… auf ihm befinden sich rund 330.000 Grabstellen mit ungefähr 3 Millionen Toten, und sozusagen weltberühmt wurde er im Jahr 1974 durch das Lied des österreichischen Austropop-Sängers Wolfgang Ambros: “Es lebe der Zentralfriedhof!”…
… Gegründet wurde die “Wiener Totenstadt” (einer der größten Gottesacker Europas), die aufgrund ihrer vielen Ehrengräber, der Jugendstil-Bauwerke, und der abwechslungsreichen Weitläufigkeit zu den Sehenswürdigkeiten der Donaumetropole zählt, in den Jahren 1871 bis 1874. Damals ging man davon aus, dass Wien sich bis spätestens Mitte des 20. Jahrhunderts zu einer Großstadt mit mehr als vier Millionen Einwohner:Innen entwickeln würde. Bereits seinerzeit waren die innerstädtischen Friedhöfe an den Grenzen ihrer Kapazitäten angelangt, trotz solch sinniger Erfindungen wie Schachtgräber und Sparsärgen. Diese hatten an der Unterseite eine Klappe, die geöffnet werden konnte, wenn sich der Sarg über der Grabstätte befand. Der Leichnam fiel in die Grube, wurde mit Löschkalk bestreut, und der Sarg konnte wiederverwendet werden…
… Bereits während der Planungsphase ab 1863 wurde von der Wiener Stadtverwaltung die Konfessionslosigkeit des Zentralfriedhofs festgelegt, was vor allem bei den Katholiken für große Empörung sorgte. Lange Zeit war der neue große Friedhof bei den Wienern ausgesprochen unbeliebt, was der einstigen Kargheit des Geländes, aber vor allem den langen Transportwegen zuzuschreiben war. Teilweise wurden Leichentransporte von Beginn bis in die frühen fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts sogar mittels speziell konstruierter Waggons der seit 1907 existierenden Straßenbahn-Linie 71 durchgeführt. So wird ein Todesfall manchmal bei den Wiener:Innen, die ein recht spezielles, manchmal leicht morbides Verhältnis zum Tode pflegen, immer noch lakonisch folgendermaßen kommentiert: “Der/die hat die 71er g’nommen.”…
… Während des NS-Regimes und des Zweiten Weltkriegs wurden die Zeremonienhalle in der Alten Jüdischen Abteilung gesprengt und viele Gräber zerstört und geschändet. Hunderte Widerstandskämpfer:Innen und Deserteure wurden hingerichtet und in Schachtgräbern verscharrt, ohne die Hinterbliebenen zu informieren. Einige Jahre nach Kriegsende wurden diese Gräber zur Mahn- und Gedächtnisstätte erklärt. Im Zuge der Schlacht um Wien 1945 kam es auf dem Zentralfriedhof der in der Nähe liegenden großen Industriebetrieben wegen zu erbitterten Kämpfen zwischen der Roten Armee und deutsch-österreichischen Einheiten. Nach Kriegsende zählte man über 550 Bombentrichter und rund 12.000 zerstörte Gräber. Die Restaurierungsarbeiten zogen sich insgesamt bis in die 90er Jahre hin…
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… @Myriade und ich begannen unseren Rundgang am Tor 1 am südöstlichsten Eck des Gottesackers. Unser erstes Ziel war die Alte Jüdische Abteilung. Viele der Grabmäler und -steine sind von sich rankendem Geäst und Farnen überwuchert, das Gras dazwischen stand gut kniehoch. Ob es Absicht, vielleicht sogar ein jüdischer Brauch ist, dass dieser Abschnitt einen fast schon verwilderten Eindruck macht, oder ob viele der dort Begrabenen mittlerweile keine Angehörigen mehr haben, die sich um die letzten Ruhestätten kümmern könnten? In jedem Fall gewann ich dort einen tiefen Eindruck von Verlassenheit, aber auch Ruhe, Frieden, den Zauber der sich diesen Ort zurückerobernden Natur, Romantik, und ein leises Schauern, denn die Szenerie mutete durchaus ein wenig wie die Kulissen von Gruselfilmen an. Es war früher Nachmittag, die Sonne strahlte heiß vom beinahe wolkenlosen Himmel – und doch fühlte ich mich an die erste Strophe von Wolfgang Ambros’ schön-skurril-schaurigem Lied erinnert:…
4 Antworten zu “Der von einer Backsteinmauer umfasste Hain ist ca. zweieinhalb Quadratkilometer groß,…”
Schöne Bilder sind das, die die Atmosphäre wiedergeben, die dieser alte jüdische Friedhof hat. Und die Krönung: der Schmetterling !
Unter deinem Beitrag wird für “immaterielles Erbe – Friedhofskultur” geworben allerdings von einem Steinmetzbetrieb 😉
Danke schön. 🙂
Interessant! Ich dachte, mit meinem Upgrade würde keine Werbung mehr angezeigt werden. Da muss ich mir doch mal einen “Happyness-Engineer” vorknöpfen.
Es ist eigentlich direkt keine Werbung sondern der Hinweis auf einen Blog, in dem die Werbung steht
Ach, so! Na, das beruhigt mich jetzt. Danke dir.