Er war von mittlerer Größe, eher schmächtig, doch an den Oberarmen, den Beinen und auf der Brust wölbten sich ausgeprägte Muskeln. Seine ursprüngliche Herkunft hatte er verdrängt, konnte sich ihrer nicht mehr erinnern. Er war sehr schweigsam, in den seltenen Gelegenheiten, in denen er mal das Wort ergriff, erzählte er, ein Indianer zu sein, und dass seine Seele nach wie vor bei den Mitbrüdern im Wilden Westen weile. Während der Sommermonate lebte er in einer abgeschiedenen Höhle inmitten des Bergwalds zwischen dem Malerwinkel und dem Königsbachfalls an der Südostseite des Königssees. Das Haar trug er im Irokesenschnitt, am Hinterkopf geschmückt mit Federn, welche er einem Steinadler, die in den Schroffen der Reiteralpe horsteten, aus dem Nest stiebitzt haben wollte, seine Haut war bronzebraun verbrannt. Das einzige Kleidungsstück während der warmen Jahreszeiten war eine lederne Leggins mit Fransen an den Seiten, auf dem Rücken hingen stets ein handgeschnitzter Bogen und ein Köcher mit gefiederten Pfeilen darin. Seinen Streifzügen durch die Wälder Berchtesgadens fielen auch schon mal ein Reh oder einige Wildhasen zum Opfer, doch der Förster drückte gutmütig sämtliche Augen zu. In unregelmäßigen Abständen ließ der Sonderling sich kurz im Wirtshaus St. Bartholomä auf der Halbinsel im Königssee blicken, dies war seine Postadresse. Er pflegte Brieffreundschaften mit mehreren echten Indianerhäuptlingen, was uns Kindern natürlich ungemein imponierte.
… Den Rest der Geschichte gibt es auf meinem lange vernachlässigten Zweitblog:…
https://dasstaunenderwelt.wordpress.com/2023/08/30/der-konigssee-indianer/
… Zu dieser Kurzgeschichte hat mich der kürzlich verstorbene Berchtesgadener Indianer inspiriert. Die Handlung beruht zu einem kleinen Teil auf einer wahren Begebenheit, ist aber großenteils völlig frei erfunden…
3 Antworten zu “Der Königssee-Indianer…”
Was für eine schöne herzerwärmende Geschichte. Ich wünsche dem Indianer, dass er wohlbehalten in seinen ewigen Jagdgründen angekommen ist.
Liebe Grüße
Hedwig
Vielen Dank, liebe Hedwig! – Da bin ich ganz sicher. Vielleicht sitzt er schon in einem großen Wigwam und lauscht den Erzählungen berühmter Häuptlinge. 🙂
Liebe Grüße!
Das glaube ich auch ganz fest, ich alte Atheistin…