… Bald nach Beginn des sogenannten Corona-Lockdowns in Deutschland stellten die Tafeln in vielen Städten vorübergehend ihre Tätigkeiten ein. Die Vorsitzende der Münchner Tafel, Frau Hannelore Kiethe, fasste den Entschluss, trotz der Covid-19-Pandemie auch weiterhin materiell schwache BürgerInnen allwöchentlich mit Lebensmittel zu versorgen. Die Großmarkthalle im Viertel Thalkirchen überließ der Ehrenamtsbewegung ihren weitläufigen Westhof für eine einzige zentrale Ausgabe – die siebenundzwanzig Verteilstellen in den einzelnen Vierteln mussten dicht gemacht werden -, die Stadtverwaltung und das Gesundheitsamt erteilten unter strengen Auflagen die Genehmigung. Die Lösung der Personalfrage schien nach dem Meistern der behördlichen Hürden das größte Problem der Münchner Tafel zu sein, denn viele der ehrenamtlichen HelferInnen wurden aufgrund ihres Alters als Risikopersonen eingestuft und durften nicht arbeiten. Doch binnen kurzem meldeten sich nach einem Aufruf Frau Kiethes und ihrem Team in den Sozialen Netzwerken über 3.000 überwiegend junge Menschen – StudentenInnen, SchülerInnen, vorübergehend Arbeitslose…
… Zweieinhalb Monate lang versorgten die HelferInnen der Münchner Tafel unermüdlich sechs Tage pro Woche vom frühen Morgen bis in die Abendstunden ca. 20.000 Bedürftige mit Lebensmittelspenden – das ist sowohl menschlich als auch logistisch eine herausragende Leistung, die bereits nach kurzem internationales Aufsehen erregte, sogar in der New York Times wurde in einem Artikel der mildtätige Verein überaus lobend erwähnt…
… Zu Beginn dieser Aktion befürchtete man, aufgrund der Hamsterkäufe, geschlossenen Grenzen, Lockdown und dem fast völlig zum Erliegen gekommenen Import, Probleme bei der Versorgung der Tafelgäste zu haben, doch es stellte sich bald heraus, dass das Gegenteil der Fall war. Die gastronomischen Betriebe Münchens mussten aufgrund der angeordneten Schließung für ungewisse Zeit ihre Lager- und Kühlräume leeren, ein Gutteil dieser Vorräte wurden der Tafel gespendet…
… Am Westhof der Großmarkthalle wurde durch eigens abgestellte Aufsichtspersonen, die ständig die langen Schlangen der Wartenden abschritten, peinlich genau darauf geachtet, dass die Hygiene-Vorschriften beachtet wurden. Die Gäste hatten ausnahmslos während des des oft stundenlangen Ausharrens bis zum Aufruf ihrer Gruppe und bei der Spendenverteilung Mund-Nasen-Masken zu tragen, und eineinhalb Meter Abstand zueinander gewissenhaft einzuhalten. Wer sich weigerte, gar versuchte, mit den HelfernInnen über Sinn und angeblichem Unsinn der Anweisungen zu diskutieren, wurde freundlich, aber bestimmt darauf hingewiesen, dass er die Versorgung von 20.000 Menschen gefährden würde, und bei besonders renitentem Verhalten nach Hause geschickt…
… Seit Anfang Juni öffnen nach und nach die insgesamt 27 Ausgabestellen der Münchner Tafel unter Aufsicht der Ordnungsbehörden und des Gesundheitsamtes in den einzelnen Stadtteilen wieder. Auch wenn ich froh darüber bin, dass ich mit meinem Rentnerporsche nicht mehr mit den Öffentlichen eine gute halbe Stunde lang durch die Stadt gondeln muss, und schwer beladen wieder zurück, sondern nur mehr einen kurzen Fußweg in den Alten Nördlichen Friedhof habe – ich werde die beispielhafte Menschlichkeit, den Zusammenhalt, die Freundlichkeit, die Freude, das Verständnis, den Fleiß, die Tatkraft, den „Spirit“ jener Zeit im Westhof der Großmarkthalle ganz sicher nie vergessen…
… An dieser Stelle möchte ich von Herzen dem vielköpfigen Team der Münchner Tafel Danke sagen. Durch euren unermüdlichen, selbstlosen, aufopfernden Einsatz habt ihr uns so sehr geholfen. Ich bin ganz sicher, dass es vielen von uns während des Corona-Lockdowns verdammt schlecht ergangen wäre, hätte es euch und eure Initiative nicht gegeben…