Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Sänk yu for trävelling wis se Doitsche Bahn…

… Als relative Vielbahnfahrerin dachte ich bis heute Mittag, dass mich bezüglich Deutsche Bahn bzw. des regionalen Bahnunternehmens Alex nichts mehr überraschen könnte. Weit gefehlt! Den „Beherrschern“ unseres Schienennetzes gelingt es immer wieder, neue und mit dem gesunden Menschenverstand nicht mehr nachvollziehbare, unbegreifliche Unannehmlichkeiten aus den Hüten zu zaubern!…

… Ich habe mal wieder lieben Besuch von meiner Schweinfurter Freundin. So beschlossen wir, am Samstag einen Bummel durch Landshut zu machen. Auf der Hinfahrt im Regionalexpress war dieser zwar gut besetzt, aber nicht überfüllt. Dafür funktionierte keine einzige der vier Zugtoiletten…

… Da mir, kaum dass wir am Landshuter Bahnhof angekommen waren, leider ziemlich plötzlich ganz furchtbar übel geworden war, ich mich auf dem Bahnsteig peinlicherweise schrecklich übergeben musste, und danach völlig entkräftet und einem Kreislaufzusammenbruch nahe war, schickte ich G. allein auf Tour durch die Altstadt, und beschloss, wieder nach München zu fahren…

… Nach einer halben Stunde rauschte ein Zug des Bahnunternehmen Alex heran. Zugbegleiter, Zugführer und fünf Mitglieder des DB Sicherheitsdienstes sahen ungerührt zu, wie etwa fünfzig Passagiere in die keineswegs überfüllten Waggons stiegen, es gab noch ausreichend freie Sitzplätze. Als wir es uns bequem gemacht hatten, ertönte eine Durchsage: „Die in Landshut zugestiegenen Passagiere müssen unverzüglich den Zug wieder verlassen, da dieser völlig überfüllt ist.“ Wir guckten uns allesamt überaus verwundert an. So gut wie niemand reagierte. Wenig später gab es eine weitere Durchsage: „Die in Landshut zugestiegenen Passagiere müssen unverzüglich den Zug wieder verlassen, da dieser völlig überfüllt ist. Sollte unserer Aufforderung nicht unverzüglich Folge geleistet werden, wird der Zug durch die Polizei geräumt werden.“ In meiner Nähe stand einer dieser DB-Sicherheits-Fuzzies. Ich wandte mich an ihn: „Mir geht es nicht gut, und ich bin schwerbehindert. Ich hoffe doch sehr, dass ich sitzen bleiben darf.“ Er schüttelte mit zusammen gebissenen Zähnen den Kopf. „Nein, tut mir leid. Auch Sie müssen den Zug wieder verlassen.“ Ich musste ihn ziemlich entgeistert angestarrt haben. Er klemmte sich meinen Rollator unter den Arm und geleitete mich zurück auf den Bahnsteig. Da fiel mir auf, dass der erste Waggon völlig menschenleer war, und zudem noch verriegelt. Ich wies den Sicherheitsmenschen darauf hin und tat meiner großen Verwunderung Ausdruck. Er nickte. „Dieser Waggon bleibt auch abgesperrt. Denn wenn wir ihn öffnen würden, dann wäre er im Nu voll, und dann würde die Lok den Zug nicht mehr ziehen können.“ Ich habe schon die krassesten Ausreden von Bediensteten der Bahn zu hören bekommen – aber diese war der absolute Oberhammer!…

… Zwanzig Minuten später zuckelte ein Regionalexpress einher. Der war richtig vollgepfropft mit Reisenden, die Leute standen in den Gängen und an den Einstiegen dermaßen dicht an dicht, dass bei den meisten kein Blatt Papier mehr dazwischen gepasst hätte, viele konnten sich nicht einmal mehr irgendwo festhalten. Da ließ man uns allesamt seltsamerweise zusteigen, da gab es auch nicht die geringsten Bedenken, dass die Lok Schwierigkeiten haben könnte, den Zug zu bewegen. Eine sehr nette junge Frau überließ mir freundlicherweise ihren Sitzplatz. Die relativ kurze Fahrt zum Münchner Hauptbahnhof war aber unter diesen Umständen trotzdem der blanke Horror…

… Ich hoffe zutiefst, dass während der drei Monate, in denen die 9-Euro-Tickets verscherbelt werden, kein weiteres Unglück passieren wird. Denn unter diesen Umständen, vor allem an den Wochenenden, wird es dann keine fünf Verstorbene wie neulich bei Garmisch-Partenkirchen geben, sondern Dutzende, wenn nicht gar Hunderte von Toten. Ein Mitreisender, der anscheinend über viel Insider-Wissen bezüglich Deutscher Bahn verfügte, gab zum Besten, dass das Zugunglück von Garmisch seiner Meinung nach folgende Ursache gehabt hatte: Es mangele erheblich an qualifiziertem Personal für die Pflege und Wartung der Doppelstock-Züge. Ganz ehrlich – nach meinen langjährigen Erfahrungen erscheint mir diese Erklärung völlig plausibel…

… „Sänk yu for travelling wis se Doitsche Bahn.“ Nein, danke, zumindest an den Wochenenden werde ich mir dieses höchst zweifelhafte „Vergnügen“ wohl nicht mehr antun…


41 Antworten zu “Sänk yu for trävelling wis se Doitsche Bahn…”

  1. Wir wollten demnächst entspannt mit der Bahn in den Urlaub fahren, angesichts Deiner Geschichte ist die Vorfreude jetzt aber doch etwas gedämpft. Ich finde das 9-Euro-Ticket eine gute Sache, aber ohne Kapazitäten bei der Bahn ist das leider ein Rohrkrepierer.

    • So lange ihr unter der Woche mit der Bahn unterwegs seid, ist das nicht allzu schlimm. Meine Freundin erzählte mir gestern, dass die Züge zwar voller waren als sonst, sie aber dennoch keine Mühe hatte, einen Sitzplatz zu finden.
      Wir bräuchten jetzt endlich einmal einen kompetenten Verkehrsminister, der nicht nur der Autolobby permanent in den A… kriecht, sondern sich gezielt den Missständen bei der Bahn annimmt!

  2. Ich finde sowieso, dass dieses Ticket völlig kopflos initiiert wurde. Wir können so – wie du auch – gar nicht mehr mit Bus und Bahn fahren, weil für Rollis überhaupt kein Platz mehr da ist.

    • Inklusion wird bei der Bahn immer noch ganz winzig klein geschrieben. Ich denke da an meine Fahrt nach Hamburg und retour im ICE und meine Schwierigkeiten, den Rollator durch die schmalen Gänge zu schieben. Und wenn in den Regionalzügen in den entsprechenden Abteilen drei oder vier Fahrräder stehen, dann ist kein Platz mehr für Rollstühle. Nicht nur das 9-Euro-Ticket ist völlig kopflos eingeführt worden, das Denken und Wirken der DB ist absolut kopflos und auch verantwortungslos, und das seit vielen Jahren schon.

  3. Das ist ja unglaublich, Margot, was die Bahn sich da erlaubt hat….. tzzzzz.
    Ich habe auch vor, einige Orte an der Nordsee zu besuchen, aber ganz sicher nicht am Wochenende, Und wenn es mir an den Wochentagen zu voll erscheint, verzichte ich leider auf die Fahrten. Dein Erlebnis …. u-n-g-l-a-u-b-l-i-c-h!!!!!!
    Hoffentlich geht es dir wieder besser. Liebe Grüße ❣

    • Ich dachte, ich höre nicht recht, als wir zuerst aus dem Alex geworfen wurden, und ich dann dazu noch diese unfassbare Ausrede des DB-Sicherheitsmenschen um die Ohren gehauen bekam…
      Allmählich wird’s wieder. Ich werde mir demnächst mal von meiner Hausärztin Galle und Bauchspeicheldrüse untersuchen lassen, denn solche Anfälle plötzlicher Übelkeit hatte ich schon einige Male.
      Liebe Grüße!

  4. DAS habe ich auch noch nie gehört. Irgendwie schon dreist… Ist mir ja was ganz Neues, dass eine Lok das nicht ziehen kann. Bei anderen Zügen hat man vorne zwei oder hinten noch eine dran.
    Oder sind denen die Lokführer ausgegangen?

    • Ja, das war mir auch völlig neu. Das war ein ganz normaler Alex-Zug mit der ganz normalen Anzahl von Waggons…
      Ich denke, dass die Bahn ganz massive Personalprobleme hat.

  5. Weiterhin gute Besserung! Theoretisch alles machbar, wenn da oben nicht Leute sitzen würden, die soweit weg von der Realität sind. Von denen fährt sicherlich keiner mit dem Zug (oder S-Bahn) zur Arbeit

    • Danke schön! Heute geht’s mir schon viel besser.
      Ja, das stimmt. Die Entscheider:Innen „da oben“ haben wohl jeglichen Bezug zur Realität verloren.

  6. Üble Geschichte 😬
    Bei uns waren vor allem die Züge Richtung Köln gut voll.
    Da haben sich viele gedacht: machste mal einen Stadtbummel.
    Liebe Sonntagsgrüße 🌞🌺
    Sabine

  7. Ich kann nur mit dem Kopf schütteln. Wir wollen ja demnächst nach Hamburg. Mir graut jetzt schon und ich hoffe immer noch, dass eine Freundin zu dem Zeitpunkt mit dem Auto fährt. Ansonsten muss ich drei Wochen bleiben, um mich von 1 1/2 (so die Bahn nicht andere Pläne hat) Fahrt zu erholen. Ich hoffe du bist wieder fit.

    • Wir wollen nächsten Samstag nach Wasserburg. Und müssen leider wieder mit der Bahn fahren. Mich überkommt auch jetzt schon das kalte Grausen, wenn ich daran denke.
      Danke, ja, mittlerweile geht’s mir wieder gut.

    • Ich kann mittlerweile jede Person verstehen, die sagt, dass sie sich das Bahn fahren nicht antun und lieber mit dem Auto unterwegs sein will.
      Ja, dem Universum sei Dank. Ich lass mich aber trotzdem vorsichtshalber mal von meiner Hausärztin genauer untersuchen.

      • Unsere Freunde in Karnes City, mit denen wir 2015 in Deutschland waren, und auch Mary, koennen diese Klagen nicht nachvollziehen, denn fuer uns waren die Verbindungen immer gut: nur ganz wenig Verspaetung, wenn ueberhaupt, und auch keine uebervollen Zuege. Mir scheint, das Problem ist erst in den letzten Jahren aufgekommen.

          • Mag sein, denn ich selber kenne es auch anders, aus den ICEs zum Flughafen Frankfurt, wenn ich z.B. lt. Wagenstandsanzeiger an der richtigen Stelle am Bahnsteig stand und der Zug dann mit anderer Wagenreihenfolge einlief. Und was mich immer an den ICEs geaergert hat: die Planes konnten sich wohl nciht vorstellen, dass man mit mehr als Zahnbuerste und Kamm im Gepaech verreisen wuerde, denn Gepaeckstauraum war – und ist – absolute Mangelware in ICEs. Aber dafuer sind sie – normalerweise – auf der Streck Frankfurt – Siegburg fantastisch schnell. Ich habe oft gar nicht erst meinen Platz aufgesucht, sondern bin stehen geblieben.

            • Ja, der Gepäckstauraum in den ICEs ist mehr als dürftig, ich weiß noch sehr gut, welche Mühe ich hatte, bei meiner Hamburgreise vor einigen Monaten meinen Rollator so unterzubringen, dass er niemandem im Wege war.

              • Man muesste die Entwickler der ICEs mal dazu verdammen, ein ganzes Jahr lang in den Zuegen zu reisen.
                Es gilt meiner Erfahrung nach aber fuer viele Gegenstaende, dass die Entwickler NIE selber damit umgegangen sind.

                • Und sämtliche Bahn-, Bus-, Trambahnentwickler sowie Architekt:Innen mal eine Woche lang dazu verdonnern, sich ausschließlich im Rollstuhl fortzubewegen.

                  • 👍
                    Hierzulande tut man uebrigesn viel mehr fuer Rollstuhlfahrer. So hat z.B. fast jeder Buergersteig an Ueberwegen abgeschraegte Kanten.

                    • Ja, mir ist das auf meinen USA-Reisen auch stets aufgefallen. Auch, dass es vor ca. 25 Jahren schon in New York absenkbare Busse gab, die Schwerbehinderten den Zugstieg erleichterten. Das hat hier drüben noch Ewigkeiten gedauert, bis man das endlich eingeführt hat, und es funktioniert noch immer nicht reibungslos. Es gibt immer noch jede Menge Busfahrer:Innen, die wohl der Meinung sind, es würde weh tun oder Geld kosten, wenn sie am Armaturenbrett den Knopf zum Absenken ihres Gefährts betätigen.

        • Off Topic: Ich kommentiere regelmäßig bei dir, lieber Pit. Aber so wie’s aussieht, verschwinden alle meine Kommis bzw. scheinen im Spam zu landen.

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