Jules van der Ley ist nicht nur ein Meister unserer schönen Sprache, er behandelt sie in seinen Erzählungen mit einer bewundernswerten Hingabe und Wertschätzung. Seine Blogbeiträge sind in der sich immer weiter ausbreitenden Wüstenei der Verschlampung und bizarren Veramerikanisierung unseres so bemerkenswerten Sprachschatzes eine reine, tiefes Wohlbehagen auslösende Freude.
Historisch betrachtet sind Groß- und Kleinbuchstaben Urgroßeltern und Urenkel. Unsere Großbuchstaben stammen von der Römischen Capitalis ab. Nach dem Zusammenbruch der römischen Kultur wandelte sich die Capitalis unter dem Einfluss neuer Schreibmaterialien, Schreibtechniken und Schreibziele zur Kleinbuchstabenschrift. Etwa um 800 war dieser Prozess mit der Karolingischen Minuskel abgeschlossen. In den folgenden Jahrhunderten verfällt die Schrift. Erst die Humanisten der Renaissance besinnen sich wieder auf die klar lesbare Karolingische Minuskel. Sie halten sie fälschlich für eine Schrift der Römer und verbinden sie mit der Römischen Capitalis, die ihnen von den antiken Denkmälern, Säulen und Portalen noch klar entgegentritt. Diese Kombination aus römischen Majuskeln und karolingischen Minuskeln nennen sie Antiqua. Nachträglich kam nur der i-Punkt hinzu und das kleine t hat sich vorwitzig die Andeutung einer Oberlänge angeeignet. Es ist die Form unserer Schrift bis heute.
Der deutsche Setzkasten hat beide Generationen in einem Haus, oben die Alten, gravitätisch in Reih und…
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