Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Aus meiner Lese-Ecke…

„Die Polarfahrt“ von Hampton Sides…

… Der Nordpol galt lange Zeit als Sehnsuchtsort, als blinder Fleck, als Born ungezählter Sagen und Legenden, als Ende der Welt…

… Im Jahr 1879 rüstete der überaus exzentrische Zeitungsverleger James Gordon Bennett, Herausgeber des New York Herald, eine Expedition aus. An Bord des dampfbetriebenen Kanonenboots „Jeannette“, das im Hafen von San Franzisco zu einem für das nördliche Eismeer tauglichen Marine-Erkundungsschiff umgebaut worden war, begaben sich 33 Männer, darunter der Reporter Jerome Collins, unter der Führung von Kapitän George W. DeLong, vormals Leutnant der US Navy, über den Pazifik Richtung Nordpol, um endlich dessen Geheimnisse zu entschlüsseln. Als offizieller Grund der Reise wurde allerdings die Suche nach dem Forscher Adolf Erik Nordenskiöld angegeben, dessen Spuren sich auf seiner Fahrt durch die Nordostpassage verloren hatten…

… Ausgerüstet war die „Jeannette“ mit Proviant für gut zwei Jahre und etlichen damals bahnbrechenden neuen Errungenschaften, darunter 48 elektrisch betriebene Bogenlampen von Thomas Alva Edison, die allerdings in der Härte des Polarwinters dann ihren Dienst versagten. Sowie umfangreichem Kartenmaterial und Aufzeichnungen des deutschen Kartographen August Petermann, der felsenfest davon überzeugt war, dass sich hinter der Eisbarriere der Nordostpassage zwischen Sibirien und Alaska die eisfreie und sogar üppig grünende und blühende, von Lebewesen aller Art bevölkerte Zone des Nordpols befinden würde…

… Als die Besatzung der „Jeannette“ den Irrtum Petermanns erkannte, war es längst zu spät. Das Schiff fror in der Nähe der Herald-Inseln im Packeis ein. Nach beinahe zweijähriger Irrfahrt, gefangen in der Drift des Polarmeers, geriet die „Jeannette“ in Eispressungen und sank. Zuvor war die Expedition dem Nordpol so nahe gekommen wie niemand zuvor. Die Berechnungen, Vermutungen und Behauptungen Petermanns hatten sich inzwischen als völlig haltlose und tragische Phantastereien herausgestellt…

… Für Kapitän DeLong und seine Besatzung begann eine zermürbende, von endlosen Qualen und furchtbaren Entbehrungen gezeichnete Odyssee zu Fuß über das ständig sich verändernde und driftende Eis hinweg. Nach vielen unglücklichen Wendungen des Schicksals und Rückschlägen erreichten die Männer schließlich im Herbst 1881 die trostlose Landschaft des Lena-Deltas. Dort trennten sich auf Geheiss DeLongs die Schiffbrüchigen, um mit ihren drei Booten überzusetzen. Infolge eines Sturms verloren die Besatzungen der Kutter jeglichen Kontakt zueinander…

… Das kleinere der Boote unter Leitung von Leutnant Chipp mit ca. zehn Mann an Bord gilt bis zum heutigen Tage als verschollen. Die Besatzung des schnelleren Kutters, geführt vom Schiffsingenieur George Wallace Melville wurde von jakutischen Jägern gerettet. Auch zwei Männer des Trupps von Kapitän George W. DeLong, die als Kundschafter voraus geschickt worden waren, erreichten das Lager der Jakuten…

… Man brachte Melville und seine Mannen nach Irkutsk, gelegen am Abfluss des Baikalsees, wo sie sich von ihren mannigfaltigen Verletzungen und Erfrierungen erholen konnten. Nachdem sie im darauf folgenden Frühjahr wieder halbwegs genesen waren, machten sie sich auf die Suche nach DeLong und seinen elf Kameraden. Man fand sie in ihrem letzten Lager an der Uferböschung eines der zahlreichen Flussarme der Lena. Sie waren verhungert und erfroren. Der verschollen geglaubte Adolf Erik Nordenskiöld, dessen Aufspüren der vorgeschobene Hauptzweck der „Jeannette“-Expedition gewesen war, war inzwischen längst wohlbehalten in Japan an Land gegangen…

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… Die tragische Fahrt der „Jeannette“ wird vom Autor Hampton Sides, einem amerikanischen Historiker, Autor und Journalisten, sehr dramatisch und mitreissend beschrieben. Mich hat es oft bei der Lektüre förmlich in dieses Buch hinein gesogen. Dank einer schier unermesslichen Fülle von Anekdoten, der eindringlichen und einfühlsamen Beschreibungen der Charaktere, vom höchst exzentrischen Zeitungsverleger James Gordon Bennett angefangen über den charakterstarken und beherzten Kapitän George W. DeLong, dessen Frau Emma bis hin zu den einzelnen Besatzungsmitgliedern gelingt es Sides mühelos, die Teilnehmer der unglückseligen Expedition durch die Nordpassage wieder zum Leben zu erwecken, und deren Schicksale greifbar zu machen. Leider ist der Bildteil meiner Meinung nach viel zu spärlich geraten, da hätte ich mir mehr gewünscht. Und auch die Karten, derer es lediglich zwei ganz vorne und ganz hinten im Buch gibt, genügten nicht wirklich meinen Anforderungen – was aber durchaus an mir liegen kann, und nicht an der Gestaltung des Buches. 😉 Alles in allem ist „Die Polarfahrt“ eine sehr spannende und mitreissende Lektüre, die durch die packende Darstellung jedem Krimi mühelos das Wasser reichen kann…

… Laut TV-„Expert:Innen“ soll man übrigens Hitzewellen viel besser ertragen können, wenn man sich Bücher oder Dokumentationen über die Regionen des (noch) Ewigen Eises zu Gemüte führt. 😉 Alsdann wünsche ich frohes Schmökern, und einen möglichst angenehmen und unbeschwerten Wochenteiler…

 


16 Antworten zu “Aus meiner Lese-Ecke…”

  1. Danke für den Buchtipp. Diese Region hat mich schon immer sehr fasziniert. Werde mich an den kommenden ‚heißen‘ Tagen damit abkühlen. 😉

  2. Dieses und das andere von dir empfohlene Polar-Buch gehe ich mir gerade aus der Bücherei abholen, die sie für mich bestellt hat. Kommt gerade rechtzeitig für die Extrem-Hitze-Tage heute bis Freitag.

    • „Die Polarfahrt“ habe ich grade eben wieder in der Bücherei abgegeben. 😉 Hab noch ein bisserl nach anderen Nordmeer- und Polar-Büchern Ausschau gehalten, bin aber auf die Schnelle nicht fündig geworden. Vielleicht kühlt mich der Krimi „Mrs. Agatha Christie“, den ich zur Zeit schmökere, ja auch etwas ab. 😉

  3. „Der Nordpol galt lange Zeit als Sehnsuchtsort, als blinder Fleck, als Born ungezählter Sagen und Legenden, als Ende der Welt.“ Vielleicht war das der Grund, dass ich als Kind so viel lesen wollte über die Region und über Expeditionen. Die dahin aufbrachen, waren für mich Helden.
    Danke für den Buchtipp. Ich werde das garantiert lesen.
    Und deinen letzten Satz kann ich nur bestätigen. Ich bin schon bei Hitze unter die Decke gekrochen, weil ich mir eine Dokumentation angesehen hatte in der eisige Winde pfiffen und ein Schneesturm tobte. 🙂
    Liebe Grüße

    • Die Pol-Regionen haben mich leider früher nie so fasziniert, das hat sich erst in letzter Zeit entwickelt, nach der Lektüre von Michael Palins „Erebus – ein Schiff, zwei Fahrten, und das weltweit größte Rätsel auf See“. 😉 Aber seitdem hat mich das „Pol-, Arktis- und Antarktis-Fieber“ auch gepackt. 😉
      Ich wünsche dir viel Freude beim Lesen!
      Liebe Grüße!

  4. Sounds like a fab book, Martha.
    I’m fascinated by explorers of yore.
    As a Canadian, the subject of The Northwest Passage came up every year at school since grade 5.
    So many tried to find the way. Henry Hudson, John Cabot, Martin Frobisher, Sir john Franklin and more. I believe all I have mentioned perished.

    Hey… new look… new slant on your blog! I like it!
    Take care dear Martha!

    • It is definitely a great book! I loved reading it.
      Explorers fascinate me since my childhood days, but more the one that discovered the warmer regions of our world. My interest for the polar regions did start only about have a year ago with the reading of another great book about two polar expeditions 😉 : „Erebus – The Story Of A Ship“, wirtten by Michael Palin, former member of the famous Monty Pythons.
      Yes, I felt it was time to change the look of my blog a little. It has been a hard and long fight with that damn Gutenberg Shititor, but at least most of the new appearance is now fitting. 😉
      Have a fine weekend, and stay safe, dear Resa!

      • Uch… I’m still not fully on with the Gutenberg. Managing to hold out somehow.

        “Erebus – The Story Of A Ship” sounds fascinating, and I quite like Michael Palin!
        You be well too, dear Martha! xo

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