele Eigentumswohnungen, zahlreiche Künstler:Innen und Freischaffende ließen sich im Stadtteil nieder. Es entstand zudem eine illustre Kneipen- und Barszene. In den fünfziger Jahren blühte auch die Schwulenbewegung im Glockenbachviertel wieder auf. Die „Deutsche Eiche“ in der Reichenbachstraße, zwischen Viktualienmarkt und Gärtnerplatz gelegen, war – und ist immer noch – einer der angesagtesten Treffpunkte der LGBT-Szene…
… Am noblen Gärtnerplatz, der seit etlichen Jahren schon – sehr zum Kummer der Anwohner:Innen – dem Jungvolk vor allem an den Wochenenden als sehr lauter Party-Hotspot dient…
… Sogenannte Schani-Gärten – in Parkbuchten errichtete Freischankflächen – erfreuen sich seit Ausbruch der Corona-Pandemie in München größter Beliebtheit. Der Begriff stammt aus dem Österreichischen, Schani ist vor allem in der Wiener Gegend eine Art Spitzname für Kellner…
… Einige Impressionen vom Hofflohmarkt im Glockenbachviertel…
… Ich wünsche euch allen noch eine gute und möglichst unbeschwerte Restwoche. Demnächst erzähle ich euch von einem Ausflug in die Berge, den ich am Dienstag unternommen habe…
… In den vollmundigen Beschreibungen über die geplante Zukunft dieses Areals mit großem Konzerthaus, Wohnraum für ca. 3.000 MieterInnen, mehreren Hotels für kleine und auch ganz große Geldbeutel, Büroräumen sowie Ateliers für Kunstschaffende ist stets zu lesen, dass man sich alle erdenkliche Mühe geben wolle, das derzeitige, bunte, schöpferische Ambiente in die Gestaltungen mit einzubeziehen. Ich habe da ehrlich gesagt so meine Zweifel, und traue deshalb den hehren Worten nicht. Aber Kreativität ist zum Glück wie ein beharrliches, immerdar und überall wucherndes Kräutlein, das sich niemals ausrotten lässt, sie findet immer wieder neue Orte, an denen sie sich einwurzeln und gar wunderbar üppig wachsen und gedeihen kann…
… Die Tonhalle diente früher als Kartoffellager der Pfanni-Werke, und wird als Veranstaltungsort für internationale Pop- und Rock-Konzerte, Theaterproduktionen, Lesungen und Tagungen genutzt. Auch da sind bereits deutlich sichtbare Spuren der Umgestaltung zu sehen…
… Die Kult-Lok for Kids, eine uralte, ausrangierte Dampflokomotive, in derem Inneren sich eine kleine, lauschige Bar verbirgt, und die Werksviertel-Interpretation vom berühmten Bahnsteig 9 3/4… 😉
… Die Spätherbstsonne ist hinter dem Horizont zur Ruhe gegangen, und auf der tief gähnenden Baustelle des zukünftigen Münchner Konzerthauses – im Volksmund vollmundig „Schneewittchensarg“ genannt – wird Feierabend gemacht…
… liegt nahe des Ostbahnhofs. Aus dem einstigen, ca. 39 ha großen Areal der Großunternehmen Pfanni und Optimol entstand in den Neunzigern der Kunstpark Ost mit rund dreißig Discotheken, Clubs, Bars, Restaurants, Spielhallen und Künstlerateliers. 2003 wurde dieser Vergnügungspark aufgelöst, es entstand die Kultfabrik, aus der sich im Laufe der Jahre das jetzige Werksviertel entwickelte, ein teilweise sehr abstrakt, bunt, abstoßend, anziehend, schräg, interessant, absurd anmutendes Konglomerat aus farbenfroh gestalteten Containern, alten Hallen, die Pfanni einst als Kartoffellagern, Kantinen und Büros gedient hatten, Gassen, die so seltsame Namen wie Knödelplatz, Kartoffelgleis und Pürree-Linie tragen, einem futuristisch anmutenden Riesenrad, einigen Hochhäusern, Schutthalden, Abrissbirnen, himmelhoch ragenden Kränen und abgrundtief gähnenden Baugruben. Und jeder Menge beachtlicher Streetart. Aufgrund von Corona herrschte am Donnerstag, als ich einen ausgedehnten Rundgang durch das Gelände unternahm, in dem zu normalen Zeiten vor allem an den Wochenenden das Leben nur so zu toben pflegt, eine fast unnatürliche Ruhe. So konnte ich ungehindert voller Freude und Entdeckerdrang nach Gusto drauflos knipsen, was das Zeug hielt… 😉
… Huch, da steht ein Pferd mit Flügeln auf dem Dach!… 😉
… Inmitten all der bunt zusammengewürfelten, schrägen Ansammlung von Containern und Altbauten mutet die alpenländisch gestaltete „Knödel-Alm“ schon recht fremdartig und merkwürdig an…
… Kühn und elegant ragt das Riesenrad in den makellos blauen Herbsthimmel…
… Demnächst wird dieser Streifzug durchs Münchner Werksviertel fortgesetzt. Kommt gut ins Wochenende, ihr Lieben!…
… Von der Unendlichen Treppe an der Schwanthaler Höhe wandte ich mich auf meinem Sonntagsspaziergang nun Richtung Osten. Zwischen dem Verkehrsmuseum und dem kleinen Bavariapark grüßte mich mit freundlichem Lächeln eine riesige, im Jahr 2002 von den amerikanischen Künstlern Jason Rhoades und Paul McCarthy gestaltete, Schnecke…
… Den beiden Bronzepferdln, die sich in der Nähe recht dramatisch aufbäumen, scheint das tönerne Kriechtier nicht so recht zu behagen…
… Auf der nördlichen Seite des sogenannten Schneckenplatzes befinden sich die Hallen des ehemaligen Messegeländes, die zwischen 2003 und 2011 zum sogenannten Verkehrszentrum, einer Dependance des Deutschen Museums, umgestaltet wurden. Von PKWs und LKWs über Lokomotiven, Straßenbahnen, Fahr- und Motorräder werden zahlreiche historische Fahrzeuge gezeigt – und einige Blicke durch die großen Hallenfenster überzeugten mich davon, dass ich mir das auch einmal unbedingt ansehen sollte…
… Ein paar Schritte über den breiten, am Sonntag sehr ruhigen Bavariaring, und da grüßte mich auch schon die Mama Bavaria vor den hellen Säulen der Ruhmeshalle auf der Theresienhöhe…
… Eigentlich sollte jetzt, Mitte/Ende August, der Aufbau für’s Oktoberfest, das größte Volksfest der Welt, ironisch auch „Intersuff“ genannt, in vollem Gange sein. Aber im Corona-Jahr 2020 läuft halt sehr Vieles anders als gewohnt. Die Windskater freuten sich darüber, genossen das frische, die flirrende Hitze des Sommertags lindernde Lüfterl und brausten elegant über die betonierten Pisten der riesigen Theresienwiese…
… Der Bavaria – das ist schon ein fesches Mädel! 😉 – scheint’s zu gefallen, nur der Löwe an ihrer Seite hat a bisserl a indigniertes Gschau… 😉
… Demnächst erzähle ich euch von meiner jüngsten Tour im Blauen Land bei Murnau. Habt es fein, und kommt gut ins Wochenende…
… Bald nach Beginn des sogenannten Corona-Lockdowns in Deutschland stellten die Tafeln in vielen Städten vorübergehend ihre Tätigkeiten ein. Die Vorsitzende der Münchner Tafel, Frau Hannelore Kiethe, fasste den Entschluss, trotz der Covid-19-Pandemie auch weiterhin materiell schwache BürgerInnen allwöchentlich mit Lebensmittel zu versorgen. Die Großmarkthalle im Viertel Thalkirchen überließ der Ehrenamtsbewegung ihren weitläufigen Westhof für eine einzige zentrale Ausgabe – die siebenundzwanzig Verteilstellen in den einzelnen Vierteln mussten dicht gemacht werden -, die Stadtverwaltung und das Gesundheitsamt erteilten unter strengen Auflagen die Genehmigung. Die Lösung der Personalfrage schien nach dem Meistern der behördlichen Hürden das größte Problem der Münchner Tafel zu sein, denn viele der ehrenamtlichen HelferInnen wurden aufgrund ihres Alters als Risikopersonen eingestuft und durften nicht arbeiten. Doch binnen kurzem meldeten sich nach einem Aufruf Frau Kiethes und ihrem Team in den Sozialen Netzwerken über 3.000 überwiegend junge Menschen – StudentenInnen, SchülerInnen, vorübergehend Arbeitslose…
… Zweieinhalb Monate lang versorgten die HelferInnen der Münchner Tafel unermüdlich sechs Tage pro Woche vom frühen Morgen bis in die Abendstunden ca. 20.000 Bedürftige mit Lebensmittelspenden – das ist sowohl menschlich als auch logistisch eine herausragende Leistung, die bereits nach kurzem internationales Aufsehen erregte, sogar in der New York Times wurde in einem Artikel der mildtätige Verein überaus lobend erwähnt…
… Zu Beginn dieser Aktion befürchtete man, aufgrund der Hamsterkäufe, geschlossenen Grenzen, Lockdown und dem fast völlig zum Erliegen gekommenen Import, Probleme bei der Versorgung der Tafelgäste zu haben, doch es stellte sich bald heraus, dass das Gegenteil der Fall war. Die gastronomischen Betriebe Münchens mussten aufgrund der angeordneten Schließung für ungewisse Zeit ihre Lager- und Kühlräume leeren, ein Gutteil dieser Vorräte wurden der Tafel gespendet…
… Am Westhof der Großmarkthalle wurde durch eigens abgestellte Aufsichtspersonen, die ständig die langen Schlangen der Wartenden abschritten, peinlich genau darauf geachtet, dass die Hygiene-Vorschriften beachtet wurden. Die Gäste hatten ausnahmslos während des des oft stundenlangen Ausharrens bis zum Aufruf ihrer Gruppe und bei der Spendenverteilung Mund-Nasen-Masken zu tragen, und eineinhalb Meter Abstand zueinander gewissenhaft einzuhalten. Wer sich weigerte, gar versuchte, mit den HelfernInnen über Sinn und angeblichem Unsinn der Anweisungen zu diskutieren, wurde freundlich, aber bestimmt darauf hingewiesen, dass er die Versorgung von 20.000 Menschen gefährden würde, und bei besonders renitentem Verhalten nach Hause geschickt…
… Seit Anfang Juni öffnen nach und nach die insgesamt 27 Ausgabestellen der Münchner Tafel unter Aufsicht der Ordnungsbehörden und des Gesundheitsamtes in den einzelnen Stadtteilen wieder. Auch wenn ich froh darüber bin, dass ich mit meinem Rentnerporsche nicht mehr mit den Öffentlichen eine gute halbe Stunde lang durch die Stadt gondeln muss, und schwer beladen wieder zurück, sondern nur mehr einen kurzen Fußweg in den Alten Nördlichen Friedhof habe – ich werde die beispielhafte Menschlichkeit, den Zusammenhalt, die Freundlichkeit, die Freude, das Verständnis, den Fleiß, die Tatkraft, den „Spirit“ jener Zeit im Westhof der Großmarkthalle ganz sicher nie vergessen…
… An dieser Stelle möchte ich von Herzen dem vielköpfigen Team der Münchner Tafel Danke sagen. Durch euren unermüdlichen, selbstlosen, aufopfernden Einsatz habt ihr uns so sehr geholfen. Ich bin ganz sicher, dass es vielen von uns während des Corona-Lockdowns verdammt schlecht ergangen wäre, hätte es euch und eure Initiative nicht gegeben…
… für Sophie und Hans Scholl, und zugleich ein Mahnmal, das an die rechtsextremen Anschläge der vergangenen vierzig Jahre erinnern soll, haben StraßenkünstlerInnen an der Mauer einer Eisenbahnunterführung nahe des Münchner Kunstareals Bahnwärter Thiel zwischen Schlachthof und Großmarkthalle gestaltet…
… Den Mittelpunkt des etwa vierzig Meter langen Gemäldes bilden die Portraits der Geschwister Scholl, eingerahmt von fantasievoll gestalteten Blumen, und der zu dieser Zeit höchst berechtigten Frage: „Wofür haben wir gekämpft?“ Zu beiden Seiten prangen riesige weiße Rosen, seltsame Symbole und Getier, und die jeweils roten Inschriften mit den Orten und Daten der Terrorakte…
… Das weitläufige Kunstareal Bahnwärter Thiel ist immer einen Besuch wert. Das Gelände ist eine bisweilen eigentümliche, ja, befremdliche Mischung aus Freiluft-Galerie, romantisch verwucherten Kleingärten entlang des nahen Bahndamms, Abstellplatz für Kühllaster, Mauern, alten Bauwägen, ausrangierten Containern, Waggons und Wohnwägen. Ständig wird dort gesprüht, gepinselt, gebastelt, aufgebaut, eingerissen, geschaffen, vernichtet, sich neu erfunden. Häufig finden in und um Bahnwärter Thiel in „normalen“ Zeiten auch Konzerte, Disco-Nächte und Flohmärkte statt…
Datenschutz & Cookies: Diese Website verwendet Cookies. Wenn du die Website weiterhin nutzt, stimmst du der Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen, beispielsweise zur Kontrolle von Cookies, findest du hier:
Cookie-Richtlinie