Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Auf der Museumsinsel (Teil 3)…

… Nachdem wir ausgiebig die Gipsformer-Ausstellung angesehen hatten, gab es für mich kein Halten mehr, es zog mich nun unwiderstehlich in den 2. Stock, wo sich in einem sorgfältig abgedunkelten Raum die Büste der Nofretete befindet…

… Ich war bereits gut fünfundzwanzig Jahre alt, als ich mir endlich ein Auto und den Führerschein zulegte – genau in dieser Reihenfolge. 😉 Damit ist eine ziemlich schräge Geschichte verbunden, die ich euch aber ein andermal erzählen werde. Nachdem ich den heiß ersehnten „Lappen“ endlich in den Händen hielt, machte ich mich nur wenige Tage später an einem kalten Wintermorgen in meinem schnuckeligen, kleinen, leuchtend roten Auto auf den Weg nach München, denn im Haus der Kunst wurden damals, vor fast vierzig Jahren, die Schätze der Grabkammer Tut ench Amuns ausgestellt. Da ich mich in jener Zeit viel mit ägyptischer Geschichte befasst hatte, war die Besichtigung dieser Ausstellung ein Muss. Auf dem Weg zum Haus der Kunst an der breiten und noblen Prinzregentenstraße schwitzte ich als Führerscheinfrischling in der großen und lebhaften Stadt mit teils recht unfreundlichen und gscherten AutofahrernInnen Blut und Wasser, und verfuhr mich auch einige Male, bevor ich mein Ziel erreicht hatte…

… Die Ausstellung aber war jede Mühe wert. Die Faszination, die allein von der legendären goldenen Totenmaske des blutjungen Pharaos ausgeht, kann man mit Worten nicht beschreiben. Ich konnte mich kaum von diesem edlen Kunstwerk losreißen…

… Im Foyer stand eine Kopie der Büste Nofretetes, gut gearbeitet, aber halt nur eine Kopie. Damals nahm ich es mir fest vor, mir eines Tages das Original anzusehen…

… Und nun, am 27. Dezember 2019, war es endlich so weit. Schon von ferne sah ich sie und steuerte unaufhaltsam schneller werdend darauf zu. Im Raum der Büste herrscht natürlich strengstes Fotografierverbot, aber bis ca. zehn Meter vor dem Übergang der Bibliothek der Antike zum Gelass der Nofretete darf man Bilder machen, selbstredend ohne Blitz bzw. Hilfslicht. Wieder einmal war ich dankbar für mein Lieblingsobjektiv, das 18-300er von Sigma. Das Fotografieren erfordert ein gerüttelt Maß an Geduld, denn meistens ist die Sicht auf dieses einzigartige Frauenportrait durch BesucherInnen verstellt. Aber wir hatten ja Zeit…

… Die Büste der Nofretete – Die Schöne, die zu uns kam – ist schlicht und ergreifend hinreissend, berührend und fesselnd. Der Künstler, der dieses Meisterwerk aus Sandstein und Gips seinerzeit geschaffen hatte, muss diese Frau, die Gemahlin des Gottkönigs Echnaton, aus tiefstem Herzen geliebt und verehrt haben. Was für eine Zartheit, für ein empfindsames Ebenmaß der Gesichtszüge! Beide Hälften dieses Antlitzes sind übrigens völlig symmetrisch, ich glaube nicht, dass so etwas in natura vorkommt. Diese Schönheit, Anmut und der bezaubernde Liebreiz dieser Büste gingen mir so sehr ans Herz, dass mich die Tränen übermannten…

… Stilles Zwiegespräch mit der schönsten Frau der Welt…

… Es dauerte, bis ich mich wieder gefasst hatte, und wir uns einer weiteren Attraktion zuwenden konnten, die ich mir auch unbedingt einmal ansehen wollte: Den Berliner Goldhut...

… Er ist ca. 3.000 Jahre alt und nahtlos aus einem einzigen Stück Gold gearbeitet, welches so dünn gehämmert wurde, dass dieser Zauberhut trotz seiner stattlichen Höhe von 74 Zentimetern nur knapp ein Pfund wiegt. Die in den Hutkegel eingearbeiteten Kreisscheiben bilden ein erstaunlich ausgeklügeltes kalendarisches System, sie enthalten das Wissen über Sonnen- und Mondjahre, und damit sogar über Mondfinsternisse. Mittlerweile geht man davon aus, dass ein Goldhut – man hat im 19. und 20. Jahrhundert bei Ausgrabungen in Mitteleuropa vier Stück davon gefunden – anlässlich kultischer Handlungen von einem Priester oder Stammesfürsten getragen worden war. Dafür spricht, dass der Berliner Zeremonialhut wahrscheinlich mit Filz oder Leder gefüttert gewesen ist…

… Auch von diesem Gebilde geht eine schier greifbare magische Anziehungskraft aus…

… Beeindruckende moderne Architektur – die Treppenskulptur des britischen Stararchitekten David Chipperfield…

… Steinzeit-Riesenelch – auf den ist man übrigens nahe Charlottenburg beim Bau der U-Bahnstation Hansaplatz gestoßen. Die riesigen Geweihschaufeln hätten grade mal so Platz in meinem Wohnzimmerchen…

… Das neue Museum bietet eine große Vielfalt an interessanten Exponaten längst vergangener Zeiten, man kann gut einen ganzen Tag dort verbringen, schauen, staunen, sich zwischendurch mit feinem Kuchen und Kaffee im Café stärken, sinnieren, wie das Leben in der Steinzeit, bei den Kelten, den alten Ägyptern so gewesen sein mag, tagträumen, andere BesucherInnen beobachten, auch ein bisschen herumalbern, was mit Ina und ihrer kessen „Berliner Schnauze“ besonders viel Spaß machte…

… Als wir uns müde gelaufen und geschaut hatten, war es draußen schon längst finster, die Wolken hingen tief und es regnete. So gönnten wir uns den Luxus einer behaglichen Taxifahrt zurück nach Hause…


7 Antworten zu “Auf der Museumsinsel (Teil 3)…”

  1. Ich habe es in 10 Monaten Leben in Berlin nicht ins Museum geschafft….. vielleicht doch ein Fehler, aber ich mag einfach keine Museen. Deine Bilder sind eindrucksvoll

    • Ich bin jetzt auch nicht unbedingt ein „Museums-Freak“, obwohl ich fünf Jahre lang in einem gearbeitet habe 😉 , aber die Nofretete und der Goldhut sind schon sehr sehenswert.

  2. Schöne Fotos von der Nofretete! Ich wusste nicht, dass man sie aus der Entfernung fotografieren darf. Beste Grüße – Ulrike

    • Ich wusste das vorher auch nicht, und hatte mir schon einen Plan zurecht gelegt, wie ich verstohlen quasi im Windschatten von der Ina von der Bibliothek der Antike aus mit der kleinen Digicam ein Foto machen könnte. 😉

  3. Erstaunlich das die Archälogie immer automatisch von Priestern und Fürsten ausgeht, obwohl sich die Erkenntnisse häufen, dass kultische und politische Ämter sehr wohl von Frauen besetzt waren .

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