Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Ich will hier raaaaauuuuus!!!…

… Wenn man eine Reise tut, dann kann man viel erleben – vor allem als Bahn-Passagier. Über die merk- und denkwürdigen und bisweilen auch haaresträubenden Geschehnisse mit diversen Schienenbeförderungsmitteln könnte ich inzwischen ein recht dickes Buch verfassen. Aber das, was mir am Mittwoch Morgen im Salzburger Hauptbahnhof widerfahren ist, toppt alles!…

… Vor einer Weile bin ich dank einer Anregung einer lieben Mitbloggerin auf die Wiener Westbahn aufmerksam geworden. Sie pendelt täglich zwischen Wien, Salzburg und München, und wenn man Glück und etwas Geduld hat, kann man Tickets zu sagenhaft günstigen Preisen erstehen. Die Fahrzeit zwischen München und Wien beträgt knappe viereinhalb Stunden, so kam ich auf die Idee, einmal auszutesten, ob ein Tagesausflug in die Donaumetropole machbar sei…

… Ich hatte meine Westbahn-Tickets ab/bis Salzburg Hbf gebucht, denn zwischen München und der Mozartstadt kann ich ja dank des Behindertenausweises samt Zusatzblatt kostenfrei verkehren. So enterte ich am Mittwoch kurz vor sieben Uhr morgens den Regionalexpress gen Salzburg. Die Fahrt verlief völlig problemlos, und pünktlich auf die Minute traf das Bähnlein am Zielbahnhof ein…

… Ich lauerte samt Rollator schon wartend an der Tür, als der Wagen zum Stehen kam. Als ich den grün blinkenden Öffner drückte, fuhr die Tür einen Spalt weit auf, und schloss sich dann sofort wieder. Weitere Bemühungen, auszusteigen blieben erfolglos. Ich marschierte so schnell als möglich zur nächsten Tür. Auch diese ließ sich nicht öffnen. Die dritte, vierte, fünfte und sechste Tür blieben ebenfalls verriegelt. Ich blickte um mich und sah, dass ich ganz allein im Waggon war…

… Nach einer Weile ergriff mich eine Panikattacke. Ich begann, wie Espenlaub zu zittern und mein Herz hämmerte wie wild. Ich klopfte gegen die Fenster und schrie aus Leibeskräften: „Ich will aussteigen! Ich will hier ‚raus! Holt mich doch bitte hier raus!“ Passagiere, die draußen auf dem Bahnsteig standen, glotzten mich an, als wäre ich ein seltsamer Fisch in einem Aquarium. Niemand machte Anstalten, nach Hilfe zu suchen, mich zu beruhigen…

… Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sich vorne am Triebwagen die Innentür und der junge Lokführer kam erstaunt auf mich zu. Nachdem ich ihm heiser krächzend mein Dilemma geschildert hatte, zückte er einen Schlüsselbund und entsperrte die Tür, an der ich stand. Ich wäre ihm am liebsten voller Dankbarkeit um den Hals gefallen. Langsam und mit schlotternden Knien schlich ich nach draußen. Hätte ich mich nicht am Rollator festhalten können, wäre ich wohl umgekippt…

… Eine Weile später saß ich im komfortablen Obergeschoss des Zugs der Westbahn Wien und zitterte immer noch vor mich hin. Den Schrecken habe ich bis jetzt, Freitag, 05.05., nicht ganz verwunden, obwohl ich in Wien einen wirklich sehr schönen Tag verleben durfte. Immer wenn ich daran denke, wie ich mutterseelenallein gut eine Viertelstunde lang im Zug eingesperrt war, schaudert es mich…

… Anscheinend hatte mich der Zugbegleiter in Salzburg völlig übersehen, geglaubt, der Waggon sei leer, ihn verschlossen und sich von dannen gemacht, in ein Café oder die Kantine vielleicht. Dass er wohl zu bequem war, sich mit einem kurzen Gang durch den Zug zu vergewissern, dass wirklich sämtliche Passagiere ausgestiegen waren, werde ich ihm nie verzeihen. Ich habe am Donnerstag in der Früh eine Beschwerdemail an die BRB gesandt. Höchstwahrscheinlich werde ich darauf genauso wenig eine Antwort bekommen wie auf die früheren vier Beschwerden an die Deutsche Bahn in den vergangenen Jahren. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt…


37 Antworten zu “Ich will hier raaaaauuuuus!!!…”

  1. Oh, das tut mir leid! Mir ist vor langer Zeit im Ausland passiert, dass ich so in ein Buch vertieft war, dass ich nicht gemerkt habe, dass der Zug schon längst leer am Zielbahnhof stand. Glücklicherweise ging damals ein Bahnangstellter durch die Waggons, bevor der Zug abgestellt wurde.
    Freue mich auf deinen Bericht über deinen Ausflug nach Wien.

    • Das müsste hier ja auch eigentlich so sein, dass am Zielbahnhof der/die Zugbegleiter:In nachsieht, ob auch wirklich alle Passagiere von Bord gegangen sind!
      Die Bilder sind schon allesamt fertig bearbeitet, und nach einer etwas längeren Durststrecke der Unlust freue ich mich jetzt endlich wieder so richtig aufs Bloggen. 😉

  2. Mir ist vor vielen, vielen Jahren mal etwas ähnliches passiert nur nicht ganz so schlimm, wie bei dir. Ich bin täglich mit dem Zug zur Arbeit gefahren. Eines Tages bin ich auf der Rückfahrt eingeschlafen und als wir am Frankfurter Hauptbahnhof ankamen, stiegen alle aus, nur ich nicht, da ich ja schlief. Wenn man jetzt denkt, dass ein Schaffner mich hätte doch wecken müssen, falsch. Ich blieb schlafend im Zug. Als ich aufwachte stand mein Zug bereits auf dem Abstellgleis und mir blieb nichts anderes übrig, als über die Gleise zurück zu laufen. War ein unschönes Erlebnis, das ich nicht vergessen werde.
    Liebe Grüße und dir liebe Martha noch ein schönes Wochenende,
    Roland

    • Zum Glück hat man bei deinem Zug nicht sämtliche Türen abgesperrt! – Aber das ist schon höchst problematisch, wenn das Zugpersonal am Bahnhof nicht nachsieht, ob auch wirklich alle Passagiere ausgestiegen sind. – Ich kann gut nachvollziehen, dass du dieses Erlebnis nicht vergessen wirst. Mir wird es mit Sicherheit genauso gehen. Ich werde garantiert bei meinen nächsten Ausflügen am Zielbahnhof schweißnasse Hände und das Zittern bekommen…
      Hab du auch ein schönes Wochenende, lieber Roland!
      Liebe Grüße!

  3. Das liest sich ja schrecklich und für mich grad unvorstellbar wie so etwas passieren konnte, denn normalerweise gibt es doch auch noch Schaffner und Schagfnerinnen innen in den Zügen die sich kümmern! Zumal war es noch bei meiner letzten Bahnfahrt so und kann mir nun dehr gut vorstellen, was dieser Horror bei dir bis Dato nicht nur psychisch verursacht!
    Liebe Grüße und hoffe, wünsche dir von Herzen💖, dass du dieses Trauma schnell wieder los wirst um weiterhin Freude an deinen ansonsten schönen Reisen zu haben! 🤗🍀🌺

    • Ja, eben! Es war ein Zugbegleiter im Zug, und der hätte eigentlich einen Kontrollgang machen müssen, bevor er raus geht und sämtliche Türen verriegelt!
      Darüber zu schreiben – zuerst meine Beschwerde und nun dieser Blogbeitrag -, hat mir geholfen, den Schrecken zu verarbeiten. Die Freude am Reisen werde ich mir dadurch keinesfalls vermiesen lassen. Die nächsten Touren befinden sich bereits in Planung. 😉
      Herzliche Grüße!

  4. Ach du meine Güte! Ich hoffe, du kommst bald innerlich wieder zur Ruhe und kannst das schlimme Erlebnis vergessen! Übrigens eine Angst, die ich auch oft habe, wenn ich mir der Bahn unterwegs bin.

  5. Ich brauche immer Hilfe, um mit dem Rollstuhl aus Zügen zu kommen. Einmal war die Hebebühne noch nicht da. Ich war alleine und sagte zu der Zugbegleiterin, dass mir unwohl ist. Nicht das sie den dort endenden Zug und mich mit ins Depot karren. Sie blieb bei mir und das hat mich sehr beruhigt.
    Ich kann mir vorstellen, wie du dich gefühlt hast.

    • Woanders gibt es schon seit ewigen Zeiten barrierefreie Züge – da hinken wir hier in Deutschland mal wieder ganz gehörig hinterher, siehe ICE. Neulich erst hat in Berlin eine Schwerbehinderten Organisation mal wieder darauf aufmerksam gemacht. Diese Hebebühnen sind auch nicht unbedingt das Gelbe vom Ei, hat ein Sprecher von dieser Organisation gesagt. Es kommt immer wieder vor, dass sie nicht funktionieren, niemand da ist, der sie bedienen kann, oder dass sie gar nicht erst herangeschafft werden, obwohl sie vorbestellt wurden.
      Ich hoffe so sehr, dass mir solch ein Horror-Erlebnis in Zukunft erspart bleiben möge!

  6. Ach Martha,
    da kann ich jetzt kein „like“ drücken, so schrecklich wie das ist!
    Eigentlich müsstest du nicht nur eine richtige Entschuldigung bekommen, sondern ein kostenlose Dienstleistungen und Entschädigungen von der Bahn!
    VG
    Christa

  7. Eine grauenvolle Vorstellung, in einem abgeschlossenen Waggon festzuhängen! Mein Opa ist mal Nachts auf dem Abstellgleis aufgewacht, da hatte wohl auch jemand keine Lust auf den Kontrollgang. Und ein Freund von uns ist mal mehrere Male zwischen zwei Endhaltestellen hin und her gefahren, bis ihn jemand geweckt hat.
    Manchmal sind aber auch nette Menschen unterwegs. Wir wurden auf dem nächtlichen Weg nach Hause am Zielbahnhof schon von Mitfahrenden geweckt, die uns wohl schon Mal dort aussteigen gesehen haben. Wer weiß, wo wir sonst gelandet wären…

    • Ja, das ist ein Erlebnis, das ich niemandem wünsche!
      Ich hatte mal einen Kollegen, der nach seinem Spätdienst im Hotelrestaurant auch in der S-Bahn eingeschlafen und einige Male zwischen Freising und Höllriegelskreuth hin- und hergefahren ist.
      Gut, dass ihr nette Mitfahrende hattet!

  8. Das ist natürlich überaus sch*** gelaufen. Traurig, dass die Leute auf dem Bahnsteig nix kapiert haben.

    Ich hatte auch schon so etwas ähnliches. Mich hatte der Zoll im Abendzug nach Puttgarden übersehen und ich bin dann im verriegelten Waggon auf der Fähre nach Dänemark aufgewacht. 😆
    Beim Anlegen in Dänemark wurden die Türen entriegelt. Ic hschnell raus und ab nach oben. Glück im Unglück: Hab auf der „kostenlosen“ Rückfahrt gleich zollfrei eingekauft. 🙂

  9. Ach Du liebes Lieschen! Da kann ich Deine Aufregung gut verstehen. Gut, dass Dich doch noch jemand ‚gefunden‘ hat!!!

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